Irgendwie machte das doch alles keinen Sinn. Hätte sie nicht erst vor Kurzem beschlossen, dass sie dringend psychologische Betreuung brauchte, dann würde sich die Schwarzhaarige jetzt an den Kopf fassen, etwas von Orangensaft – wahlweise auch Steinen – vor sich hinmurmeln und sich dann für komplett verrückt erklären. Das tat sie allerdings nicht. Wie war das noch gleich mit der Abhärtung? Die musste das einzige sein, was ihr eine gnädige Ohnmacht verwehrte. Hurra! Sie hatte gewonnen! Los, freu dich gefälligst! Leichter gesagt als getan. Ihre Kinnlade klappte so weit hinunter, dass sie befürchtete, ihren Mund niewieder vernünftig schließen zu können. Der Dunkle Jack hatte das Kampffeld verlassen... sie lebte, hatte eine noch verkraftbare Zahlan Traumata erlitten, hörte nicht einmal mit einem Drittel Ohr Boris zu, der ihr gratulierte und schleifte sich gerade mit Mr. Pu im Arm stolpernd und emotional mehr tot als lebendig zum Schiff, um IHN zu suchen. Das Schiff war übrigens wirklich cool, die Bötchen der Marine waren langweilig, aber dieses hier war anders und wirklich etwas besonderes. Nicht, dass Rin irgendwie in welcher Form auch immer als ehrliche Bürgerin Humming-Towns Augen für die Transportmittel bösartiger Seefahrer gehabt hätte. Trotzdem... Auf jeden Fall war das eine dieser Einzelheiten, die einem genau dann auffielen, wenn man weitaus wichtigeres zu tun hatte. ER musste gefunden werden. Wenn das nicht bald geschah, würde sie in ihrem Leben nie wieder glücklich werden, da war sich die kleine Musikerin sicher. Die Sechzehnjährige stieß ein lautes Seufzen aus und versuchte vergeblich ihre Gedanken zu sortieren, sie wollte sie so haben wie ihre Klamotten zu Hause, gestapelt und ordentlich. Sie hatte ja nicht mal verstanden, was da überhaupt passiert war. Die Verzweiflung, die Angst... am liebsten wäre sie jetzt einfach eingeschlafen. Denn wie es momentan aussah, würde sie sehr früh sterben, bei der ganzen Aufregung, welche heute auf sie gewartet hatte. Ihrem Herz mal eine Pause zu gönnen, war tatsächlich nicht die blödeste Idee, die ihr kommen könnte. Um Gottes Willen, sie wurde alt... Weil sie anscheinend jetzt in Ruhe gelassen wurde und alles sich auf den letzten Wettkampf konzentrierte, gelangte sie relativ unauffällig in das Esszimmer der Hamster-Piraten. Ja,„relativ“. Wenn man alle paar Schritte gegen irgendetwas stieß,war das definitiv nur „relativ unauffällig“. Da sie, als sie zum ersten Mal herkam, den Weg dorthin aufgrund des Schocks kaum bis gar nicht mitbekommen hatte, war es wohl Glück – unfassbar, dass sie so etwas auch mal haben konnte, ehrlich... - oder ihr sechster Sinn für IHN gewesen, der sie so schnell herfinden ließ. Da stand ER in der Flasche, die ihr eigentlich ziemlich viel Pech gebracht hatte.Ein kurzer Stich, als sie an das Ausknobeln dachte. Wie lang war das nochmal her? Für Rin fühlte es sich so an, als wären schon Wochen seit diesem bösartigen Zusammentreffen unglücklicher Zufälle vergangen. Sie griff beherzt nach I-
Ach, lassen wir das. Sie griff beherzt nach dem Orangensaft, als wäre er ein guter Freund, den sie nach langer Zeit endlich wiedersah. Und jaaaaa, man soll ja nicht aus Flaschen trinken, doch wenn man den Inhalt exte, war das doch ehegal. Und genau das tat sie auch. Ohhhh ja, das ging runter wie Butter.Wäre es nicht stark gegen ihre Natur gewesen, würde sie jetzt anfangen dämlich zu grinsen. Stattdessen lächelte sie nur zufrieden vor sich hin, während es angenehm leer in ihrem Kopf wurde. „Hehe,ich lebe noch!“ War wohl der sinnigste Gedanke, der ihr geradedurch den Kopf ging. Der O-Saft würde bald aufgebraucht werden. Nurnoch ein wenig, noch ein bisschen, plötzlich begann es an einergewissen Stelle in ihrem Gesicht zu kribbeln... Haaaaaaatschiu! Der Rest des O-Safts spritzte ihr aus der Nase. Na klasse. „Igitt, wie unmädchenhaft!“, kam es ihr in den Sinn und sie schämte sich innerlich dafür, so viel verschwendet zu haben. „Warum passiert das immer nur mir?“ Das hatte ihr ihre gute Laune aber wieder versaut und nicht nur die. Armes T-Shirt... Die Musikerin blickte zu Boden und nachdem sie sich sicher war, zumindest dort nichts„hinverschwendet“ zu haben, wollte sie sich gerade umdrehen, um zurück zu ihren Verbündeten zu gehen, als... Ein prüfender Blick zu dem Holz, auf dem ihre Füße standen. Wie sie vermutet hatte. Der Fußboden war ja so etwas von dreckig! Die Hamster-Piraten mussten sich eindeutig mehr bemühen,man musste die Räume, in denen man lebte, sauber halten. Sonst würde man eines Tages qualvoll sterben. „Ich wette, sie haben nichteinmal das richtige Zeug dafür...“, sprach Rin kopfschüttelnd mit Mr. Pu, der auf einem Stuhl saß, als sie nun kriechend und kritisch ihre Umgebung musterte. Dabei murmelte sie Dinge wie „Also ne....“ oder „Das geht ja mal gar nicht!“ Da kam ihr eine Idee. Das Schiff war groß genug, sie könnte sicherlich irgendwo eine Besenkammer einrichten. Mit einigen Sachen bei sich Zuhause könntesie das hier in eine Oase des Wohlbefindens und der Sauberkeitverwandeln. Bei dem Gedanken an die Sortierung der Lappen stockte sie allerdings sofort wieder . „Bin ich doof oder so etwas? Ich tue ja schon selbst so, als wäre ich Teil dieser Bande!“ Irgendetwas stimmte heute nicht mit ihr. Den Staub – arrrgh! Staub! - von ihrer Kleidung klopfend drehte sie sich um und verließ den Raum. Stolpernd setzte sie ihren Weg zu den anderen Hamstern fort. Nur um zu bemerken, dass sie eine Menge verpasst hatte. Boris und Falcone standen sich in einem Käfig gegenüber. Der seltsame...Typ und Waylander lagen ohnmächtig auf dem Boden. Mika rannte im Kreis um seine Bande herum, während ein Teil der anderen ihn verfolgte. Kassia warf irgendetwas, was sie als Supermittel anpries. Vergil feuerte seinen Cäpt'n an. Das war wohl das, was nun gemacht werden musste. Verstanden. Eigentlich war sie ja kein Mensch für so etwas, aber Ausnahmen gab es immer wieder. Sie zog ihre Dolche, streckte die Arme nach oben aus und begann sieabenteuerlich zu bewegen. Auseinander, zusammen, nach links, nachrechts. Mit den Spitzen zueinander oder in andere Richtungen zeigend, untermalt von einigen Hüpfern, versuchte sie sich als Cheerleader.„Los, Boris! Du willst schließlich der allerbeste sein, wie keiner vor dir war! Schnapp ihn dir!“, rief sie möglichst laut, bevor sie realisierte wie affig sie sich aufführte. Sie wurde augenblicklich rot.