B
Beubo
Guest
Es war geschafft! Beauregard Nulls und Tanith Sagitars Überfahrt von Korallendorf nach Noträdamm hatte ganze drei Tage in Anspruch genommen, doch die beiden Jungen beschwerten sich nicht weiter darüber - wären sie unterwegs nicht von einem zufällig vorbeifahrenden Handelsschiff aufgesammelt worden, wer weiß, wie lange sie ansonsten gebraucht hätten, um überhaupt einmal wieder Land unter ihren Füßen spüren zu können… Glück im Unglück wurde Beubos und Tanith Nussschale also von jenem vorbeigezogenen Kahn abgeschleppt und schließlich ging die Mannschaft des Schiffes bei Noträdamm vor Anker. Das heißt, bevor sie dies taten, mussten sie jedoch zu erst einmal in das Landesinnere vorstoßen - um die ganze Küste Noträdamms, so hatte es den Anschein, war eine hohe Wellenbrechermauer gezogen und der einzige wirkliche Hafen der Insel befand sich ziemlich genau im Mittelpunkt Noträdamms. Die gesamte Landmasse wurde von einer großen Wasserzunge praktisch geteilt. Beubo hätte darauf gewettet, dass es sich daher eigentlich um zwei verschiedene Inseln hätte handeln müssen, doch zuvor schnappte er irgendwo auf, dass es sich bei dem Wasser mehr um einen Fluss, als einen Kanal handelte… so oder so ähnlich, denn Beauregard Null war das im Grunde ziemlich egal gewesen, weshalb er wohl nicht so genau zugehört hatte. Auf jeden Fall mussten er und Tanith also erst einmal einen ordentlichen Weg zurück legen, bis sie dann endlich zusammen mit der Mannschaft des Abschleppers den besagten Hafen erreichten. Schon lange bevor die Gruppen an diesem Aufschlugen, konnten sie von weitem ein, so schien es, himmelhohes Gebäude ausmachen - zwei riesige Burgtürme, die größer waren, als alles andere, was Beubo bisher in seinem Leben zu Gesicht bekommen hatte, ragten steinern und absolut am unweit entfernten Horizont zu den Wolken empor. “Wow…”, staunte Beauregard nicht schlecht und zuckte leicht zusammen, als plötzlich ein dröhnendes Klingen durch die Luft schwang. Der Ton war so tief, dass es dem Jungen tatsächlich ein Bisschen auf der Lunge drückte: “Was ist das!?” “Das”, erklärte einer der Seemänner des Abschleppkahns, der sich zufällig in Hörweite zu Taniths und Beubos Schiffchen aufhielt, “sind die Glocken Noträdamms. Jede Stunde schlägt die große Kirche da die Zeit. Zuerst die große, dann die kleinen.” Der Matrose zeigte mit geballter Faust und ausgestrecktem Daumen lässig über seine Schulter und deutete aus die zwei mächtigen Türme, welche immer größer zu werden schienen, um so weiter man sich dem Hafen näherte. Mit stiller Andacht betrachtete sich Beubo auf die Erläuterungen des Mannes hin erneut die Kirche und wie es vom Matrosen erklärt worden war, läuteten nun sehr viel höher klingende, viel sanftere Töne der Gruppe entgegen. Beubo zählte im Geiste mit und als die Glocken dann verstummten, sprach er laut aus: ”Zehn mal! Es ist also um Zehn?” Es war eine rhetorische Frage, irgendwie jedenfalls, denn jeder Dummkopf hätte das schlussfolgern können… dennoch guckte Beauregard Null aufgeregt zu Tanith. Dieser zuckte, zwar nicht wirklich gleichgültig aber dennoch ein wenig peinlich berührt mit den Schultern und seufzte lächelnd ein bestätigendes “Scheint ganz so.” Nach dem Glockenspiel dauerte es noch knapp zehn Minuten, bis die Schiffe des eigentlichen Hafen erreichten. Während dieser Zeit packten Tanith und Beauregard ihr Hab und Gut in ihre mitgebrachten Taschen und achteten sorgfältig darauf, auch ja nicht an Bord zu vergessen. Beubo trödelte hier und da immer einmal wieder, weil er sich die am Wasser gebauten Wohnungen, Steinmauern, Straßenbrücken usw. näher betrachtete. Gelegentlich tauchten immer einmal wieder kleine Kinder am Ufer auf und begutachteten die einfahrenden Schiffe - Beubo winkte diesen ein Paar mal zu, worauf hin die Jungen und Mädchen kreischend lachend davon rannten. “Jetzt hast du sie verscheucht, Tanith! Was guckst du auch immer so grimmig…”, lachte Beauregard mit einem Augenzwinkern. Ehe der Schütze etwas ebenso schnippisches erwidern konnte, fiel ihm ein Matrose der Abschleppcrew ins Wort: “So, Leute, Endstation. Hier müssen wir euch abbinden - wir fahren noch ein bisschen weiter hinein, aber hier ist der Hafen. Einfach ranschippern und eure Daten angeben. Auf Bald, gute Reise noch!”
So freundlich waren die Seefahrer schon die ganze Zeit nicht gewesen, denn auch wenn sie sich ständig nach dem Befinden der beiden “Gäste” erkundigt hatten, geschah dies wohl doch nur unter dem Vorwand, sie im Auge zu behalten. Nicht ein einziges Mal durften Tanith und Beubo an Bord des Handelsschiffen kommen, während sie von diesem geschleppt wurde. Schließlich, vielleicht sogar als eine Art Racheaktion, haben sich die beiden Jungen letzte Nacht erst heimlich und im Schutze der Nacht an Bord geschlichen und sich ein kleines Bisschen Proviant eingesteckt… “Okay, danke für die Hilfe, gute Reise noch!”, bedankte sich Beubo in seinem und auch in Taniths Namen. Dann knüpperte er das Tau, welches die beiden Wassergefährte miteinander verband, ab und im Nullkommanichts hatten Tanith und er ihr kleines Boot an einen nahegelegen Steg manövriert. Noch gar nicht ganz aus dem Schiffchen gestiegen, fasste eine starke Hand auf Beubos Schulter - ein Mann räusperte sich und mit ruhiger, aber starker Stimme sprach der Fremde: “Name und Zweck des Aufenthaltes, bitte.” Bei dem Forderer handelte es sich um einen Marinesoldaten, das erkannte man sofort an der weißen, mit goldenen Knöpfen verzierten ärmellosen Jacke, den blauen gebügelten Hosen und dunklen straff geschnürten Stiefeln. Vor allem aber konnte man ihn eindeutig als Angehörigen der Marine identifizieren, weil er eine weiße Schirmmütze trug, auf dessen Stirnseite das weltweit bekannte Marinesymbol gestickt war - ein an eine Möwe erinnerndes, hellblaues “M”. “Ich, äh… ja… ähm…!”, stammelte Beubo und gestikulierte dabei wild mit sein Armen, als könne er sein Gehirn auf diese Weise dazu bringen, sich etwas einfallen zu lassen. “Äh, Beubo!?”, rief Beauregard schließlich aus. Der Marinesoldat lupfte eine Augenbraue und wiederholte: “Beu… bo?” “Beubo.”, bestätigte Beubo gezwungen grinsend. “…Beubo.”, schloss der Marinesoldat ab und konnte anscheinend nicht glauben, dass jemand einen so dämlichen Namen haben konnte, “Und weiter? Wie heißt du und wieso die Waffe…?” Der Mann nickte mit zugekniffenen Augen zu Tanith und dessen Gewehr.
Es war zehn Uhr. Frollo war sich da sehr sicher, denn die Glocken der Kirche hallten so kräftig und wunderschön wie jeden Tag, dass man sie sogar noch tief unten im Keller des Justizpalastes schwach wahrnehmen konnte. Aber da war noch etwas anderes - Frollo war sich für einen kurzen Augenblick nicht ganz einig, was er da gerade gehört hatte, doch als er schließlich auf seinem Weg inne hielt, um sich auf den mysteriösen Laut zu konzentrieren, erkannte er sofort, worum es sich dabei handeln musste! Auf der Stelle machte er daher Kehrt und begab sich tiefer in die Eingeweide des Justizpalastes. Hier unten war nichts zu sehen von dem Glanz und dem Prunk, wie man ihn in auf den oberen, für die Allgemeinheit zugänglichen Bereiche bewundern konnte. Die katakombenähnlichen Mauern der Kellergewölbe waren nackt und so unsagbar schlicht und zweckgemäß gehalten, dass es Frollo selbst zu Weilen schwer fiel, beim Anblick der kalten und trostlosen, nur von kleinen Fackeln beleuchteten Steinwände ein Schauern zu unterdrücken…
Es dauerte gar nicht lange und Frollo war dem ominösen Geräusch, dass zuvor seine Neugierde geweckt hatte, näher gekommen. Es wiederholte sich in schnellen, regelmäßigen Intervallen. Ein pfeifender Laut, dem ein kreischendes Klatschen folgte - immer und immer wieder. Dem Richter beschlich das ungute Gefühl, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Und als er schließlich an einer schweren, mit großen Bolzen versehenen Holztür angelangt war und diese zögerlich aufsperrte, sah Frollo auch, was er im geheimen schon befürchtet hatte: Im flackerndem Licht einiger Feuerschalen war eine Frau an eine Art hölzernen Pranger geschnallt worden. Sie sah stark mitgenommen aus, mehr ohnmächtig als bei Bewusstsein und die kreischenden Laute, die der Richter vernommen hatte, stieß eben dieses arme menschliche Wesen aus, jedes Mal, wenn ihr maskierter Peiniger sie im schnellen Akkord mit einer harten Gehrte auspeitschte. Frollo stockte der Atem, bei dem, was er da sah: “Was ist hier los!?” Der Folterknecht hörte vor Schreck auf zu Schlagen und starrte Frollo mit großen, angstgeweiteten Augen an. Anscheinend hatte er gar nicht gemerkt, dass der Richter das dunkle Verließ betreten hatte: “H-Herr…?” Frollo trat an den Schraubstock heran, so nahe, dass er den Geruch der Frau wahrnehmen konnte - ein künstliches Aroma, ein seifiger Duft von Erdbeeren: “Ich glaube nicht, was ich da sehen muss.”, plädulierte Frollo geschockt und sein Blick schien den des Maskierten zu durchbohren, “Wenn du sie in so schneller Reihenfolge schlägst, betäubt der erste noch vor dem zweiten!” Der Folterknecht klappte seinen Mund wieder zu und nickte verstehend. Frollo nickte ebenfalls und ärgerte sich offensichtlich, dass er dem Mann nun auch noch erklären musste, wie man Diebe hierzulande richtig bestraft… Vor wenigen Stunden, es war noch nicht einmal ein Tag vergangen, hatten der Junge, Ark, dessen Frollo sich angenommen hatte und einer dessen Freunde, ein silberhaariger Fremder, eine ganze Räuberbande hochgenommen. Frollos Mannen erreichten das Versteck gerade, als die beiden jugendlichen Kämpfer die Feinde gestellt hatten. Ark bat um Gnade für die rothaarige Frau und deren Kind und Frollo versprach, gnädig wie er war, Milde walten zu lassen… allerdings stellte sich heraus, dass die Frau scheinbar eine ganze Menge über die kriminellen Geschehen der Stadt wusste und eine solche Informationsquelle konnte schließlich nicht ungeschöpft bleiben - es war nun einmal die heilige Pflicht Frollos, seine Stadt, seine Insel vor allem Unrecht zu beschützen…Als der Richter das Zimmer wieder verlassen hatte, schloss er behutsam die große Bolzentür. Er hatte noch nicht zwei Schritte getan, da zischte erneut das peitschende Geräusch durch die kalte Luft der Kellergänge, nur dieses Mal gellte der darauf folgende Schrei noch schriller, als sie es vorher ohnehin schon taten!“Bei den Lehren von Dämm, möge Gott ihrer Sünde gnädig sein.”, seufzte Frollo theatralisch und faltete seine Hände selbstgefällig zu einem rechten Winkel. Er musste sich nun aber auch wirklich beeilen - er war ja schon um zehn Uhr mit dem Jungen Ark auf dem Balkon des Justizpalastes verabredet gewesen. Richter Frollo wollte Ark unbedingt noch in seine Aufgaben während des heutigen Festes einweisen - vom Justizpalast, sowie der Kirche hat man einen perfekten Blick auf den Festplatz.
“Es ist schon um zehn, um zehn!”, rief Gringoire außer sich und wuselte auf der großen Bühne mal hier und mal dort hin. Er hatte wie immer seine Laute unter dem Arm und harkte auf einem langen Stück Pergament allerlei Dinge ab, welche die ihm untergebene Aufbaucrew schon erledigt hatte. Sehr zu Gringoires Verdruss überwog jedoch der Teil an Aufgaben, die noch niemand in Angriff genommen hatte, geschweige denn fertig gestellt! Seit der Stadttribun Richter Claude Frollo ihn damit beauftragt hatte, für das alljährliche Tupsy Turvy ein Theaterstück zu organisieren, schwoll dem Künstler bei jeder Gelegenheit der der sprichwörtliche Kamm. Jedem erzählte er davon, ob er es nun hören wollte, oder nicht - vor allem aber dem jungen Mönch Ark, der seit kurzem im Kloster der Stadt Unterschlupf gefunden hatte. Irgendwie vollbrachte es dieses Schlitzohr, die linke Hand des Richters zu werden und daher nahm Gringoire an, dass, sollte es auch nur ein Mensch auf dieser Welt fertig bringen, zu erkennen, was für ein Genie er, Gringoire, mit der Feder war, dann musste es dieser Ark sein! Obwohl Gringoire der Überzeugung war, dass der Junge alleine nichts auf die Reihe bekam - erst kürzlich mussten sie einen Haufen Verbrecher dingfest machen und ohne seine, Gringoires, mutige Aktionen wären die beiden Freunde sicherlich nicht mit dem Leben davon gekommen. Da war sich der überzeugte Gringoire einhundertprozentig sicher… Gringoire guckte kurz hinauf zum Justizpalast und winkte auch gleich zu Ark und Richter Frollo hinauf, welche sich wohl davon überzeugen wollten, wie wunderbar, wie perfekt und einzigartig er seinem Organisationstalent freien Lauf ließ. KRAAAACK! Eine eben erst aufgestellte Maskenbude krachte zusammen. Gringoire erschrak höllisch und war beinahe verleitet gewesen, das Weite zu suchen, beherrschte sich allerdings, weil er wusste, dass Claude Frollo ihn beobachtete. Stattdessen wollte er diesem beweisen, dass er alles im Griff hatte: „Was soll denn das!? Bin ich hier nur von Banausen umgeben?! Da fehlen die Nägel, das sehe ja sogar ich - wer hat das da zusammengebaut?!“
Eine Frauenstimme antwortete, Gringoire drehte sich um und die Person, die sich gemeldet hatte, war eine junge Zimmermannsfrau, mit rotem Kopftuch…
„Hier, mein Sohn, ich möchte dir dieses zurück geben.“, sprach Bruder Alphonse und überreichte Akataja das zuvor konfiszierte Masamune Schwert. „Wir sind dir sehr dankbar, dass du unseren Bruder Ark zur Seite gestanden hast. Er hat dich sehr gelobt und ich denke, wenn Ark dich als vertrauenswürdig einschätzt, dann kann das auch für uns gelten. Leider konnte er sich nicht von dir verabschieden, er hatte noch einen wichtigen Termin mit Richter Frollo.“ Bruder Alphonse tätschelte Akataja die Schulter und rezitierte einen kurzen Gebetsspruch, ehe er fortfuhr: „ Ich wünsche dir auf deinem weiteren Weg alles Gute, Mein Sohn. Aber vielleicht hält es dich ja auch noch ein wenig in der Stadt? Gringoire dort“, der Bruder zeigte auf einen jungen Mann, der eine große Papierrolle in den Armen hielt und eifrig Befehle an tüchtige Arbeitskräfte brüllte, „kann sicherlich noch ein, zwei helfende Hände gebrauchen. Fleißige Menschen sind bei uns gerne gesehen, vor allem jede, die einer ehrlichen Arbeit nachgehen.“ Die Turmglocken schlugen nun, zuerst eine mächtige laute, dann mehrere kleinere, viel höhere. „Oh! Schon zehn Uhr, mein Sohn! Ich muss mich auf das Fest vorbereiten. Das wäre sicherlich auch etwas für dich, mein Sohn. Um zwölf geht es los.“, Bruder Alphonse lächelte Akataja zum Abschied zu und wandte sich dann schnellen Schrittes zurück zur Kirche.
So freundlich waren die Seefahrer schon die ganze Zeit nicht gewesen, denn auch wenn sie sich ständig nach dem Befinden der beiden “Gäste” erkundigt hatten, geschah dies wohl doch nur unter dem Vorwand, sie im Auge zu behalten. Nicht ein einziges Mal durften Tanith und Beubo an Bord des Handelsschiffen kommen, während sie von diesem geschleppt wurde. Schließlich, vielleicht sogar als eine Art Racheaktion, haben sich die beiden Jungen letzte Nacht erst heimlich und im Schutze der Nacht an Bord geschlichen und sich ein kleines Bisschen Proviant eingesteckt… “Okay, danke für die Hilfe, gute Reise noch!”, bedankte sich Beubo in seinem und auch in Taniths Namen. Dann knüpperte er das Tau, welches die beiden Wassergefährte miteinander verband, ab und im Nullkommanichts hatten Tanith und er ihr kleines Boot an einen nahegelegen Steg manövriert. Noch gar nicht ganz aus dem Schiffchen gestiegen, fasste eine starke Hand auf Beubos Schulter - ein Mann räusperte sich und mit ruhiger, aber starker Stimme sprach der Fremde: “Name und Zweck des Aufenthaltes, bitte.” Bei dem Forderer handelte es sich um einen Marinesoldaten, das erkannte man sofort an der weißen, mit goldenen Knöpfen verzierten ärmellosen Jacke, den blauen gebügelten Hosen und dunklen straff geschnürten Stiefeln. Vor allem aber konnte man ihn eindeutig als Angehörigen der Marine identifizieren, weil er eine weiße Schirmmütze trug, auf dessen Stirnseite das weltweit bekannte Marinesymbol gestickt war - ein an eine Möwe erinnerndes, hellblaues “M”. “Ich, äh… ja… ähm…!”, stammelte Beubo und gestikulierte dabei wild mit sein Armen, als könne er sein Gehirn auf diese Weise dazu bringen, sich etwas einfallen zu lassen. “Äh, Beubo!?”, rief Beauregard schließlich aus. Der Marinesoldat lupfte eine Augenbraue und wiederholte: “Beu… bo?” “Beubo.”, bestätigte Beubo gezwungen grinsend. “…Beubo.”, schloss der Marinesoldat ab und konnte anscheinend nicht glauben, dass jemand einen so dämlichen Namen haben konnte, “Und weiter? Wie heißt du und wieso die Waffe…?” Der Mann nickte mit zugekniffenen Augen zu Tanith und dessen Gewehr.
Es war zehn Uhr. Frollo war sich da sehr sicher, denn die Glocken der Kirche hallten so kräftig und wunderschön wie jeden Tag, dass man sie sogar noch tief unten im Keller des Justizpalastes schwach wahrnehmen konnte. Aber da war noch etwas anderes - Frollo war sich für einen kurzen Augenblick nicht ganz einig, was er da gerade gehört hatte, doch als er schließlich auf seinem Weg inne hielt, um sich auf den mysteriösen Laut zu konzentrieren, erkannte er sofort, worum es sich dabei handeln musste! Auf der Stelle machte er daher Kehrt und begab sich tiefer in die Eingeweide des Justizpalastes. Hier unten war nichts zu sehen von dem Glanz und dem Prunk, wie man ihn in auf den oberen, für die Allgemeinheit zugänglichen Bereiche bewundern konnte. Die katakombenähnlichen Mauern der Kellergewölbe waren nackt und so unsagbar schlicht und zweckgemäß gehalten, dass es Frollo selbst zu Weilen schwer fiel, beim Anblick der kalten und trostlosen, nur von kleinen Fackeln beleuchteten Steinwände ein Schauern zu unterdrücken…
Es dauerte gar nicht lange und Frollo war dem ominösen Geräusch, dass zuvor seine Neugierde geweckt hatte, näher gekommen. Es wiederholte sich in schnellen, regelmäßigen Intervallen. Ein pfeifender Laut, dem ein kreischendes Klatschen folgte - immer und immer wieder. Dem Richter beschlich das ungute Gefühl, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Und als er schließlich an einer schweren, mit großen Bolzen versehenen Holztür angelangt war und diese zögerlich aufsperrte, sah Frollo auch, was er im geheimen schon befürchtet hatte: Im flackerndem Licht einiger Feuerschalen war eine Frau an eine Art hölzernen Pranger geschnallt worden. Sie sah stark mitgenommen aus, mehr ohnmächtig als bei Bewusstsein und die kreischenden Laute, die der Richter vernommen hatte, stieß eben dieses arme menschliche Wesen aus, jedes Mal, wenn ihr maskierter Peiniger sie im schnellen Akkord mit einer harten Gehrte auspeitschte. Frollo stockte der Atem, bei dem, was er da sah: “Was ist hier los!?” Der Folterknecht hörte vor Schreck auf zu Schlagen und starrte Frollo mit großen, angstgeweiteten Augen an. Anscheinend hatte er gar nicht gemerkt, dass der Richter das dunkle Verließ betreten hatte: “H-Herr…?” Frollo trat an den Schraubstock heran, so nahe, dass er den Geruch der Frau wahrnehmen konnte - ein künstliches Aroma, ein seifiger Duft von Erdbeeren: “Ich glaube nicht, was ich da sehen muss.”, plädulierte Frollo geschockt und sein Blick schien den des Maskierten zu durchbohren, “Wenn du sie in so schneller Reihenfolge schlägst, betäubt der erste noch vor dem zweiten!” Der Folterknecht klappte seinen Mund wieder zu und nickte verstehend. Frollo nickte ebenfalls und ärgerte sich offensichtlich, dass er dem Mann nun auch noch erklären musste, wie man Diebe hierzulande richtig bestraft… Vor wenigen Stunden, es war noch nicht einmal ein Tag vergangen, hatten der Junge, Ark, dessen Frollo sich angenommen hatte und einer dessen Freunde, ein silberhaariger Fremder, eine ganze Räuberbande hochgenommen. Frollos Mannen erreichten das Versteck gerade, als die beiden jugendlichen Kämpfer die Feinde gestellt hatten. Ark bat um Gnade für die rothaarige Frau und deren Kind und Frollo versprach, gnädig wie er war, Milde walten zu lassen… allerdings stellte sich heraus, dass die Frau scheinbar eine ganze Menge über die kriminellen Geschehen der Stadt wusste und eine solche Informationsquelle konnte schließlich nicht ungeschöpft bleiben - es war nun einmal die heilige Pflicht Frollos, seine Stadt, seine Insel vor allem Unrecht zu beschützen…Als der Richter das Zimmer wieder verlassen hatte, schloss er behutsam die große Bolzentür. Er hatte noch nicht zwei Schritte getan, da zischte erneut das peitschende Geräusch durch die kalte Luft der Kellergänge, nur dieses Mal gellte der darauf folgende Schrei noch schriller, als sie es vorher ohnehin schon taten!“Bei den Lehren von Dämm, möge Gott ihrer Sünde gnädig sein.”, seufzte Frollo theatralisch und faltete seine Hände selbstgefällig zu einem rechten Winkel. Er musste sich nun aber auch wirklich beeilen - er war ja schon um zehn Uhr mit dem Jungen Ark auf dem Balkon des Justizpalastes verabredet gewesen. Richter Frollo wollte Ark unbedingt noch in seine Aufgaben während des heutigen Festes einweisen - vom Justizpalast, sowie der Kirche hat man einen perfekten Blick auf den Festplatz.
“Es ist schon um zehn, um zehn!”, rief Gringoire außer sich und wuselte auf der großen Bühne mal hier und mal dort hin. Er hatte wie immer seine Laute unter dem Arm und harkte auf einem langen Stück Pergament allerlei Dinge ab, welche die ihm untergebene Aufbaucrew schon erledigt hatte. Sehr zu Gringoires Verdruss überwog jedoch der Teil an Aufgaben, die noch niemand in Angriff genommen hatte, geschweige denn fertig gestellt! Seit der Stadttribun Richter Claude Frollo ihn damit beauftragt hatte, für das alljährliche Tupsy Turvy ein Theaterstück zu organisieren, schwoll dem Künstler bei jeder Gelegenheit der der sprichwörtliche Kamm. Jedem erzählte er davon, ob er es nun hören wollte, oder nicht - vor allem aber dem jungen Mönch Ark, der seit kurzem im Kloster der Stadt Unterschlupf gefunden hatte. Irgendwie vollbrachte es dieses Schlitzohr, die linke Hand des Richters zu werden und daher nahm Gringoire an, dass, sollte es auch nur ein Mensch auf dieser Welt fertig bringen, zu erkennen, was für ein Genie er, Gringoire, mit der Feder war, dann musste es dieser Ark sein! Obwohl Gringoire der Überzeugung war, dass der Junge alleine nichts auf die Reihe bekam - erst kürzlich mussten sie einen Haufen Verbrecher dingfest machen und ohne seine, Gringoires, mutige Aktionen wären die beiden Freunde sicherlich nicht mit dem Leben davon gekommen. Da war sich der überzeugte Gringoire einhundertprozentig sicher… Gringoire guckte kurz hinauf zum Justizpalast und winkte auch gleich zu Ark und Richter Frollo hinauf, welche sich wohl davon überzeugen wollten, wie wunderbar, wie perfekt und einzigartig er seinem Organisationstalent freien Lauf ließ. KRAAAACK! Eine eben erst aufgestellte Maskenbude krachte zusammen. Gringoire erschrak höllisch und war beinahe verleitet gewesen, das Weite zu suchen, beherrschte sich allerdings, weil er wusste, dass Claude Frollo ihn beobachtete. Stattdessen wollte er diesem beweisen, dass er alles im Griff hatte: „Was soll denn das!? Bin ich hier nur von Banausen umgeben?! Da fehlen die Nägel, das sehe ja sogar ich - wer hat das da zusammengebaut?!“
Eine Frauenstimme antwortete, Gringoire drehte sich um und die Person, die sich gemeldet hatte, war eine junge Zimmermannsfrau, mit rotem Kopftuch…
„Hier, mein Sohn, ich möchte dir dieses zurück geben.“, sprach Bruder Alphonse und überreichte Akataja das zuvor konfiszierte Masamune Schwert. „Wir sind dir sehr dankbar, dass du unseren Bruder Ark zur Seite gestanden hast. Er hat dich sehr gelobt und ich denke, wenn Ark dich als vertrauenswürdig einschätzt, dann kann das auch für uns gelten. Leider konnte er sich nicht von dir verabschieden, er hatte noch einen wichtigen Termin mit Richter Frollo.“ Bruder Alphonse tätschelte Akataja die Schulter und rezitierte einen kurzen Gebetsspruch, ehe er fortfuhr: „ Ich wünsche dir auf deinem weiteren Weg alles Gute, Mein Sohn. Aber vielleicht hält es dich ja auch noch ein wenig in der Stadt? Gringoire dort“, der Bruder zeigte auf einen jungen Mann, der eine große Papierrolle in den Armen hielt und eifrig Befehle an tüchtige Arbeitskräfte brüllte, „kann sicherlich noch ein, zwei helfende Hände gebrauchen. Fleißige Menschen sind bei uns gerne gesehen, vor allem jede, die einer ehrlichen Arbeit nachgehen.“ Die Turmglocken schlugen nun, zuerst eine mächtige laute, dann mehrere kleinere, viel höhere. „Oh! Schon zehn Uhr, mein Sohn! Ich muss mich auf das Fest vorbereiten. Das wäre sicherlich auch etwas für dich, mein Sohn. Um zwölf geht es los.“, Bruder Alphonse lächelte Akataja zum Abschied zu und wandte sich dann schnellen Schrittes zurück zur Kirche.
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