Hikari
Pirat
„Gut… dann… dann bis morgen.“, verabschiedete sich Hikari für den Tag etwas unschlüssig von Boris und Puc. Jedweder Protest war ihr nicht mehr über die Lippen gekommen, immerhin schien Boris sehr resistent gegen jede Form von verbaler Gegenwehr zu sein. Was sollte sie auf seine Aussagen auch antworten, wenn er schon der festen Überzeugung war, dass sie sich seiner Crew anschließen würde? Außerdem… Wenn er meinte sich unbedingt mit der Marine anlegen zu wollen? War ja nicht ihr Problem, wenn gleich die halbe Mannschaft bei ihm auf der Matte stand.
„Dad? Ich bin zu Hause, hat doch etwas länger… Chikucho! Was ist zur Hölle mit deinem Gesicht passiert!?“ Aoshi winkte seine Tochter zu sich heran. Blutige Lippe, aufgeplatzte Haut über der Augenbraue, angeschwollenes Gesicht und kaputte Knöchel an den Händen. Ihr Vater hatte sich eindeutig geprügelt und ordentlich eingesteckt: „Du solltest die anderen sehen…“, winkte er ab und trank einen weiteren Schluck Sake. „Einige Gildenleute haben dich gesucht…“, begann er, wurde jedoch je unterbrochen, als Hikari zu fluchen begann: „Kuso! Kuso! Kuso! Kuso!“ Offenbar hatten die Schweinebacken ihren Antrag samt ihrer Adresse noch herumliegen. „Ich…” Aoshi schüttelte den Kopf: „Nachdem sie dich abgelehnt hatten… war mir nur recht, Kai. Du hast die Gilde beklaut? Als Racheaktion?“ Sie zuckte mit den Schultern, ehe sie nickte, an sich stimmte es ja auch, obwohl die Hauptmotivation aus der Reparatur des Piratenschiffes herausgeboren worden war. Der Bücherklau war da nur eine willkommene Gelegenheit sich zu bedienen. Kurz und knapp schilderte sie ihren Tag seit Verlassen des Hauses in der Früh. Nachdem ihr Vater sich für sie geprügelt hatte, verdiente er immerhin das Warum.
Stille, beide hingen ihren Gedanken nach bis: „Die werden wiederkommen, Kai. Mit mehr Leuten und selbst zu zweit… wir würden das nicht schaffen. Außerdem… die Gildenidioten sind das eine… aber…“ Er musste nicht weitersprechen, natürlich, bei den Ozeanen war sie kurzsichtig gewesen. Natürlich irgendwer hatte immer Kontakte zu den Marines und nach der Mastaktion der Hamsterpiraten… Nicht zu vergessen die Mitglieder der Hifumi, das würde dann wohl kaum bei einer muskelbepackten Unterstützung bleiben, sondern noch für ganz anderen Ärger sorgen. Hikari schluckte, als ihr langsam das Ausmaß ihrer Tat und der Hilfestellung für den Piraten und sein Schiff klar wurde. „Ich hab eine Zielscheibe auf eure Köpfe gemalt.”, fasste sie schlussendlich zusammen, was wohl durchaus eine gerechtfertigte Einschätzung der Dinge war. „Bakayarô…. Entweder die Marines, dann trifft es nur mich… oder die Hifumi, Dad, das kann ich euch nicht antun. Ihr könnt nicht für meine Fehler gerade stehen…“ Aoshi schwieg, während seine Tochter über ihre Optionen brütete. „Es wäre das Beste wenn du untertauchen könntest… die halbe Insel ist zerstört, die Aufräumarbeiten dauern an, lange würdest du nicht unentdeckt bleiben. Oder… du nimmst das Angebot von diesem Piraten an… Sieh mich nicht so an, Kai. Darüber nachgedacht hast du bereits, das ist nichts Neues. Und wenigstens müssten wir uns dann keine Sorgen machen, dass du im Knast landest oder schlimmeres…“, er verzog das Gesicht zu einer schiefen Grimasse, die wohl einem Lächeln ähneln sollte, „außerdem hättest du wirklich bei einem Zimmermannskapitän die Chance mehr von unserer Kunst und dem Handwerk zu lernen als hier. Wir können dir nichts mehr beibringen in der Werft. Die Gilde wird dein Lehrmeister nicht mehr sein, die Marines auch nicht, wenn bekannt wird was passiert ist… denk drüber nach…“ Er leerte seine Sakeschale, ehe er die Sakeflasche und das Schälchen vor Hikari stellte und aufstand. Einen Moment blieb er unschlüssig im Raum stehen, ehe er Kai kräftig auf die Schulter klopfte und aus der Küche verschwand: „Schreib uns, wenn du kannst.“ Überrascht blickte die Blauhaarige ihrem Vater hinterher, der sich offenbar schon ihrer Entscheidung sicher war.
„Du wirst gehen oder?“, Hikari hatte gerade ihr zweites Schälchen Sake geleert, als eine ganz andere Stimme von der Tür ihre Aufmerksamkeit forderte. „Ayako… hast du gelauscht?” Die Jüngere schnaubte un-lady-like: „Dein Fluchen war nicht zu überhören, Hikari!“ „Das Angebot des Piratenkapitäns steht. Ich kenn zwar seine Mannschaft nicht… und es wäre schon gut zu wissen, ob ich seine Crew leiden kann… aber…“, sie brach ab. „Nichts aber, seit Jahren redest du davon irgendwann zur See zu fahren, um alles über die Zimmerei zu lernen, was man nur irgendwie lernen kann. Hier wartet nur… hier hast du nicht einmal mehr ein Leben du Baka! Nur weil du diesen Piraten unbedingt helfen musstest! Jetzt hast du die Chance, deine einzige Chance hier mit deinem Leben, deiner Gesundheit und deiner Freiheit noch die Insel zu verlassen und wenn es sich dabei um unsere Retter handelt!? Viel mehr kann man sich doch nicht wünschen oder? Zumindest musst du dir keine Sorgen um deine Sicherheit machen, bei einem solchen Kapitän.“ Überrascht starrte Hikari zum zweiten Mal an diesem Tag mit offenem Mund ihr Gegenüber an. Das Pathos von Ayako war ja nichts neues, aber ihre Argumente hatten wirklich Hand und Fuß. Mehr noch: Sie hatte es damit wirklich zusammengefasst auf einen Punkt gebracht.
„Der Chef war dir sympathisch oder?“ Stummes Nicken. „Sein Haustier auch?” Erneutes Nicken. Ayako warf theatralisch die Hände in die Luft: „Worauf zur Hölle wartest du dann noch? Eine schriftliche Einladung!?“ „Aber…”, begann Hikari, die nicht einmal genau wusste weshalb sie noch Einspruch erhob. Ayakos Argumente hatten ihre kleine Stimme bestärkt, mehr noch rational betrachtet war es eine hervorragende Idee und verband mehrere Wünsche und Träume und löste sämtliche Probleme, die heute entstanden waren. „Wir kommen schon klar…“, zum ersten Mal am heutigen Abend klang Ayakos Stimme wie die eines Kindes. Mit sechzehn Jahren war sie schließlich auch noch nicht richtig erwachsen und manchmal… Hikari schluckte, als ihr bewusst wurde, dass es genau dieser emotionale Anker war, der es ihr gerade nicht erlauben wollte, der Situation nachzugeben. „Aber…” Ayako schüttelte den Kopf und trat zu ihrer älteren Schwester hinüber um sie unbeholfen zu umarmen: „Wir schaffen das auch ohne dich. Mach dir keine Sorgen. Dad und ich schaffen das. Außerdem…“, sie stockte kurz, „Außerdem hat mich die Schauspielschule heute aufgenommen, mit Stipendium, du musst nicht mehr für uns arbeiten. Du bist deiner Verantwortung gerecht geworden. Immer.“ Ein zitterndes Lächeln schlich sich auf Hikaris Gesicht, sie schluckte, um die Tränen zu unterdrücken und löste sich ebenso unbeholfen wie ihre Schwester aus der Umarmung: bloß nicht anfangen zu heulen. Sie war schließlich stärker!
„Ich geh dann mal packen…“
Es war früher Morgen, noch vor der Dämmerung, als Hikari auf leisen Sohlen ihr Elternhaus verließ, vollgepackt mit ihrem überquellenden Rucksack und zwei Taschen mit ihren Klamotten und anderem Schnickschnack an den Armbeugen hängend. „Da ist sie, sie will abhauen!?”, hörte sie einen Ausruf die stille Morgenluft zerreißen. Ohne sich umzudrehen nahm die Blauhaarige die Beine in die Hand und begann in Richtung der Boldman zu sprinten. Ihrem Kampfstil sei Dank, kannte sie die Umgebung ihrer Heimat wie ihren Handrücken, weshalb sie den Pulk nicht nur abhängen, sondern auch mit etwas Abstand ihr Ziel erreichen konnte. Das Schiff der Hamsterpiraten.
[tbc: Oh Gott die Hamster kommen]
„Dad? Ich bin zu Hause, hat doch etwas länger… Chikucho! Was ist zur Hölle mit deinem Gesicht passiert!?“ Aoshi winkte seine Tochter zu sich heran. Blutige Lippe, aufgeplatzte Haut über der Augenbraue, angeschwollenes Gesicht und kaputte Knöchel an den Händen. Ihr Vater hatte sich eindeutig geprügelt und ordentlich eingesteckt: „Du solltest die anderen sehen…“, winkte er ab und trank einen weiteren Schluck Sake. „Einige Gildenleute haben dich gesucht…“, begann er, wurde jedoch je unterbrochen, als Hikari zu fluchen begann: „Kuso! Kuso! Kuso! Kuso!“ Offenbar hatten die Schweinebacken ihren Antrag samt ihrer Adresse noch herumliegen. „Ich…” Aoshi schüttelte den Kopf: „Nachdem sie dich abgelehnt hatten… war mir nur recht, Kai. Du hast die Gilde beklaut? Als Racheaktion?“ Sie zuckte mit den Schultern, ehe sie nickte, an sich stimmte es ja auch, obwohl die Hauptmotivation aus der Reparatur des Piratenschiffes herausgeboren worden war. Der Bücherklau war da nur eine willkommene Gelegenheit sich zu bedienen. Kurz und knapp schilderte sie ihren Tag seit Verlassen des Hauses in der Früh. Nachdem ihr Vater sich für sie geprügelt hatte, verdiente er immerhin das Warum.
Stille, beide hingen ihren Gedanken nach bis: „Die werden wiederkommen, Kai. Mit mehr Leuten und selbst zu zweit… wir würden das nicht schaffen. Außerdem… die Gildenidioten sind das eine… aber…“ Er musste nicht weitersprechen, natürlich, bei den Ozeanen war sie kurzsichtig gewesen. Natürlich irgendwer hatte immer Kontakte zu den Marines und nach der Mastaktion der Hamsterpiraten… Nicht zu vergessen die Mitglieder der Hifumi, das würde dann wohl kaum bei einer muskelbepackten Unterstützung bleiben, sondern noch für ganz anderen Ärger sorgen. Hikari schluckte, als ihr langsam das Ausmaß ihrer Tat und der Hilfestellung für den Piraten und sein Schiff klar wurde. „Ich hab eine Zielscheibe auf eure Köpfe gemalt.”, fasste sie schlussendlich zusammen, was wohl durchaus eine gerechtfertigte Einschätzung der Dinge war. „Bakayarô…. Entweder die Marines, dann trifft es nur mich… oder die Hifumi, Dad, das kann ich euch nicht antun. Ihr könnt nicht für meine Fehler gerade stehen…“ Aoshi schwieg, während seine Tochter über ihre Optionen brütete. „Es wäre das Beste wenn du untertauchen könntest… die halbe Insel ist zerstört, die Aufräumarbeiten dauern an, lange würdest du nicht unentdeckt bleiben. Oder… du nimmst das Angebot von diesem Piraten an… Sieh mich nicht so an, Kai. Darüber nachgedacht hast du bereits, das ist nichts Neues. Und wenigstens müssten wir uns dann keine Sorgen machen, dass du im Knast landest oder schlimmeres…“, er verzog das Gesicht zu einer schiefen Grimasse, die wohl einem Lächeln ähneln sollte, „außerdem hättest du wirklich bei einem Zimmermannskapitän die Chance mehr von unserer Kunst und dem Handwerk zu lernen als hier. Wir können dir nichts mehr beibringen in der Werft. Die Gilde wird dein Lehrmeister nicht mehr sein, die Marines auch nicht, wenn bekannt wird was passiert ist… denk drüber nach…“ Er leerte seine Sakeschale, ehe er die Sakeflasche und das Schälchen vor Hikari stellte und aufstand. Einen Moment blieb er unschlüssig im Raum stehen, ehe er Kai kräftig auf die Schulter klopfte und aus der Küche verschwand: „Schreib uns, wenn du kannst.“ Überrascht blickte die Blauhaarige ihrem Vater hinterher, der sich offenbar schon ihrer Entscheidung sicher war.
„Du wirst gehen oder?“, Hikari hatte gerade ihr zweites Schälchen Sake geleert, als eine ganz andere Stimme von der Tür ihre Aufmerksamkeit forderte. „Ayako… hast du gelauscht?” Die Jüngere schnaubte un-lady-like: „Dein Fluchen war nicht zu überhören, Hikari!“ „Das Angebot des Piratenkapitäns steht. Ich kenn zwar seine Mannschaft nicht… und es wäre schon gut zu wissen, ob ich seine Crew leiden kann… aber…“, sie brach ab. „Nichts aber, seit Jahren redest du davon irgendwann zur See zu fahren, um alles über die Zimmerei zu lernen, was man nur irgendwie lernen kann. Hier wartet nur… hier hast du nicht einmal mehr ein Leben du Baka! Nur weil du diesen Piraten unbedingt helfen musstest! Jetzt hast du die Chance, deine einzige Chance hier mit deinem Leben, deiner Gesundheit und deiner Freiheit noch die Insel zu verlassen und wenn es sich dabei um unsere Retter handelt!? Viel mehr kann man sich doch nicht wünschen oder? Zumindest musst du dir keine Sorgen um deine Sicherheit machen, bei einem solchen Kapitän.“ Überrascht starrte Hikari zum zweiten Mal an diesem Tag mit offenem Mund ihr Gegenüber an. Das Pathos von Ayako war ja nichts neues, aber ihre Argumente hatten wirklich Hand und Fuß. Mehr noch: Sie hatte es damit wirklich zusammengefasst auf einen Punkt gebracht.
„Der Chef war dir sympathisch oder?“ Stummes Nicken. „Sein Haustier auch?” Erneutes Nicken. Ayako warf theatralisch die Hände in die Luft: „Worauf zur Hölle wartest du dann noch? Eine schriftliche Einladung!?“ „Aber…”, begann Hikari, die nicht einmal genau wusste weshalb sie noch Einspruch erhob. Ayakos Argumente hatten ihre kleine Stimme bestärkt, mehr noch rational betrachtet war es eine hervorragende Idee und verband mehrere Wünsche und Träume und löste sämtliche Probleme, die heute entstanden waren. „Wir kommen schon klar…“, zum ersten Mal am heutigen Abend klang Ayakos Stimme wie die eines Kindes. Mit sechzehn Jahren war sie schließlich auch noch nicht richtig erwachsen und manchmal… Hikari schluckte, als ihr bewusst wurde, dass es genau dieser emotionale Anker war, der es ihr gerade nicht erlauben wollte, der Situation nachzugeben. „Aber…” Ayako schüttelte den Kopf und trat zu ihrer älteren Schwester hinüber um sie unbeholfen zu umarmen: „Wir schaffen das auch ohne dich. Mach dir keine Sorgen. Dad und ich schaffen das. Außerdem…“, sie stockte kurz, „Außerdem hat mich die Schauspielschule heute aufgenommen, mit Stipendium, du musst nicht mehr für uns arbeiten. Du bist deiner Verantwortung gerecht geworden. Immer.“ Ein zitterndes Lächeln schlich sich auf Hikaris Gesicht, sie schluckte, um die Tränen zu unterdrücken und löste sich ebenso unbeholfen wie ihre Schwester aus der Umarmung: bloß nicht anfangen zu heulen. Sie war schließlich stärker!
„Ich geh dann mal packen…“
Es war früher Morgen, noch vor der Dämmerung, als Hikari auf leisen Sohlen ihr Elternhaus verließ, vollgepackt mit ihrem überquellenden Rucksack und zwei Taschen mit ihren Klamotten und anderem Schnickschnack an den Armbeugen hängend. „Da ist sie, sie will abhauen!?”, hörte sie einen Ausruf die stille Morgenluft zerreißen. Ohne sich umzudrehen nahm die Blauhaarige die Beine in die Hand und begann in Richtung der Boldman zu sprinten. Ihrem Kampfstil sei Dank, kannte sie die Umgebung ihrer Heimat wie ihren Handrücken, weshalb sie den Pulk nicht nur abhängen, sondern auch mit etwas Abstand ihr Ziel erreichen konnte. Das Schiff der Hamsterpiraten.
[tbc: Oh Gott die Hamster kommen]
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