Was?! Nein, das konnte doch nicht… was?! Woher wusste der Professor das nur? Wie hatte er ihn nur so durchschauen können? Wieder einmal hatte es der Mann im weißen Kittel geschafft, den Afro-Träger immens zu beeindrucken. Obgleich alles versucht worden war, um die Wahrheit vor diesem Menschen zu verschweigen, hatte es ihm seine unglaublich Fähigkeit zur Kombination und Analyse scheinbar doch ermöglich, die zahlreichen Puzzleteile dieser Geschichte zusammenzusetzen und die Wahrheit aufzudecken. Gegen einen Intellekt dieser Größenordnung war kein Kraut gewachsen.
Auch das nächste Objekt, das zum Vorschein kam, war schlichtweg jenseits von Genie und Wahnsinn. Doch neben seiner unglaublichen Fähigkeiten, deren Funktionsweise sich Mika nicht einmal im Traum vorstellen konnte, war es vor allem der Becherhalter, der sein Interesse weckte. Wie schon bei dem Vorschlag für die Kanone fand auch hier ein Becherhalter Verwendung, obwohl das eigentlich nichts mit dem eigentlichen Gerät zu tun hatte… oder eben doch? Die Worte, die den Mündern der Mitanwesenden entkommen waren, traten schnell in den Hintergrund, als der Denkapparat des Zimmermanns mit der Arbeit begann. Das für andere Menschen potenziell nervige Gebrabbel und Gepiepse, dass der Fremde von sich gab, schienen in seinen Ohren eher ein sanftes Hintergrundgeräusch zu sein, das die Gedankengänge stilvoll untermalte. Niemals in seinem bislang sehr beschränkten Denken wäre der junge Mann aus dem West Blue auf die Idee gekommen, dass eine Apparatur mehr Funktionen und Bestandteile haben konnte… nein… MUSSTE! … als es benötigte. Er hatte ja noch so viel zu Lernen, doch diese Begegnung, diese wenige Minuten an einem einzigen Tag, hatte ihm schon so viel weitergeholfen… zumindest kam ihm das so vor.
Das Gebrüll der Waffenmeisterin riss den Tagträumer auf eine sehr brutale Art zurück in die Realität und offenbarte ihm wieder einmal aufs Neue, dass auch in jeder Frau ein wahrer Mann zu stecken vermag. Zumindest ihre Pose, die geballten Fäuste und der entschlossene Blick deuteten darauf hin. Auf jeden Fall war Mika froh darüber, dass Rei ihn aus seinem Tagtraum erweckt hatte, denn schließlich wird jeder Mann, der die Vorzüge des anderen Geschlechtes zu würdigen weiß, lieber von einer hübschen Frau geweckt als von einem Lärm irgendwo aus der Stadt, wie er nämlich just in diesem Moment ertönte und sogar bis hier hinauf auf den Hügel reichte und jegliche Konversation, die auch im Gange war, für einen Moment unterband. Die Köpfe wandten sich in die Richtung der Lärmquelle und im Nachhinein würde das Plappermaul einem jeden, der es hören wollte, erzählen, dass er sich beim Folgenden sehr viel gedacht habe. Dass es seine Absicht gewesen wäre, den Professor zu verwirren, ihm die richtige Richtung zum Kapitän der Hamster-Piraten zu verraten, damit dieser denken würde, dass es sich um deinen Bluff handeln würde und sich dann in eine andere Richtung aufmachen würde. Das wäre genau sein Plan gewesen. Doch tatsächlich hörte er nur den Lärm, sein Kopf schoss herum und es sprudelte fast sofort aus ihm heraus:
Da steckt doch unser Capt’n! Natürlich hatte dies seinen Mund verlassen, bevor sein Kopf auch nur überlegen hätte können, ob es nun klug gewesen wäre, das so zu sagen oder nicht.
Es ist auch nicht so, dass er sicher gewusst hätte, dass Boris im Zentrum der Lärmquelle zu finden gewesen wäre, es war einfach, dass sein Körper es ihm gesagt hatte, eine Art Bauchgefühl. Oder eher eines im Ohr, denn schließlich war es laut und statistisch gesehen war es, gemessen an den letzten Jahren seines Lebens, extrem wahrscheinlich, dass sich Boris an Orten aufhielt, wo es plötzlich sehr laut wurde. Demzufolge war es eine berechtigte Annahme, dass der Hüne von einem Mann genau dort zu finden sein würde.
Allerdings hatte diese Aktion tatsächlich die mehr oder weniger gewünschte Reaktion von der Seite des Kittelträgers ausgelöst. Der Professor drehte ruckartig den Kopf zwischen den beiden Hamster-Piraten und von wo der Lärm herkam hin- und her und begann dann ein breites Grinsen aufzusetzen.
„Daaaaa soll er seeeeeiiiin?“, begann er langgezogen zu fragen.
„Wiiiiirklich?“ Er drehte den iRadar in die Richtung der Lärmquelle und es kam keine Reaktion. Dann hob er den Finger, wedelte diesen und begann dann mit seinem lehrerartigem Ton:
„Wenn ihr zwei die Untergebenen von Boris seid, dann bedeutet es auch, dass ihr versucht ihn zu schützen. Vielleicht seid ihr beide verglichen zu mir dumm, aber das ist jeder, weswegen ich nicht davon ausgehen brauche, dass ihr mich direkt dahin führt. Doch vielleicht wiederum baut ihr darauf auf, dass ich das denke, aber ich konnte es mit dem iRadar beweisen! Also ist Boris nicht da!“ Er steckte den iRadar zurück in den Kittel, streckte beide Arme seitlich zu sich ab und begann sich um die eigene Achse zu drehen:
„Rum, rum, rumherum, wo ist denn mein Boris nur!“ Dann blieb er stehen und drehte dann den Kopf plötzlich von Gakuga abgewandt.
„ICH HABE ES!!!“ Der Professor begann darauf loszulaufen, als gäbe es kein Morgen mehr, und wie ein Irrer dabei zu lachen.
Was er nicht sah, war die Rauchspur, die sich aus seiner Tasche stahl, genau aus der Tasche, in die er sein iRadar hineingetan hat.
Verwundert schaute Mika dem weggerannten Weisen hinterher und fragte sich, wie er es denn nur geschafft haben mochte, Boris woanders zu lokalisieren, wenn es doch selbst für jemand ungebildeten wie ihn offensichtlich war, wo Boris war? Es mochte daran liegen, dass Akademiker ja meist nach dem Ursprung von Dingen suchten und der Professor damit eventuell zunächst an Plätze gehen würde, an denen Boris einmal gewesen ist… Oder dieser Gedankengang war einfach zu komplex, als dass er es verstehen könnte… Mika zuckte mit den Schultern. Eines Tages würde er es vielleicht auch verstehen und vielleicht auch einmal zur intellektuellen Elite dieser Welt zählen. Vielleicht… vielleicht aber auch nicht. Auf jeden Fall war er sich zu einhundertundafro Prozent sicher, dass Boris zumindest ein Teil der Lärmquelle war und es dort vermutlich Action gab und das war genau das, was er nun nach dieser Schufterei gebrauchen konnte. Wie damals eine kleine Kneipenschlägerei nach einem langen Arbeitstag in der Werft.
Come on, Sis. Ich glaub, unser Capt’n hat Trouble. Vielleicht braucht er unsere Hilfe. Lass die Kanone kurz hierlassen und schauen gehen. Mit diesen Worten machte sich der Afro-Träger auf in die Richtung, aus der der Lärm gekommen war.
tbc:
Oh Gott, die Hamster kommen!!!