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I. Kapitel: Ein Name der noch Probleme machen wird

Vincent Vega

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Vince warf die Zigarette auf den Boden, drückte sie mit dem Absatz seines Schuhes aus und machte sich auf den Rückweg zu der kleinen Gruppe. Emma hatte scheinbar ihren Hund gefunden und Iljana ein weiteres Opfer dieser Mistkerle. Die Fischmenschendame ließ er erst einmal außer Acht und gesellte sich der gebräunten Dame und ihrer Riesenhündin. „Sieht aus als hätten wir es widererwartens ohne Probleme geschafft ...sobald wir hier draußen sind sorge ich dafür, dass ein Arzt sich Ronja mal ansieht … immerhin das sollte ich noch hinbekommen.“ Er nickte, weniger um auf irgendeine Frage zu antworten als sich selbst zu bestätigen und wollte sich aufmachen zu gehen. „Ich kenne die Frau die für dieses Massaker verantwortlich ist – wir hatten schon ein ums andere Mal Kontakt – und ich weiß, dass wir vor ihr nichts zu befürchten haben … naja, glaube ich zumindest. Trotzdem hätte ich nichts dagegen wenn wir diesen Ort hier endlich verlassen könnten, mir gehen diese unterirdischen Verstecke langsam richtig auf die Nerven …“, erzählte Vincent seelenruhig vor sich hin und vermutlich hätte er auch noch weiter geredet – allerdings wurde er relativ schnell unterbrochen. Sein Blick war zu Iljana und dem Unbekannten gewandert. Erst jetzt realisierte er richtig, dass hier ein Mensch lag der immer noch am Leben war. Sicherlich hatte er ihn auch schon vorher gesehen, jetzt allerdings war erst in seinem Hirn angekommen. Männer brauchten manchmal doch ein wenig länger …
Aber diese Erkenntnis hatte ihn nicht zum Verstummen gebracht, eher die selbstmörderische Tat die der halbtote in genau diesem Moment verübte. Die Hand des Blondschopfs hatten ein Ziel gefunden das für ihn wohl ein Leben lang Tabu bleiben würde. Mit einem einerseits neidvollen, anderseits zweifelnden Blick besah sich Vincent das ganze an. Junge, dachte sich Vince mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen, ich weiß wie verlockend das ist, aber dafür sein Todesurteil unterschreiben? Er verdeckte mit seiner Hand das Lächeln und trat ein paar Schritte zurück. Wer auch immer der Junge war, jetzt gestand Vincent ihm keine lange Lebensdauer mehr zu. Ein Jammer, wo die Freiheit eigentlich schon so nahe schien, immerhin hatte er vor dem Ende seines Lebens einen würdigen Abgang hingelegt …
Moment, der Kerl könnte womöglich ein paar Dinge wissen! Vincent wusste nicht wie lange er bereits in diesem Käfig steckte und mit welchen Drogen man ihn vollgepumpt hatte, aber womöglich würde er sich immer noch an ein paar Sachen erinnern wenn man ein wenig Geduld hatte. Und vielleicht hatte er ja sogar mitangesehen wie diese Kerle hier abgeschlachtet wurden. Im besten Falle hatte er sogar eine Spur die Vincent weiter verfolgen konnte, aber so weit wollte sich der Dunkelhaarige dann doch nicht aus dem Fenster lehnen. Eins nach dem Anderen, wie es so schön hieß.
„Meine Verehrte Miss Rhyswood … ich hoffe Ihnen ist klar, dass wir den werten Herrn lebend brauchen ...“, relativ schnell war er aber wieder ruhig geworden. Ihm waren diese potenziellen Informationen vielleicht wichtig, jedoch nicht so sehr, dass er es riskieren würde von einer wild gewordenen Furie in Stücke gerissen zu werden. Und nachdem was er beobachtet hatte, konnte diese Dame durchaus härter zupacken als eine gewöhnliche Frau – mal davon abgesehen, dass sie allein von ihrer Rasse her auch keine normale Frau mehr war. Deswegen wandte er sich lieber leise an Emma: „Wenn du sie davon abhalten könntest ihm mehr weh zu tun als nötig … wäre ich vermutlich sehr dankbar.“ Emma war eine Frau … er ging davon aus, dass ihr eingreifen weniger tödlich war als wenn er versuchen würde sie von ihm zu lösen.
Zugegeben, andere würden seine Reaktion vielleicht für übertriebene Vorsicht betiteln, allerdings hatte er auch von Iljana eine gehörige Ohrfeige verpasst bekommen. Die Kraft die hinter der schlanken und nicht gerade unansehnlichen Figur steckte kannte er also immerhin schon einmal besser als die meisten Anderen – nun ja, gut, ließ man die armen Schlucker außer Acht, die in den letzten Stunden auf die Fischdame getroffen waren und sich im besten Falle immer noch von ihren Wehwehchen erholten oder im schlimmsten Falle tot waren … trotzdem, in Anbetracht dessen, was der Vega bereits miterlebt hatte musste er sogar davon ausgehen einen Anfall mitzuerleben. Doch auch im schlimmsten Falle konnte er dem etwas gutes abgewinnen: Ihn hatte die Gute dann womöglich erst einmal vergessen ...
 
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Jeder Mensch brauchte seinen Abstand von anderen. Es gab sogar eine psychologische Theorie, die den „persönlichen Raum“ des Menschen definiert hatte. Dieser wurde als der Abstand beschrieben, den eine andere Person haben musste, damit sie nicht als bedrohlich oder unangenehm wahrgenommen wurde. Je nach Bekanntschaftsgrad und Sympathie konnte dieser von weniger als einem Meter bis zu zwei oder mehr davon reichen. Ließ man ein Eindringen in diesen zu, was zum Beispiel durch Umarmungen oder ähnliches geschah, bewies man demjenigen ein gewisses Maß an Vertrauen, denn innerhalb dieses Raumes war man rein gefühlstechnisch in Sicherheit, wenn er denn in Ruhe gelassen wurde. Normalerweise betrug der persönliche Raum einer Person, bezogen auf vollkommen Fremde, einen bis eineinhalb Meter – Iljanas war ungefähr doppelt so groß. Wenn das denn mal reichte. Sie betrachtete es als unschön, wenn man ihr, statt einfach mit ihr zu reden, eine Hand auf den Arm legte oder sie an der Schulter berührtem, weil sie es einfach unangenehm fand, wenn man auf so dreiste Weise in ihre Privatsphäre eindrang. Es hatte immerhin Vorteile, dass sowohl Menschen, als auch ihre fischigen Artverwandten, eine gemeinsame Sprache sprachen, da konnte man doch auf unnötig viel Körperkontakt verzichten, oder? Normalerweise blockte sie solche Bemühungen ab, indem sie sich einfach etwas weiter entfernte, aber in diesem Fall hatte sie sich ja nichts Böses dabei gedacht. Der Mann, den sie aus dem Käfig gezogen hatte, sah sowieso halb tot aus, der konnte doch nichts tun, was sie auf die Palme brachte, hatte sie gedacht… tja, offenbar hatte sie nicht mit der Macht des Zufalls und nicht mit der beinahe unmöglichen Präzision von Männern gerechnet. Da nuschelte der große Blonde irgendetwas davon, dass sie ihn doch loslassen möge – gern geschehen, da legte sie wirklich nicht viel Wert drauf – und tastete dann mit seinen Händen um sich, was in Anbetracht seines Zustandes vollkommen normal und sicherlich nicht böse gemeint war, aber als er es dann schaffte, eine besagter Hände ziemlich treffsicher an eine Stelle zu verpflanzen, die so dermaßen tabu für ihn war, betätigte er damit eine Spülung, die solche rationalen Gedanken aus ihrem Kopf fegte und reflexartig ihr Gehirn umschiffte, sodass sofort Reizweiterleitung zu ihrem Arm erfolgte und der arme, arme Mann einen aquamarinblauen Schwertknauf mit Schmackes in die Weichteile bekam, während sie ein empörtes Geräusch ausstieß, das vor allem deswegen sehr komisch klang, weil es nicht nur aus ihrem Mund, sondern scheinbar aus den Kiemenspalten an ihrer Seite kam. Erst danach drangen die Worte des Dunkelhaarigen zu ihr durch, sie möge ihn doch heil lassen, immerhin hatte sie schneller reagiert, als irgendjemand hätte eingreifen können. Immerhin bewahrte Vincent den Blonden – dessen Bewusstseinszustand nun wohl eindeutig angezweifelt werden musste – davor, die andere Seite eines ihrer Schwerter zu spüren, denn er erklärte, sie bräuchten ihn lebendig. Wäre sie nun ein wenig extrovertierter und schlagfertiger gewesen, hätte sie vielleicht gefragt, ob sie „ihn“ oder nur diese Person, unabhängig vom Geschlecht, brauchten, aber so schüttelte sie sich nur angewidert, verpasste ihm einen unsanften Tritt gegen den Oberarm und richtete sich kerzengerade auf. Die Hakenschwerter befestigte sie wieder an dem extra dafür vorgesehenen Gürtel, ehe sie sich überlegte, ob sie nach dieser Angelegenheit vielleicht nach Hause gehen sollte. Schließlich entschied sie sich jedoch dagegen und gesellte sich zu Emma, die ihren Hund im Arm hielt. „Wie geht es Ronja?“, fragte sie mit freundlicher, wenn auch ein wenig abwesender Stimme, die ganz bestimmt nicht nach einer Frau klang, die gerade ernsthaft in Erwägung gezogen hatte, einem Wehrlosen zu einer garantiert kinderfreien Zukunft zu verhelfen. Hoffentlich mussten sie sich nicht noch länger mit dem Blonden auseinander setzen, denn wer schon solch einen Start bei ihr hinlegte, der würde doch ganz bestimmt ein einziges Ärgernis werden. Wahrscheinlich war das wirklich nur Zufall und keine Absicht gewesen, dümpelte es durch ihren Kopf, aber es war doch mal wieder typisch Mann… nicht mal richtig reden, konnte er, aber treffsicher Dinge treffen, die weit außerhalb seiner Liga lagen. Wirklich…
 

Emma Flanka

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Im Moment war Emma wieder ziemlich glücklich und jegliche Anspannung von zuvor wurde erst einmal ausgeblendet. Natürlich war dieser Gemütszustand noch deutlich weiter ins Positive steigerbar, doch das war nun schon ein guter Anfang gewesen. Nun wo sie wusste, dass Ronja einigermaßen in Ordnung war und sie ihre Freundin wieder beschützen konnte, schien alles gleich in einem ganz anderen Licht zu erstrahlen. Da war selbst diese kleine große Hölle hier unten nicht mehr so schlimm wie vor noch wenigen Minuten. Allerdings könnte es ihr natürlich auch noch deutlich besser gehen, wenn Ronja wieder auf die Beine kam und es ihr besser ging. Zumindest zeigte die schlappe Hündin schon wieder mehr Lebenszeichen, indem sie leise vor Freude winselte und sich in den Armen der Amazone schwanzwedelnd ihres Wiedersehens erfreute.
Nun wo alles wieder besser zu sein schien und die dreckige Hündin langsam auf die Beine kam, bemerkte Emma auch wieder allmählich was um sie herum geschah. Sie hörte, dass Iljana mit einer anderen Person sprach und drehte sich nach der Fischfrau um, welche über einem blonden Mann hockte, der auch mehr tot als lebendig wirkte. Nichtsdestotrotz gab er aber schon wenige Sekunden später ein Lebenszeichen von sich und bat darum ihm loszulassen, was er mit einer etwas merkwürdigen Geste zu bekräftigen versuchte. Emma wusste nicht in welchem Teil dieser Gesellschaft es üblich war einer Frau an die unnötigen Fettpolster im Brustbereich zu fassen, um seiner Aussage Nachdruck zu verleihen, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass dies nicht sonderlich üblich war. Sie selbst hätte vermutlich weniger schockiert reagiert… Vermutlich wäre er verstörter gewesen als sie… Es war nicht unbedingt üblich muskulöse Frauen an solchen Stellen abzutasten… Wie dem auch sei! Nun kam nämlich Vincent auf Emma zu und warf einen Blick auf Ronja. Diese Tat wusste das Mädchen sogar sehr zu schätzen. Dass er sich doch um die Hündin irgendwie zu sorgen schien, machte ein wenig die Wut auf den Bärtigen wett. Auch dass er anbot sie in ärztliche Hilfe geben zu lassen, ließ das kognitiv eingeschränkte Mädchen ihren Zorn von zuvor erst einmal völlig ausblenden. Glücklich strahlend sah sie den Mann an und sagte nur knapp: »Danke.« Nun war sie auch wieder so bei der Sache, dass sie neben der Beruhigung der Hündin dem Mann wieder zuhören konnte. Er kannte die Person, die für diese Dinge verantwortlich war? In der Regel wollte sich Ronja gern bei ihr dafür revanchieren, doch sie hatte das Gefühl, dass sie das nur in noch mehr Ärger bringen würde, also klemmte sie sich jeden bissigen Kommentar dazu…
Und aus der anderen Ecke hörte man nun ein merkwürdiges Geräusch in Folge der Reaktion der Fischfrau, die dem Mann daraufhin offenbar eine Lektion erteilte. Verwirrt blinzelte Emma, weil sie diese Art von Reaktion nicht so ganz verstand. Menschen die am Boden lagen noch in eine so empfindliche Stelle zu schlagen war… Fies. Auf der anderen Seite hatte sie das Gefühl, dass es irgendwie gerechtfertigt war… Warum auch immer. Sie hörte Vincent, wie er darum bat den Mann nicht zu töten. Das wäre auch Emmas Meinung nach ein wenig zu weit gegriffen oder? Es ging jedoch noch weiter, als er der Amazone leise zukommen ließ, dass sie Iljana vor falschen Schritten bewahren sollte. Allerdings hatte die Hohlbirne ein ziemlich großes Vertrauen in die Fischfrau und sagte daraufhin ziemlich locker: »Sie weiß was sie tut. Da bin ich mir sicher.« Und wieder grinste sie ein wenig dümmlich. Vermutlich war sie ein wenig von ihren Glückshormonen übermannt worden, aber hey immerhin hatte sie ja auch Recht damit! Denn die Fischfrau ließ den Mann nach relativ wenigen Schlägen wieder allein und kam zu Emma, um sich nach der Hündin zu erkundigen. Glücklich grinsend drehte sich die starke Frau zu der freundlichen Dame und sagte: »Ich vermute, dass sie ihr ziemlich zugesetzt haben, aber Ronja ist stark und kommt bestimmt bald wieder auf die Beine.« Da konnte man sich ziemlich sicher sein, denn Emma ließ sie nun wieder los und führte die Hündin vorsichtig aus dem Käfig heraus. Und wie sie wieder auf ihren Beinen stand. Wenn auch ein wenig wackelig und träge, aber Ronja schien wenigstens reisebereit zu sein. Nur dreckig war sie ganz schön… Da müsste Emma noch etwas gegen tun… Nun blickte sie leicht nachdenklich zu dem blonden Mann, welcher sicher noch mit den Folgen seiner Handlungen zu kämpfen hatte. Fast nebensächlich zeigte sie mit dem Daumen auf sie und blickte in Richtung der Gruppe. »Soll ich den mit raustragen? Hier unten ist nicht der beste Ort, um wieder zu sich zu kommen, oder?« Zwar störte sie das Schicksal des Mannes nicht allzu sehr, doch hatte sie ein wenig Mitleid mit ihm, wenn er hier allein unten bleiben sollte. Was wenn die Frau wiederkam und ihn so sah? Da konnte man ihn doch nicht lassen, oder? Emma hätte kein Problem damit ihn rauszutragen… Aber sollte sie das tun?
 

Jet Atlas

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Mit dem Bedauern ist es bekanntermaßen eine merkwürdige Sache. Mal tat man es sofort, mal zu spät und mal, wenn man es allgemeinhin für unbedingt angebracht hielt, tat man es mitunter gar nicht. Auch weil es dem eigenen, subjektiven Empfinden nach zu den gerne oder weniger gerne unternommenen Dingen gehörte. Manchmal tat man es sogar aus einem ganz anderem Anlass, als den, den man eigentlich hätte erwarten können. So zum Beispiel in Jets Fall. Ein zweifellos großer Teil seiner männlichen Geschlechtsgenossen bedauerte es vielleicht nicht an seiner Stelle gewesen zu sein oder das die Chance, die Sache etwas intensiver auszukosten so leichtfertig vertan wurde. Bärbeißige Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts andererseits könnten es bedauern, dass er viel zu glimpflich aus dieser Sache herauskam. Ein relativ großer Teil seines Körpers – auf diese Behauptung legt er gesteigerten Wert – bedauerte es gerade akut, nicht spontan einen Positionswechsel vollführen zu können und daher allzu leicht angreifbar zu sein. Jet selbst bedauerte vor allem eines: das die Taubheit, die seinen Körper mal mehr, mal weniger stark gelähmt hatte, im absolut falschesten aller falschen Momente wich. Ein solch miserables Timing hatten solch nur Unannehmlichkeiten wie Schulaufgaben, Zahnarzttermine oder Schwiegermütter. Jetzt und hier aber sorgte eben dieses miese Timing dafür, dass er vorerst keine Gedanken mehr an zwischenmenschliche Vergnügungen verschwenden würde. Wenigstens nicht die nächsten fünf Minuten lang..
Was war passiert? Seine Hand hatte unbeabsichtigterweise – schon allein sein Geschlecht würde verhindern, dass ihm das jemals jemand glauben würde – die Hand an eine sehr private Stelle des weiblichen Körpers gefunden und in seiner vermeintlichen Befreierin eine reflexartige, amazonenhafte Reaktion ausgelöst, auf die hin sie ihm einen Gegenstand von unangenehmer Härte mit brutal übertriebener Gewalt in die Heimstätte des besten Kumpels eines jeden Mannes rammte. Autsch! Entgegen dem allgemeinen Glauben hin, quietschte er nicht auf wie ein Poptitan, der das noch als Gesang verkaufen konnte. Für solch Spaß hatte er auch gar keine Zeit. Ein lautes „OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOUCH!“ entwich ihm gerade noch, ehe sich sein ganzer Körper zu verkrampfen schien und um die getroffene Stelle zusammenzog. Wie ein brutal gefoulter Sportler – nur mit tatsächlichen Schmerzen - krümmte er sich hin und her, während es ihm die Tränen in die Augen trieb. Sein folgendes Stöhnen und Jammern erweckte leider keinerlei Mitleid. Stattdessen trat man ihm noch unhöflich gegen den Oberarm, was trotz des weitaus geringeren Schmerzes keinen Anklang bei ihm fand. Die Augen konnte er dank der wirklich brutalen Schmerzen und der sie verklebenden Tränen kaum öffnen, also sah er nicht wen er da anschreien wollte. „WAS LÄUFT DENN BEI DIR NICHT RICHTIG?“ Zu seinem Ärger aber wurde er scheinbar ignoriert. Er hörte Leute reden, verstand aber aufgrund der endlosen Flüche, die er ausstieß, kein einziges Wort. Die Welt hatte wirklich jeden Anstand verloren. Erst sperrte man ihn ein, dann quietschte man herum wie blöd, tatschte ihn beim Befreien an und hatte auch noch die Frechheit ihm einen Tiefschlag zu verpassen. Wo waren die guten alten Zeiten hin? Man wurde gehängt, gevierteilt, gesteinigt, mit den Gliedmaßen an Pferde gebunden, der Hexerei wegen verbrannt, bis zum Zerreißen in die Länge gezogen, ins Fegefeuer verdammt, mit Federn bekloppt gekitzelt, in Folterkammern gesperrt, ausgepeitscht bis man mehr Streifen hatte als ein Tiger.. das alles hatte Stil und Klasse. Aber spätestens wenn man jemand ungerechtfertigt in die Weichteile trat, ging das sowas von entschieden zu weit. Als sein Zustand halbwegs erträglich wurde, taste er mit einer Hand, die andere musste weiterhin sein Allerheiligstes schützen, nach seiner Waffe. Es dauerte länger als es ihn hätte stolz machen können bis er ihr Fehlen realisierte. Noch immer auf dem Boden kauernd, machte er die typische Geste für die nächstbeste Idee aus der misslichen Lage zu kommen. Da er dafür beide Hände brauchte, rollte er sich schutzsuchend auf den Bauch. „Auszeit..!“ Er atmete durch und fuhr sich durchs Gesicht um wieder klar sehen zu können. „Halbzeit! Parlez! Stop! Oder worauf ihr Irren auch sonst immer hört.“
 

Vincent Vega

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Vincent hatte bereits einige Menschen in seinem Leben getroffen. Einige davon hatte er – man möge es kaum glauben – gern gehabt, andere wiederum waren ihm unsympathisch gewesen. Die wenigsten befanden sich irgendwo in der Mitte. Als Beispiele für dafür dienten Iljana und Emma. Er kannte sie noch nicht gut genug um sie in die ein oder andere Kategorie einzuordnen. Was Jet betraf, da hatte der Dunkelhaarige das ungute Gefühl die Beiden würden sich nie mögen. Warum er so fühlte? Vince konnte es sich selbst nicht so ganz erklären, vielleicht weil er die Schmerzensschreie des jungen Mannes eher nervig als bemitleidenswert empfand.Er schüttelte leicht den Kopf und meinte nur: „Ich habe mich geirrt … es hätte ruhig noch härter sein können.“ Eine weitere Zigarette fand Zielsicher den Weg in seinen Mund – Junge, rauchte er heute schon wieder viel und der Tag hatte eigentlich erst angefangen – und packte seine Streichhölzer aus. Ronja ging es gut, das war ja ganz nett, aber die einzige Person, die Vincent befragen konnte, war dafür tot und deswegen konnte er sich nicht gänzlich auf die Rettung des übergroßen Plüschtieres freuen. Und die einzige Quelle an Informationen lag am Boden und bemitleidete die Behandlung seiner Kronjuwelen – der Tag wurde zunehmend beschissener, um es immer noch freundlich auszudrücken. Auf Emmas Frage hin ob sie ihn raus tragen solle wollte Vincent gerade mit einem „Ja“ antworten, als sich der Blondschopf aufrappelte und anfing sich zu Wort zu melden. Wurde ja auch mal Zeit.
„Komm runter Blondie“, murmelte Vincenzo nach einem tiefen Atemzug des wohltuenden Rauches. Mit verschränkten Armen und einem skeptischen Blick musterte er den Jüngeren vor sich. Er wusste immer noch nicht warum, aber der Kerl war ihm irgendwie immer noch nicht so ganz geheuer. Womöglich war Vincent neidisch, weil er an der Fischdame bereits ein Körperteil in den Händen hatte, zu denen er noch nicht vorgedrungen war, vielleicht lag es auch nur an dem wenigen an Worten, die Jet bis jetzt gewechselt hatte. Es bestand auch die Chance, dass es einfach seine Intuition war, welche ihn davor warnte, dass es sich bei dem Kerl um einen Mistkerl handeln musste. Welche dieser Erklärungen auch letztlich die richtige war: Fakt war, dass er in Jet momentan nur eine mögliche Informationsquelle sah, einer der Gründe, warum Vincent es erst billigte, dass Iljana ihn ohne Weiteres aus dem Käfig befreit hatte. „Für einen Kerl der Frauen begrapscht und eben noch wie ein kümmerlicher Haufen am Boden herum rollte ist es fast schon anmaßend uns als Irre zu bezeichnen – aber das nur vorweg.“ Er warf den letzten Rest seiner Zigarette in eine der dunklen Ecken und wandte sich an seine beiden Begleiterinnen. „Also von mir aus könnten wir diesen Ort so langsam verlassen … er ist mir ein wenig zu feucht und modrig um mich wohlzufühlen.“
Außerdem wollte Vincent nicht mehr anwesend sein, wenn die Leichen begannen zu faulen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die Erschöpfung und der wenige Schlaf so langsam seinen Tribut zollte. Es war fast schon belustigend. Genau so was hatte sich der Vega eigentlich gewünscht. Abwechslung und ein wenig Spannung und jetzt war er wieder kurz davor, sich deswegen zu beschweren. Sobald der Adrenalin nicht mehr war und die Muskeln anfingen sich für ihre vorherige Überanstrengung zu beschweren, kam der Punkt, wo man dann doch anfing, sich nach einem kurzen Moment der Ruhe und Entspannung zu sehnen. Außerdem hörte er in dem Inneren seines Schädels wieder dieses höhnische Lachen. Diese Umgebung tat seiner Psyche wirklich nicht gut und er war froh wenn er sich endlich wieder in seinem kleinen Zimmer befand und sich einen Drink gönnen konnte. Für die nächste Zeit hatte er mit dieser ganzen Angelegenheit erst einmal genug Spannung und Action gehabt. „Ach übrigens … den nehmen wir mit, es gibt ein paar Dinge die wir zu einem späteren Zeitpunkt klären sollten ...“ Er beließ es dabei und gab sich nicht die Mühe das Ganze weiter auszuleuchten. Mit seiner verfügbaren Hand ging er sich durchs Haar und versuchte irgendwie die Stimme Samsas wieder los zu werden.
 
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Ja, was lief nur bei Iljana falsch, dass sie dem erstbesten Grabscher in die Weichteile schlug? Um genau zu sein, war sie der Meinung, dass eher bei dem Blonden etwas schief lief, da man im Allgemeinen einer Fremden zur Begrüßung nicht gleich an die Brust fasste - vor allem nicht, wenn sie einen aus einem Käfig befreit hatte. Das sparte man sich doch eher für bestimmte Gewerbe in langwelligen Lichtbereichen auf, mit denen gerade die Fischdame nicht in Verbindung gebracht werden wollte. Insofern war sie eigentlich der Meinung, dass sie ihm auch ganz legitim hätte die Klinge dort reinrammen können, statt sich auf den zwar schmerzhaft harten, aber ansonsten doch eher harmlosen Knauf zu beschränken und fühlte sich bei seinem Aufschrei nicht besonders schuldig. Seine Worte, die die kleine Gruppe als Irre abstempelten, ignorierte sie, weil sie ihm im Bezug auf mindestens eine Person komplett recht gab, ihre eigene Zugehörigkeit zu diesen Leuten aber eh abstritt. Juchu, sie hatten zusammen nach einem Hund gesucht, aber das machte sie nicht gleich zu einer Gruppe... es sei denn sie nannte sich "Hunderettungsmannschaft" oder "Vierbeinerfreunde auf Gangsterjagd" - was wiederum mehr als albern gewesen wäre und besser in ein Kinderbuch gepasst hätte. Zusammen mit dem Blonden wären sie dann die fünf Freunde... wobei die einzige Person, die Iljana tatsächlich nett fand, die Halterin des Hundes war. Dieses Tier an sich gefiel ihr auch, aber das lag wohl vor allem daran, dass es friedlich erschien; Emma dagegen kam ihr zwar ein wenig dumm, aber immerhin freundlich vor. Bei nicht besonders intelligenten Menschen, neigte sie eher dazu, nicht anzunehmen, dass sie sich gegen sie verschworen, auch wenn Dummheit keine Garantie für positive Gesinnung war. Sie hatte in ihrem bisherigen Leben schon so viele strohdoofe Menschen kennen gelernt, dass sie sich nicht einer solchen Illusion hingeben würde. Das einzige, was ihrer Meinung nach stimmte, war die Aussage, dass die intelligenten Bösen gefährlicher als ihre dummen Äquivalente waren, doch das war eigentlich selbstverständlich. "Du solltest lieber froh sein, dass das nur der Knauf war.", meinte sie mit gesetzter, langsamer Stimme, die dennoch einge Spitzen aufweisen konnte, ehe sie die Augen schloss und gleichzeitig die Augenbrauen hob, "Oder ist es da wo du herkommst Gang und Gebe, Frauen so zu begrüßen?" Wenn ja, musste sich dieser Vincent einen anderen Informanten besorgen, fürchtete sie, denn dann musste sie ihn vielleicht doch umbringen. Nicht, dass sie ein brutaler Fischmensch wäre, aber manche Dinge waren einfach nicht tolerierbar.
Da sie eigentlich recht froh darüber gewesen wäre, diesen Mann einfach hier zu lassen - er würde den Weg nach draußen wohl selbst finden können - fand sie die Worte des Braunhaarigen nicht nur empörend, sondern auch ärgerlich, weil er zwei kleine Fehlerchen machte: Erstens redete er von einem "wir", das es ihrer Meinung nicht gab und zweitens gab er Befehle... albern. Sie war sich sicher, dass sie diesen Kerl in die Pfanne hauen könnte, wenn sie es wollte, warum also sollte er auf ihn hören oder so? Sie selbst war hier auch ansässig, selbst wenn sie vorhatte, das irgendwann zu ändern, also hatte er ihr nicht besonders viel voraus. Nun ja, er konnte wahrscheinlich lesen, aber das war nun auch wirklich nicht unbedingt notwendig, oder? "Wenn du ihn mitnehmen willst, nimm ihn selbst mit~", war ihr einziger Kommentar, der Jet recht schnell auf eine Art Haustier herunterstufte, bevor sie zu Ronja blickte und sich vornahm, dass sie Emma dabei helfen würde, die Hündin zu waschen. Allerdings war das mit dem Anfassen immer so eine Sache, wenngleich sie das wohl hinbekommen sollte, wenn sie sich erst einmal tüchtig waschen würde. Was Vincent und Jet derweil miteinander taten, war ihr egal, selbst wenn es darin enden würde, dass sie knutschend in der Ecke lagen... um genau zu sein würde ihr das wahrscheinlich sogar gefallen, weil sie damit in Sicherheit war. Man musste immerhin auch an sich selbst denken. "Ich helfe dir dabei, Ronja sauber zu machen, wenn wir irgendwo sind, wo das geht."
 

Emma Flanka

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Was machten sie nun mit diesem Typen? Ganz im Gegensatz zu Iljana hatte Emma momentan nicht so ein großes Problem mit dem Wort „wir“. Sie waren in diese ganze Sache immerhin als eine etwas merkwürdige Art von einer Truppe hereingekommen, also waren sie so lange „wir“ bis sich ihre Wege wieder trennten. Dementsprechend hatte sie diese Frage in den Raum gestellt, weil sie selbst nicht wusste, welche Entscheidung man in einem solchen Fall fällte. Sie stand vor dem Blonden und beobachtete, wie er sich vor Schmerzen krümmte und herumbrüllte. Wegen solchen Kleinigkeiten machte der hier so ein Theater? Naja, vielleicht war er ja schon ziemlich angeschlagen gewesen, oder halt… Emma erinnerte sich an ihre eigene sadistische Ader, die sie gern bei ihrem Bruder auslebte. Da gab es diese eine Stelle, bei der man ihn auch so zum Schreien bringen konnte. Da hatte Ijana aber gut gezielt! Aber gerade entwickelte Emma auch automatisch und absolut unterbewusst ein wenig mehr Mitgefühl für den fremden, blonden Mann. Weshalb? Es erinnerte sie doch sehr an ihren Bruder, wie er da so lag und winselte. Da bekam man schon einmal ein bisschen Mitgefühl oder sogar einen leichten Mutterkomplex? Fraglich war, ob man so etwas von der Amazone entgegennehmen wollte? Und wie er da nun schutzsuchend lag und nach einer Auszeit winselte… Das klang schon fast wie Finn! Ronja setzte sich noch einmal auf ihren Allerwertesten und schien still das Szenario zu beobachten, während ihre Freundin Emma gerade näher an den Blonden herantrat. Sein Bewusstsein schien er ja wieder zu haben, aber ob er wohl noch Hilfe brauchte, um hier herauszukommen?
Als sie sich dem Mann gerade etwas mehr widmen wollte, hörte sie die überhebliche Stimme von Vincent hinter sich, der gerade nicht besonders löbliche Töne von sich gab. Dass er in seiner Position nicht unbedingt die große Klappe haben sollte, weil er selbst schon von Iljana mit Leichtigkeit niedergerungen werden konnte, schien er völlig aus den Augen zu verlieren. Nur weil er hier gerade stand, hieß das noch lange nicht, dass man sich über andere so erheben musste! Das gefiel Emma gar nicht… Vor allem, da er gerade sicher ohnehin sagen konnte was er wollte, denn die Amazone hatte zu viel Mitgefühl mit dem Blonden, dafür dass er ein Fremder war. Was dann noch folgte, war quasi nur noch die Krönung, die Emma richtig zornig stimmte. Was Iljana sagte, dass er ihn doch selbst mitnehmen sollte, wenn er das wollte, konnte sie ja noch nachvollziehen, auch wenn es ihr nicht besonders gefiel. Sie schien den Blonden nicht sonderlich zu mögen, was nach seiner Aktion leicht nachvollziehbar war, und ließ sich sicher keine Befehle von Vincent geben… Ihr Zorn war von einer ganz anderen Wortwahl aufgezogen! »Meinst du nicht, dass man Menschen, die bei Bewusstsein sind, irgendwann auch mal nach ihrer eigenen Meinung fragen sollte?!«, fuhr sie Vincent sauer an. »Erstens bin weder ich, noch sonst jemand hier, dein Sklave, der deine Wünsche erfüllt, klar?! Wenn du etwas willst, dann mach es selbst oder lern ordentlich danach zu fragen! Und zweitens kannst du nicht einfach über den freien Willen eines anderen hinweg entscheiden!« Sie pausierte kurz und trat noch näher an den Blonden heran, um ihm die Hand zu bieten, falls er Hilfe beim Aufstehen brauchte. »Wenn du so etwas tust, bist du genauso widerlich wie die Menschen, die anderen so etwas antun. Und wenn es dir hier nicht gefällt, dann verpiss dich allein!«, richtete sie noch an den anderen Mann, bevor sie den Blonden dann direkt ansah. Jetzt mal ehrlich! Was hatte Vincent hier schon Glorreiches getan, dass er sich eine solche Respektlosigkeit erlauben konnte? Wenn überhaupt, dann war sein Freund von der Kneipe hier hilfreich gewesen. Die ganze Zeit war er doch nur blöd daneben gelaufen, hatte dummes Zeug erzählt und eine große Klappe gehabt. Egal ob er sich um Ronja kümmern wollte oder nicht, von jemandem der so wenig Respekt vor dem Leben anderer hatte, wollte sie keine Hilfe mehr annehmen! »Ich hoffe deine Schmerzen gehen bald vorbei. Soll ich dir hier heraushelfen, oder kommst du allein auf die Beine?«, versuchte sie bemüht freundlich zu fragen. So gut es ihr in ihrer Rage möglich war… Dann drehte sie sich kurz zu Iljana und entgegnete auch ihr bemüht freundlich: »Vielen Dank, die Hilfe nehme ich gern an und Ronja sicher auch!« Und nun? Was auch immer. Emma war ganz schön angefressen von diesem ganzen Zeug, in das sie da hineingeraten war. Sie war doch so unschuldig!
 

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Abgesehen davon das ihn jemand aus dem Käfig geholt hatte, war lediglich die Tatsache, dass er nicht umgehend um sein Leben kämpfen musste sympathisch am ihm unbekannten Teil der Anwesenheitsliste. Als der wirklich fiese Schmerz langsam abzuklingen begann, setzte er sich auf und klopfte erst einmal seelenruhig jeglichen Staub und anderweitigen Dreck von den Klamotten. Nicht um irgendwie einen guten Eindruck zu machen, dafür fehlte das Interesse am gegenwärtigen Umfeld, sondern schlicht aus Prinzip und vielleicht war es auch ein kleiner Tick. Fing man damit an wie ein Schmutzfink herumzulaufen, konnte man sich das Einkleiden eigentlich komplett sparen, was in den seltensten Fällen für große Augen in der Umgebung sorgte. Automatisch glitt seine linke Hand in die Hosentasche und fand: nichts. Natürlich hatte man ihm sein Hab und Gut weggenommen. Das gehörte nach allgemeinem Verständnis ja zum ein-mal-eins bei Gefangennahmen. Aber einen Mann seiner Zigaretten berauben.. das war geradezu barbarisch. Vorrangiges Ziel musste es also sein seine Habseligkeiten wiederzuerlangen.

Komm runter, Blondie“, hörte er eine Männerstimme sagen. Blondie? Aufmerksam und gleichzeitig ob des dümmlich dummen Spruches geringfügig verärgert sah er sich um und hob letztlich dann doch nur leicht eine seiner Augenbrauen als er sich der eigenwilligen Gruppe gewiss wurde, die ihn hier umgab. Zuerst war da der Kerl zu dem die Stimme gehörte. Dieser sah in etwa so unsympathisch und unlustig aus wie er klang. Traurigerweise bewies die unübersehbare Tatsache, dass er über Zigaretten verfügte die Ungerechtigkeit dieser Welt. Ein ärgerliches Schnauben entglitt Jet, der sich aktiv bemühte den dämlichen Spruch und im weiteren Sinne auch Baron von und zu Gesichtselfmeter von nun an zu ignorieren. Die zweite Figur des Trupps war eine erstaunlich kräftig gebaute junge Frau, die noch zudem relativ groß für ihr Geschlecht und von einem leicht dunkleren Hauttyp war. Er bedauerte es so gar nicht, dass sie sich lieber einem übergroßen Hundevieh widmete als ihm. Wenigstens plärrte sie keine witzlosen Sprüche in die Runde, was zumindest einen Sympathiepunkt garantierte. Fast aber am interessantesten war die letzte Person der Runde. Bei dieser handelte es sich um eine Fischmenschenfrau, die sich nahezu exakt für die richtige Menge an Körperbekleidung entschieden hatte. Ungünstigerweise schien sie zwar Notiz von ihm zu nehmen, hatte aber einen Blick aufgesetzt, der ihm irgendwie wenig wünschenswert schien. „Für einen Kerl der Frauen begrapscht und eben noch wie ein kümmerlicher Haufen am Boden herum rollte ist es fast schon anmaßend uns als Irre zu bezeichnen – aber das nur vorweg.“ Unwillkürlich drehte er den Kopf schon wieder zu dem Nervling hinter ihm. Der Ärger wich aber rasch der Erkenntnis und beinahe war ihm so, als hätte er den Groschen hören können. Seine Hand fuhr schützend vor sein Gemächt. Du solltest lieber froh sein, dass das nur der Knauf war. Oder ist es da wo du herkommst Gang und Gebe, Frauen so zu begrüßen? Ausdruckslos sah er sie an. Eine solche harmlose Belanglosigkeit hatte sie zu diesem Akt der Gewalt verführt?! Weiber.. Es war sicher nicht zu seinen Ungunsten, dass er sich einen Kommentar verkniff. Nicht das es ihm leichtfiel, aber die Attacke von zuvor war noch sehr frisch in seinem Gedächtnis und nichts in ihm verlangte nach einer Wiederholung. Fast gut, dass sie ihr Empfinden so unmissverständlich auf schmerzhaftem Wege kundgetan hatte. Wenn er sich an sein Talent für das Missverstehen anderer bedachte entsann, hätte der Schaden definitiv größer ausfallen können.
Egal. Wer auch immer diese Leute waren, sie spielten keine Rolle mehr. Angreifen wollten sie offensichtlich nicht und für lange Gespräche hatte er weder Zeit noch Nerven. Wenn er nur seine Sachen irgendwo sehen könnte. Ach übrigens … den nehmen wir mit, es gibt ein paar Dinge die wir zu einem späteren Zeitpunkt klären sollten ...“ Schon wieder drehte sich Jet gegen sein eigentliches Vorhaben um und sah den anderen Kerl verständnislos an, während sich sein Körper versteifte und die Fäuste ballte. Vielleicht sollte seine Faust ihm auf typisch freundliche Art und Weise zeigen, wer hier wen mitnahm. Bevor er sich aber äußern konnte, fielen ihm die beiden Damen ins Wort, die offenbar genauso wenig für diesen Befehl übrig hatten wie Jet. Wirklich hilfreich erwies sich aber nur die Hundedame. Ihre Ausdrucksweise klang irgendwie kindlich, ja, aber im Kern hatte sie recht und machte sich für den Moment bei ihm beliebter. „Ich komme zurecht.“, antwortete er auf ihre Frage. Des Stolzes wegen übersah er ihre Hand und erhob sich von selbst. Es war dringend an der Zeit diesen Ort und diese Gruppe zu verlassen. Auf ihn warteten wichtigere Dinge. „Ihr könnt euch wieder um eure Dinge kümmern.“ Er ging auf einen Haufen Gerümpel zu und begann nach seinen Sachen zu wühlen, ohne darauf zu achten was der Rest tat oder sprach. Überraschenderweise fand er nahezu alles, seinen Rucksack samt Inhalt, die Werkzeuge, ja sogar seine geliebte Waffe. Und zwei Zigaretten hatte er auch noch über. Trotzdem blieb das unruhige Gefühl, dass etwas fehlte. Sorgfältig verstaute er alles und tastete dann nochmal überprüfend alles ab. Augenscheinlich war alles in Ordnung und doch, etwas nagte an ihm. Nachdenklich wandte er sich um und blickte in die Runde. Nein, so konnte er nicht denken. Glücklicherweise hatte er ja seine Not.. Wie auf Knopfdruck wich die Farbe aus seinem Gesicht. Das Notizbuch. VERDAMMTER MIST! Dem Ausbruch blinder Wut folgend, donnerte seine Faust auf einen nahestehenden Holztisch und durch diesen hindurch. Sein noch nicht gänzlich erholter Körper musste erstmal durchatmen, aber seine Augen durchsuchten den Raum nach irgendwelchen Hinweisen, die sich ja netterweise hätten auftun können. Leider, leider schien sich nur eine Spur anzubieten und die war nicht erfreulich. „Okay.. ich habe keine Ahnung wer ihr seid oder was ihr hier wollt. Aber wenn ich das richtig verstanden habe, habt ihr Fragen. Und ich auch.“ Obwohl er beim Sprechen den Möchtegern-Boss fixierte, schlenderte er lieber hinüber zur Hundefrau und ihrem übergroßen Haustier. Abgesehen von seiner selbst machten die beiden immer noch den erträglichsten Eindruck hier. Wobei das bei dem Tier wohl nur daran liegen mochte, dass es derzeit angenehm still war.
 
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Vincent Vega

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Es war herrlich diese Stimmungswechsel jedes Mal aufs Neue mit zu erleben. Vince sagte etwas und kurz darauf hatten sich beide Damen darauf hoch geritten und gifteten ihn an. Haben scheinbar beide simultan ihre Tage, dachte sich Vincenzo und versuchte die Arme so weit zu verschränken, wie es ihm die Wunde erlaubte. Harveye war die gesamte Zeit im Hintergrund geblieben und schien weiterhin lieber das Szenario von den Tribünen aus beobachten zu wollen. Der Vega war ein wenig verärgert darüber, eigentlich hätte er gedacht, der Alte würde ihm ein wenig unterstützen, immerhin kannten sie sich mittlerweile recht gut. Und jetzt lies er den Dunkelhaarigen einfach auflaufen. Was sollte Vincent davon halten? Er knirschte ein wenig mit dem Zähnen, als er den Worten Emmas lauschte,Unterdrückte jedoch den inneren Drang etwas darauf zu erwidern. Er fühlte sich in seinem Stolz gekränkt, aber jetzt darauf einzugehen würde ihn sicher nicht besser dastehen lassen. Manchmal wusste selbst er, wann man am Besten den Mund halten und andere ihren Kram erzählen lassen sollte. Stattdessen atmete er Tief ein. Tut mir wirklich Leid, bin ich ein so großes Arschloch? Tja, dumm gelaufen. Ich habe jedoch jegliches Recht darauf, immerhin wurde ich heute aufgespießt. Und darüber hinaus bezweifle ich ob deine kunterbunte Flauschwelt so viele Höhen und Tiefen besitzt wie meine, als lass mich gefälligst in Ruhe mit irgendwelchen gottverdammten Predigten. Nichts davon sagte er laut, er wusste nicht wohin es führen würde, wenn er das laut aussprechen würde, aber er hatte diese unangenehme Ahnung, es würde diesen Konflikt nicht unbedingt zum Besseren wenden.
„In einem Punkt stimme ich euch – besser dir Iljana – ohne jeden Zweifel zu. Es war wirklich ein Fehler meinerseits uns als 'Wir' zu bezeichnen.“ Ups. Nun ja, er hatte es versucht. Manchmal war sein Mund ein wenig zu vorschnell. Der Swing Liebhaber kam jedoch relativ schnell darüber hinweg. Selbst wenn ihn diese Frechheiten ein wenig störten, er musste bevor er ging erst einmal an einige Informationen dran kommen. Noch einmal nahm er tief Luft, als wolle er gleich einen Tauchausflug unternehmen, und schüttelte das Verlangen ab allen Anwesenden seine Meinung zu geigen. Überraschenderweise ging er auf Jet zu und bot ihm eine Zigarette an. Er wusste nicht, ob der Jüngere rauchte, wenn ja konnte er damit ein wenig das Eis brechen. Wenn nicht war es auch nicht weiter schlimm. „Vincent Vega“, stellte er sich vor. Er kratzte sich betroffen am Kopf und legte eine leicht schuldige Miene auf. Nicht zu übertrieben, doch genug um zu zeigen, dass es ihm Leid tat. Oder es so aussah. Er konnte sich zwar selbst nicht im Spiegel betrachten, aber er hatte diese Masche schon einige Male abgezogen – allerdings eher bei Frauen. Gegenüber einem Mann war es ihm schon leicht unangenehm. Von solcherlei banalen Dinge durfte er sich jedoch gerade nicht beeinflussen lassen. Stattdessen führte er sein kleines Schauspiel weiter.
„Vielleicht habe ich mich gerade wirklich ein wenig Scheiße benommen“, in seiner Stimme lag etwas Betretendes, während er gleichzeitig den typischen Männerstolz rüber brachte. Die wenigsten männlichen Wesen konnten sich anständig entschuldigen. Er schätzte den Blondschopf ähnlich ein, er schien über denselben Stolz zu verfügen wie seine anderen Artgenossen. „Allerdings möchte ich darum bitten mir zu verzeihen … du scheinst mir ein schlauer Bursche zu sein, also wirst du wohl verstehen, wen ich ein wenig gereizt bin, immerhin hat man mir vor wenigen Stunden ein Schwert durch die Schulter gebohrt. Ich glaub du solltest das verstehen.“ Vincents Blick blieb kurz an dem Käfig hängen in dem Jet gefangen war, ehe er weiter zu seinem Verband wanderte. Die Wunde brannte mittlerweile nicht mehr so, angenehm fühlte sie sich trotzdem nicht an. „Ich helfe dir gerne bei der Suche nach deinem Notizbuch, aber zuerst musst du uns helfen. 'Wir' stecken immerhin jetzt alle im selben Boot.“ Der Dunkelhaarige bei dem Wort „Wir“ einen bösen Blick zu. War es Paradox, dass er jetzt doch wieder dieses Wort verwendete, obwohl er wenige Minuten zuvor der Fischfrau recht gegeben hatte? Vermutlich. Aber Vincent war dafür bekannt, seine Meinung schnell zu ändern. „Wir haben uns dieselben Typen irgendwie zum Feind gemacht und man kann nie wissen, wo die nächsten Attentäter und Sklavenhändler lauern. Ich muss dich also darum bitten kurz inne zu halten und dich daran zu erinnern, wie du hierher gekommen bist oder was du in deiner Gefangenschaft erlebt hast.“
Vince hoffte, dem Jüngling damit genug Honig um den Mund geschmiert zu haben. Er hatte ihm ein Kompliment gemacht, ihm klar gemacht, dass sie von ihm abhängig waren – für ein Alphatierchen wie Vincenzo war ein solcher Egopush bei einem Mann bereits mehr als man erwarten konnte. Innerlich betete er auch, dass ihm die Damen keinen Strich durch die Rechnung machten, indem sie sein Verhalten kritisierten oder infrage stellten. Man konnte darüber philosophieren, ob er den Jüngeren nicht einfach nach seinen Informationen offen hätte fragen können, doch angesichts der Feststellung, mit seinem normalen Verhalten eher auf Granit zu stoßen, probierte es der Vega dann doch eher mit gespielter Höflichkeit und Verständnis.
 
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Die Frage der Stunde war wohl, ob Fischfrauen überhaupt jemals ihre Tage bekamen. Es war anzuzweifeln, dass Vincent das aus Erfahrung wusste, denn Fischmenschen traf man auf diesen Breitengraden selten, noch seltener weibliche Exemplare und selbst wenn er bereits eine Fischfrau vor Iljana getroffen hatte, war es unwahrscheinlich, dass sie gerade über dieses Detail geredet hatten. Männer waren öfter von diesen Dingen angewidert, als dass es sie interessierte, weil es eher eine Art Blockade darstellen konnte, wenn man nicht auf seltsame Dinge stand. Nicht, dass die Rotfeuerfischfrau davon kein Lied singen könnte, aber ganz offenbar ging der Braunhaarige zumindest davon aus, dass es auch in der Welt der Fischhybride Hormonschübe gab, die die eine Hälfte der Menschheit zu unberechenbaren Bestien machten - und das ganz ohne Drogen. Das Rätsel sei an dieser Stelle nicht gelöst, jedenfalls stimmte es wohl, dass Iljana momentan nicht unbedingt stabil war. Ihr war das alles viel zu viel Chaos, als dass sie es gemocht hätte... im Gegensatz zu einigen anderen hier, war sie vollkommen zufrieden damit, ihre Ruhe zu haben, das Meer anzusehen oder vielleicht Fische beobachten zu gehen, halt Dinge, die nicht mit Gewalt und Schrecken zu tun hatten.
Leider war sie wohl wirklich die einzige, die darüber nachdachte, sich von dieser Gruppe Irren loszulösen und vielleicht einfach ihr langweiliges Leben fortzusetzen, selbst, wenn sie dafür eine Weile untertauchen musste - im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Leute konnten sie nicht fangen, wenn sie der Oberfläche Lebwohl sagte und vielleicht erst wieder in ein paar Jahren zurück kam, oder? Aber da war ja immer noch dieses "wir", denn auch wenn Vincent zuerst erklärte, sie habe damit Recht, dass dieses Pronomen hier fehl am Platz war, benutzte er es kurz darauf ein weiteres Mal. Auch erzählte er irgendetwas von einem ominösen Notizbuch, von dem Iljana bisher irgendwie noch gar nichts mitbekommen hatte, was sie zugegebenerweise ein wenig irritierte. Allerdings stellte sie das einfach mal nicht infrage, weil es sie auch irgendwie gar nicht interessierte. "Wollten wir hier nicht raus?", fragte sie deswegen mit leichtem Unmut in der Stimme und blickte sich fröstelnd um, ehe sie den Blonden, der sich inzwischen aufgerafft hatte, mit wenig interessiertem Blick musterte. Nicht unbedingt klein, kräftig, sicherlich stark und ein Frauenschwarm. Ätzend. Wirklich, sie hatte nichts gegen hübsche Männer, aber sie war eher geneigt, denen zu vertrauen, die nicht aussahen, als kamen sie direkt aus der Aftershave Werbung. Ihre Erfahrung ging nämlich bisher in genau diese Richtung, was alles in allem dazu führte, dass sie diesem Kerl erst einmal ein wenig misstrauisch gegenüber treten würde. Damit unterschied er sich allerdings nicht wirklich von Vincent selbst, der noch einen weiten Weg vor sich hatte, wenn er sich ihr Vertrauen verdienen wollte. Die einzige Person, der sie ein wenig über den Weg traute, war Emma, aber das lag wohl sowohl an ihrer leichten geistigen Beschränktheit, als auch an ihrem Geschlecht. Mit Frauen hatte sie einfach deutlich bessere Erfahrungen gemacht, als mit Männern, also waren sie schon einmal von Anfang an besser gestellt, selbst wenn die Herren der Schöpfung sicherlich nichts dafür konnten. Das Schicksal war eben gemein.
"Habe ich das nun eigentlich richtig verstanden?", mischte sie sich erneut ein, wenn auch erst nach einer kurzen Pause, in der sie sich ihre Sätze zurecht gelegt hatte, "'Wir' finden heraus, was diese Leute hier wollten, stellen sie und sorgen dafür, dass sie 'uns' in Ruhe lassen und danach sagen 'wir' einander Lebwohl und gehen 'unseres' Weges? In diesem Falle...", sie wandte sich direkt an Jet, "ist mein Name Iljana Rhyswood. Es tut mir zwar nicht Leid, was ich getan habe...", sie schlenkerte kurz mit den Ohrenflossen auf und ab, "Aber es wird hoffentlich nicht wieder vorkommen." Wirklich Spaß hatte sie immerhin nicht daran, andere Menschen zu schlagen, aber solche Handlungen mussten nun einmal bestraft werden, war doch logisch - sonst rissen sie noch ein und wurden wiederholt!
 

Emma Flanka

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Ob es noch irgendetwas brachte sich zu fragen, wie man in eine solche Situation gelangen konnte? Wie konnte man das Glück haben in ein solches Drama hineinzurutschen, in dem man im Endeffekt noch tiefer steckte, als man es jemals hätte ahnen können? Emma hätte nie erwartet auf einer solchen Insel in so eine Sache hineinzugeraten. Vor allem wenn man darüber nachdachte, wie diese Insel doch eigentlich wirkte. Wenn man hier ankam, waren krumme Geschäfte, Mord und Ärger das Letzte was einem in den Sinn kam. Aber eigentlich war es doch immer so: Das was man nicht erwartete, erwischte einen immer direkt auf kaltem Fuß…
Nun nach all dem Streit und den Situationen, welche die junge Frau definitiv überforderten, wünschte sie sich dahin zurück, wo sie noch unschuldig und absolut außen vor gewesen war. Wie schön wäre es, wenn sie nun irgendjemand einfach wieder in die Wange kneifen und damit aus diesem Albtraum erwecken könnte? Eigentlich war Emma nicht die Person, die vor irgendwelchen Probleme oder Situationen feige davonlief, doch all das hier war ihr gerade zu viel. Dementsprechend war sie zugegebenermaßen schon ein wenig empfindlich, überreagierte mit Sicherheit auch leicht und ihre Stimmung war leicht zu kitten. Wenn es für die sonst so stabile Persönlichkeit, die mit beiden Beinen so fest in ihrem Leben stand, nun plötzlich Schlag auf Schlag so kommt, wie sie es nie erwartet hatte, dann war das schon ein Schock. Vor allem wenn man betrachtete, dass sie ja eigentlich noch so jung war… Vermutlich waren die blauen Augen der Amazone nicht wirklich für solche Anblicke gemacht worden…
Auf ihre freundliche Geste hin lehnte der Blonde ab und erklärte, dass er allein zurecht kam. Emma verstand zwar nicht, dass das etwas mit seinem Stolz zu tun hatte, doch dachte sie, dass diese Ablehnung in Ordnung war. Sie waren hier als Gruppe hineingeplatzt und egal wie uneinig sie sich waren, sogar Emma wäre misstrauisch gewesen. Erstrecht wenn man betrachtete aus welcher Situation der junge Mann gerade entkommen war… Es war ein wenig schade, dass er sich so gar nicht helfen lassen wollte, aber Emma würde das akzeptieren. Ohne ein weiteres Wort dazu zu verlieren, wandte sie sich wieder der stillen Hündin zu und streichelte ihr zur Beruhigung durch das verdreckte Fell. Erst als der junge Mann überraschenderweise anfing laut zu brüllen und zu fluchen, wurde Emma wieder auf ihn aufmerksam. Irgendetwas schien ihm gewaltig gegen den Strich zu gehen und kurz darauf wandte er sich wieder der Gruppe zu und schien nun doch zumindest für eine Weile damit übereinzustimmen, dass sie einige Schritte gemeinsam gehen mussten. Emma nickte ihm nur stumm zu und nahm dies hin. Was sollte sie auch sagen? Sie würde ohnehin niemandem die Hilfe abschlagen… Immerhin bemitleidete sie den armen Kerl nach wie vor. Was dann jedoch noch interessanter wurde, war das Verhalten von Vincent. Dieser ging auf den Blonden zu und es wirkte so, als hätten die Worte der Amazone ein wenig Wirkung gezeigt. Zumindest zeigte der Vega augenscheinlich Reue für sein Benehmen, bot dem anderen zur Versöhnung eine Zigarette an und räumte sogar ein, dass er sich wohl daneben benommen hatte. Da Emma von seinem falschen Spiel nichts ahnen konnte, rechnete sie es ihm hoch an, dass er sich seiner eigenen Fehler so annahm und verzieh ihm die dämliche Aussage von zuvor. Mit einem hatte er wohl ganz eindeutig Recht… Egal ob sie sich mit dem Wort „Wir“ einer Gruppe zugehörig machen wollten oder nicht: Sie steckten alle im selben Boot, aus dem sie wohl mit gemeinsamen Kräften am Besten wieder herauskamen… Auch Iljana betonte dies erneut mit ihrer Nachfrage oder eher Richtigstellung. Sie wirkte dabei deutlich distanzierter von allem als Emma in ihrem eigenen Kopf, aber das mochte wohl an der Fischfrau an sich liegen. Emma empfand die einzige andere Frau der Truppe als ziemlich angenehme Gesellschaft, denn zu ihr war sie immer nett gewesen und bat ihr sogar absolut unabhängig von ihrer nötigen Zusammenarbeit Hilfe an. Mit Sicherheit hatte sie ein gutes Herz, auch wenn sie trotz allem sehr viel Abstand wahrte. So sah sie sogar über die vorherigen Geschehnisse hinweg und alles schien sich irgendwie einzurenken… Emma mochte es wenn es keine Probleme gab. Das hellte die Stimmung der jungen Frau schlagartig auf und ein Lächeln zierte das Gesicht der wenig femininen Dame. »Ich stimme euch zu. Wir sollten diese Sache so schnell wie möglich lösen und gemeinsam funktioniert das ganz sicher besser!« Das mit dem getrennte Wege gehen, sei mal so dahingestellt, denn darüber machte sich Emma erst Gedanken wenn es denn soweit war. »Ich bin übrigens Emma, freut mich! Und das ist meine Freundin Ronja.«, erklärte sie nachdem alle sich vorgestellt hatten und deutete auf die Hündin, die mit ihm gemeinsam eingesperrt gewesen war. Dann aber fiel ihr wieder ein wo sie sich hier nach wie vor befanden… Und blickte ein bisschen weniger freudig in die Runde. »…und wir sollten hier wirklich mal raus…«
 

Jet Atlas

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Obwohl Jet es mittlerweile gewohnt war, dass Menschen wirklich fast immer anders reagierten oder dachten als er es erwartete, taten sich trotzdem gelegentlich noch Überraschungen größerer Art auf. So beispielsweise kurz nachdem er aus dem ohnehin schon wenig stabilen Tisch Kleinholz gemacht hatte. Völlig unangekündigt marschierte der andere Kerl auf ihn zu und bot ihm eine Zigarette an, was völliges Unverständnis bei ihm auslöste. Jet würde im Leben keine Zigaretten teilen. Weder mit dem besten Freund noch mit einem dahergelaufenen Fremden. Zaghaft entspannte er sich und lockerte die geballte Faust, die sich rasch auftat wenn sich ihm jemand so rasch und wortlos näherte. Nicht selten ließ es sich dann am entspannendsten unterhalten, wenn die andere Person friedlich den Erdboden küsste. „Vincent Vega.“, waren die einzigen Worten, die dem dunkelhaarigen über die Lippen kamen. Jet blickte ihm einige längere Atemzüge lang in die Augen, ehe er das Angebot wortlos annahm. Während er die Zigarette in den Mundwinkel steckte und dabei innerlich jubilierte, ließ er Vega nicht aus den Augen. Sein Bemühen irgendwelche Absichten zu erkennen, blieb aber wie immer erfolglos. Für Jet sahen nahezu alle Gesichtsausdrücke anderer Menschen identisch aus und waren demnach kaum auseinanderzuhalten geschweige denn einer Stimmung zuzuordnen. Ohne sich an der zwischenzeitlich herrschenden Stille zu stören, reagierte er schließlich auf die Vorstellung seines Gegenübers. „Jet Atlas.“ Mit Höflichkeiten war Jet zu sparsam, als dass er hier fortführend auf seine Freude ob dieses unerwarteten Treffens hinwies. Zumal eine solche ohnehin nicht gegeben war. Schon weil er sich zeitnah in einer angenehmeren Umgebung wiederfinden wollte.

Als Jet dann begann, in seinen wiedergefunden Habseligkeiten nach Streichhölzern zu fischen, ergriff Vega wieder das Wort. Obwohl er nur halben Ohres zuhörte, fanden einige Schlüsselwörter Anklang bei ihm. Zum Beispiel: Notizbuch, Feind und Attentäter. Kurz unterbrach er seine Suche, da insbesondere das letzte Wort eine Art ungreifbare Erinnerung auslöste. Da war etwas. Nur greifen konnte er es nicht. Stattdessen schoss ein äußerst unangenehmer Schmerz durch seinen Kopf, der ihn das Gesicht verziehen ließ. Offensichtlich war es für tieferes Eindringen in die letzten Stunden und Tage noch zu früh. Fast stützend wanderte seine Hand an die Stirn, die sich überraschend kühl anfühlte. Wie sehr er doch körperliche Schwäche liebte. „Wir haben wohl das gleiche Bedürfnis unsere.. Freunde wiederzusehen. Aber vielleicht sollten wir das später klären und dann in weniger gefängnisartiger Umgebung.“ Die Betonung, die er dem Wörtchen Freunde verpasst hatte, ließ wenig Unklarheit darüber, wie freundschaftlich er von seinen Kerkermeistern dachte. Seine Rache würde ausgiebig ausfallen.

Während der kurzen Unterhaltung mit Vega hatte er die anderen Anwesenden beinahe vergessen. Erst als eine der beiden Damen das Wort ergriff, riefen sie sich in Erinnerung. „Habe ich das nun eigentlich richtig verstanden? Wir finden heraus, was diese Leute hier wollten, stellen sie und sorgen dafür, dass sie uns in Ruhe lassen und danach sagen wir einander Lebwohl und gehen unseres Weges?“, fragte sie und erntete ein verständnisloses Gesicht Jets. Gruppenaktivitäten waren keines seiner ausgeschriebenen Hobbys. „In diesem Falle...", sie sah ihn an, „ist mein Name Iljana Rhyswood. Es tut mir zwar nicht Leid, was ich getan habe, aber es wird hoffentlich nicht wieder vorkommen.“ Jet, der sich eine Wiederholung seines Namens schenkte, zündete sich mit den endlich gefundenen Streichhölzern die Zigarette an und inhalierte den bläulichen Rauch voller Hochgenuss. Er konnte die Lebensgeister beinahe sehen, die gerade in ihm erwachten. Als er Iljana letztlich ansah, entwich ihm sogar ein schlichtes „Angenehm.“, das sich aber wohl eher auf den Anblick ihres Körpers bezog, als auf die bisher gemachte Bekanntschaft. Dieser war eine augenfreundliche Abwechslung zu der sonst sehr trostlosen Umgebung hier. Vollendet wurde die Vorstellung innerhalb des kleinen Grüppchens von der zweiten Frau in der Runde, die sich als Emma und den Hund als Ronja vorstellte. Bevor sich Jet aber darüber mokieren konnte, wie abstrus es war einem Tier einen Menschennamen zu geben, machte das Fräulein einen durchaus sinnigen Vorschlag, den er zu beherzigen beabsichtige. „Richtig, wir sollten hier raus. Danach..,“, er wandte sich wieder Vega zu, der ja mehr oder weniger der Anführer seines Befreiertrupps zu sein schien, „können wir uns immer noch wegen unserer Freunde austauschen.“ Er schulterte seine Tasche und fuhr sich dann über die Hände worauf die Knöchel relativ lautstark knackten. „Möglicherweise..,“, auf seinem Gesicht bildete sich zum ersten Mal seit längerem ein deutliches Lächeln, „laufen wir ja sogar einem über den Weg.“
 

Vincent Vega

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Nachdem einstimmig beschlossen wurde die Katakomben zu verlassen und zur Bar zurückzukehren, machte sich die kleine Gruppe auch sodann auf. Der Rückweg war bei Weitem nicht so spannend, wie es der Hinweg gewesen war. Da der Großteil der Wachen tot sein durfte und so jeder, Zeit hatte sich mit sich selbst zu beschäftigen, war es für Vincent ein schweigsamer Aufstieg. Er musste immer noch über das Grübeln, was er herausgefunden hatte … und noch mehr über die Dinge, die nicht klar waren, diese schienen sogar die Oberhand zu gewinnen. Es gab einfach zu viele offene Fragen. Als die Fünf sich endlich in der kleinen Kneipe eingefunden hatte, stand die Sonne bereits hoch am Himmel und der Vega fühlte eine erneute Welle an Müdigkeit, die sich langsam aber sicher seiner bemächtigte. Dies schien Harveye nicht zu entgehen. Er war es, der den Vorschlag einbrachte dieses Gespräch zu verschieben und sich ein anderes Mal damit zu beschäftigen. Damit verschonte er den Vega auch davor seine Schwäche zuzugeben. Während er des Weiteren, den dreien ein Zimmer anbot und vor allem den beiden Damen jeweils die Adresse eines guten und diskreten Arztes gab, bei dem sie sich behandeln lassen konnten – oder ihre tierischen Begleiter, im Falle Emmas – wenn sie wollten, wurde ein Termin ausgemacht, an dem die vier jungen Leute sich wieder treffen würden. In drei Tagen zur selben Zeit. Damit konnte Vince leben. Nachdem alles Weitere besprochen wurde, war er der Erste der sich verabschiedete und sich förmlich in sein Bett fallen lies.

Die nächsten Tage verbrachte er einerseits damit sich zu erholen und anderseits seine Abreise vorzubereiten. Man konnte ihn für überheblich und manchmal sogar töricht halten, doch er wussten, wann man sich besser zurückziehen und die Gefahr an sich vorbeiziehen lassen sollte. Und in diesem Fall war es besser sich aus dem Staub zu machen, ehe noch mehr – und diesmal talentiertere – Attentäter sich seiner annehmen wollten. Davon einmal abgesehen wollte er auch nicht ein weiteres Mal irgendwelche Leute mit reinziehen, die damit nichts zu tun hatten.
Bei seinen Vorbereitungen war vor allem Harveye eine große Hilfe. Er hatte den Leichnahm Heiners zur Marine gebracht und das Kopfgeld von einer Millionen Berry eingepackt und an Vincenzo weitergegeben. Ehrlich gesagt, hatte der Dunkelhaarige schon fast vergessen, dass sein ehemaliger Söldnerkollege Steckbrieflich gesucht wurde. Vincent erfuhr jedoch nicht, welche Geschichte der alte Mann den Leuten der Seemacht erzählte. Er erfuhr zwar durch die inseleigene Zeitung erfuhr er, dass das unterirdische Versteck von Anders entdeckt worden war. Der Mann, ein Verbrecher der übelsten Sorte, wurde zwar nicht wohlwollen beschrieben, sein Mord jedoch einem Akt von Vigilantismus untergeschoben. Es wurde keine mysteriöse Mörderin genannt. Auch Heiners ableben, dort als „zufälliger Unfall während einer Barschlägerei (der Name der Bar wird aus Höflichkeit nicht genannt)“. Von dem was Vincent geleistet hatte stand nichts drinnen.
Auch neben dieser Angelegenheit erwies sich die Hilfe von Harveye als wertvoll; er hatte schneller einen Platz auf einem Schiff gefunden, als es sich Vincent je hätte träumen lassen. Und etwas bezahlen musste er auch nicht. Ja, ein wenig wehmütig sah der Dunkelhaarige seiner Abreise von der Insel und dem Ende seiner Arbeit im „Harveye's“ entgegen. Wenn der Ältere Mal nicht damit beschäftigt war sich um seinen Schützling zu kümmern, dann verschwand er und ließ sich für einige Stunden nicht mehr blicken. Der Vega vermutete, er war damit beschäftigt die Anderen aufzusuchen – Vincent hatte sie die gesamte Zeit über nicht mehr gesehen – und ihnen ebenfalls zu helfen. Warum? Er wusste es nicht. Vielleicht hatte er etwas in dieser Gruppe gesehen, was allen anderen Anwesenden – mit der Ausnahme von Ronja vielleicht – nicht so ganz klar gewesen war. Oder er wollte nur den Ärger wiedergutmachen, den sein Schüler veranstaltet hatte.

Als es schließlich so weit war und alle Beteiligten sich wieder trafen – man möge Harveye bitte nicht mitzählen – war Vincent schon halb mit den Gedanken auf die Abreise am nächsten Morgen. Vermutlich war sein kleines Zimmer, in dem die Gesprächsrunde sich traf, deswegen auch auf einmal so leer. Es waren zum größtenteils nur noch Dinge vorhanden die bereits vorher zur Einrichtung gehört hatten – das währen ein Sofa, ein Tisch, zwei Stühle, ein Bett und ein Nachttisch. Die wenigen Habseligkeiten, die der Dunkelhaarige noch nicht eingepackt hatte, waren ein Aschenbecher und der Plattenspieler, der sanften Blues von sich gab. Ansonsten waren nur drei große Taschen zu sehen. Vincent selbst hatte die Sitzplätze seinen Gästen angeboten, zusammen mit einem Glas und der Wahl zwischen stillem Wasser oder Whiskey. Vince hatte sich mit einem Gläschen Whiskey und einer Zigarette gegen die Wand neben dem offenen Fenster gelehnt und gewartet, bis alle da waren, ehe er mit dem Reden anfing. „Nun, Jet, ich sage das nicht wirklich oft … aber du bist heute scheinbar die Hauptperson – du warst in ihrem Hauptquartier (ja, ja, ich weiß, nicht freiwillig) … kannst du dich an irgendetwas erinnern was uns hilft das ganze zu rekonstruieren oder die Schuldigen irgendeiner Gruppierung zuzuordnen? Ich meine … Anders war vielleicht nicht blöd, aber er kann unmöglich so viel Macht besessen haben, um so etwas wie ein riesiges Sklavenlager zu vertuschen.“
 
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Und was hatte unsere geliebte Fischfrau in den drei Tagen getan, die sie nicht mit achso schrecklich coolen Menschen verbringen musste? Zuerst einmal hatte sie mit der netten Frau, die sie getroffen hatte, deren Riesenhund sauber gemacht. Himmel, war das eine Arbeit gewesen, da dieses Vieh einfach gigantisch war und sie nach vollbrachter Arbeit erst einmal stundenlang hatte Schwimmen müssen, um den Gestank nach nassem Hund loszuwerden. Tiere waren ja schön und gut, aber ihr Geruch war nicht unbedingt besonders einladend, nicht einmal für jemanden, der zur Hälfte Fisch war. Immerhin hatte sie das Vieh davon abbringen können, sie zum Dank abzuschlabbern, was ihm wahrscheinlich nicht allzu gut bekommen wäre, weil sie nun einmal giftig war. Dieses Zeugs ließ sich zwar verdauen, aber manch einer bekam zumindest Magenschmerzen davon, weswegen es für alle Beteiligten eindeutig besser war, wenn man davon absah. Außerdem war Hundespeichel sicherlich nicht geruchsneutral, sodass es noch etwas zum Reinigen gegeben hätte... der einzige Vorteil war ganz eindeutig gewesen, dass sie darauf verzichtete, sich in allzu viel Stoff einzuwickeln, sodass auch entsprechend wenig reif für die Wäsche gewesen war.
Den Rest der Zeit hatte Iljana vor allem nichts gemacht. Im Gegensatz zu Adrenalinjunkies und anderen Clowns, war sie vollkommen zufrieden mit sich und der Welt, wenn sie die Füße hochlegen und die Ruhe genießen konnte, was sie auch an ihrem Rückzugsort getan hatte, ab und an unterbrochen von einem kleinen Schwimmgang, auf denen zum Glück nichts unvorhergesehenes passiert war. Kurze Zeit hatte sie sogar überlegt, ob sie einfach in diesem Zustand verbleiben sollte und nicht zu dem Treffen, dass man arrangiert hatte, eintrudeln sollte, aber schließlich hatte sie sich doch dazu durchgerungen, was vor allem mit dem Auftauchen einer Person zusammenhing, die sie immerhin zuordnen konnte. Es hatte sich dabei um den Wirt der Bar gehandelt, in der dieser nervige Vincent ganz offenbar arbeitete und auch wenn sie anfangs nicht genau wusste, was er eigentlich wollte, war der Sinn und Zweck des Ganzen recht schnell klar gewesen - auch wenn Iljana nicht sicher war, ob sie ihn aufgrund seines Überredungstalentes lieber hassen oder bewundern sollte. Was genau dieser komische Kauz nun vorhatte, hatte er zwar nicht durchscheinen lassen, aber immerhin hatte er es geschafft, die Fischdame dazu zu überreden, ihm wenigstens die Chance zu geben, das Ganze wenigstens anzuhören.
So kam es, dass die Feuerfischdame in diesem Moment an der Wand eines kleinen Zimmers lehnte, die Arme verschränkt, eine der Riemchensandalen bewehrten Füße an die Wand gelegt, schräg gegenüber von Vincent. Ihre Hakenschwerter baumelten wie gehabt von ihrer Hüfte, denn nur weil sie hier ein nettes Pläuschchen halten würden, bedeutete das noch lange nicht, dass sie sich in Sicherheit währen würde. Am Ende hatte dieser Harveye gelogen und Vincent führte doch nur übles im Schilde. Man stelle sich zum Beispiel einmal vor, was los wäre, wenn er sich im Nachhinein doch überlegt hätte, wie rentabel es doch sein könnte, sich ihren Gegnern anzuschließen, immerhin war Sklavenhandel zwar verboten, aber doch prächtig am Blühen. Oder er betrank sich und tat komische Dinge… Iljana misstraute alkoholischen Getränken zutiefst, weil sie die Menschen veränderten, ihnen die Kontrolle raubten, die sie eigentlich brauchten, um ihre negativen Wesenszüge wegzuschließen. Und sie hatte eindeutig zu wenig soziales Gewissen, um einen Mann nicht zu attackieren, wenn er unter einem derartigen Einfluss stand und ihr zu nahe kam…was der Vega hoffentlich wusste oder sich zumindest denken können sollte. Aber zumindest schien er noch klar genug denken können, um das Gespräch zu beginnen und dankenswerterweise sofort auf das eigentliche Thema zu lenken. Zum Glück sprach er dabei direkt Jet an, sodass sie sich im Hintergrund halten und zuhören konnte, was ihr gut in den Kram passte, weil es ihr deutlich sympathischer war.
 

Emma Flanka

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Drei Tage… Was für eine lange Zeitspanne das doch war. Oder doch nicht? Das kam immer ganz darauf an, wie viel man in drei Tagen zu tun hatte und ob es etwas zu tun zu haben oder eben nicht, für besagte Person gut oder schlecht war… Wie auch immer! Nachdem sie auf eine etwas besondere Art und Weise alle richtig kennengelernt hatten, hatten sie dieses Höllenloch verlassen und sich darauf geeinigt nach dem Ablauf der besagten drei Tage wiederzutreffen. Und was hatte Emma nun also in dieser Zeit veranstaltet?
Es begann erst einmal damit sich ein wenig um ihre haarige Freundin zu kümmern. Es war nicht nur so, dass die weiße Riesenhündin die Schuld für Emmas Teilnahme an dieser ganzen Situation trug. Sie hatte auch in letzter Zeit einiges erlebt, was dieses Mal sogar in beiden Damen den Wunsch nach etwas Entspannung weckte. Doch das war für Emma noch ein wenig weiter weg, als für das pelzige Tier. Emma war nicht wütend auf ihre Freundin, weil sie in dieser Situation steckten. Sie wusste, dass es vermutlich besser wäre, wenn sie sich da nie rein gehangen hätte oder sie nun einfach fliehen könnte, doch dafür war es nun wohl oder übel zu spät. Eine Sache war zumindest keine Reue wert, was diese ganze Aktion anging. Die Fischfrau, die Emma während all dieser Strapazen kennengelernt hatte, nachdem sie dieser geholfen hatte, war wirklich gutmütig und freundlich ihr gegenüber. Sie half sogar dabei Ronja zu säubern, was schwieriger war, als die Amazone es erwartet hatte. Normalerweise wurde das Fell der Riesenhündin nie so dreckig, da die junge Frau es nicht so weit kommen ließ und sie regelmäßig reinigte. Doch nun wo sie in einer solchen Situation gesteckt hatte, hatte Emma darüber keine Kontrolle mehr gehabt. Und das hatte man nun davon… Das große Tier war über und über von Dreck bedeckt und richtig schwarz. Es war eine Heidenarbeit das wieder wegzubekommen, doch da ihr die nette Iljana half, ging es schon besser von der Hand. Abgesehen von dem Gestank und dem Dreck zeigte sich auch Ronja dabei sehr freundlich und hilfsbereit, da sie davon absah die Damen unnötig nass oder dreckig zu machen, oder irgendwelchen anderen Mist zu bauen… Zu guter Letzt bedankte sich Emma gefühlt hunderte Male bei Iljana für ihre Mitarbeit an diesem schwierigen Fall von einem Sauhund. Damit war der erste der drei Tage nun fast gelaufen und Emma machte sich auf den Weg zu ihrem zu Hause, wenn man das denn so nennen konnte. Dort wurde sie erst einmal ordentlich von ihrer Familie zusammengefaltet, weil sie sich so lang nicht gemeldet oder blicken lassen hatte. Sie sah davon ab zu erzählen was sie erlebt hatte, da dies allen nur Sorgen bereiten würde… Am zweiten Tag hatte Emma beschlossen einen Tierarzt für Ronja aufzusuchen. Da Vincent ihr da ja sogar eine Person empfohlen hatte, ging das schneller als gedacht. Man konnte sich gar nicht vorstellen was für eine Panik ein Riesenhund hatte, wenn ein Mann in nicht einmal rein weißem Kittel eine Spritze hervorzog. Das war ein harter Kampf… Wieder zu Hause angekommen, machte Emma das, was sie dort immer tat. Ihren Bruder schikanieren, ein wenig Arbeiten und mit Ronja spielen. Emma machte sich nicht viel aus Ruhe und Entspannung in ihrer Freizeit, obwohl sie das bestimmt hätte gebrauchen können. Stattdessen ackerte sie lieber so lang, bis sie vergaß, dass sie viel um die Ohren hatte… Die junge Frau war während der Tage sogar so viel unterwegs gewesen, dass sie fast vergaß was passiert war. Dementsprechend war neben der Arbeit am nächsten Tag wohl der Besuch eines bekannten Gesichts eine gelungene Abwechslung. Mit Sicherheit wäre sie ohnehin zu besagtem Termin gegangen, hätte ihr Spatzenhirn dies nicht völlig ausgeblendet. Somit hatte er bei ihr nicht allzu viel Überredungskunst gebraucht. Sie unterhielten sich über ein paar andere Dinge… Emma war schon neugierig, was sie am nächsten Tag erwarten würde…
Und so fand sich auch die Amazone am ausgemachten Zeitpunkt in dem kleinen Zimmer ein, in welches sie der Vega eingeladen hatte. Zuvor hatte sie ihre große Freundin unten vor die Tür gesetzt. Diese war nicht allzu begeistert davon, doch mit einer Belohnung fürs brav sein in der Hinterhand, wurde aus Ronja direkt ein braves Schoßhündchen. Sie war da sogar immer recht nützlich, wenn man sie vor der Tür sitzen ließ, da sie sofort, wenn sie irgendetwas für unangenehm oder ungewöhnlich empfand, ein wenig Krach machte, damit man davon wusste. Die einzigartige, haarige Alarmanlage eben! Ein wenig unkonzentriert, was aber bei Emma der Normalfall war, hatte sie sich im Schneidersitz auf dem Boden des Zimmers platziert und blickte neugierig in die Runde. Ein breites Grinsen hatte sie mitgebracht, so als würde sie alle Schanden und Sorgen dieser Welt völlig ausgeblendet haben. Das war eben der Vorteil eines Hirns in Größe einer Erdnuss… Das Leben war fast immer schön! Da hockte sie nun also und lauschte neugierig dem Gespräch. Sie wusste, dass sie nicht die Hauptperson hier war. Und so schwieg sie und konzentrierte sich voll darauf dem zu folgen, was hier gerade vor sich ging. War eigentlich ohnehin genug Arbeit…
 

Jet Atlas

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Der Weg aus der Kanalisation heraus war gänzlich ereignislos verlaufen. Nicht mal die fast schon obligatorischen Ratten waren ihnen über den Weg gelaufen und so erreichten sie recht schnell ihr Ziel, nur um sich kurz darauf zu trennen. Zumindest für den Moment. Jet hatte zwar keinerlei Interesse daran diese eigenwillige Gruppierung wiederzusehen, erkannte aber durchaus den praktischen Nutzen darin. Schließlich wollte er sich für die herzliche Gastfreundschaft und die bequeme Unterkunft der letzten Tage bedanken. Seine akuten Gedächtnislücken machten ihm dabei allerdings einen Strich durch die Rechnung, weshalb sich der Kerl namens Vega vielleicht doch als hilfreich erweisen konnte. Irgendwas hatte die drei ja dort hinuntergezogen und soviel Jet auch auf sich hielt, seinetwegen waren sie sicherlich nicht gekommen. Der glücklichen Verkettung der Umstände halber würde er sich am gemeinsamen Brainstorming beteiligen und dann das Weite suchen. Mit einer solch dubiosen Gesellschaft gesehen zu werden, war ja auch nicht unbedingt gut für seinen Ruf.



Während der folgenden Tage ging jeder seinen Dingen nach. Jet, dessen überschaubares Vermögen glücklicherweise nicht angerührt worden war, ersetzte zuallererst die nach Abfluss miefenden Klamotten und brachte dann seinen Glimmstängelvorrat wieder auf eine passable Größe. Den Rest der Zeit verbrachte er größtenteils im Bett, wo er auf dem Rücken liegend an die Decke starrte und in seinem Gedächtnis nach den Inhalten der letzten Tage kramte. Viel mehr als Wort- und Bildfetzen waren aber nicht zu finden. Es war fast als wäre jemand mit einem Radierer durch seine Erinnerungen gefahren und hatte die wichtigsten Punkte sowie diverse Verknüpfungen einfach gelöscht. Als produktiver erwies sich die Rekapitulation seiner Schritte seit der Ankunft. Es dauerte nicht lange ehe er die Absteige fand, in der er sich ursprünglich niedergelassen hatte. Mit freundlicher Hilfe des Hausherren, und nachdem Jet die ausstehenden Zahlungen beglichen hatte, durchsuchte er sein Zimmer. Leider zuerst ohne den erhofften Erfolg. Er wollte schon gehen, als das Knarren der Holzdielen zu seinen Füßen einen Gedankenblitz auslöste. Hastig sank er zu Boden und tastete die naheliegende Fläche ab. Schnell hatte er die losen Dielen gefunden und entfernt. Nach außen regungslos innerlich jubilierend griff er in das kleine Loch, das sich vor ihm auftat. Sekunden später hielt er sein Notizbuch in der Hand. Einige lange Augenblicke lang starrte er es stumm an, ehe er die Lücke im Fußboden wieder schloss und sich an den kleinen Schreibtisch setzte. Während er gedanklich seine Voraussicht feierte, blätterte er rasch bis zu den letzten seiner Eintragungen vor. Die Seite mit der Überschrift 'ILRUSIA' machte den Anfang. Etwa eine halbe Stunde lang las er sich, teils zwei bis drei Mal, durch diese und die folgenden Seiten, während sich einige Lücken in seiner Erinnerung schlossen. Und nicht nur das. Er erinnerte sich auch ein paar Wortfetzen seiner Bewacher, die plötzlich Sinn ergaben. Beunruhigenden Sinn. Ärgerlich war nun vor alledem, dass zwei der letzten Seiten fehlten, offensichtlich herausgerissen. Das trübte seine Stimmung aber wenig, denn er entsann sich überraschend genau daran, dass er dafür Schuld trug. Blöd war nur das er den jetzigen Aufenthaltsort und den Inhalt weniger sicher bestimmen konnte. Egal. Sobald er sich mit den anderen traf, hatte er jedenfalls etwas brauchbares zu berichten. Galt das für die anderen nicht, war diese seltsame Art der Kooperation schnell vorbei.


Nun, Jet, ich sage das nicht wirklich oft … aber du bist heute scheinbar die Hauptperson – du warst in ihrem Hauptquartier (ja, ja, ich weiß, nicht freiwillig) … kannst du dich an irgendetwas erinnern was uns hilft das ganze zu rekonstruieren oder die Schuldigen irgendeiner Gruppierung zuzuordnen? Ich meine … Anders war vielleicht nicht blöd, aber er kann unmöglich so viel Macht besessen haben, um so etwas wie ein riesiges Sklavenlager zu vertuschen.“ Jet, der als einziger auf dem Sofa saß, lauschte Vegas Worten und ließ danach eine weitere Minute verstreichen, in der er still an seiner Zigarette zog. In der Vorbereitung auf diese Zusammenkunft hatte er beschlossen mit offenen Karten zu spielen. Die Dankbarkeit, aus seinem Gefängnis befreit worden zu sein, war dabei eher ein nebensächlicher Gedanke. Wichtiger war, vielleicht hatte jemand der Anwesenden weitere Informationen zur gegenwärtigen Situation und den Hintergründen. „Meine Erinnerung ist noch immer lückenhaft, verzeiht mir also wenn ich euch keine Namen auf dem Silbertablett servieren kann.“ Noch ein paar undramatische Pausenmomente später zog er sein Notizbuch aus der Tasche. Ein düsteres Lächeln schwang sich in sein Gesicht. „Aber ich empfehle euch an dieser Stelle von der Bühne abzutreten. Denn das hier,“ er öffnete das Buch und suchte nach einer bestimmten Seite, die er rasch fand, „ist weitaus größer als ein Sklavenlager.“ Er hielt das geöffnete Buch so, dass nacheinander jeder der Anwesenden den großbuchstabigen Eintrag „THE BIG FIVE“ lesen konnte. Noch während er den Eintrag wirken ließ, lehnte er sich im Sofa zurück und formulierte widerum seine Fragen. „Im Gegenzug dürft ihr mir verraten wer Sophie Barat ist und was es mit etwas oder jemandem namens Reichenbach auf sich hat?“
 

Vincent Vega

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Während Jet einen, seiner Meinung nach vielleicht, pompösen Auftritt hinlegte, ließ Vince seinen Blick kurz an Iljana hängen, die den Entschluss des Dunkelhaarigen direkt zum Punkt zu kommen wohl bereitwillig hingenommen hatte. Wenn die Beiden sich sonst nie einig waren, da ähnelten sie sich wohl. Unnötige Zeit verschwenden war keinem von ihnen lieb. Es überraschte ihn allerdings, dass sie tatsächlich gekommen war. Ehrlich gesagt hätte er nur mit Emma gerechnet. Dass die anderen Gestalten auch hinzugekommen waren, brachte ihn fast zum Schmunzeln. Scheinbar war jedem klar, dass diese Angelegenheit ernster war. Oder jeder hatte eigene Gründe, die der Jazzliebhaber wohl nie erfahren würde. Wie dem auch sei, nachdem sich Jet endlich dafür entschieden hatte direkt zu sagen, was los war, begutachtete Vincent das Notizbuch und erstarrte innerlich für gefühlte Minuten – in Wahrheit jedoch nur einige Sekunden – ehe er sich der ihm aufsteigenden Emotionen hingab und mit der gesunden Faust gegen die Wand schlug. Ein wenig Putz rieselte hinab, aber darauf achtete er nicht mehr, denn aus seinem Mund kamen bereits laute Flüche. DAS war wirklich ein Problem. Selbst jene, die nicht mit zwielichtigen Gestalten in irgendwelchen Hinterhöfe Geschäfte abgeschlossen haben, kannten den Namen Big Five. Sie waren berüchtigt und gefürchtet gleichermaßen. Selbst die Marine hatte ihre Probleme mit ihnen fertig zu werden und wenn das noch nicht Beweis genug war – sogar die Mafia hatte diesen Konkurrenten noch nicht beseitigen können. Und das hieß im West Blue etwas. „Scheiße … warum muss mir das nach vier Jahren passieren!“ Hätte er nicht bereits einen Platz auf einem der auslaufenden Schiffe ergattert, er hätte noch heute irgendwo angeheuert.
„Ich hoffe es stört keinen, wenn ich dann mal ganz diskret weiter packe, aber das hat einiges geändert“, meinte Vince und nahm die Schallplatte und packte sie mit dem Plattenspieler zusammen ein. Dann fiel ihm eine Kleinigkeit ein. „Emma, hast du von den Big Five schon einmal gehört?“ Jet hatte entweder bewiesen gut auf dem Laufenden zu sein oder zumindest ein Händchen für Recherchen zu haben. Und Iljana traute er durchaus zu, öfters einmal in die Zeitung zu schauen. Nur Emma … er wollte ja nicht böse sein und er war sicher sie hatte ihre Spezialgebiete, aber er konnte sich einfach nicht vorstellen, wie diese Amazone irgendwo in einer Ecke saß und mit einem Kaffee oder einem Tee die morgendliche Zeitung las. Nein, also wirklich nicht.
Ihm fiel auch noch ein, dass er Jet eine Antwort schuldete. „Sophie Barat?“, fragte er mit einer leichten Betonung auf den Nachnamen nach. „Du brauchst nur eins zu wissen: Nämlich das sie dich und auch keinen anderen in diesen Raum, von mir einmal abgesehen, etwas angeht!“ Seine Stimme hatte einen durchaus unheilvollen Klang angenommen und duldete keine Widerrede. „Was diese Reichenbach-Sache angeht … ich hab es schon mal gehört, kann es aber nicht einordnen.“ Es war seltsam. Normalerweise war der Vega gut informiert und wusste zu jedem Stichwort etwas zu sagen. Und er war sich sicher den Namen schon mal gehört zu haben. Aber warum sagte ihm das dann so wenig? Was auch immer er wusste, scheinbar war es nicht sonderlich viel oder wirklich wichtig, sonst würde er sich erinnern. Das ließ er einfach Mal als ein gutes Zeichen deuten.
 
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Da Iljana nicht menschlichen Geblüts war, fiel es ihr einfacher, über Menschen zu urteilen, als seien sie nicht mehr als Tiere, wenn auch hochintelligente. Es machte es einfacher, sie objektiver zu sehen und gewisse Angewohnheiten mancher von ihnen zu beschreiben. In diesem Falle handelte es sich um das eine Geschlecht der Menschen, das durch unvorteilhaften Geschlechtsdimorphismus im Allgemeinen körperlich größer und stärker wurde als das andere und ihrer Meinung dafür leider einiges an Köpfchen hatte hergeben müssen, denn anders konnte sie sich Vincents Gebaren gerade nicht erklären. Die Wahrscheinlichkeit, dass er sich recht normal verhielt, war sogar vorhanden, aber Iljana war eben nicht dafür bekannt, die Dinge besonders vorteilhaft zu interpretieren. In diesem Falle empfand sie es einfach als lästig, wie er erst etwas erwähnte und es dann mit Vehemenz totschweigen wollte, obwohl er doch wissen musste, dass es die Neugier einiger in diesem Raum befindlichen Leute geweckt haben musste - ihre zum Beispiel. Sicherlich war sie nicht scharf darauf, mit irgendwelchem halbfremden Typen in dubiose Machenschaften verwickelt zu werden, aber zu wissen, um wen es sich da handelte, war ja eine ganz andere, herrlich passive Sache. Wissen war etwas, das Iljana bewunderte, es aber nicht selbst besaß, denn um dieses anzuhäufen, hatte sie bisher einfach zu wenig Möglichkeiten gehabt. Natürlich fielen ihrer Meinung nach eigentlich andere Dinge in die Kategorie "Wissen", so zum Beispiel naturwissenschaftliche oder literarische Werte, aber auch politisches oder gesellschaftliches Wissen wäre an ihr sicherlich nicht verschwendet... man musste ihr nur davon erzählen. Wenn man sich Emma schon nicht mit einer Zeitung vorstellen konnte, blieb die Frage, was Iljana bitte tun sollte, denn auch wenn sie sich gerne in dieser Szenerie sehen würde, so würde es nach wie vor nichts bringen. Hand aufs Herz, was brachte eine noch so dicke, aufgefaltete und unheimlich gebildete Zeitung, wenn die Person dahinter nicht durch das Labyrinth der Buchstaben finden konnte? Leider kam es auf dieser Insel selten vor, dass sich Leute über Geschehnisse von außerhalb unterhielten, sodass sie mithören und ihr Wissen erweitern könnte, also befand sie sich, was solche Dinge betraf, noch weit in den Kinderschuhen. "Ist mir der Sinn, etwas ins Gespräch zu bringen und es danach nicht zu erklären, vielleicht einfach entgangen?", fragte sie deswegen mit leichtem Spott in der Stimme, während sie weiterhin die Wand vor sich anblickte. Eigentlich sah sie nicht einmal aus, als läge ihr etwas an der Antwort, aber das tat es durchaus, immerhin bedeutete mehr Wissen über diese seltsamen Menschen - oder diese Organisation, wer wusste schon, was dahinter steckte - auch mehr Sicherheit für sie selbst. Dumme oder unwissende Menschen waren leichte Beute, informierte man sich dagegen zuerst, wurde es deutlich einfacher, ihnen auszuweichen. "Es wäre sicherlich sinnvoller, wenn einer von euch alles von Anfang an erklären würde, denn unter Umständen sind nicht alle firm mit den Umtrieben im West Blue." Warum auch sollte man etwas damit zu tun haben wollen, was irgendwelche Bekloppten in einem der Meere der Welt anrichteten? Für jemanden, der am Liebsten in Frieden dahin vegetieren wollte, war das einfach nicht von größerem Interesse.
Iljana wusste auch nach wie vor nicht, was denn nun in Jets Notizbuch so aufregendes stand und fragte sich außerdem, warum Vincent mit diesen Big Five überhaupt erst angefangen hatte. Sicherlich wäre es schön, wenn er einfach vorgelesen hätte, was er so tolles notiert hatte, aber danach fragen würde sie garantiert nicht, denn sonst würde sie sich ja lächerlich machen. Das traurige war eben, dass, so ungebildet die Menschen auch sein mochten, die meisten dennoch lesen konnten und sie damit eine ziemliche Seltenheit war, dass sie es nicht konnte. Da sie sich nun aber im Allgemeinen nicht wie der Bauerntrampel schlechthin verhielt, passte diese Unfähigkeit noch weniger, sodass sie ihrer Meinung nach gut daran tat, sie zu verschweigen. Erst recht vor so Leuten wie Vincent, also echt.
 

Emma Flanka

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Irgendwie fühlte Emma sich hier nicht sonderlich wohl. Das lag nicht unbedingt an den Leuten, mit denen sie sich hier in einem Raum aufhielt. An Vincent und Iljana hatte sie sich mittlerweile gewöhnt und Jet hatte sie in einer Lage gesehen, bei der es ihr schwerfiel ihm noch sonderlich unpersönlich entgegen zu treten. Immerhin hatte Iljana ihn… Naja, wie auch immer. Es lag auf jeden Fall nicht an den Personen, dass ihr diese Situation nicht geheuer war. Emma hatte ihr Leben auf einem riesigen Restaurantschiff verbracht, bei dem stets und ständig irgendwelche Piraten und korrupten Persönlichkeiten aus und ein gingen. Wenn man nicht nach ihren Geschäften fragte, waren sie Menschen wie alle anderen auch. Emmas Familie hatte sie immer dazu angehalten sich aus Angelegenheiten solcher Menschen herauszuhalten und nun hockte sie hier und es stank… Dieser stinkige Gestank von Dingen, die Emma nichts angingen, weil sie ohnehin nichts davon verstehen würde. Sie wusste genau, dass auf den Meeren so manches dreckiges Geschäft von statten ging und dass sie nicht die richtige Persönlichkeit war, die ihre Nase in solche Dinge stecken sollte. Und nun stand sie hier und musste sich anhören, wie über diese gesprochen wurde. Sie hatte den Drang sich die Ohren zuzuhalten und ein Liedchen zu summen, ganz so als würde sie nicht hören wollen, was dort gesprochen wurde. Allerdings ahnte sie auch, dass sie sich momentan in einer Situation befand, in der es zu spät war wieder den Weg zu gehen, den sie bisher immer gegangen war. Dadurch dass sie mit Iljana und Vincent in dieser Gruppe steckte, war sie ein Teil von dieser Sache… Und schon musste sie zwangsläufig verstehen lernen…
Also hörte sie zu: Es ging scheinbar um die Personen, die etwas mit diesem merkwürdigen Lager zu tun hatten, in dem Ronja und Jet gefangen gehalten wurden. Es fielen Namen und Emma konnte diese natürlich nicht zuordnen. Bestimmt konnte man auch auf einem Restaurantschiff den einen oder anderen Tratsch über Verbrecher aufnehmen, aber Emmas Problem war eher, dass sie sich bisher dafür absolut gar nicht interessiert hatte. Jet schien allerdings schon ein paar mehr Informationen zu sammeln und zeigte irgendetwas von den „Big Five“. Auch das war Emma neu… Es fielen weitere Namen und sie verstand weiterhin nur Bahnhof. Vielleicht konnte man es an ihrer Mimik ablesen, aber das war ihr schon wieder zu hoch. Während Vincent sich, warum auch immer, darüber aufregte, dass er ebenso in dieser Sache drinsteckte, stellte er irgendwann eine Frage, die Emma mit einem Achselzucken beantwortete. Die Big Five? Nope. Emma war das kein Begriff und das konnte man anhand von Mimik und Gestik ganz einfach nachlesen. Nun mischte sich aber auch Iljana ein. Diese beschwerte sich über das zweisame Gespräch zwischen Vincent und Jet, da auch sie nicht wirklich alles mitbekam. Im Gegensatz zu Emma lag das sicherlich nicht an ihrem Grips, sondern daran, dass die beiden Herren quasi ihre eigene Sprache sprachen. Emma zuckte erneut mit den Achseln und blickte zu Iljana. »Ich hab keinen Schimmer um was es hier geht, aber es gefällt mir nicht in welche Richtung das geht.« Dann machte sie eine Pause und verschränkte mit strengem Blick die Arme vor der Brust. Das war nicht das, was sie sich bei ihrem Aufenthalt auf dieser Insel vorgestellt hatte. »Iljana hat Recht. Ein bisschen Klartext wäre von Vorteil.« Man sollte eine Geschichte immer am Anfang aufrollen und am Besten so, dass es auch verständlich war…
 

Jet Atlas

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Es gab sicherlich eine andere Professionen als die des Waffenmeisters, in denen Jet eine durchaus respektable, wenn nicht sogar großartige, Figur abgeben würde. Daran hatte er keine Zweifel. Einzige Voraussetzung für durchschlagenden Erfolg war die Unabhängigkeit von anderen Menschen, denn der zwischenmenschliche Umgang war so gar nicht unter seinen Stärken. Eigentlich kein großes Ärgernis – die meisten Menschen standen hauptberuflich ohnehin nur sinnfrei in den Wegen anderer herum -, aber wenn man etwas von ihnen wissen wollte und dabei ausschließlich mit gesagten Worte arbeiten konnte, war fehlende Sozialkompetenz doch eher hinderlich. Mit Argusaugen beobachtete er Vincents Ausbruch, der ihm aber nur die Erkenntnis einbrachte, dass er die Wand wohl doch etwas mehr beschädigt hätte. Die Stimmung von Mister Wichtig blieb ihm wie üblich verborgen. Zum Glück war es scheinbar nicht Vegas Art den Stummen zu mimen. „Scheiße … warum muss mir das nach vier Jahren passieren!“ Jets Aufmerksamkeit war geweckt. Das war mehr als er so rasch zu hoffen gewagt hatte. Vega wusste nicht nur etwas, er war mit dieser Gruppierung sogar bereits aneinandergeraten. Er war lange nicht bereit der Fügung für die zurückliegenden Tage zu vergeben, aber offensichtlich hatte sie ihn nicht gänzlich vergessen. Entgegen seiner Art interessierte es ihn sehr, was Vega zu den und über die Big Five zu sagen hatte.

Dementsprechend wirr schaute er drein, als Vega zu packen begann. Wollte er davonlaufen oder ihnen nachrennen? Seine Hände verkrampften sich. Unwissenheit war ihm ein Gräuel. „Emma, hast du von den Big Five schon einmal gehört?“ Jets Blick folgte dem von Vincent. Er hatte die beiden Anwesenden Damen kurzzeitig vollkommen vergessen. Warum waren sie eigentlich hier? Zum ersten Mal seit seiner Flucht aus der Kanalisation – von einer Befreiung würde er nicht sprechen – stellte sich ihm die Frage nach dem Hintergrund dieser merkwürdigen Gruppenkonstellation. Nach einem persönlichen Harem sah das ganze eher weniger aus. Aber kaum das Emma zu einer Antwort ansetzte, die er nach „..keinen Schimmer..“ zu überhören begann, verlor sich dieses Thema wieder im Nichts. Sollten die drei doch treiben was sie wollten, ersteinmal wollte sein hungriger Geist gefüttert werden. Er nahm sich vor die Frauenstimmen wie ein lästiges Rauschen in den Hintergrund zu verbannen und fixierte mit seinem Blick wieder den zusammenpackenden Sonderling. Der erfreulicherweise noch eine Reaktion für ihn parat hatte, die sich im nächsten Moment als äußerst unerfreulich herausstellte. Warum nur konnten Menschen nicht die unglaublich freundliche Angewohnheit haben sofort und ohne Umschweife alles zu erzählen was für ihn von Belang war? Das Leben wäre soviel einfacher.

Jet drückte seine Zigarette aus und machte sich daran, umgehend die nächste nachzuschieben. Da er Vegas Unterton nicht einmal dann hätte einordnen können wenn ihm dieser aufgefallen wäre, bohrte er umgehend nach. „Ich entscheide selbst wer oder was mich etwas angeht.“ Er lehnte sich zurück und schlug bequem die Beine übereinander. „Was hat es mit dieser Frau auf sich? Und welche Verbindung hat sie zu den Big Five?“ Seine rechte Hand spielte mit der Streichholzschachtel in seiner Hosentasche. Das Treffen dauerte kaum fünf Minuten und ja, er wurde bereits ungeduldig.
 
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