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III. Gambit

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Marlon hustete, Blut kleckste auf den Boden vor ihn. Marrow Gnawer, sein rattengestaltiger Feind, hatte Marlon in eine Situation gebracht, die zu vermeiden er immer geschworen hatte: Mit dem Rücken zur Wand, buchstäblich wie auch metaphorisch, in die Enge getrieben von seinen eigenen Ängsten und Unfähigkeiten.
Auch sein Feind in der Marinebasis hatte mit Rauchbomben gearbeitet, der Menschenfresser hatte bessere körperliche Voraussetzungen gehabt und auf Steam war er zwar auch in einer brenzligen Lage gewesen, doch hatte er dort zu jeder Sekunde den Überblick behalten und sich konzentrieren können. Und das war hier nicht gegeben. Wann immer Marlon versuchte, sich auf einen Deckungsfehler von Marrow Gnawer einzustimmen, die Töne seiner Trillerpfeife mit gewissen Kommandos zu verbinden oder einfach nur vorraus zu sehen, was die Ratten und ihr pelziger Herr als nächstes tun würden, waren Ratten da, überall, und auch wenn Marlon seinen Ohnmachtsanfall erfolgreich hinauszögerte nagte die Gegenwart der pelzigen Tiere zu sehr an seiner Konzentration, um ihn irgendetwas empfinden zu lassen als nackte Panik. An Planspiele oder gar Umsetzung irgendwelcher kluger Ideen war nicht zu denken.

"D-d-d-du b-b-b-bist z-z-zäh", stotterte Marrow Gnawer, sogar um ihn zurecht zu weisen fehlte Marlon die Energie, auch wenn sein Gestottere ihm nach wie vor den Nerv raubte. "A-a-a-ABER d-du bist g-g-g-g-gleich tot. D-d-d-der Boss h-haa-haaaaat gesagt dass i-i-i-i-ch m-mich b-b-bald m-melden muss, a-also... Tsch--tsssssss-tsch-ciao!" Es folgten zwei laute Töne von Marrow Gnawers Trillerpfeife und zum ersten Mal konnte Marlon sie tatsächlich entschlüsseln: Ein kurzer Pfiff und ein langer, Kommando für "Bombe in Position bringen und zünden. "Tut mir leid, Lucian", waren Marlons letzte Gedanken, während er bereits das Schnappen von Sicherungsstiften hörte, die den todbringenden Funken zu ihm tragen würden. "Sieht so aus als müsstest du dir einen anderen Koch suchen." Und damit explodierte Marlons Welt.

Als der Koch wieder zu sich kam, war er ein klein wenig enttäuscht. Er hatte sich nie viele Hoffnungen auf ein Leben nach dem Tod gemacht, eigentlich gar keine, aber wenn das hier es wirklich war wäre es ihm lieber gewesen, es gäbe keins. Genau gesagt sah der Himmel, oder womöglich die Hölle, genau so aus wie das verwüstete Dorf auf Symmetria, nur ein wenig unschärfer und mit einem lauten Pfeifton über allem. Erst nach und nach kehrte Marlons klares Denken in seinen Kopf zurück und meldete ihm, dass er nicht tot war. Vielmehr hatte die Bombe eine Fehlzündung gehabt, die zwar ausgereicht hatte, ihn durch die Wand zu befördern und kurzzeitig bewusstlos zu schlagen, aber nicht genug gewesen war um ihn zu töten. Marlon blieb liegen. Welchen Sinn hatte es denn bitte, auf zu stehen?

Ungläubig blinzelte der Koch, als er eine Gestalt auf sich zukommen sah... nein, zwei Gestalten. Und eine davon kannte er. Igraine war zwar keine Frau, die aus der Masse herausstach, doch hier gab es nun einmal keine Masse in der sie hätte untergehen können, also entdeckte der Koch sie sofort. Und hinter ihr flatterte etwas her, das aussah wie ein riesiger schwarzer Vogel. Eine Krähe vermutlich, vielleicht sogar ein Geier. Hastig sprang Marlon auf. Er war vielleicht angeschlagen aber noch nicht tot und Igraines Ankunft gab ihm Hoffnung, dass er diesen Tag vielleicht doch noch würde überleben können und kein Futter für diese Aasfresser zu werden brauchte. "Igraine! Ich.. hab' ein Problem. Der Gegner da drinnen benutzt Ratten und ich kann mich einfach nicht konzentrieren, wenn diese Viecher überall herumwuseln. Er setzt Bomben ein und befehligt diese Tiere mit einer Trillerpfeife, ich glaube er ist ein Teufelsmensch. Kannst du das übernehmen?" Schnell, präzise und auf den Punkt. Alle wichtigen Informationen und warum er diesen Gegner selber nicht ausschalten konnte. Erst jetzt registrierte Marlon, dass auch Igraine nicht gerade gut gelaunt wirkte, eher angeschlagen und sogar gehetzt. "Was ist mit dir? Geht es dir gut?"
 

Igraine

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Gehetzt traf Igraines Zustand im Moment wirklich perfekt. Sie hatte sich persönlich immer für relativ schnell gehalten und auch die Tatsache, dass sie ihren Abstand zu dem mordlustigen Geier einigermaßen halten konnte, sprach nicht dagegen, aber sie hatte schon nach den ersten hundert Metern gemerkt, dass sie das nicht lange durchhalten würde. Sie bekam immer schlechter Luft, ihre Brust begann unter der Anstrengung, ihre Atmung beisammen zu halten, zu schmerzen - und wäre das unheilvolle Krächzen des Vogels hinter ihr nicht gewesen, das sie dazu antrieb, trotz langsam ausgehender Atemluft weiter zu hetzen, hätte sie schon längst inne gehalten, um zu verschnaufen. Blut tropfte ihr Kinn herunter, das aus den Kratzern ausgetreten war, die der Geiermensch in ihr Gesicht gerissen hatte und füllte ihren Mund mit einem metallenen Geschmack. Vielleicht war dieser allerdings auch ihrem Asthma zu verdanken, da war sie sich nicht ganz sicher. Sie hatte keine Chance gegen den Geiermönch, also war ihre einzige Chance, vielleicht Lucian oder Marlon zu erwischen und die beiden ihr Werk tun zu lassen. Am beste geeignet wäre wohl Marlon, weil dieser den Vogel vielleicht zu treffen vermochte, was sie immerhin nicht geschafft hatte. Lucian könnte wohl maximal seine Schwerter nach ihm werfen und sie bezweifelte, dass er darin so gut war. Schwertkämpfer waren auf Entfernung selten besser als schlecht.

Es war ein Glück, dass sie das Söldnerhauptquartier erreichte, ehe der Geier sie erwischen konnte. Noch mehr Glück schien es, als sie Marlon dort vorfand, wenn auch in deutlich schlechterer Verfassung, als sie erwartet hatte. Ein wenig angeschlagen hätte sie nicht gewundert, aber nicht nur seine vollständig durcheinander gewirbelte Frisur, sondern auch das große Loch in der Wand machten deutlich, dass er wohl gerade durch diese geprügelt worden war. Hatte sie etwa einen Fehler damit gemacht, ihn aufzusuchen und war vom Regen in die Traufe gerannt? Am Ende befand sich ein noch gefährlicherer Gegner in diesem Haus, als sie sowieso schon hinter sich hatte - aber darüber konnte sie jetzt nicht nachdenken. Manchmal war es besser, Dinge nicht zu wissen, weil sie einen nur entmutigen konnten und wenn sie sich jetzt nicht wenigstens zusammen reißen konnte, dann... immerhin stand der Koch auf, als sie mit wehenden Fahnen herangestürmt kam, doch sie packte ihn direkt am Kragen und riss ihn zur Seite, womit sie beide den Krallen des Geiers ein weiteres Mal entgingen, der krächzend zum nächsten Dach flog und sich lauernd darauf niederließ. Der Blonde hatte etwas von Ratten gesagt und einem Teufelsmenschen und fehlender Konzentration, was Igraine kurz einen besorgten Ausdruck aufs Gesicht zauberte. "Hast du Angst vor Ratten?" Vielleicht hätte sie süffisant Grinsen sollen, aber eigentlich konnte sie Marlon ja schon verstehen - Ratten waren wirklich keine besonders tollen Tiere. Igraine hatte allerdings keine Angst vor ihnen, sie mochte sie in ihrer Funktion als Ernteschädlinge nur nicht besonders. Sie aß ihr Essen einfach lieber selbst. "Garstige, kleine Biester... aber dann viel Spaß mit ihm hier...", sie deutete auf den Geier, in dessen Gefieder die langen Messer glitzerten, "Ich krieg den einfach nicht getroffen." Während sie abgehackt und noch ab und zu hustend gesprochen hatte, hatte sie einen ihrer Inhalatoren aus einer der Taschen gezogen und inhalierte nun in tiefen Zügen von dem honigduftenden Medikament, während sie scheinbar wieder vollkommen ruhig durch das Loch kletterte, das Marlon geschlagen hatte, nachdem sie diesem auf die Schulter geklopft hatte.

Etwas huschte links von ihr über den Boden. In aller Seelenruhe steckte sie den Inhalator weg und zog sich ihre ledernen Schmiedehandschuhe über, ehe sie einen blitzschnellen Ausfall nach links machte und ihren Stiefelabsatz mit voller Wucht auf einen kleinen, haarigen Leib heruntersausen ließ. Ein mitleidserregendes Quieken später hörte sie aus dem Halbdunkel des Raumes ein geradezu entsetztes "Mei-mei-mei-meine Ra-RATTE!". Sie blickte in Richtung Quelle des Ausrufes und erkannte etwas, das wohl ohne Zweifel derjenige war, der Marlon so zugerichtet hatte. Eigentlich lustig, wie albern er aussah... "Oh nein, das tut mir aber Leid." Igraine lächelte und trampelte auf die nächste Ratte, die sie auf dem Boden erspähen konnte. Sie war besser dran, wenn sie erst einmal mit eigenen Augen und Ohren sah, wie dieser Kerl kämpfte... und, wenn sie ihm seine Trillerpfeife wegnehmen konnte. Seinem Wutgeheul nach würde sie darauf nicht mehr lange warten müssen.
 

Lucian

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'Bleib ruhig, konzentriere dich, lass dich nicht einschüchtern!' Wie ein Mantra wiederholte Lucian diese Worte immer wieder in seinem Kopf, während er dem Blick des Monsters stand hielt. Was als einseitige Konversation seines Peinigers angefangen hatte, war zu einem Starrwettbewerb geworden, denn keiner von beiden wollte den Blick vor dem anderen Senken. Dabei nutzte der Vicomte die Zeit vor allem, um über seine missliche Lage nachzudanken. Er war gefangen, gefesselt und seine Waffen waren nirgends zusehen. Das war schon mal keine gute Ausgangssituation. So unauffällig wie möglich hatte er bereits an den Seilen gezerrt, die um seinen Oberkörper gespannt waren, aber die saßen fest. Ihm blieben also nicht viele Möglichkeiten. Zum einen könnte er hoffen, dass seine beiden Kameraden kommen und ihn retten würden. Wenn das Monster recht hatte, dann waren Marlon und Igraine wahrscheinlich ohnehin in Kämpfe verwickelt und so wie er dieses Biest einstufte, waren seine Stellvertreter keine Schwächlinge. Und selbst wenn die beiden es schafften, ihre Feinde zu besiegen, dann müssten sie immer noch ein gewaltiges Schiff, das bis zum Rand mit Meat Raidern vollgestopft war überwinden. Igraine war sicher nicht so dumm, das zu versuchen und wenn Marlon es tat, standen alle Wetten gegen ihn. Nein, auf seine Verbündeten durfte er nicht hoffen. Wenn er hier lebend raus wollte, dann musste er seinen Verstand benutzen! Er war der Taktiker, er hatte immer einen Plan. Dummerweise wollte ihm jetzt aber keiner einfallen. 'Bleib ruhig, konzentriere dich ...'

Nach einigen Minuten schien das Monster dieses kleinen Spiels überdrüssig zu werden. Es schnalzte mit der Zunge und leckte sich über die grinsenden Lippen, ehe er mit der Krallenhand ausholte und Lucian einen Faustschlag in die Magengegend verpasste. Würgend krümmte sich der Vicomte im Griff der Seile, während sein Angreifer sich mit erhobenen Armen zu seinen Raidern umdrehte und deren Jubel empfing. “ICH BIN DER STÄRKSTE!!“ Der plötzliche Schrei klingelte Lucian schmerzhaft in den Ohren. Jetzt waren wir also von flüsternder Überlegenheit zurück zu überlautem Brüllen gewechselt. Arroganter Bastard. “NIEMAND BESIEGT DAS MONSTER!!“ Am liebsten hätte Lucian geschnauft, als er dies hörte. 'Natürlich, niemand, abgesehen von mir, du verfluchter, egozentrischer ...' Mit einem mal weiteten sich Lucians Augen, als ihm die eine Schwäche seines Gegenübers bewusst wurde, mit der er vielleicht hier raus kommen konnte. Jetzt musste er es nur richtig ausspielen. Leise begann er zu lachen, um die Aufmerksamkeit des Monsters zu gewinnen und wurde dabei immer lauter. Zumindest damit hatte er schon einmal erfolg, denn der Anführer der Raider lies langsam die Arme sinken und wandte sich zu seinem Gefangenen zurück. „Und worüber lachst du bitte!?“ Der Tonfall sagte alles, er hatte angebissen. "Du bist ein Feigling und ein Schwächling!" Auch wenn er sich bemühte so laut wie möglich zu sein, so reichte sein Volumen einfach nicht an das des Raideranführers heran. Trotzdem war er laut genug, dass einige der Kannibalen ihn verstehen konnten. Natürlich lies das Monster die Beleidigung nicht auf sich sitzen und sofort erhielt der Vicomte einen Hieb ins Gesicht. Die Krallen zogen drei blutige Furchen über seine Wange, aber mit so einer Reaktion hatte man rechnen müssen. "WER IST SCHWACH!?"

Lucian spuckte einen Blutklumpen vor die Pfoten des Teufelsfruchtnutzers und musste sich das Grinsen verkneifen. Er selbst schaffte es vielleicht nicht, dass alle Meat Raider ihn hörten, aber das Monster konnten diesen Zustand leicht beheben. "Damals habe ich dich besiegt! Und heute brauchtest du deine Freunde. Du hast mich nicht besiegt, dass waren deine Helfer!" Immer mehr Gemurmel ging in den Rängen der Meat Raider vor sich, als das Gehörte sich weiter verbreitete. Für die Dominanz des Monsters war das Gift. Ein Gefangener, der über den Alpha lachte und ihn demütigte? Sogar der Hyänenmensch selbst schien den Umschwung der Stimmung zu bemerken, denn er grollte leise und kehlig, ehe er Lucian noch eine Attacke versetzte. Auch wenn es mehr als schmerzhaft war, biss der Adelssohn die Zähne zusammen und lachte über den Versuch so gut es ging. “DAS SIND NUR WILDE TIERE! DIE TUN WAS ICH SAGE UND FESSEN WAS ICH IHNEN ÜBRIG LASSE!“ "Und trotzdem musst du dich hinter ihnen verstecken, um an mich zu kommen." Jetzt war es an Lucian, die Zähne zu blecken. Er hatte ihn. Er hatte ihn! Die Krallen sirrten durch die Luft und schlugen tiefe furchen in den Mast. Wenn der Vicomte sich nicht rechtzeitig geduckt hätte, stände es ziemlich schlecht um seinen Kopf. Verdammt er hatte ihn, aber jetzt war das Monster wütend! “ICH BIN DER STÄRKSTE!!“, brüllte der Hyänenmann zum zweiten mal und seine scharfen Klauen fuhren an der Seite des Mast entlang und kappten die Seile, die Lucian gefangen hielten. “UND ICH WERDE DIR BEIDE ARME AUSREIßEN!“ Mit einer Rolle brachte der Vicomte ein paar Meter zwischen sich und das Monster, während er sich gleichzeitig die Reste der Stricke vom Körper klaubte. "Dann komm und hol mich!"
 
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Ein Gegnertausch. Nun, das kam Marlon nur recht. Er hätte alles, selbst einen der vier Kaiser oder einen der Admiräle der Marine, seinem momentanen Gegner vorgezogen. Er. HASSTE. Ratten. "Geht klar. Und dir viel Glück mit meinem Gegner." Zur Abwechslung mal kein flotter Spruch, aber das war verzeihlich. Hier ging es um Arbeit. Das aufmunternde Klopfen Igraines auf seine Schulter ignorierte der Koch ganz einfach. Seine volle Aufmerksamkeit galt nun dem klingenbewehrten Vogel, der am Himmel gemächlich seine Kreise zog und hin und wieder gehässig aufkrächzte, als würde er ihn auslachen. Freilich, davon ließ Marlon sich nicht aus der Ruhe bringen. Geier waren hässliche Geschöpfe, ja, aber letzten Endes vollkommen harmlos. Dumm, feige und fraßen nur Aas. "Ja, ja, lach' du nur. Das wird dir noch früh genug vergehen, mein Freund." Cook Cook lachte nur und schlug einmal kräftig mit den Flügeln, sodass zwei lange Metalldorne nach Marlon flogen. Dieser hatte jedoch damit gerechnet und duckte sich souverän darunter weg, zitternd blieben die beiden Bolzen im Holz des Hauses stecken, in welchem Igraine gerade verschwunden war. Nonchalant wischte der Koch eine Haarsträhne beiseite, die seiner mittlerweile äußerst wirren Frisur entkommen war. Zeit, wieder an Bord zu gehen und sich die Haare zu machen. "Also gut, wie du willst. Lass uns spielen." Marlons Wurfklinge beschrieb einen Halbkreis in seiner Hand, doch noch warf er sie nicht. Das hatte Zeit. Beziehungsweise es brauchte Zeit.

Die Flugmuster des Geiers waren ziemlich leicht zu verstehen und vor allem hatte Marlon von Anfang des Kampfes an einen enormen Vorteil: Cook Cook hielt ihn für einen Nahkämpfer, was angesichts seiner Klinge ja auch nahe lag. Und Marlon hütete sich, deutlich zu machen, dass er dieses Schwert zu werfen verstand. Es war eigentlich ein Freifahrtschein: Sobald sein Gegner unachtsam wurde, würde er die Klinge werfen und mit dem Überraschungsmoment siegen. Ganz einfach. Daher ließ er sich auch von Cook Cooks Sticheleien und den gelegentlichen Wurfdolchen nicht provozieren, sondern blieb ruhig, machte sogar ein paar halbherzige Versuche, ihn bei einem seiner gewagten Sturzflugmanöver mit einem zugegeben sehr unbeholfenen Klingenhieb zu verletzen. Alles lief nach Plan.

"Hast wohl doch nicht so leichtes Spiel wie du dachtest, hm, Wurm?", keckerte Cook Cook schadenfroh von einem Hausdach herab. Er hatte sich extra zurück verwandelt, um den Koch verspotten zu können, wobei auch seine menschliche Gestalt einem Geier relativ ähnlich sah. Marlon fragte sich, ob das wohl Teil der Zoan-Früchte war, dass man seiner Tiergestalt immer ähnlicher wurde. "Naja, was soll ich sagen. Du traust dich ja auch nicht in einen ehrlichen Kampf. Da würde ich dich fertig machen." Immer schön auf das Spiel eingehen. So wiegte sein Gegner sich in Sicherheit. Cook Cook keckete hämisch und verwandelte sich zurück in seine Geiergestalt, um den Flug über Marlon fort zu setzen. Dieser spielte weiterhin die Rolle des frustrierten Nahkämpfers und stocherte halbherzig nach dem fliegenden Tier.. bis er mit einem Mal ein helles "Plitsch" hörte und einen weißen Fleck auf seinem Anzug sah.

Marlons Anzug hatte zwar ohnehin schon bessere Tage gesehen, er roch nach Rauch und Staub, hatte mehrere unschöne Stellen und Falten und war mit Sicherheit ein Fall für mehr als eine gründliche Wäsche. Dass jetzt aber dieser Vogelmensch auch noch buchstäblich auf ihn ges******en hatte, war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. "DU VERDAMMTE HÄSSLICHE KRÄHE!", brüllte Marlon voll Zorn, laut genug dass es im ganzen Dorf zu hören sein musste. "WEIßT DU WIE TEUER SOLCHE ANZÜGE SIND? ODER WAS SIE MIR BEDEUTEN? ICH WERD DIR MANIEREN BEIBRINGEN DU STINKENDER FEIGER MISTKERL!" Dieser Zornausbruch war tatsächlich nicht gespielt, Marlon hasste Respektlosigkeit gegenüber seiner Kleidung. Und demzufolge schlug er auch alle Vorteile oder Taktiken in den Wind und schleuderte seine Wurfklinge mit aller Wucht, die er aufbringen konnte, nach Cook Cook. Dieser krächzte verdutzt und taumelte getroffen zu Boden, doch Marlon konnte bereits erkennen, dass dieser Treffer nicht tödlich gewesen war. Lediglich die stumpfe Griffseite hatte den Geier am Kopf getroffen und mit etwas Pech erholte sich dieser noch bevor er auf dem Boden aufkam davon. Unter farbigen Selbstverwünschungen hechtete Marlon vor und fing seine wie ein Stein heruntersausende Klinge auf, ehe diese Schaden nahm. Seinen Vorteil hatte er schon verspielt, da musste er seine Waffe jetzt in bester Form halten oder es war aus mit ihm.
 

Igraine

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Nichts von dem, was Igraine gerade tat, entsprach dem, was sie normalerweise bevorzugen würde. Sie konnte es nicht leiden, wenn man sich an den Untergebenen seines eigentlichen Gegners verging, an Schwächeren oder an mehr oder weniger Unschuldigen. Der einzige Grund, aus dem sie hier dennoch auf den Haustieren des Mannes mit der Gasmaske herumtrampelte, war die Tatsache, dass es eben nicht mehr waren als das: Tiere. Schädlinge noch dazu. Igraine hatte zwar nichts gegen Tiere, aber sie waren in ihren Augen dann doch etwas weniger Wert als Menschen und diese Methode, ihren Gegner zu ärgern, war ihr immer noch lieber, als ihn grundheraus zu beleidigen, so wie sie das nach einiger Zeit in Marlons Stimme vernahm. Natürlich wäre das eine Möglichkeit gewesen, denn sie argwöhnte, dass sie Marlon in dieser Sache mehr als das Wasser reichen könnte, doch sie hatte es lieber, wenn man freundlich zueinander war - nun, so freundlich eben, wie es war, fremder Leute Tiere zu zertreten. Sie sah, wie der Gasmaskenträger die Hand nach vorne schnellen ließ und griff reflexartig in ihre Tasche, in der sie das erste umfasste, das ihr in die Finger kam: Ein bereits etwas älteres, an den Ecken ausgefranstes Buch. Ironischerweise handelte es davon, wie man Formen aus farbigem Licht in den Himmel malte, Wunder erschuf, die nicht nur Kinder faszinieren konnten und aus etwas Tödlichem etwas Wunderschönes machte - auch wenn das, was Marrow Gnawer nach ihr geworfen hatte, garantiert kein Feuerwerk war. Marlon hatte ihr erklärt, dass dieser Mann nicht nur ein Teufelsmensch war, sondern auch, dass er mit Bomben arbeitete - nur würde es sie überraschen, wenn er sie damit auch nur halb so sehr in die Tasche stecken würde, wie den Koch. Igraines Augen folgten die knappe Sekunde der Granate, die er nach ihr geworfen hatte, die sie brauchte, um die Waffe zuordnen zu können. Danach schlug sie mit aller Kraft mit der flachen Seite der Feuerwerksfibel nach der Kugel und schleuderte sie damit in Richtung des Mannes zurück, der ihr mit scheinbar wütend blitzenden Sehfenstern entgegen gerannt war. Mit einem Hechtsprung wich er zur Seite aus und entging damit seiner eigenen Bombe, die in einem gewaltigen Krachen die Hinterwand des Hauses in Schutt und Asche legte.

Die Waffenmeisterin ließ ihr Buch zurück in ihre Tasche gleiten und zückte stattdessen ihren Dolch, den sie in ihrer Linken an ihrer Seite hielt und den drahtigen Mann beobachtete, der sich kurz den Schaden besah, den er angerichtet hatte. "Das wa-war ganz schö-schö-schön leichtsi-leichtsi-sinnig! Wa-Was wenn die Bo-Bombe bei-beim Aufpra-prall ex-ex-explodi-diert wäre?", stotterte er, wartete aber nicht auf eine Antwort, sondern hob seine Trillerpfeife an die Lippen. Würde er ihr nun wirklich seine Herzchen auf den Leib hetzen, wo sie doch schon bewiesen hatte, dass sie das nicht tolerieren würde? Tatsächlich schrillte ein Pfiff durch das Gebäude und die zuvor im Dunkeln bebende Masse an haarigen Leibern und langen Schwänzen setzte sich in Bewegung. Es hatte mehr etwas von einem Ozean, denn von einem Rudel, aber Igraine ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Wären diese Dinger nicht dressiert worden, hätten sie wahrscheinlich deutlich mehr Angst vor ihr, als sie jemals vor ihnen haben würde, egal, wie viele wahnsinnige Kannibalen hinter ihr her waren. Die Schwarzhaarige machte ein paar schnelle Schritte zur Seite, in Richtung des größeren Teils der Tiere, die nur noch von wenigen Metern und einem Tisch von ihr getrennt waren. Mit einer flinken Bewegung trat sie mit rechts von unten gegen die Tischplatte, sodass das Möbelstück nach oben kippte; der darauffolgende Tritt ihres anderen Fußes schleuderte ihn komplett herum. Sobald sie wieder Boden unter den Füßen hatte, hastete sie auf den nun umgedrehten Tisch und beschwerte ihr damit zusätzlich, was ein unschönes Knacken zur Folge hatte, als sie darunter gefangenen Ratten zerquetscht wurden. Leider hatte sie damit weniger erwischt, als sie gehofft hatte, aber es war ohne Zweifel ein Anfang.

Zeit zum Rasten hatte sie allerdings nicht, denn kaum wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Kannibalen zu, bemerkte sie, dass sich dieser nur noch wenige Schritte von ihr befand. Seine Gestalt hatte sich verzogen, als hätte man eine Karikatur von ihm angefertigt, ohne allzu perfektionistisch zu sein, auch wenn er gewachsen war, wirkte er gedrungener, sein Gesicht (insofern man das unter der Maske beurteilen konnte) länger und dieser Schwanz war mit Sicherheit auch neu. Das erste Mal mochte eine solche Verwandlung etwas Besonderes gewesen sein, doch das zweite Mal hielt sie Igraine nicht auf. Sie warf sich zur Seite und hieb gleichzeitig nach den nach ihr greifenden Krallen, die auch so gar nicht menschlich wirkten. *Lass mich raten... er kann sich in eine Ratte verwandeln?* Das war wirklich nicht allzu schwer gewesen. *Dann muss ich wohl vor allem aufpassen, dass er mir nicht entkommt.* Eigentlich würde sie das sogar weniger stören, doch der Mann hatte da etwas im Gesicht, was sie ganz und gar faszinierend fand.
 

Lucian

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Problem eins, das Monster war wütend, verdammt wütend und es war augenscheinlich alles andere als ratsam, einen Zoannutzer so richtig aggressiv zu machen. Die scharfen Krallen rissen bei jeder Bewegung Furchen in das Holz der erhöhten Plattform und es war nicht schwer sich vorzustellen, was sie bei einem menschlichen Körper verursachen konnten. Das führte schon zu Problem zwei, der eingeschränkte Kampfraum. Die Tribüne war vielleicht so groß wie ein typischer Boxring, nur dass sie Rund war und der Mast noch einmal eine menge Platz für sich selbst einnahm. Den ungestümen, wilden Angriffen auszuweichen war alles andere als einfach, selbst wenn Lucian den Mast als Deckung nutzte. Das Podest verlassen konnte er aber auch nicht. Im Augenblick waren die Meat Raider damit beschäftigt, sich das Spektakel gefallen zu lassen und für ihren Anführer zu johlen. Das würde sich wohl in dem Augenblick ändern, da der Vicomte seine kleine Arena verließ, auf welchem Weg auch immer. Im schlimmsten Fall würden sie wie wilde, hungrige Tiere über ihn herfallen, auch wenn das Monster ihn lebend wollte. Die Bezeichnung „lebendig“ beinhaltet schließlich nicht zwingend Arme und Beine. Der Raider-Kapitän sprang den Mast in gut zwei Meter Höhe an, zielte auf seinen Gegner und stieß sich ab. Mit gebleckten Zähnen und ausgestreckten Krallen flog er direkt auf Lucian zu, der nicht anders konnte, als sich abermals wegzurollen, um dem Ansturm zu entgehen. Letztlich Problem drei: Lucian war unbewaffnet. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wo seine beiden Schwerter abgeblieben waren. Man musste sie ihm abgenommen haben, während er bewusstlos war und bisher hatte er sie nicht entdecken können. Ohne die Klingen war er nicht annähernd so gefährlich. Immerhin war er es gewohnt seine Kontrahenten aufzuschlitzen und nicht sie tot zuprügeln. Aber so wie es aussah, hatte er keine große Wahl. Das er überhaupt eine Gelegenheit hatte, sich im Zweikampf zu bewähren, war fast schon ein Wunder und wenn schon alle Umstände gegen ihn sprachen, dann würde er seine Haut so teuer wie möglich verkaufen!

Seine bisherige Strategie, auszuweichen und auf Öffnungen in der Deckung des Monsters zu warten, hatte sich als Fruchtlos erwiesen. Nicht nur das, wenn er noch lange so weiter machen würde, dann würden die Meat Raider jeglichen Respekt vor ihm verlieren, den er sich im Wortduell hatte erringen können. Für die zählte Stärke, nicht Geschick und wenn er sich nicht als Stark erwies, dann brauchte das Monster überhaupt nicht gewinnen. Ablenkung, dass war der Schlüssel, er musste sich die Lücken selber schaffen! "Wie ist es denn so, das Schoßhündchen des Comte zu sein!?", fragte Lucian, während er sich mit einer Hechtrolle zwischen die Beine des Hyänenmenschen vor dessen Biss rettete. Als das Monster sich mit einem Grollen umdrehte, flogen ihm zwei Fäuste direkt gegen die Schnauze. Es knackte leise und einen Augenblick lang grinste Lucian, im Glauben den Kiefer seines Gegners gebrochen zu haben, aber das Monster spuckte nur einen rausgebrochenen Eckzahn aus. Wäre auch zu schön gewesen, wenn er die gefährlichste Waffe des Teufelsfruchtnutzers so leicht eliminiert hätte. Stattdessen hatte er, wenn überhaupt möglich, das Monster NOCH wütender gemacht. ’Och komm schon!’ Gerade noch rechtzeitig schaffte Lucian es, seine Arme zu heben um die plumpe Doppelfaustattacke abzublocken, die von oben auf ihn herabgesaust kam. Statt seines Schädels schmerzten nun seine Unterarme. “ICH DIENE NIEMANDEM! ICH TUE WAS ICH WILL!“ Trotz seiner derzeitigen Situation konnte Lucian nicht anders, als dieses mal wirklich zu lachen. Dieser Trottel wurde von seinem Vater zusammengeflickt, erhielt Ausrüstung und Männer, führte Befehle aus und behauptete trotzdem, nur zu tun was er wollte? Gespard war in den letzten Jahren eindeutig noch besser geworden, andere zu Manipulieren.

"Das kannst du dir gerne selber einreden, du Idiot! Hast du jemals von jemanden gehört, der sich mit dem Comte de Villefort eingelassen hat und daraus profitierte? Du bist sein Haustier, merkst es nicht einmal und er wird dich und deine Leute wahrscheinlich allesamt ausschalten, sobald du keinen Nutzen mehr hast!" Das entlockte dem Monstern nur ein Grollen. Statt ihn zu verwirren, hatte Lucian ihn anscheinend nur dazu angespornt, dass ganze schneller zu beenden. Es war deutlich zu sehen, dass der ehemalige Gladiator keinen Spaß mehr daran hatte, den Vicomte hinterher zujagen. Mit einem plötzlichen Satz preschte das Monster nach vorne und warf sich mit aller Gewalt auf Lucian und schleuderte diesen von den Beinen. Schmerzhaft hart knallte der Weißhaarige mit dem Kopf auf das Holz der Tribüne und sah kurz Sternchen, ehe etwas anderes, weißes vor ihm aufblinkte. Zähne. Ohne einen anderen Ausweg zu sehen, schnellten Lucians Arme nach oben, die eine Hand stemmte sich gegen den Oberkiefer, die andere riss den Unterkiefer herab. Seine Finger bohrten sich schmerzhaft in die Zähne und mit jedem Atemzug blies das Monster ihm heißen, nach Verwesung stinkenden Atem ins Gesicht. Die klauenbewehrten Pranken klammerten sich ihrerseits um Lucians Arme und versuchten diese vom Maul weg zureißen. Alleine das Gewicht der gewaltigen Hybridform presste das Maul langsam tiefer. Jetzt ging es ganz allein um Körperkraft. Und wenn er das Monster nicht schnell von sich runter bekam, wäre es das wohl gewesen. "Nicht so," presste er zwischen seinen Zähnen hervor, "nicht so!" Der Zoannutzer versuchte irgendetwas zu erwidern, aber durch sein aufgerissenes Maul bekam er keine klare Worte hervor. Doch das Grinsen in den Lefzen sagte alles. Ihm war klar, dass er kurz vor dem Sieg stand.
 
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Während er vor Schmerz aufschrie, fiel Marlon etwas ein, was seine Großmutter immer gerne zu ihm gesagt hatte. "Marlon, mio piccolo cherubino, du bist zu temperamentvoll. Manchmal muss man seinen Stolz eben hinten an stellen, jedenfalls bis man in der Situation ist, sich gehen zu lassen. Schreien kannst du hinterher immer noch." Danach hatte sie Marlons Großvater angeschrien, einfach nur um ihren Worten Gehalt zu verleihen. Aber natürlich fiel das ihrem Enkel erst jetzt ein, wo es bereits zu spät war. Er hatte einen perfekten Vorteil verspielt, einfach indem er wütend geworden war, und jetzt zahlte er dafür die Zeche. Cook Cook war kurz vor dem Ende seines aprubten Sturzes erwacht und hatte sich gefangen, nur um Marlon unter hämischem Gelächter anzugreifen. Und diesmal nicht mit geworfenen Klingen, sondern aus der Nähe, wobei er seine Waffen wie Dolche führte. Damit traf er natürlich auch die Achillesferse des Koches ziemlich exakt, denn obwohl dieser eine Klinge führte, war er doch ein Fern- und kein Nahkämpfer.

"Huhuhu, dabei wäre ich fast auf deinen kleinen Trick hereingefallen. Wie schaaaaade aber auch, was? Und jetzt töte ich dich und hacke dir die Augen aus~ Wobei, warum damit warten?" Gerade noch rechtzeitig konnte Marlon sich zur Seite retten, bevor der mächtige scharfe Schnabel des Hybridmenschen auf ihn zugesaust kam und ihm fast das Auge herauspflückte wie eine Weintraube. Enttäuscht klackerte Cook Cook mit dem Schnabel. "Pah. Naja, egal, du kannst mir nicht ewig ausweichen, kleines wehrloses Würmchen. Und glaub' ja nicht, dass du dich ewig vor mir retten kannst. Du bist ja jetzt schon fast tot." Das, wusste Marlon, stimmte leider. Es musste etwas geschehen, und zwar schnell. Etwas sehr bestimmtes. Wenn er nur noch ein wenig weiter fliehen konnte, einen oder zwei Treffer mehr würde wegstecken können. Möglich schien es ihm, doch er verlor ziemlich viel Blut und auch seine Ausdauer ließ langsam nach.. wenn er nicht bald... Zack. Wieder verfehlte ihn der Schnabel nur um haaresbreite, diesmal säbelte er sogar einen kleinen Teil von Marlons Frisur ab, die wie Staubflöckchen in der Luft herumtrudelte. Weniger denken, mehr arbeiten, das war jetzt angesagt!

Dafür, dass Marlon nicht fliegen konnte, lieferte er Cook Cook eine ziemlich harte Jagd. Immer wieder flüchtete er in Häuserschluchten, sprang über brennende Trümmerhaufen oder tauchte plötzlich in irgendeinem Unterschlupf unter, wobei er jedes Mal dem Himmel dafür dankte, dass er sich die Architektur der angrenzenden Stadt so gut gemerkt hatte. Einfach den Plan im Kopf ein wenig gedreht und schon fand er sich perfekt zurecht, was für seinen Plan essentiell war. "Krahaha. Wo bist du, mein Mittagessen? Ich krieg' dich schon noch, du suppst doch wie ein angestochenes Schweinchen. Komm' schon her, dann mach' ichs wenigstens kurz und schmerzlos für dich." "Fahr' zur Hölle", keuchte Marlon als Antwort, doch diesmal war es kein Akt des Hasses oder ein unüberlegter Reflex, sondern eiskalte Berechnung. Cook Cook sollte wissen, wo er war. "Aaaah, da bist du also, mein Hübscher!" Triumphierend sauste Cook Cook mit mächtigen Flügelschlägen in die Gasse, aus der Marlons Stimme gekommen war, eine Jagdtaktik, die der Koch bei ihm mehrere Male beobachtet hatte.

Der Geiermensch preschte mit mächtigen Flügelschlägen vor wobei er sich um die eigene Achse drehte, damit er Marlons Wurfklinge gegebenenfalls schnell ausweichen konnte und dem Koch keine Gelegenheit zu weiteren Angriffen gab. In der Theorie raffiniert, aber Marlon war jemand, bei dem derselbe Trick nie zwei Mal klappte. Er hatte extra diese Gasse hier aufgesucht, weil es dort zwei Dinge gab, die er brauchte: Freien Himmel und eine Art Wippe, ein einfaches Holzkonstrukt, aufgebaut von Bauarbeitern um eine Fassade auszubessern. Warum man diese hier auch reparierte, war Marlon zwar schleierhaft, aber er hatte darauf spekuliert und sich nicht geirrt. Noch dazu kam, dass über dem einen Ende der Wippe eine Ladung Ziegelsteine schwebte, nur gehalten von einem mächtigen Seil.. und dieses Seil wurde, genau in der Sekunde in der Cook Cooks Flügelschläge eine gewisse Lautstärke erreicht hatten, von Marlons Wurfklinge durchtrennt. Mit einem Rauschen fielen die Ziegelsteine nieder und rissen das andere Ende der Wippe in die Höhe, genau gegen Cook Cooks Kinn. Dieser krächzte überrascht auf und wurde in die Luft geschleudert, ein Stück von seinem Schabel brach ab. Und dann landete Marlons Wurfklinge, welche vom Schild einer gegenüberliegenden Kneipe abgeprallt war, mitten in seinem Rücken, durchbohrte Cook Cooks Hühnerbrust und sah auf der anderen Seite wieder heraus. Der Teufelsmensch krächzte noch ein mal, doch dann fiel er zu Boden, ein unappetitlicher toter Klump aus Blut, Haut und Federn. Marlon ging routiniert auf ihn zu, packte seine Wurfklinge am Heft und zog sie mit einem widerlichen Schmatzen aus dem toten Vogel heraus, wobei er bedauernd den Kopf schüttelte. "Das hast du davon, wenn du mir auf den Anzug kackst." Diesen Teil würde er aus seiner Zusammenfassung vielleicht lieber streichen. Es musste ja keiner wissen, dass er so ein Wort wie "Kacke" gesagt hatte.
 

Igraine

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Das Tappen hunderter kleiner Pfoten kündigte den Rückzug der Rattenarmee an, denn wahrscheinlich hatte ihr Gegner verstanden, dass sie sich nicht von den haarigen Kreaturen einschüchtern ließ. Es war vielleicht cleverer, sie dazu zu bewegen, sich vom Kampfgeschehen fern zu halten, denn obgleich Igraine nun keine besondere Freude dabei empfand, die kleinen Untergebenen des Gasmaskenträgers zu zerquetschen, würde sie sicherlich nicht einfach so damit aufhören. Zurück blieb natürlich die Frage, ob sie sich damit selbst einen Gefallen getan hatte, denn so hatte sie den Rattenmenschen in den Nahkampf getrieben. Dieser war für Igraine immer ein wenig riskant, denn obgleich sie nicht unbedingt schlecht darin war, so würde sie es auch nicht als eine direkte Stärke ihrerselbst bezeichnen. Ja, es mochte schwer sein, sie zu treffen, aber jemand, der im Nahkampf trainiert war, war ihr allein schon aufgrund ihrer fehlenden Professionalität überlegen. Igraine improvisierte bei allem, was sie kämpferisch tat, weil sie nur eine sehr rudimentäre Ausbildung in diesen Belangen genossen hatte. Sie war eben kein Söldner oder Soldat, was sie von dem Rattenmenschen allerdings irgendwie annahm. Es mochte sein gewähltes "Berufsfeld" sein oder auch einfach die Art, wie er sich bewegte, aber er schien durchaus zu wissen, was er tat. Allerdings machte er auf sie auch einen inzwischen ausgesprochen wütenden Eindruck, was ihr eigentlich nur zugute kommen konnte. Wütende Menschen stellten ihre Intelligenz und ihre Feinmotorik zugunsten schierer Kraft gerne einmal hinten an und was nutzte Kraft schon, wenn sie ihr Ziel nicht traf? Es würde am Ende wahrscheinlich sowieso darauf hinauslaufen, dass der erste Treffer entschied, wenn man einmal betrachtete, was das Steckenpferd der beiden Kontrahenten war.

Marrow Gnawner zerteilte die Luft mit seinen scharf wirkenden Krallen, sein Schwanz riss Igraine beinahe von den Füßen, aber er wagte es schienbar nicht, auf diese kurze Distanz seine Bomben einzusetzen. Natürlich versuchte er es nicht, denn wenn Igraine ihn richtig einschätzte, so waren diese auf möglichst große Wirkungs ausgelegt und diese würde ihn wahrscheinlich gleich mit verschlingen. Die Klinge ihres Messers traf auf eine seiner Krallen, doch anstatt dem Rattenmenschen die Fingernägel zu stutzen, hielten sie dagegen, sodass er die Schwarzhaarige mit einer scheinbar nicht allzu großen Kraftanstrengung zurück werfen konnte. Ein unkoordiniertes Gerangel auf dem Boden des Hautquartiers folgte, bei dem Igraine die Klaue Marrows im Gesicht und Marrow Igraines Fuß irgendwann an der Kehle hatte, sodass sie sich voneinander lösen mussten und sich schließlich durch ein paar Meter voneinander getrennt gegenüber stehend fanden. "I-I-Ich zeigs di-di-dir noch, du Ra-Ra-Rattentö-töter!", fauchte die etwas dumpfe Stimme unter der Gasmaske und Igraine sah, wie der Teufelsmensch nun doch nach seinen Sprengkörpern fischte. "Spuckst du eigentlich beim Stottern?", fragte Igraine mit ruhigem, unschuldig interessiertem Ton, "Muss in der Gasmaske ja echt widerlich sein." Ein Wutgeheul und ein Zischen später, war der Raum auf einmal in Rauch gehüllt. Marrow Gnawer musste eine seiner Rauchbomben fallen gelassen haben, in der Hoffnung, Igraine damit die Sicht zu nehmen. Viel eher entstand daraus ein ganz anderes Problem für sie, denn obgleich sie mit Dunkelheit und dem Ausschalten ihrer Sicht wenig Probleme hatte, war der dicke Rauch für ihre Lungen alles andere als eine Wohltat. Normalerweise hätte sie ihre Erfahrungen mit schlechten Sichtverhältnissen gegen Marrow eingesetzt, aber wie schwer konnte ein stark hustender Mensch schon zu finden sein? Es blieb also nur eine einzige Möglichkeit...

Igraine ließ ihren linken Handschuh zu Boden fallen und nahm eine ihrer Klebemienen in die Hand. Sie war nicht geschickt genug, wenn sie ihre Finger in Dickes Leder gehüllt hatte, also musste sie das zusätzliche Risiko auf sich nehmen. Über ihr eigenes Husten war schwer auszumachen, ob sich jemand näherte, aber dass er kommen würde, war nur eine Frage der Zeit. Sie schloss ihre Augen und hielt die Luft an. Das Wirbeln des Rauches würde trügerisch sein und sie Marrow an anderer Stelle vermuten lassen, als er eigentlich war - dagegen stellte das gleichmäßige Schlagen ihres Herzens eine deutlich kleinere Ablenkung dar. Eine lange Sekunde tat sie nichts, außer auf Geräusche zu lauschen. Danach geschah alles sehr schnell. Etwas rechts neben ihr atmete, ihre Augen öffneten sich, sie machte eine Drehung zur Seite, spürte etwas Haariges an ihrem Ohr vorbeihuschen, Krallen an ihrer Seite entlangschaben... Igraine drückte die Klebemiene auf die Hinterseite von Marrows Kapuze und griff mit der anderen Hand nach dessen Gasmaske. Egal, ob vollgesabbert oder nicht, die hätte sie durchaus gerne! Der Rattenmensch schien die tickende Zeitbombe in seinem Nacken nicht bemerkt zu haben, wohl aber, dass ihm jemand an die Ausrüstung wollte. Er packte sie, hielt dagegen und schaffte es, Igraine zur Flucht zu bewegen... oder ihr schneller Rückzug lag daran, dass sie wusste, nach wie vielen Sekunden ihre Klebemienen ungefähr zündeten. Sie schaffte es gerade noch, hinter den nächsten Tisch zu springen, ehe eine Explosion das Haus erzittern ließ. Hustend und den Rauch mit ihrer Hand verscheuchend, spähte sie in Richtung Marrow, stand schließlich auf und schlenderte zu seinemreglosen Körper hinüber. Zwei Handgriffe später hatte sie eine etwas ramponierte, aber scheinbar nicht vollkommen zerstörte Gasmaske in Händen und verließ das Haus, wobei sie die Maske zusammen mit ihren Handschuhen in ihre Tasche stopfte und ein Taschentuch herausholte, mit dem sie sich das Blut vom Gesicht wischte. Marlon war auch nicht allzu schwer zu finden, sodass sie ihm, kaum dass sie bei ihm angekommen war, ein weiteres Taschentuch hinhielt, als sie die Kacke auf seinem Anzug bemerkte. Ach, deswegen hatte er sich so aufgeregt... "Wir sollten nach dem Anführer der Kannibalen suchen - irgendwas sagt mir, dass Lu...lu...ludings da sein wird."
 

Lucian

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Einzelne Speicheltropfen fielen Lucian ins Gesicht und veranlassten ihn dazu, in rascher folge zu blinzeln. Die gelblichen Fangzähne waren kaum mehr als einen halben Meter von seinem Gesicht entfernt und senkten sich immer weiter ab. Die Muskeln seiner Arme schmerzten bereits schrecklich, überansprucht von der Aufgabe, den Koloss über sich nicht nur weiter oben zu halten, sondern auch zu verhindern, dass dessen Maul zuschnappt. Das Schlimmste an der Situation war jedoch, wie verdammt vertraut das ganze war. Es war nicht das erste mal, dass das Monster kurz davor stand, ihn bei lebendigen Leib zu fressen, vor einigen Jahren hatte der Vicomte sich bereits in exakt der selben Lage befunden. Damals war es ein wunder gewesen, dass er überlebt hatte, infolge dessen er dem Hyänenmann das Genick gebrochen hatte. Und nun hatte dieses Ungetüm die Chance, sein Versagen von damals wieder gut zu machen. Sollte es wirklich so erbärmlich enden? Lucians Arme begannen leicht zu beben, während sein Gesicht zu einer Grimasse wurde. Der Mundgeruch, der ihm entgegen schlug, machte die Lage nicht angenehmer und der Weißhaarige ertappte sich bei dem Wunsch, sich den Speichel von den Wangen zuwischen. Selbstverständlich wäre er in genau dem Augenblick verloren, da er mit einer Hand das Maul los lies. Aber der Drang war dennoch da. Nur einen Vorteil hatte der Zweikampf; das Monster war nicht in der Lage etwas zu sagen. Immerhin ein kleiner Lichtblick nach dem ganzen Gebrülle. "Weckt das gerade auch so viele, gute Erinnerungen bei dir, wie bei mir?" Zwischen den Zähnen herausgepresst, mit Schweiß die Stirn runter laufend und mit schmerzverzerrter Miene, klang die Frage nicht so locker, wie Lucian es erhofft hatte. Aber die Art, in der sein Gegner grunzte und unverständliche Worte von sich gab, war eine gewisse Genugtuung, auch wenn es nicht half.

Mit einem leichten Kopfschütteln brachte Lucian sich den ernst der Lage wieder vor Augen. Jetzt war nicht die Zeit für dumme Witze! Er musste sich verdammt noch einmal befreien. Er befand sich auf dem Rücken, hatte kaum Bewegungsfreiheit und ein 200 Kilo schwerer, drei Meter großer Hüne warf sich mit seinem ganzen Gewicht auf ihn. Würde er nicht dessen Maul umklammern, so würde das Monster einfach auf die Schnauze fallen, da seine Klauen sich um Lucians Arme klammerten. Das wäre sicher ein wundervoller Anblick, wenn der Kopf des Adeligen nicht zwischen Maul und Boden gelegen hätte. Der einzige Teil des Hyänenmenschens, der noch den Boden berührte, waren dessen Hinterpfoten. Und die katzenartigen Tatzen hatten ziemlich wenig ... Lucian grinste für den Bruchteil einer Sekunde, als er erkannte, wie klein die Pfoten eigentlich waren und wie wenig Bodenhaftung das Monster hatte. Das brachte ihn auf eine Idee. So gut er konnte, zog er eines seiner eigenen Beine an und lies es dann gezielt hervorschießen. Sein bandagierter Fuß traf das verhältnismäßig dünne Sprunggelenk seines Gegners und löste eine Kettenreaktion aus. Das Monster verlor den Halt, dadurch verlagerte sich sein Gewicht und er stieß das Knie des weggestoßenen Beins auf Boden, um nicht zur Seite zu Kippen. Dadurch nahm er einen Teil seines eigenen Gewicht von Lucians Schulter, wortwörtlich, während er gleichzeitig für einen Moment abgelenkt war. Genug Zeit. Genug Gewicht weg. Jetzt kam es drauf an! Lucians Oberarme schienen geradezu anzuschwellen und er stieß einen verzweifelten Kriegsschrei aus. Die beiden Hände entfernten sich mit einem Ruck voneinander weg, gefolgt von einem markerschütternden Knacken und einem schmerzerfüllten Aufheulen. "NICHT SO!!" Mit aller Kraft warf Lucian seinen Feind von sich weg, der wild zappelnd seinen gebrochenen Kiefer umklammerte. Der Vicomte hatte es geschafft, durch bloße Kraft alleine, die Knochen des Unterkiefers auseinander zureißen und das Maul hielt im Grunde nur noch durch die Haut zusammen.

Sofort sprang Lucian wieder auf die Beine und wischte sich als erstes den widerlichen Speichel vom Gesicht. "Ich bin nicht dein Opfer! Ich bin dein verfluchter Untergang!!" All die Frustration, die Wut, die sich in der letzten Zeit angesammelt hatten, kamen nun zum Vorschein. Er hatte genug. Dieses mal würde das Biest nicht davon kommen. Ohne Vorwarnung stürzte er sich auf den noch immer schwankenden Zoannutzer und begann auf diesen einzuprügeln. Mit jedem seiner Fausthiebe brachte er das Monster ein wenig weiter ins Taumeln. Fünf, sechs, sieben Hiebe trafen die empfindlichen Stellen des Hybriden, bevor dieser sich wieder gefangen hatte. Durch die Zerstörung seines Mauls war er seiner Hauptwaffe beraubt, aber das bedeutete noch lange nicht, dass sich der Raider geschlagen gab. Im Gegenteil, er blockte einen der Hiebe mit den Oberarmen, verpasste Lucian einen Tritt in den Magen und nutzte den Raumgewinn, um seinerseits zuzuschlagen. Anstatt seiner Krallen, nutzte er jedoch ebenfalls seine Knöchel. Ob nun um es dem Vicomte gleichzutun oder weil er vor Schmerzen nicht richtig nachdachte, blieb unergründlich. Das ganze entwickelte sich zu nichts weiter als einer brutalen Prügelei. Es hatte nichts mehr mit Stil oder Kampfkunst zu tun, das hier war brachiale Kraft. Beide landeten Treffer, beide mussten einstecken und beide wurden im Laufe der Zeit immer langsamer, als die Ausdauer abnahm und die Schmerzen stiegen. Aber es konnte nur einen einzigen Sieger geben. Und das Monster steckte immer mehr Treffer ein. Schließlich machte Lucian einen Sprung, ballte beide Hände zu einer einzigen Faust zusammen und lies diese auf den ohnehin schon ruinierten Schädel des Monsters niedersausen. Es knirschte leise und schließlich sackte das Monster auf ein Knie.

Und dann geschah das unglaubliche. Das Biest verwandelte sich zurück in einen Menschen, zwar immer noch groß, aber nicht mehr so gewaltig wie vorher. Die Mähne wurde zu einem kurzen Irokesen, die Krallen zu Fingern und die ramponierte Schnauze wurde zu einem sehr lose wirkenden Kiefer. Und er hob die Hände. Abwehrend. Um Gnade flehend. „Bihhe,“ murmelte er gepeinigt, man konnte ihm ansehen, dass er stark verletzt war. „’uh ’as nih’“ Für einen Augenblick hielt Lucian inne. War das ein Trick? Eine letzte Intrige? Das Monster spuckte Blut auf den Boden und legte sich einen Arm um seinen Brustkorb, den anderen noch immer erhoben. Erbärmlich. Aus irgendeinem Grund fühlte er nicht einmal mehr die Genugtuung, die er hatte, als er diesen Bastard zusammengeschlagen hatte. „’öhe mih’ nih, bihhe...“ Lucian wandte sich von dem Bild des Elends ab und betrachtete stattdessen die Menge. Einige stampften tatsächlich noch zustimmend mit den Beinen. Nun, gedacht hatte er es sich ja bereits. ’Ob nun Fremde oder einer aus den eigenen Reihen das Opfer war, schien niemanden zu interessieren’ "Ich töte dich nicht," meinte Lucian schließlich und sah wieder zum Monster, dass nun deutlich erleichtert schien. "Ich übernehme deine Männer. AB SOFORT BIN ICH DER ANFÜHRER DER MEAT RAIDER!" Der Ausruf wurde von begeistertem Johlen aufgenommen. Den meisten schien es egal zu sein, wem sie folgten, so lange sie dem Stärksten folgten. "Aber du … du verschwindest. Geh zurück in die Mienen oder zu meinem Vater ... aber stellst du dich mir noch einmal in den Weg, dann ist das dein ende!" Langsam kroch das Monster zum Rand der Tribüne und nickte dabei zustimmtend. „Nah’ür’i’h, ’ie ’u ’ills’ ... MEIN VICOMTE!“ Das er die letzten beiden Worte nicht nur vollkommen richtig sagte, sondern sogar brüllte, war Warnung genug. Das Monster war in Windeseile wieder in seiner Hybridform und stürzte sich auf den scheinbaren Sieger, doch Lucian lies sich nicht überrumpeln, sondern legte alle seine verbliebende Kraft in einen einzigen Schlag. “Insei!“ Seine Handfläche schlug gegen den oberen Teil der Schnauze. Das Maul des Monster gab knackend nach, aber dabei verblieb es nicht. Stattdessen drehte sich der ganze Schädel mit und die Nieten des Metallkragens sprangen heraus. Die Wucht beförderte den Hyänenmann von der Erhöhung und mit in seine Männer. Anscheinend hatte es das Rückgrat dieses mal richtig erledigt, denn Bewegungslos knallte er auf das Holz des Schiffes. Drei der Meat Raider gingen auf ihren Anführer zu, während dieser versuchte zu ihnen hochzusehen. „Ahh ... mei’he Freun’e ...“ Einer der Raider, die einzige Frau unter den dreien, drehte sich zu einem ihrer Begleiter. „Freunde? Ich dachte wir wären nur Tiere?“ „Habe ich auch gehört. Wir fressen nur, was er uns übrig lässt,“ antwortete der Angesprochene und beide drehten sich an den dritten. „Edd?“ fragten sie zusammen und der dritte begann nur wahnsinnig zu lachen. Wahnsinnig, aber böse. Und er leckte sich hungrig über die Lippen. Immer mehr der Meat Raider sammelten sich um ihren ehemaligen Anführer, schlossen den Kreis immer enger. „Nein, na’.. i’h ’ann ’as er’ären, i’h, NEIN!“ Lucian konnte nichts sehen, aber die Geräusche, die er hörte sagten genug. Mehr als genug ...
 
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Mit vorgetäuschter Ruhe richtete Marlon das, was von seinem Anzug noch übrig war und schaffte es sogar, Igraine zu zu lächeln. Seine Fassung zu wahren, jedenfalls nach außen hin, war extrem wichtig für einen Koch. Dennoch schien Igraine zu wissen, was mit seinem Anzug passiert war, denn das Lächeln mit dem sie ihm ein Taschentuch reichte war doch ein klein wenig zu verständnisvoll. Kommentarlos nahm der Koch das Tuch entgegen und wischte damit über den weißlich-grauen Fleck, der sich auf seiner Schulter ausbreitete, ehe er das Taschentuch achtlos hinter sich warf. Hier war ohnehin schon genug kaputt, dass er auf so etwas nicht mehr zu achten brauchte. Schlimmstenfalls war das eben ein Punkt mehr, den die Einwohner dieser Insel der Symmetrie halber mit ihren anderern Dörfern anstellen mussten. "Er heißt Lucian", versuchte Marlon nun Igraines Namensgedächtnis auf die Sprünge zu helfen, wobei sein verständnisvolles, weiches Lächeln diesmal um eine Winzigkeit härter ausfiel. Um ehrlich zu sein fühlte er sich gerade nicht sonderlich wohl, aber das galt es nun, erst einmal hinten an zu stellen. Lucian brauchte seine und Igraines Hilfe, da war der Koch sich ziemlich sicher. "Aber einverstanden. Ich glaube zwar nicht, dass Lucian unsere Hilfe braucht, aber wenn der Kampf ihm so zugesetzt hat wie uns..." Marlon führte den Satz nicht zu Ende. Er hatte den Vicomte oft genug kämpfen sehen um zu wissen, dass er sich dabei noch mehr verausgabte als andere Menschen. Der weißhaarige Adelige nutzte seinen gesamten Körper als Waffe, ohne Rücksicht auf sein eigenes Wohlbefinden oder seine Unversehrtheit. Marlon war sich sicher dass Lucian, wenn sein Arm brechen würde, ohne zu zögern den abgesplitterten Knochen seinem Gegner ins Auge rammen würde, wenn es ihm den Sieg brachte. Das war einerseits natürlich eine effektive Taktik, doch auf lange Sicht.. und gerade bei einem starken Gegner... Besser nicht daran denken.

"Wir sollten schon einmal die Augen nach einer Trage oder so etwas ähnlichem aufhalten", war Marlons erster Kommentar, nachdem er und Igraine sich auf die Suche nach Lucian gemacht hatten. "Ich glaube zwar nicht, dass wir sie brauchen werden, doch sicher ist sicher. Und ich möchte nicht die Verantwortung dafür übernehmen, wenn Lucian sich später übernimmt und zusammenbricht. Wir haben aber auch ein enormes Glück mit unseren Gegnern gehabt..." Der Koch seufzte, vor seinem inneren Auge lief bereits Lucians Reaktion auf die Geschehnisse dieses Tages ab. Vermutlich würde der Vicomte jetzt noch zwanghafter vorgehen als bisher schon. Der ehemalige Mafiosi würde einiges leisten müssen und Igraine, so vermutete er, ebenfalls. Letzten Endes waren sie halt doch nur Schachfiguren, die von Lucian geführt worden waren. "Wie bist du eigentlich mit.. mit diesem.. diesem Kerl fertig geworden?" Für einen kurzen Moment hatte Marlons ruhige, selbstbewusste Fassade wieder zu bröckeln begonnen und hatte enthüllt, dass sein Horror und seine Angst vor den Ratten doch nicht ganz vergangen war. Und das wohl auch niemals würde. "Ich gebe gerne zu, dass ich gehandicapt war, aber er schien mir auch so ziemlich stark zu sein. Nichts gegen dich", fügte er mit so etwas wie einem freundlichen Lächeln hinzu, "Aber wie eine Kämpferin wirkst du mir nun nicht gerade."
 

Igraine

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Na, da hatte Igraine doch wenigstens den Anfang des Namens richtig gehabt! Für jemandem mit ihrem nicht vorhandenen Namensgedächtnis war das ein immenser Fortschritt, also war die doch eher etwas gedämpfte Reaktion Marlons wirklich nicht nachzuvollziehen. Vielleicht lag das auch an seiner Erschöpfung oder dem Dreck, aber letzterer war doch wirklich kein so großes Problem... Allerdings teilte Marlon ihre Meinung, dass es wahrscheinlich am sinnvollsten war, den Weißhaarigen zu suchen, wenn man bedachte, wie er in Steam aus dem Kampf hervorgegangen war. Das hatte an dieser Stelle vielleicht daran gelegen, dass Igraine und Marlon sich anderweitig beschäftigt hatten und er deswegen so ziemlich der einzige gewesen war, der sich ernsthaft verausgabt hatte, aber nichtsdestotrotz schien er dazu zu neigen, etwas mehr Schaden einzustecken. Sie war ganz froh darüber, dass sie den meisten schlicht zu flink war, denn wirklich Lust darauf, sich dauernd zu verletzen hatte sie nicht - auch wenn das als Pyrotechnikerin sicherlich etwas komisch kam. Sie blickte Marlon nur eine Sekunde lang an, als er nach einer Trage fragte, ohne darauf zu antworten. Natürlich könnte es sein, dass sie so etwas brauchten, aber ebenso konnte es sein, dass man sie in wenigen Momenten wieder angreifen würde, wobei sie von einem sperrigen Teil wie einer Trage nur behindert werden würden. Zur Not würden sie sicherlich eine improvisieren können, das war ihr deutlich lieber, als sich unnötig zu belasten. "Ich denke nicht, dass das im Moment Priorität hat.", antwortete sie deswegen nach kurzer Bedenkpause, in der sie vor allem abwägte, ob Marlon ihr den Widerspruch wohl übel nehmen würde. Sie gehörte zwar nicht zu den Menschen, die ihre Meinung von derjenigen anderer abhängig machten, wohl aber die Art, wie sie diese verkündete. Was das Übernehmen von Verantwortung anging, teilte sie Marlons Bedenken nicht. Sie sah sich wirklich nicht im Zugzwang, auf ihre zwei männlichen Begleiter aufzupassen, weil diese sowieso mehr eine erweiterte Mitfahrgelegenheit waren. Natürlich würde sie ihnen wohl helfen, wenn die Alternative war, allein weiterzumachen, aber über das ging es wirklich nicht hinaus. Von Verantwortung oder moralischer Verpflichtung durfte man da nicht reden. Vielleicht machte sie sich deswegen auch keine Gedanken über die Zukunft, denn was kommen würde, wusste sie ja sowieso nicht - sie wusste nur, was sie erreichen wollte, aber wie genau stand noch in den Sternen.

Zudem war es wirklich von Vorteil, dass Marlon nicht aussprach, dass er sich selbst nur für eine Schachfigur Lucians hielt, denn da hätte Igraine ihm dann wahrscheinlich ein sehr mitleidiges Lächeln geschenkt, um sich selbst eine wenig nette Antwort zu verkneifen. Er mochte vielleicht ein Zwischending aus Butler, Koch, Leibwächter und Tagesmutter für Lucian sein, aber sich selbst zog sie da ein wenig raus. Erst als Marlon fragte, wie sie mit dem Rattenmenschen fertig geworden war, fiel ihr auf, dass der Koch gerade wirklich ganz besonders redselig war. Es kam ihr ein wenig so vor, als versuche er sich von ihrer momentanen Situation abzulenken - oder vielleicht von seinem eigenen Kampf mit dem Kerl? Im Grunde war er jetzt nicht unglaublich stark gewesen, wenn man bedachte, dass sie das auch nicht war und da Marlon eigentlich der kämpferisch Begabtere war, kam es ihr nun im Rückblick doch etwas komisch vor, dass er von ihm durch die Wand befördert worden war. Vielleicht hatte er ja wirklich heftige Angst vor Ratten... einen Moment überlegte sie, ob sie ihn darauf ansprechen sollte, entschied sich jedoch dagegen und antwortete stattdessen mit einem Schulterzucken: "Meine Waffen übernehmen das Töten für mich." Normalerweise hieß es zwar, dass die Menschen hinter den Waffen töteten, doch Igraines Basteleien konnten das teilweise auch ganz ohne ihr Zutun. Wenn sie das übernehmen müsste, wäre das sicherlich deutlich komplizierter. "Wenn du ausgebuffte Kampftechniken bräuchtest, um Menschenleben zu beenden, gäbe es deutlich weniger Kriege." Sie verzichtete auf eine Nachfrage, wie sich Marlon wohl mit seinem Gegner geschlagen hatte, denn sie konnte sich das eigentlich recht gut vorstellen. Er war eben gut mit fliegenden Klingen, auch wenn es wirklich eine Leistung gewesen sein musste, den Geier zu treffen... "Hast du nicht manchmal das Gefühl, dass dein Bumerang zu wenig Angriffsfläche und Streuwirkung hat?", fragte sie stattdessen. Vielleicht war ihr da so etwas wie eine Idee gekommen. Marlon wirkte ein wenig so, als hielt er von ihrer Frage ungefähr so viel wie Igraine von der Sache mit der Trage, möglicherweise war er aber auch ein wenig gehetzt und gestresst von der Abwesenheit seines Kapitäns. "Es ist eine Wurfklinge. Und ich bin nun einmal ein Attentäter. Ich töte einzelne Ziele, keine Menschenmassen. Viel zu ineffizient." Igraine seufzte. Das war sicherlich nicht die Antwort, die sie sich gewünscht hatte, aber dennoch war sie sehr aufschlussreich und würde sie sicherlich nicht daran hindern, zu versuchen, was ihr gerade in den Kopf gekommen war.

Es ging erstaunlich schnell, die Meute der Kannibalen zu finden, aber wahrscheinlich lag ihr Glück auch einfach daran, dass man sie schon über hunderte Meter hören konnte. Es klang, als würden sie kreischend niederen Gelüsten frönen - in ihrem Fall lebten sie wohl eher ihre Gewaltfantasien aneinander aus. Irgendwie wunderte es Igraine überhaupt nicht, als sie, um die Ecke eines Hauses spähend, den Weißhaarigen ungewöhnlich gut gelaunt vorfand. Vielleicht mochte sie sich täuschen, aber er schien durchaus ein wenig Spaß an dem zu haben, was sich unter seinen vom Rand der Tribüne baumelnden Füßen abspielte. Er wirkte auch nicht so lädiert wie letztes Mal, vielleicht ein wenig angekratzt und sie hätte gewettet, dass sich in nächster Zeit noch einige Hämatome mehr bilden würden, doch es hätte wahrlich schlimmer sein können. Igraine ließ die blutbespritzte Gasmaske in ihrer Rechten baumeln und schlenderte durch die mit einander beschäftigten Meatraider hindurch. Sollten diese sie bemerken, überlegten sie sich hoffentlich mehrmals, ob sie sie angriffen - sie würde ihre Bomben ungerne verschwenden. "Du wirkst, als hättest du Spaß.", stellte sie schließlich fest, als sie sich in unmittelbarer Nähe der Tribüne befand und schmunzelte.
 

Lucian

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Um ehrlich zu sein, Lucian fühlte sich miserabel. Nicht weil er gerade einen alten Feind dazu verdammt hatte, von seinen eigenen Leuten gefressen zu werden, nein dass war eigentlich fast schon amüsant gewesen. Aber die Prügel die er hatte einstecken müssen zollten ihren Tribut. Das Monster war stark gewesen, viel stärker als das letzte mal, als sie sich begegnet waren. Glücklicherweise traf das auch auf den Vicomte selbst zu, doch das ersparte ihm nicht die körperliche Belastung. Gegen diese stillose Schlägerei war der Kampf gegen die Schmalzlocke von Steam fast schon lächerlich einfach gewesen. Und trotzdem, im vergleich zu den letzten Auseinandersetzungen war er dieses mal glimpflich davon gekommen. Keine schwere Verletzung, kein Niederschuss, nur schrammen, Blutergüsse und vielleicht eine angeknackste Rippe. Am schlimmsten hatte es seine Hände erwischt, nicht nur wegen den Hieben, die sie ausgeteilt hatten – tatsächlich pellte sich die Haut seiner Knöchel blutig ab – sondern vor allem wegen den scharfen Zähnen, die sich dort hinein gebohrt hatten, als er das Maul des Monsters aufgestemmt hatte. Seine Bandagen hingen geradezu in Fetzen und offenbarten die blutigen Löcher in seinen Handflächen. Als Lucian seine Hände näher an sein Gesicht brachte, rümpfte er unwillkürlich die Nase und würgte leicht. Der vergammelte Mundgeruch des Monsters klebte geradezu an seinen Fingern, nicht zuletzt wegen des Speichels, den die Leinenbandagen aufgesogen hatten.

Ohne eine bessere Idee zuhaben, entledigte Lucian sich des Stoffs um seine Hände und Unterarme und wischte sich diese mehrfach an seiner Hose ab. Erst jetzt wurde er sich wieder bewusst, dass man ihn nicht nur entwaffnet hatte, sondern dass auch sein Kimono entwendet worden war. Die Hände in der Luft abschlackernd, wandte der Adelssohn sich an die Masse an Meat Raider. "Wer hat hier das Kommando, jetzt wo das Monster tot ist?"Auch wenn er nicht an das Lautstärkevolumen des toten Raider Anführer heran kam, so war er doch ganz gut zu verstehen. Die meisten Plünderer waren still und nur einige wenige geiferten noch um einen Nachmittagssnack. Was er als antwort bekam, war nicht sonderlich zufriedenstellend. Einige riefen etwas von Cook Cook, andere Marrow-irgendwas und wieder andere etwas von wegen „Nicht da“. Einen Augenblick lang massierte sich Lucian genervt die Schläfen. "Agenda Punkt EINS!" rief er schließlich, sichtlich genervt, die Fragerufem, was eine Agenda sei, ignorierend. "Derjenige der mir meine Sachen bringt, der erhält hier das Kommando, wenn ich nicht da bin. Und ich will keine Massenprügelei!" Einen Moment lang herrschte stille, bevor sich jemand durch die Menge nach vorne schlängelte. „Hab alles, tehe, hab alle Sachen des Prinzen, juche!“ Eine Ader an Lucians Schläfe begann sichtbar heftig zupochen. Das hatte er ja ganz vergessen ...

Ein verhältnismäßig kleiner Kerl, gekleidet in Lucians Kimono und mit einem Schwert in jeder Hand, erklomm schließlich die Tribüne. Der selbe Kerl, der sich über ihn lustig gemacht hatte, als er aufgewacht war. Wortlos nahm der Vicomte seinen Besitz entgegen, zögerte jedoch einen Moment, bevor er sich wieder anzog. Irgendwo war es ekelig, Kleidung anzulegen, die zuvor noch von einem dieser schmutzigen Bastarde getragen worden war. Schließlich warf er sich sein Markenzeichen über die Schultern, während der kleine Trottel aufgeregt herumhüpfte. „Bin ich Chef, bin ich der Boss!?“ Etwa fünf Sekunden lang sah Lucian auf den Wicht herab, bevor er sich wieder an die Menge wandte. "Agenda Punkt ZWEI! Derjenige der diesen kleinen Penner hier umbringt und mir seinen Kopf auf die Tribüne bringt, wird mein tatsächlicher Stellvertreter!" Mit diesen Worten verpasste Lucian dem Möchtegern einen Tritt ins Kreuz und beförderte ihn mitten in die Menge. "Jetzt dürft ihr eine Massenprügelei veranstalten ..." Erneut herrschte einen Augenblick lang Stille. Dann brach die Hölle los.

Glücklicherweise war Lucian dieses mal nicht Teil des Chaos und konnte sich nun ein wenig entspannen. Erschöpft ging er zum Rand der Tribüne und setzte sich auf die Kante. Die Beine lies er einfach herunterbaumeln, während sich anderthalb Meter unter ihm ein Haufen Idioten gegenseitig die Schädel einschlugen. Ein paar Minuten später bemerkte er zwei bekannte Gesichter auf sich zukommen. Soviel also zu den Stellvertretern des Monsters. Aber irgendwie verstärkte der Anblick von Igraine und Marlon sein vertrauen in die beiden. Die Vertreter des Hyänenmenschen waren sicherlich keine Schwächlinge gewesen, aber keiner von beiden wirkte besonders mitgenommen. „Du wirkst, als hättest du Spaß,“ meinte Igraine, als die beiden nah genug waren, aber statt zu antworten hob der Vicomte die Hand. "Einen Augenblick, dass hier ist die beste Stelle!" Fast zeitgleich mit dieser Aussage erklang ein lauter Triumphschrei und einer der Raider streckte einen abgetrennten Kopf gen Himmel. "Gut, ich glaube das war’s. Gutes Personal ist so schwierig zu kriegen." Damit erhob er sich wieder und streckte beide Arme in die Luft, um die Meute zur Ruhe zubringen. Zuerst langsam, dann aber immer schneller beruhigte sich die Menge und schließlich deutete der Weißhaarige auf den Typen, der den Schädel fest umklammerte. "Ruhe jetzt, es reicht. Du da, wie immer du auch heißt, ab sofort bist du hier der oberste Raider, wenn ich nicht da bin." Als besagter Raider näher kam, war Lucian irgendwie ganz zufrieden mit dem Gewinner. Der Kerl wirkte nicht ganz so kränklich wie ein Grossteil seiner Kameraden, hatte aber auch nicht diese wahnsinnige Aura um sich.

Lucian nahm sich einen Augenblick lang Zeit, um die Menge unter sich genauer anzusehen. Viele von ihnen wirkten abgemagert und Krank, aber sie wirkten auch allesamt äußerst gefährlich. Wie sie mit dem Dorf und ihren Verteidigern umgesprungen waren, zeigte dies deutlich. Im Grunde waren sie auf diese Insel gekommen, um Söldner anzuheuern und jetzt stand er hier und um ihn herum waren über hundert Irrer, die ihn als „Alphatier“ anerkannt hatten. Kein gewissen, kein Mitleid und noch besser, niemand würde sie vermissen! Lucian begann leicht zu lächeln. Etwas das er nur selten machte und so wirkte es jetzt auch weniger amüsiert, als schlichtweg sinister. "Weißt du, ja. Ich habe Spaß," antwortete er schließlich leise auf Igraines Frage. Jetzt musste er die Raider nur noch wirklich für sich gewinnen. "Seid bereit für die Zeit eures Lebens. Seid bereit für den größten aller Coups!" Er brüllte es so laut wie möglich heraus, vollkommen unnötig, da er ohnehin schon alle Aufmerksamkeit auf sich hatte. „Und was springt für uns raus?“ fragte der neue Kommandant vorsichtig, während er sich in die Nähe von Igraine und Marlon stellte. "Ich lass' euch schon nicht aus," antwortete der Adelige mit einem Seitenblick, ehe er sich wieder nach vorne wandte. Von der Masse teilten nur wenige Zweifel. Einer der Raider war einem anderen auf die Schultern geklettert und rief laut: „Ja, seid bereit! Höhö, wir sind immer bereit. Äh … für was eigentlich?" "Für den Tod des Comte de Villefort," antwortete Lucian laut. Er hatte fast damit gerechnet, dass einige fragten, was ein Comte sei, aber andererseits waren die Meat Raider ja genau in dessen Auftrag unterwegs gewesen. „Wieso, ist er krank?“ Die Frage kam nicht von der Menge vor ihm und auch nicht von einem Mann. Stattdessen war es Igraine, die jetzt ein seltsames Grinsen im Gesicht trug."Nein du Witzbold, wir bringen ihn um. Und Vicomte Nortier auch." Die Aussicht, eine wichtige Person umzubringen, rief eine gewisse Euphorie unter den Kannibalen hervor. „Tolle Idee, wer braucht schon einen Comte?“ rief einer, „Niemand, niemand, lalalalalala“ antworten andere und führten einen lächerlichen Ringelpietz auf. "Idioten! Es wird einen Comte geben!" brüllte Lucian der Masse entgegen, die sofort mit dem Johlen und Tanzen aufhörten „Aber du hast doch ...“ fing jetzt Marlon an, der jedoch verstummte unter Lucians blick. " Ich werde der Comte von Monte Gomero sein! " Das ganze zog sich wirklich hin, mit den ganzen Zwischenrufen, deshalb wollte der Vicomte es nun unter Dach und Fach bringen. "Haltet zu mir und ihr werdet. NIE. WIEDER. HUNGER! LEIDEN!!" Der Ausruf zog mehr Jubel auf sich, als Lucian gerechnet hatte. Das Versprechen von Essen, vor allem wenn man die Vorlieben dieser Biester kannte, schien wahre Wunder zu wirken. Überall klangen „Lang lebe der Comte!“-Rufe. " In Zukunft gibt's so viel zu plündern. Das meiste interessiert mich sowieso nicht. Ich darf trotzdem höflichst erinnern ... " Der Vicomte ging in die Knie und hob den abgetrennten Schädel hoch, den sein neuer Kommandant ihm gebracht hatte. "KEIN KRÜMELCHEN GIBT’S OHNE MICH!!" Damit warf er den Schädel in die Menge, die Jubelte und mit ihren Waffen klirrte. Für Lucian war dies Zeichen genug. Er hatte die Raider auf seine Seite gezogen, zumindest bis zu ihrem ersten Einsatz. Das dies auch der letzte sein würde, brauchten sie ja nicht zu wissen.

Mit einem kleinen Satz verließ er die Bühne und ging auf Marlon, Igraine und den Namenlosen zu. Den ersten beiden nickte er kurz zu, bevor er sich an den dritten wandte. "Hör zu, Raider," begann Lucian, wurde aber von eben jenem unterbrochen, als er “Banzai” sagte. Mit einem abschätzigen Blick nahm der Vicomte das zur Kenntnis und begann erneut. "Hör zu, ... Ban~Zai ..., ich mach es kurz und einfach. Ich will das ihr verschwindet und zwar sofort! Und in genau drei Wochen will ich euch in der Möwenpassage von Monte Gomero vorfinden. NICHT auf der Insel. Im Riff! Hast du das verstanden und siehst du dich in der Lage, es auszuführen?" Als Antwort erhielt er nur ein einfaches, aber ernsthaftes nicken. "Gut. Bis dahin will ich NICHT das ihr Aufmerksamkeit auf euch zieht oder eure Zahlen dezimiert ..." – der verwirrte Blick sprach Bände - "...verringert werden. Wenn es unbedingt sein muss, dann überfallt Passagierschiffe, aber versenkt sie danach. Keine überlebenden, keine Spuren! Haben wir uns verstanden!?" Abermals nickte Banzai kräftig. "Dann los, verschwindet von hier! Und wir drei gehen zurück ins Dorf." Damit wandte sich Lucian von den Meat Raidern ab und ging auf den Weg zurück zum Dorf und weg vom Hafen zu. Hinter ihm hörte er gebrüllte Befehle, die Raider machten sich wohl abfahrbereit, während seine beiden Gefährten ihm folgten. "Sieht so aus, als hättet ihr euch auch amüsiert. Marlon, du siehst irgendwie ... beschissen aus ... Auf jeden Fall versuchen wir jetzt keine Aufmerksamkeit zu erregen. Ich habe keine Lust, von den Dörflern ausgequetscht zu werden."
Der Grundgedanke war gut. An der Ausführung haperte es etwas. Denn kaum setzte Lucian einen Fuß auf die Hauptstraße, wurden er und seine Truppe von unzähligen Gesichtern umgeben. Aber keiner wirkte misstrauisch oder ängstlich. Die alle wirkten ... fröhlich. „HURRA!“ erklang es aus hunderten Stimmen. Und schließlich dämmerte es Lucian. "Sieht so aus, als wären wir die Helden ..."
 
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Lucians Auftritt war, das musste man ihm lassen, einigermaßen überwältigend. Ein wenig zu pompös für Marlons Geschmack, aber auch das Ausnutzen großer Gesten gehörte zu dem Repertoire eines Anführers. Insofern konnte er über diese Vorstellung hinweg sehen. Das Gekeile der neuen Mitglieder von Lucians Plan hingegen sah er mit deutlich weniger Wohlwollen. Für ihn waren Söldner vor allem effizient und das konnte man bei dieser Saubande nun wirklich nicht behaupten. Aber auch hier hielt er sich mit Kritik zurück denn immerhin war Lucian der Kopf dieser Operation, nicht er - was nur hieß dass Marlon bei ihm bleiben würde, so lange die Operation ein Erfolg zu werden versprach. Wenn sich herausstellen sollte dass Lucian ins Leere griff, dann hätte der Koch keine Probleme damit, seine eigene Haut zu retten und den Weißhaarigen seinem Schicksal zu überlassen. Aber für den Moment würde er bei ihm bleiben, so viel war er seinem Retter aus einer äußerst misslichen Lage immerhin schuldig.

"Sieht so aus, als hättet ihr euch auch amüsiert. Marlon, du siehst irgendwie ... beschissen aus ... Auf jeden Fall versuchen wir jetzt keine Aufmerksamkeit zu erregen. Ich habe keine Lust, von den Dörflern ausgequetscht zu werden." Der Kommentar Lucians ließ Marlon noch einmal schmerzlich bewusst werden, wie es um seinen Anzug stand. Dass kurz darauf frenetischer Jubel sie begrüßte, setzte dieser deprimierenden Tatsache überdies noch die Krone auf. Der Einzige, der auf diesen festlichen Anlass noch weniger Lust zu haben schien als Marlon war ausgerechnet Lucian, der ziemlich pikiert aussah und ja bereits klar gestellt hatte, dass er keinerlei Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte. Insofern schluckte Marlon den Stolz, nicht angemessen gekleidet zu sein herunter und bugsierte sich so, dass er vor Lucian die Aufmerksamkeit der Menge auf sich zog, wobei er sich seine markante Haartolle aus dem Gesicht strich und sich sein ganzes Benehmen mit einem Mal zu ändern schien.

Marlon wirkte normalerweise selbstbewusst und freundlich, höchstens ein klein wenig distanziert. Das allerdings war überwiegend gespielt und genau aus diesem Grund konnte der Koch sein Verhalten unglaublich schnell wandeln. Jetzt jedenfalls wirkte er müde und abgekämpft, keine Spur mehr von der fast schon beiläufigen Eleganz, die er sonst zeigte. Wenn er hinkte, wirkte Marlon eher noch wie ein angeschlagener aber immer noch gefährlicher Löwe, jetzt aber war er ein wandelndes Häufchen Elend, das nur von Stolz und Blutlust auf den Beinen gehalten wurde. Eine steile Furche quer über die Stirn gab seinem Gesicht einen unnachgiebigen Ausdruck und selbst sein aufwändig frisierter Bart hatte jetzt etwas beinahe Unheimliches. "Schon gut", knurrte er unwillig, als sich ihm einige Menschen näherten, um ihn und Lucian zu bewundern und zu feiern. "Macht Euch keine Hoffnungen, wir sind schon wieder weg. Keine Feier. Und PFOTEN WEG!" Beim letzten Wort sprangen zwei junge Männer, die sich etwas näher heran getraut hatten, erschrocken zur Seite. Marlon wusste seine Ausstrahlung eben ein zu setzen. "Passt in Zukunft einfach mehr auf euch auf, nochmal retten wir euch jedenfalls nicht den Hintern." Und damit humpelte er weiter, ihm, Igraine und Lucian wurde jetzt respektvoll Platz gemacht. Marlon kämpfte mit sich, um ein Grinsen zu unterdrücken. Menschen zu manipulieren war doch immer noch unglaublich leicht.
 

Igraine

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Bei aller durchaus vorhandenen Geringschätzung musste Igraine zugeben, dass Lucian entweder ein Talent für öffentliche Ansprachen hatte oder darin recht geübt sein musste. Das änderte zwar wenig daran, dass sie für derartige Hetzreden relativ wenig übrig hatte, aber das eine hatte ja recht wenig mit dem anderen zu tun. Interessanterweise schien Lucians Ansprache auf sie den genau gegenteiligen Effekt zu haben, als auf die Menge der Kannibalen. Diese schienen die Aussicht darauf, vielleicht eine Person umbringen zu dürfen, die Rang und Namen innehatte, ganz euphorisierend zu finden, während die Schwarzhaarige im Laufe der Rede, die immer mehr in den Stimmen der Fleischfresser unterging, immer ruhiger wurde. An sich hatte sie sicherlich nichts dagegen, Menschen umzubringen. Auch fand sie wenig an Titeln und konnte eine gewisse Abneigung gegenüber solchen Menschen im Grunde nicht abstreiten, aber es war irgendwie etwas anderes, wenn derjenige, der den Tod des Titelträgers heraufbeschwor, praktisch genau denselben innehatte. Wenn es um Familien ging, zögerte sie, Hass und Wut freien Lauf zu lassen, obwohl sie sehr wohl verstand, wie man Teile - oder auch alles - davon verachten konnte. Wenn man ehrlich war, so hätte sie ihre Mutter lieber auch nicht gehabt; tatsächlich wäre es ihr an manchen Punkten sogar lieber gewesen, wenn sie niemals geboren worden wäre - aber wenn das nicht passiert wäre, hätte sie ihre Wahlfamilie niemals kennen gelernt. Es gab wohl immer auch etwas Gutes selbst in den schlechtesten Menschen, auch wenn sie daran keinen Anteil haben mussten. Wenn Lucian scheinbar eine Abneigung gegen seinen Vater hatte - denn um den musste es sich hier schließlich handeln - konnte das mehrere Dinge bedeuten. Die positivste Interpretation war wohl, dass dieser ihm ein großes Unrecht getan hatte und ihm sein Wohlergehen im Folgenden vollkommen gleichgültig war. Sie fragte sich allerdings dennoch, was wohl sein Bruder damit zu tun hatte... ehrlich gesagt hatte sie Lucian auf ein Einzelkind geschätzt, was dessen Worte nun allerdings widerlegten. Sie selbst wusste nicht, wie es war, ein Geschwisterkind zu haben, aber sie hatte sich das eigentlich immer ganz nett vorgestellt, einfach weil man jemanden hatte, der effektiv in einer sehr ähnlichen Situation steckte. Die Frage war nun also, ob Lucians scheinbare Abneigung gegen seinen Bruder (der übrigens einen noch viel komplizierteren Namen trug, warum bloß?!) wirklich einem Unrecht entsprang, dass dieser ihm getan hatte oder ob es hier um so etwas Banales wie Erbstreitereien ging. Sie hatte sich mit solchen Dingen nie viel beschäftigt, weil es nie etwas gegeben hatte, was sie von irgendjemandem hätte bekommen können, wenn er starb. Zwar hatte sie sich einmal die Mütze eines ihrer Kollegen unter den Nagel gerissen, als dieser bei der Arbeit zerfetzt wurde, aber das zählte wohl nicht unter diese Kategorie. Vielleicht würde sie Lucians Motive deswegen nicht gut heißen, sollte es um so etwas gehen - immerhin hatten die meisten Adligen doch Geld en masse, da tat teilen doch überhaupt nicht weh...

Was auch sein mochte, was Lucians wirkliche Motive waren, Igraine fragte nicht danach. Nicht nur ging sie das relativ wenig an, sie bezweifelte zudem, dass sie eine ehrliche Antwort erhalten würde. Immerhin schickte er die Kannibalen weg, was bedeutete, dass die Dörfler fürs erste gerettet waren. Zumindest um das kleine Mädchen würde es Igraine doch sehr Leid tun, wenn sie hier weiter ihr Unwesen treiben würden. Das war sicherlich nicht Lucians Grund dafür gewesen, wenn sie den Ton seiner Stimme richtig interpretierte - er war offenbar nicht besonders davon begeistert, dass die Dörfler die drei scheinbar zu den Helden des Tages erkoren hatten. Sie musste schmunzeln, streckte die Hand aus und wuschelte dem zu groß gewachsenen Jungen durch die weißen Haare, ganz gleich was dieser davon halten mochte. "Das wirst du schon verkraften." Marlon versuchte es auf andere Art und Weise, anstatt sich einfach in sein Schicksal zu ergeben: Igraine beobachtete, wie er mit einem Mal geradezu abweisend wirkte, etwas beleidigt und beinahe so mitgenommen, als habe man ihm Rattensuppe mit Rattenschwänzen und Rattensoufflé zum Nachtisch serviert. Er schien sich dabei nicht einmal wirklich Mühe geben zu müssen, was sie nur noch mehr in der Überzeugung bestärkte, dass es sich bei dem wohlerzogenen Koch vor allem um einen guten Schauspieler handelte - und doch reichte auch sein scheinbar wahres Gesicht nicht aus, um die euphorischen Dörfler von ihm abzuhalten. Was hatte Marlon denn auch erwartet? Ein gut aussehender, inzwischen einigermaßen düsterer Held war immer noch der letzte Schrei bei den Frauen... und auch seine scheinbare Unnahbarkeit wirkte auf die sicherlich nicht unbedingt abschreckend - die Armen konnten ja nicht wissen, dass der Blonde schwul war! Igraine musste grinsen, als sie bereits die ersten Damen auf Marlon zuhalten sah, begleitet von ein paar überdankbar wirkenden Herren, die scheinbar nur darauf warteten, den Koch auf ihre Schultern zu nehmen. Vielleicht war es ihre Einbildung, aber zumindest der weibliche Teil dieser Meute wirkte ein wenig raubtierhaft auf sie.

Igraine selbst wollte sich gerade unauffällig aus dem Staub machen und die beiden Herren ihrem Schicksal überlassen - zumindest für den Moment - als sie plötzlich einen Kopf im Kreuz fühlte und zwei dünne Arme, die sich um ihre Taille schlangen. Einen Moment, in dem sie sich noch entscheiden musste, ob sie nun zutrat oder sich zurückhielt, ertönte eine ihr bekannte Stimme, die sofortiges Abbrechen jeglicher Verteidigung zur Folge hatte. "Onee-chaaan!" Das Mädchen mit den wunderschönen, blonden Locken hatte sich offenbar zusammen mit ihrer blinden Schwester hervorgewagt und die Gelegenheit beim Schopf ergriffen, sich auf die Waffenmeisterin zu stürzen. Im Gegensatz zu Marlon störte sie das absolut nicht, denn das Mädchen war einfach nur niedlich. "Na du?", lächelte sie und blickte über ihre Schulter, während sie ihre Hände mit sanfter Gewalt von sich löste, um sich zu ihr umdrehen und sie hochheben zu können. Es wäre wahrscheinlich besser, wenn sie die Gesellschaft der Kurzen mied, weil sie immer stärker das Gefühl hatte, dass sie die Kleine sonst wohl entführen würde, aber sie würde nun wirklich nicht so herzlos sein und vor ihr flüchten. Das war schon okay so, auch wenn sie am liebsten von den vielen Menschen weg wollte. Zumindest ihre Aufmerksamkeit durften sie gerne auf Marlon und Lucian lenken, denn so würden sie sich vor allem an diese beiden erinnern, sollten sie jemals der Marine stecken, was hier passiert war...
 

Lucian

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Zu sagen, dass er auf diesen Enthusiasmus seitens der Dorfbewohner hätte verzichten können, wäre wahrscheinlich die Untertreibung des Jahres gewesen. Am liebsten wäre es ihm gewesen, wenn Igraine, Marlon und er einfach durch die Siedlung hätten schlüpfen und zurück zur Trophy gelangen können, ohne von jemandem bemerkt zuwerden. Daran war die Truppe kläglich gescheitert. Aber noch war nicht alles verloren, denn anscheinend hatte niemand der Insulaner bemerkt, dass der Vicomte sich mit den Kannibalen verbündet hatte. Ein „Held“ zusein und dafür gefeiert zuwerden war viel besser, als von misstrauischen Stimmen durchbohrt zu werden. Und Helden wurden meistens nicht an die Marine verraten. Meistens. Einzige Vorraussetzung war, dass sie das ganze über sich ergehen ließen. Nichts verdächtiges tun, einfach die Freudenjubel ertragen, das wäre wohl nicht so ... In dem Moment, schob sich Marlon vor und versuchte die Menge aufzulösen, mit harschen und auch etwas unhöflichen Worten. Tatsächlich gingen die meisten Leute ein wenig auf abstand, aber die allgemeine Stimmung war so gut, dass nicht einmal Marlons kurze Ansprache daran etwas ändern konnte. Das einzige, was Lucian machen konnte, war sich selbst mit der flachen Hand ins Gesicht zuschlagen. Ausgerechnet dann, wenn man seine charmante, ständig höfliche Art mal brauchte, war davon nichts zusehen. Igraine nahm das wohl zum Anlass, ihm durch die Haare zu wuscheln, was ein leises knurren des Weißhaarigen entlockte. DAS würde ein Nachspiel haben. Trotzdem versuchte er ein –zugegeben recht gezwungen wirkendes – Lächeln aufzusetzen und versetzte ihr einen leichten Knuff gegen die Schulter. So würden Freunde sicherlich miteinander umgehen. Wenigstens konnte er sie alleine lassen, ohne sich sorgen zu machen. Das musste man Igraine lassen, aus ihrer Gruppe konnte sie sich bei weitem am besten in eine Gruppe mischen, ohne aufzufallen. Es verwunderte ihn auch nicht, als sie kurz darauf in der Menge unterging und irgendwohin verschwand. Er selbst ging zu Marlon und legte diesem kameradschaftlich einen Arm um die Schulter. "Wie könnten wir denn die Gastfreundschaft dieser netten Leute abweisen?", fragte er ein wenig lauter als nötig, was wiederum ein paar Jubelrufe entlockte. Während dieses Sturms näherte Lucian sich Marlons Kopf ein wenig näher und er zischte leise "Spiel einfach mit." Damit löste er sich von dem Koch, die Arme in Siegespose erhoben, während einige wichtig wirkende Personen sich nach vorne zwängten, um ihm die Hand zuschütteln.

Die meisten Bürger hatten gesehen, wie Marlon und Igraine gegen den Geiermenschen gekämpft hatten, einige andere wussten von dem Rattenmenschen, der sich im ehemaligen Söldnerlager eingenistet hatte und zählten zwei und zwei zusammen. Den Kampf im Hafen hatte anscheinend niemand gesehen, die vorherrschende Meinung war, dass Lucian den Hyänenmenschen besiegt hatte und damit die restlichen Meat Raider so eingeschüchtert hatte, dass diese die Flucht ergriffen hatten. Korrigieren würde der Vicomte dies garantiert nicht. Er lies einfach alles über sich ergehen, mit einem sturen Lächeln und gelegentlichem Winken. Die Bewohner hatten tatsächlich ein spontanes Volksfest auf die Beine gestellt, es gab Tische mit Essen und eine kleine Truppe spielte Musik. Ein Sänger sang sogar ein Loblied auf die Kämpfe, wobei jede zehnte Strophe etwas mit Vogelmist zutun hatte.

Um Marlon hatte sich ein kleiner Auflauf gebildet. Seit seinem Ausbruch hatte sich jede Singlefrau des Dorfes – und auch einige der Verheirateten – um ihn gesammelt und warfen ihm schmachtende Blicke zu. Man offerierte ihm mehr Essen als allen anderen, und vor allem sehr viel mehr Alkohol. Es war fast schon offensichtlich, dass man ihn abfüllen wollte. „Er ist so stark“ – „Ein düsterer Held“ – „Er wirkt abweisend, aber ich kann ihn ändern!“ – „Und er ist soo HE~~Iß!!!“ Der letzte Aufschrei löste eine Kettenreaktion aus. Die vielen Frauen begannen zu zanken, was in eine kleine Rangelei ausartete. Die Ablenkung nutzte eine sommersprossige Blondine und warf sich Marlon an den Hals. Sie wäre vielleicht damit davon gekommen, hätte sie nicht lauthals „Er gehört MIIIIR!“ gerufen. Plötzlich änderte sich der Kern der Rangelei. Die Ladies kämpften immer noch, doch jetzt versuchten einfach alle an Marlon zu reißen und zu zerren. Der ohnehin schon mitgenommene Anzug gab schließlich auf und begann unter den Klauen der Frauen in Fetzen gerissen zuwerden. „ICH HAB SEINEN ÄRMEL!!“ Für Marlon würde das eine lange Nacht werden.

Vici war vollkommen aufgeregt, während sie mit ihrem Teddy um Igraine herumtänzelte. „Ich hab zugesehen, wie du gegen den Geier gekämpft hast, das war so cooool! Ich wollte dir sogar helfen kommen! Bartholomäus Bärchen und ich hätten diesem Vogelmonster sicherlich richtig eingeheizt, pom, pow, bam!“ Um ihre Motivation dautlich zu machen, vollführte sie zuerst ein paar niedlich anwirkende Lufttritte und bewegte danach die Beine ihres Teddys in der selben Manier. Ruckartig hielt sie mitten in der Bewegung inne und zog eine Schnute. „Aber Lia hat gesagt ich soll da bleiben. ‚Misch dich da nicht ein, dass soll sie selber regeln’“ Die kleine schaffte es auf sehr treffende weise, die monotone, ernste Stimme ihrer großen Schwester nachzuäffen. Die sehbehinderte Blondine lächelte sogar ein wenig, blieb aber schweigsam. Man konnte ihr ansehen, dass sie nur hier war, weil die kleine es unbedingt wollte. Vici schien dies überhaupt nicht zustören, denn sie konzentrierte sich ohnehin nur Igraine. „Auf jeden Fall bist du ab jetzt meine Ehren-Große-Schwester! Ich wird Zoe von dir erzählen, wenn wir nach hause kommen und vielleicht darfst du dann bei uns mitmachen! Wäre das nicht toll?“ Der junge Blondschopf machte einen quickenden Freudenlaut und dann ein erschrockenes Squee, als Lia sie am Ohr zog. „Jetzt reicht es aber junges Fräulein. Wir wollen doch die nette Frau nicht mit so etwas belästigen ...“

Am Rande der Feierlichkeiten standen vier Leute, von denen niemand in rechter Freudenlaune. Zwei Männer, zwei Frauen. Sie alle standen im Schatten eines Gebäudes und beobachteten die ausgelassene Stimmung und vor allem die Gruppe um Lucian. Keiner der vier war von hier, sie waren nur wenige Stunden nach der Trophy gelandet. Und vor allem einer von ihnen, ein dunkelhaariger Kerl mit vernarbtem Gesicht, schien äußerst schlechte Laune zu haben. „Die sehen nicht aus wie Kopfgeldjäger,“ meinte er grimmig und mit vor der Brust verschränkten Armen. Die kleinste der vier Personen, eine junge Frau mit kurzen, braunen Haaren, blätterte derweil durch einen Stapel Steckbriefe. Als sie schließlich durch war, kam von ihr nur ein leises „Sie werden aber nicht gesucht.“ Der andere Mann, ein schmaler Kerl mit langen, roten Haaren, der an einem Eis-am-Stiel herumkaute, zuckte mit den Schultern. „Und wenn schon, die haben uns das Kopfgeld ruiniert.“ Er wirkte fast so, als wolle er wirklich losstürmen und Lucian oder Marlon angreifen. Die letzte Gestallt, eine sehr attraktive, blonde Frau, hielt ihn mit einer Hand auf der Schulter zurück und schüttelte stumm den Kopf. Der Rotschopf schüttelte den Kopf und zuckte erneut mit den Schultern. „Was auch immer.“ Der vernarbte, anscheinend der Anführer der kleinen Gruppe, seufzte leise und knackte mit den Fingern. „Wir stellen Nachforschungen an,“ sagte er schließlich und nickte zum Steinpfad, der zurück zu Dorf 3 führte. „Und wenn sie irgendwie verdächtig sind, dann erledigen wir sie. Das ist unsere Pflicht als Noble Warden!“

Stunden später, mitten in der Nacht, waren die vier Gestalten, die sich selbst die Noble Warden nannten, an Bord der Miss Ann’s Trophy. Alle waren damit beschäftigt, die Yacht zu durchsuchen. Die meisten waren leise, nur aus dem Lagerraum kamen immer wieder leise, aber hohe schmerzenlaute. Sie waren schon einige Zeit zugange und hatte vieles gefunden, was ihnen nicht gefiel. Zum Beispiel war das die Sprengstoffwerkstatt unten im Lagerraum, oder die gezeichneten Bilder von verwundeten Personen in der Kapitänskajüte. Noch war dies jedoch kein ausreichender Beweis. Es war der Anführer selbst, der schließlich bemerkte, dass man den Esstisch hochheben konnte. In dem kleinen, versteckten Lagerraum, waren nicht nur die Schachfiguren, sondern auch noch ein anderer Gegenstand, den Lucian selbst dort verbunkert hatte. Etwas großes, aus weißen Stoff. Mit schwarzer Farbe. Der Vernarbte faltete die Flagge mit dem Totenschädel auseinander und bleckte seine Zähne zu einem zufriedenen Grinsen. „Sieht so aus als hätten wir hier tatsächlich eine Piraten-Crew!“
 
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Nett zu Frauen zu sein war für den Gentleman von Welt eine Ehre und eine Pflicht zugleich, doch Marlon wünschte sich als er von kreischenden Frauen umringt war doch für einen Moment, sie ließen das bleiben. "Ich hab seinen Ärmel!", also wirklich. Trotzdem rang sich der Koch schlussendlich dazu durch, gute Mine zum bösen Spiel zu machen und es dauerte nicht lange, bis ihm diese Fassade sogar einigermaßen gefiel. Immerhin waren diese Frauen immer noch Frauen und verdienten als solche, gut behandelt zu werden. Ein Monster, wer das nicht tat. "Ist schon gut, ist schon gut. Lasst mich nur kurz zu Atem kommen, ja?" Und obwohl ihn die Damen immer noch aus einiger Distanz himmelten, bekam Marlon, was er wollte. Jetzt brauchte er nur noch ein kleines Detail, um seinen Abend perfekt zu machen. Langsam winkte er eine der Frauen heran. "Hey. Ich bin sicher, du kannst mir einen Gefallen tun..." Das hübsche junge Ding errötete kräftig.

Zufrieden strich Marlon den Stoff glatt. Es fühlte sich gut an, wieder bekleidet zu sein. Auf dem Weg durch die Stadt hatte er einen Schneider mit einer hübschen jungen Tocher gesehen und einfach darauf spekuliert, dass dieses Mädchen, ihr exaktes Ebenbild, denselben Vater hatte. Und natürlich war es so gekommen. Wer hätte das gedacht? Aus Dankbarkeit und weil er ihr schöne Augen gemacht hatte, hatte die Dame ihm daher einen Anzug, der ihm wie angegossen passte, quasi gratis überlassen und einige weitere Kleidungsstücke dazu. Jetzt, in einem neuen Kleidungsstück das nicht nach unappetitlichen Körperflüssigkeiten roch, fühlte sich der Koch gleich doppelt so wohl. "Dankeschön" lächelte er seiner Retterin zu, die noch röter anlief und bescheiden abwinkte, auch wenn Marlon sich ziemlich sicher war, dass sie innerlich vor Stolz noch mehr glühte als ihre Wangen. Sein neues Kleidungsstück jedenfalls war ausgesprochen modisch, in hellen Farben gehalten und auch wenn seine rote Krawatte sich damit leider ein wenig biss, so fand Marlon doch, dass diese Kleidung ihm ausgesprochen gut stand. Aber genug davon. Jetzt würde er sich erst einmal nützlich machen und für Lucian und Igraine irgendeine Stärkung zubereiten. "Hoffentlich finde ich eine Küche, die nicht all zu stark mitgenommen ist..."
 

Igraine

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Ach, Lucian sollte sich mal nicht so haben. Zumindest Igraine war schonmal deutlich schlechter drauf gewesen als heute, sodass sie den Tumult beinahe genossen hätte - das Einzige, was ihr daran nicht gefiel, war die Aufmerksamkeit. Während viele andere Menschen sich gerne in dieser sonnten, sich umsorgen ließen und das Rampenlicht aufsuchten, wollte sie vor allem nicht bekannt werden. Dieses Ziel schien zu erreichen schien schwerer geworden zu sein und das nur, weil sie Menschen geholfen hatte. Bedeutete das fürs nächste Mal, dass sie ihre Finger aus solchen Aktionen heraushalten musste, damit auch ja niemand von ihr erfuhr? Wenn eine gute Tat zu so etwas führte und eine schlechte zum direkten Aufmerksamwerden der Marine, dann musste sie wohl den Mittelweg der vollkommenen Neutralität gehen, bis sie eine sinnvolle Ausgangslage erreicht hatte. Keine unbedingt schöne Vorstellung, die sie auch sogleich zu verdrängen versuchte, indem sie sich voll und ganz dem Herumgetolle Vicis zuwandte. Was sie da mit ihrem Teddy anstellte, war wirklich unglaublich süß, obgleich es wohl kaum den physikalischen Limitationen der echten Welt standhalten würde, wenn es sich dabei um ein echtes Lebewesen handelte. Man stelle sich vor, der Bär würde wirklich kämpfen und das nicht in dieser, sondern in gesteigerter Größe... solange er dabei noch flauschig war, würde das sicher einer Kissenschlacht ähneln und wäre weitestgehend harmlos. Sie blickte das Mädchen an, als erkläre es ihr eine höchst faszinierende und ernst zu nehmende Weisheit, die sie auf keinen Fall verpassen sollte. Es war falsch, Kinder nicht wenigstens augenscheinlich ernst zu nehmen und wenigstens war sie eine angenehme Gesellschaft. Was sie da alles erzählte, verstand die Schwarzhaarige aber im Detail nicht, weil sie sich auf Tatsachen zu beziehen schien, die Igraine unbekannt waren. An sich hätte sie das nicht weiter interessiert, weil sie im Grunde sowieso aufgeregt herumschwafelte, doch das Eingreifen der sonst so schweigsamen, älteren Schwester, machte sie dann doch ein wenig stutzig. Wenn es ihr darum ginge, Igraine nicht zu belästigen, dann hätte sie sicherlich schon vorher eingegriffen und nicht erst, als sie diese... ehm... Na, vielleicht handelte es sich bei der Dame mit dem vergessenen Namen ja auch nur um ihre Freundin und das Thema war wirklich zu weit ab vom Schuss.

Da ärgerte es Igraine schon eher, dass die große Schwester der Kleinen so unfassbar rabiat war. Schon als sie die beiden wieder vereint hatte, hatte sie ihr eine geklatscht und nun tat sie ihr schon wieder weh, indem sie ihr am Ohr zog. Sicher, das Mädchen war aufgedreht wie ein hyperaktiver Kolibri auf Kaffee, aber das war doch lange noch kein Grund, ihr mutwillig weh zu tun! Die schwarzen Augen huschten kurz zu der Sonnenbrille der Blinden herüber. Es würde wohl wenig bringen, ihr einen böse Blick zu zuwerfen, wenn sie ihn nicht sehen konnte - und einschreiten würde sie in diesem Moment sicherlich nicht, weil sie auf der anderen Seite das Gefühl hatte, dass sie sich dennoch sehr um die Kleine sorgte und das einfach so ihre Art war. Igraine selbst hatte irgendwie auch keine Lust, sich mit der Älteren der beiden anzulegen, mochte diese so blind sein, wie sie wollte. Stattdessen lächelte sie Vici einfach aufmunternd zu und blickte sich danach um. So viele Menschen waren auf den Beinen, die sie nicht kannte... da blieb wohl nur zu hoffen, dass hier auch wirklich nur Dorfbewohner herumsprangen.
 

Lucian

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Die ungeplante Ehrenfeier ging noch bis weit in die Nacht hinein. Auch wenn Lucian mehrfach versuchte, sich möglichst freundlich zu verabschieden und das ganze Chaos einfach zu beenden, so wollte doch nichts gelingen. Schließlich ergab er sich seinem Schicksal und lies den fröhlichen Dorfbewohnern ihren Willen. Es war ja nicht so, als Plane er jede Woche einer größeren Menschenmenge zu helfen, im Gegenteil, wahrscheinlich würde er in wenigen Wochen ein Gesuchter sein oder schlicht tot. Ein solches Freudenfest würde sich also nicht wiederholen. Während die Stunden vergingen, zollten die Anstrengungen des Tages immer mehr ihren Tribut. Lucian hatte deutlich mehr einstecken müssen, als Marlon oder Igraine, die ja beide so gut wie unverletzt aus ihren Kämpfen gekommen waren. Die meisten Knochen in seinem Körper schmerzten unangenehm und seine Muskeln schrieen gerade zu nach ruhe und die ganzen Menschen wurden ihm schlichtweg zuviel. Der Bürgermeister war daraufhin so gönnerhaft, dem Vicomte und seinen Kumpanen ein Domizil für die Nacht anzubieten. Um genau zusein, die drei durften in dem ehemaligen Hauptquartier der ansässigen Söldner übernachten. Inklusive zerstörtem Mobiliar, Blutflecken auf Boden und Wänden und einem gewaltigen Loch, wo Marlon herausgesprengt worden war. Wenigstens die Leichen waren weggeräumt worden und im ersten Stock war ein kleiner Schlafsaal, in dem Lucian und Co Betten finden konnten. Von der Qualität seines Bettes auf der Trophy konnte der Weißhaarige diese Nacht nur Träumen, aber wenigstens schlief er in dem Moment ein, da sein Kopf das Kissen berührte.

Wie schon die Nacht zuvor, schlief Lucian nicht besonders gut. Er träumte wirr und schreckte schließlich schweißgebadet aus dem Schlaf hoch. Viel zu früh. Draußen war es noch dunkel, aber auch angenehm still. Im Gegensatz zum Vortag war der Vicomte jedoch relativ glücklich über die unruhige Nacht. Die meisten Bürger hatten noch eine lange Zeit weitergefeiert und schliefen nun den Schlaf der Gerechten. Das bedeutete, dass er und seine Truppe freie Bahn für ihre „Flucht“ hatten. Angesichts des gestrigen Tages entschied sich Lucian sogar dafür, Marlon und Igraine wachzurütteln, anstatt so lange zubrüllen, bis sie aufsprangen. "Na los. Wir verschwinden, solange wir können. Ich habe keine Lust einen weiteren Tag an diese Meute von Feierwütigen zu verlieren." Das gesagt dauerte es nicht lange, bis alle ihre Habseligkeiten gepackt hatten und abmarschbereit waren. Sie verließen Dorf 2 in stiller Prozession und schlugen die selbe Straße ein, über die sie am Vortag gekommen waren. Auch an dem Gasthaus kamen sie wieder vorbei, an dem die unangenehmen Ereignisse begonnen hatten, doch dieses mal verzichteten sie auf einen Zwischenstopp. Es war noch nicht Mittag, als sie endlich wieder in Dorf 2 ankamen. Der Plan war simpel; zurück zur Miss Ann’s Trophy gelangen und ablegen. Und wohin dann? So genau hatte sich Lucian das nicht überlegt. Logischstes Ziel war wohl die Insel der Schützen. Marlon war gut, aber ein echter Scharfschütze könnte sich bei den kommenden Ereignissen als kritisch erweisen. Aber zuerst einfach weg von dieser Insel, bevor sie noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zogen.

Auf dem Weg zum Hafen fiel Lucian eine Sache auf: Die meisten Fenster schienen verbarrikadiert zu sein. Aber nicht nur das, die Straßen waren wie leergefegt. Es schien fast so, als würden die Bewohner mit einem ähnlichen Angriff rechnen, wie er Gestern im symmetrischen Schwesterort geschehen war. Vielleicht war die Nachricht, dass die Meat Raider abgezogen waren, noch nicht bis hierher vorgedrungen? Für den Vicomte klang das plausibel genug. Genau genommen war es ihm ganz recht. Auf diese Weise kam ihnen niemand in die quere. Dabei dachte Lucian besonders an den gierigen Hafenmeister. Um so überraschter war er dann jedoch, als die Trophy in Blick kam und sich am Kiel vier Personen aufhielten, von denen drei sehr entspannt wirkten. Ein rothaariger Kerl, der ein blaues Eis im Mund hatte, saß lässig auf einem der Poller zum Vertauen, während neben ihm eine sehr hübsche Blondine auf einer kleinen Picknickdecke auf dem Boden saß und eine dampfende Tasse Tee an ihre dunkelroten Lippen führte. Eine sehr junge wirkende Brünette zappelte währenddessen nervös hin und her, als müsste sie auf die Toilette. Der letzte im Bunde, schwarze Haare und stark vernarbtes Gesicht, stand mit verschränkten armen auf der Planke, der hoch zur Trophy führte. Das ganze erfüllte Lucian mit einem sehr unguten Gefühl. Als die Unbekannten ihre vermeintlichen Opfer bemerkten, trat das Narbengesicht den Steg herab. „Schön, schön, da seid ihr ja endlich ...“ Als wäre dies ein einstudierter Befehl, stellten sich die anderen drei rund um ihn auf. „Ich bin Cicatrice, Anführer der Noble Warden. Wir sind hier um euch Piratenabschaum aus dem Verkehr zuziehen! Ich weiß nicht, in welcher Verbindung ihr zu den Meat Raidern standet. Vielleicht wart ihr Rivalen, vielleicht habt ihr die Fußtruppen übernommen, es ist uns egal. Aber weil ihr den Angriff beendet habt, machen wir euch ein Angebot: Ergebt euch und kommt friedlich mit, dann übergeben wir euch der Marine und keiner von euch wird sterben.“

Das ganze wurde mit einer solchen Ernstigkeit gesagt, dass Lucian nicht einmal lachen konnte. Stattdessen drehte er sich kurz zu Marlon um, dann wieder zu Cicatrice und seiner Bande. "Das ist ein Witz oder?" fragte er griesgrämig und verengte seine Augen zu schlitzen. "Ich bin vieles, aber wie zur Hölle kommst du darauf, ich sei ein Pirat!?" Auf die Frage reagierte der Kopfgeldjäger mit einem kurzen Nicken. Die kleine Brünette holte daraufhin ein Bündel hinter ihrem Rücken hervor und entrollte die weiße Flagge mit dem schwarzen Schädel. ’Na toll. Ich wusste ich hätte den Fetzen wegwerfen sollen.’ "Hör zu, Narbengesicht," versuchte der Vicomte es in einem friedlichen Ton, "Wir sind KEINE Piraten. Die Flagge hat uns ein verrückter Fischmensch gegeben. Ich habe keine Lust, mich mit euch abzugeben, also verschwindet einfach!" Aber das erntete nur ein missbilligendes Kopfschütteln von Cicatrice. Er wirkte ein wenig enttäuscht, aber gleichzeitig auch so, als hätte man seine Gedanken bestätigt.

„Lily?“ Die Blondine, die ein ärmelloses Kleid mit hohen Seitenschlitzen trug, trat einen Schritt nach vorne und zog sich dabei sehr abenteuerliche Handschuhe an, die mit Metall verstärkt waren. Der linke Handschuh hatte zwei große, der rechte sechs kleinere Rohre, die vom Unterarm bis zum Handrücken reichten. Die kleineren sahen dabei aus, wie Pistolenläufe. „Du kümmerst dich um die Frau. Sollte keine große Herausforderung für dich sein.“ Anstatt zu antworten lächelte Lily bloß und hauchte ihrem Anführer einen leichten Kuss auf die Wange. Dann lief sie auf Igraine zu und holte mit dem rechten Arm zum Schlag aus. Igraine konnte zwar ausweichen, aber die Metallplatte, die über den Knöcheln des seltsamen Handschuhs angebracht war, berührte die Wand hinter ihr. Es klickte leise und eine halbe Sekunde Später ging ein donnernder Pistolenschuss los. Als Lily ihren Arm wieder anwinkelte, rauchte eines der sechs kleinen Rohre. „Lauf los, Sweetie. Wenn ich dich kriege, dann knallt’s.“

Währenddessen hatte sich Cicatrice an den Rothaarigen gewandt. „Geoffrey ... du übernimmst den Anzugschnösel.“ Der schlanke, bleiche Mann, der eine ärmellose Weste und weite Hose trug, rollte mit den Augen, biss von seinem Eis ab und warf den Rest weg. Während er knirschen das Eis zerkaute, griff er hinter seinen Rücken und zog von dort zwei Frisbees hervor. Statt aus Plastik waren Geoffreys aus Metall und hatten eine glänzende Klinge am äußeren Rand. Er warf eine von beiden locker in die Luft, fing sie mit dem Ringfinger und lies sie auf diesem Wirbeln. „Wie auch immer, man. Ich krieg immer die nervigen Jobs.“ Damit warf er eines der beiden Frisbees, das klirrend mit der von Marlon geworfenen Wurfklinge kollidierte. Während die Bumerangartige Waffe komplett aus der Flugbahn geworfen wurde und irgendwo ins Dorf flog, kehrte die Wurfscheibe treu zu ihrem Besitzer zurück. „Bitte wehr dich nicht, alter. Hab echt kein Bock auf irgendwelchen Stress mit dir.“
 
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Der frühe Aufbruch der Luster Piraten war ganz in Marlons Sinne, auch wenn er dadurch nicht zu seiner üblichen Morgenroutine kam. Eine halbe Stunde brauchte er sonst immer im Bad, mindestens, und manchmal auch länger. Eine Frisur und ein Bart wie er ihn hatte bekam man eben nicht einfach so, dazu gehörte eine Menge Zeit, Disziplin und ein guter Umgang mit Kamm, Haaröl und Rasiermesser. Alles Dinge, für die er jetzt keine Zeit hatte, was sein Aussehen ein wenig.. roher machte, als er es sonst gemocht hätte. Dieser ungepflegte Look war einfach nichts für ihn und so nahm er sich, trotz heftiger Einwände von Lucian, doch zumindest die Zeit damit sein Anzug richtig saß. Und seine Krawatte. DIESE Zeit mussten sie dann doch eben noch aufbringen.

Ein Dort zu verlassen und dann in dessem genauen Konterpart wieder aufzutauchen war ein ziemlich seltsames Erlebnis, fand Marlon. Die verbarrikadierten Fenster schrieb er dabei ebenso wie Lucian der möglichen Angst vor den Meat Raiders zu, auch wenn er sich dabei unwillkürlich fragte, wie weit die Liebe zur Symmetrie dieser Leute denn nun eigentlich ging. Oder vielmehr die Besessenheit. Sie schienen ja regelrecht zu erwarten, angegriffen zu werden, nur weil das ihrer Zwillingsstadt passiert war - vermutlich sogar mit haargenau denselben Folgen und den Toten, nicht zu schweigen von identischen Verletzungen. Wenn das wirklich so ablaufen sollte, würden sie ja doch einiges Glück haben müssen. Oder sorgten sie im Zweifelsfall für diese Umstände sogar einfach selbst? Marlon wollte es wirklich nicht erfahren. Und seine Grübeleien wurden überdies noch unterbrochen, als sich ihnen ein vernarbter Mann gegenüber stellte, der sich als Cicatrice vorstellte, Anführer einer Kopfgeldjägerbande, so viel Marlon verstand. Und aus irgendeinem Grunde schienen sie ihn und seine Begleiter für eine Piratenbande zu halten, mit Lucian als Kapitän. Das daraus resultierende Streitgespräch hätte Marlon gerne kommentiert, allerdings sah er ein, dass er hier nicht viel machen konnte oder sollte. Lucian war der Anführer und es war seine Aufgabe, solche Missverständnisse zu klären. Auch wenn der Weißhaarige in diesem Fall genau so gut gegen eine Wand hätte argumentieren können, so wenig richteten seine Worte aus. Und schon kam es zum Kampf.

Marlons Gegner, ein rothaariger Eisesser namens Geoffrey, nutzte scheibenförmige Wurfklingen zum Kampf. Chakren nannte man diese, wenn Marlon seine Bildung nicht täuschte, und sie waren extrem gefährlich. Für ihn bedeutete die Tatsache, dass Geoffrey zwei davon führte, dass er doppelt so viele Angriffsmöglichkeiten hatte wie Marlon und dass er diese vermutlich auch sehr gut zu nutzen verstand, von dem defensiven Vorteil einmal ganz zu schweigen. Der erste Wurf war bereits ungeheuer sauber und gezielt und nur ein schnelles Schleudern von Marlons Wurfklinge konnte verhindern, dass die Waffe ihm den Kopf abschnitt. Dummerweise hatte der Koch so schnell und instinktiv reagiert, dass seine Waffe im falschen Winkel gegen das Chakram prallte und in die Weiten der Stadt verschwand, während Geoffrey seine Waffe mühelos wieder auffangen konnte.
"Bitte wehr dich nicht, alter. Hab echt kein Bock auf irgendwelchen Stress mit dir." Geoffrey schien das ehrlich zu sein, doch Marlon zuckte nicht einmal mit den Schultern. Um ehrlich zu sein mochte er die Art des rothaarigen Kämpfers nicht besonders und seinen Kapitän noch weniger - und außerdem, wenn er starb, wer sollte dann Lucian und Igraine bewirten?
"So leid es mir tut, mein Freund, aber ich habe nicht vor, mich einfach hin zu legen und zu sterben."
Geoffrey seufzte, als hätte er gerade wirklich schlechte Nachrichten bekommen. "Ach, maaaan. Warum muss alles immer so kompliziert sein?"

Der nächste Angriff kam gleichzeitig von rechts und links, der Rothaarige hatte seine beiden Chakren gleichzeitig geschleudert. Noch dazu flog das Rechte höher als das Linke sodass Marlon sich nicht einfach ducken konnte, doch zum Glück kannte dieser solche Tricks und wich daher ganz einfach nach hinten aus. Während die Metallscheiben sich noch im Flug drehten, analysierte Marlon ihre Flugbahn und ihre Beschaffenheit gewissermaßen nebenbei und grinste fast, als ihm etwas auffiel. Das könnte noch nützlich sein...
"Heeey, jetzt bleib doch mal stehen. Ich mach's auch schmerzlos, versprochen." Geoffrey hatte seine Klingen wieder aufgefangen und schritt auf Marlon zu, doch dieser reagierte völlig anders, als Geoffrey es erwartete: Statt noch einen Schritt nach hinten zu machen stürmte er plötzlich nach vorne, gerade als der Rothaarige seine Wurfscheiben ein weiteres Mal schleuderte. Dann schlug er einen geschickten Haken und sprang so knapp an den zurückkehrenden Metallscheiben vorbei, dass sie ihm um ein Haar seine markante Strähne abgesäbelt hätten.
"Was wird'n das?", fragte Geoffrey irritiert, der seine Wurfwaffen nun ein viertes Mal schleuderte, ehe er begriff, was Marlon getan hatte. Diesem war aufgefallen, dass sein Gegner immer genau einen und einen halben Schritt zurück machte, wenn er seine Klingen schleuderte und dabei seinen Gegner stets fixierte. Und mit dem letzten Schritt war er auf sein weggeworfenes, halb geschmolzenes Eis getreten, das nun unter seiner Sohle wegglitt.
"Hoppala!", lautete Geoffreys Kommentar als er ins Straucheln geriet, nur kurz, aber lang genug, damit Marlon sich umdrehen und losrennen konnte, in die Richtung, in der er seine Wurfklinge hatte verschwinden sehen.
"Hoffentlich säbelt dieser Experte sich selber die Arme ab", dachte Marlon, während er rannte. Aber damit war nicht zu rechnen. Dennoch, hoffen durfte man ja.
 

Igraine

Pirat
Beiträge
75
Crew
Luster Piraten
Posten
Waffenmeisterin
Alter
23 Jahre
Größe
1,81 Meter
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Igraine gehörte zu diesen seltsamen Menschen, die beim Klingeln eines Weckers oder ähnlichem sofort aufstehen und lostappsen konnten. Ihre geistigen Kapazitäten mochten sich in einem solchen Moment arg in Grenzen halten, doch immerhin störte sie Lucians früher Aufbruch daher kaum. Sie war sogar relativ froh, von hier wegzukommen, nicht weil sie ein Problem mit den Dorfbewohnern oder ihrer Feierlaune an sich hatte, sondern weil sie ernsthaft befürchtete, das kleine Mädchen könnte ihr sonst zu sehr ans Herz wachsen. Es war auf Dauer nicht von Vorteil, wenn sie sich an einem so fragilen Leben festklammerte, weil es nur ausgelöscht werden würde, wenn es in ihrer Nähe blieb. Die Zeit hatte ihr immerhin mehrfach bewiesen, dass sie den Menschen um sie herum nicht gerade Glück brachte, sollten sich diese nicht selbst zu helfen wissen. Trennungsschmerz wollte sie außerdem nach Kräften vermeiden, obgleich er sich wohl nur noch mindern ließ. Einen Abschied zu überspringen war ihr entsprechend lieb, sodass sie sogar einigermaßen guter Dinge war, bis sie die Trophy erreichten. Dort erwartete man sie bereits mit Anschuldigungen, die Igraine gar nicht einmal so abwegig erschienen, auch wenn sie die drei nun auch nicht wirklich als Piraten einschätzte. Lucian hatte scheinbar vor allem etwas gegen seinen Vater, Marlon gegen Dreck und Igraine gegen die Marine, aber das machte sie eigentlich nicht automatisch zu dem, wessen man sie beschuldigte. Sicherlich hatten sie sich bisher nicht unbedingt regelkonform verhalten, aber wer von einem Fetzen Stoff gleich auf solche Umtriebe schloss, der litt doch eindeutig unter Paranoia... Ob er das auch angenommen hätte, hätten sie einen Klovorleger mit einem Totenkopf drauf besessen?

Das wirklich ärgerliche an der Sache war, dass sie auch nicht mit sich reden ließen und ihnen keine Chance ließen, sich mit Worten zu verteidigen. Das wäre Igraine deutlich lieber gewesen, denn eine Niederlage auf verbaler Ebene konnte man immer noch auf die physische herunterbrechen und dort zu triumphieren versuchen. Andersherum stellte es eine größere Herausforderung dar, weil die wenigsten Leute noch mit sich verhandeln ließen, wenn sie einen erst einmal in einem Kampf bezwungen hatte. Sie lieferte sich viel zu ungerne der Barmherzigkeit eines Anderen aus, als dass sie es darauf hätte ankommen lassen. Da sie die verbale Austauschphase allerdings viel zu schnell übersprungen hatte, tat sie das einzig übrig gebliegene: Sie ergriff die Flucht. Ganz im Ernst, sie hatte bereits wegen des Kampfes mit Cook-cook und Marrow Gnawer genug Probleme gehabt, da musste sie jetzt nicht auch noch Aufmerksamkeit auf sich lenken, indem sie sich einen Schlammkampf mit einer zickenden Blondine lieferte, die mit ballistischen Fäusten ausgestattet war. Das waren an sich lustige Gerätschaften, aber Igraine hatte sich nie so wirklich für sie erwärmen können. Das hing wohl damit zusammen, dass man dennoch zumindest sinnvolle Grundlagen im Kampf Mann gegen Mann besitzen musste, um sie sinnvoll einzusetzen, aber die hatte sie nun einmal nicht. Und einmal ganz davon abgesehen, hatte diese Waffe nur sechs Schuss - nach ihrem ersten Schlag sogar nur noch fünf. Das bedeutete, dass sie nur fünfmal ausweichen musste und danach praktisch alle Zeit der Welt hatte, ein Messer in ihrem Magen zu vergraben...

Die erste Schwierigkeit, die sich ihnen stellte, war allerdings die Wahl des Ortes, denn Igraine wollte noch so eine Szene und am Ende noch ein Fest am liebsten vermeiden. Die Dame, die es scheinbar auf sie abgesehen hatte, sah zu allem Überfluss auch noch gut aus, sodass Zuschauer sicherlich große Freude daran hätten, sie dabei zu beobachten, wie sie sich körperlich verausgabte. Wäre Igraine nicht damit beschäftigt, die Beine in die Hand zu nehmen, hätte sie geseufzt, so unangenehm war diese Situation. Unnötigerweise hatte sie auch nicht das Gefühl, dass sie schneller als die Blondine war. Es schien sich ganz im Gegenteil anders herum zu verhalten, obgleich der Unterschied nicht besonders groß war. Diese Tatsache setzte sie so absolut in den Nachteil, dass sie darüber nachdenken sollte, ein paar der unfaireren Tricks auszupacken, denn ansonsten… Sie spürte, wie sie etwas im Rücken traf, keine Munition, sondern etwas größeres, von der Kraft eines Wurfgeschosses vielleicht. Da es sie nicht verletzt zu haben schien, blickte sie über die Schulter und sah etwas Metallisches glänzen, das ihr ungemein bekannt vorkam. Kaum, dass einer ihrer Füße den Boden berührte, drückte sie sich mit aller Kraft ab und versuchte, eine mögliche Zielfläche klein zu halten – zwei Sekunden, ehe die Granate explodierte. Hätte sie nicht realisiert, worum es sich dabei gehandelt hatte, wäre sie nun wahrscheinlich in Stücken von den Wänden zu kratzen, aber so hatte ihr der spontane Waffenwechsel Lilys sogar einen Gefallen getan: Die Blondine hatte genau gewusst, dass sie nicht zu nah an ihre eigene Waffe herantreten konnte, sodass sie den Abstand zwischen ihnen vergrößert hatte. Igraine rappelte sich auf, ein unangenehmes Piepsen im linken Ohr und ließ die Hände in die Taschen gleiten. Na gut. Wenn diese Tusse mit Bomben warf, war eine Verfolgungsjagd vielleicht nicht die beste Idee – aber sie sollte verflucht sein, wenn die Hausschlampe des Vernarbten mit einem innovativeren Arsenal ausgerüstet war, als sie selbst… was waren fünf Schuss schon, wenn sie ins Leere trafen?
 
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