R
Rin
Guest
Dieser Tag war anders, er war nicht so wie andere Tage, dieses Gefühl hatte Rin schon beim Aufwachen. Seit Erin verschwunden war, herrschte eine allgegenwärtige, fast greifbare, Langeweile im Alltag der Schwarzhaarigen, arbeiten, Steine suchen und bei Collin vorbeischauen, falls sie einmal den kleinen Nervenkitzel für zwischendurch brauchte, sie war glücklich, wenn sie irgendetwas tun konnte. Doch heute war ein besonderer Tag, die Luft stank nicht nur extrem nach Marine. Nein, sie war auch in ständiger Bewegung, um Luftdruckunterschiede auszugleichen, kurz: Es war verdammt windig. Die Nacht war übrigens äußerst stürmisch gewesen. Unter anderen Umständen würde es der Putzteufelin nichts ausmachen, doch als sie heute aufgrund eines Niesanfalls die Treppe runterfiel, auf einer weise am Fuße eben dieser platzierten Matratze landete und eine dämliche Wäscheklammer auf der Nase tragen musste, sodass sie aussah wie ein Pinocchio, dessen Nase etwas schief gewachsen war, warum auch immer, wurde ihr bewusst, dass die stürmische Nacht nicht nur den miesen Uniformen-Geruch herangetragen hatte. Nein, da waren Steine im Spiel! In ihrem Kopf spülte eine freundliche Welle den legendären Rainbowstone auf den großen Platz hinter dem Wald! Jener Ort hatte diesen Namen sinnigerweise, weil er groß war und hinter dem Wald lag, ein absolut menschenleerer Fleck eben, ein Ort, an den niemand ging, nicht weil es gefährlich war, da gab es einfach absolut nichts. Aus Neugier liefen die Kinder mal zum Spielen dort hin, aber der Wald war einfach schöner, toller und interessanter, als eine doofe ebene Fläche mit ein wenig Sand am Rande und vielen riesigen Steinen, auf denen das Klettern mehr als nur langweilig war. Doch Speedy Rinzalez, die schnellste Menschin in Humming-Town, kannte den Wert dieses Stückchens Land, nicht einmal mit Erin war sie hergekommen, denn dieser Ort war eine Schatztruhe, hierhin verirrten sich die wirklich guten Steine, jene, die sie vor den Sammlern geheim hielt, und nach einer stürmischen Nacht war die Ernte immer vorzüglich.
Das Mädchen trat aus dem Wald, die Sonne blendete es zuerst, sodass es versehentlich über einen Stein stolperte und beinahe fiel, aber auch nur beinahe, in letzter Sekunde konnte die Sechzehnjährige ihren Fall mit dem rechten Fuß abrupt stoppen. Das war ein gutes Zeichen! Vorsichtig nahm die Musikerin das wenig zerbrechliche Objekt als Erinnerungsstück und steckte es in ihre Tasche, ein ebenso toller Start, sie war wirklich glücklich, ihre jetzige Laune war nun wirklich die denkbar beste Laune seit Langem. Dies war der Ort und dies war die Zeit, ein wahrer Steinsammler konnte es spüren. Die Luft vibrierte von den Schwingungen der uralten Objekte, sie war erfüllt von Fischgeruch in der Ferne, den man paradoxerweise riechen konnte, den unangenehmen Waschmittelduft allerdings kaum nicht. Ob die Insel Gerüche speichern konnte? Heute war ein berauschend großartiger Tag. Die Sonne stand noch längst nicht an ihrem Zenit, dennoch war es schön warm, der Himmel war klar, nur wenige Wolkenschafe tummelten sich im Blau, und der Rest des Wetters entsprach ebenso allen Klischees. Ein kurzer Blick über den winzigen Strand bestätigte ihr, das, was sie vermutet hatte: Hier konnte man lange bleiben. Die Sechzehnjährige hüpfte voller Vorfreude durch die Gegend, ehe ihr einfiel, dass diese Springtour mit einem schmerzhaften Aufprall enden könnte und wieder ruckartig aufhörte. Nun, dann eben nicht. Warum trödelte Rin hier überhaupt noch so rum und setzte ihr Leben aufs Spiel? Sie musste sich beeilen, die Steine konnten ja nicht ewig unberührt herumlungern. Gesagt, getan. Sie ging in Startposition, eine kleine Angewohnheit, die sie durch diverse Schulwettrennen angenommen hatte, sie tat das - natürlich - im Stehen, das reduzierte das Stolperrisiko um ein Vielfaches, ehe sie in ihre Rennbegeisterung verfiel. Ein unhörbarer „Startschuss“ und schon sauste sie, so schnell es nur ging, zum Meer, ohne hineinzufallen, um dies ausdrücklich zu betonen.
Nachdem sich Rin auf die Knie begeben hatte, der Sand war schön weich, fiel ihr zunächst ein Stein rechts von ihr sofort ins Auge, er hatte die Form einer zermatschten Orange, die schon so lange herumlag, dass sie versteinert war. Ob das überhaupt möglich war? Nun, eigentlich war es ja egal. Es gab diverse Bücher über die Deutung von Zeichen und Formen, doch das ließ sich wohl nicht damit vergleichen, abgesehen davon, dass die Steinsammlerin übernatürliche Dinge für ziemlich unmöglich hielt. Na gut, Insekten waren dämonische Kreaturen der Hölle, aber das war nochmal etwas ganz Anderes. Zumindest fiel der Stein auf, das sollte der erste Stein sein, den sie heute untersuchte. Die Sechzehnjährige hielt ihn in die Sonne...und staunte nicht schlecht, wenn man ihn im direkten Licht betrachtete, sah er doch glatt wie ein Schiff aus! Was für ein vielseitiger Stein. Das Schiff schien uralt, als wäre es schon zu lange auf der See gewesen, die Seiten zerkratzt, das Steuerrad abgebrochen, der Bug zerschunden und vom Aussehen des Hecks sollte man lieber gar nicht erst anfangen, nur der Mast sah wie neu aus, mit einer wehenden schwarzen Flagge schwankte er in ihre Richtung. Wirklich cool, doch etwas beschäftigte sie. Seit wann schwankten Steine eigentlich? Sie waren doch recht massiv und... Eine böse Vorahnung beschlich sie. Das Mädchen nahm das zermatschte Orangenschiff herunter, die Sonne leuchtete nun auf etwas völlig anderes. Lustigerweise, auch wenn an dieser Situation wohl wenig lustig war, hatte der soeben gefundene Stein ein anderes Schiff verdeckt, dieses sah wesentlich schöner aus als der leicht bräunliche Stein, doch es war auch beängstigender. Der Grund dafür war simpel: Es hatte einen Jolly Roger, die schwarze Flagge, über welche sie nicht weiter nachgedacht hatte, war das Zeichen aller Piraten. Wenn also ein Schiff mit einem Jolly Roger durch die Gegend segelte, tat es das nicht, weil der Totenkopf so schick aussah, was nur eine logische Schlussfolgerung zuließ: Das waren Piraten! Nachdem sie zu diesem wahrlich wahren Ergebnis gekommen war, wurde ihr bewusst, was das hieß, sie brach in Panik aus. Piraten...und das ausgerechnet in Humming-Town! Was sollte die zukünftige Triangelvirtuosin denn machen? Das musste sie sofort melden, der Marine, ihrem Vater, Mr. Pu, wem auch immer! Gerade wollte sie sich aufrappeln, um eben dies zu tun, als sich eine Stimme in ihrem Kopf meldete. Es war eine bekannte Stimme, die Stimme der Macht, welche die beiden größten Bremskräfte des Universums umgehen konnte, die Angst und die Vernunft. Es war das Stimmchen der Neugier, welches ihr nun half, die beiden Seiten abzuwiegen, natürlich war es dabei nur auf seinen Sieg aus, doch so war die Neugier nun mal.
Auf der einen Seite hätten wir die Vorstellung wie sie selbst aufgeregt durch den Wald stolperte, vollkommen verstört, auf der Suche nach etwas Menschlichem, dem sie von der neuen Bedrohung erzählen konnte, dann fand sie endlich einen Einwohner, doch – oh Gott! - es war ein Marinesoldat und wegen eines Niesanfalls konnte sie ihm nichts erzählen, da würde sie sicher noch ohnmächtig werden, weil die Marineseppen von nichts wussten, würde er sie gleich mitnehmen und in der Nähe des Waschmittels... ein Schaudern lief ihr über den Rücken. Dann konnte es wirklich niemand mehr erfahren. Weitaus angenehmer war die andere Variante: Sie würde sich hier hinter einem der riesigen Felsen am Strand verstecken und die Aktionen der Piraten überwachen, herausfinden, was sie hier wollten, und sie durch mentale Kriegsführung dazu bringen die Insel zu verlassen. Wie genau sie das jetzt anstellen wollte? Nun...auf diese Frage gab ihr die Stimme der Neugier keine Antwort, doch das schien ja wohl nicht so wichtig und sowieso nur zweitrangig. Es war viel wichtiger herauszufinden, wer diese Piraten waren. Und mit dem Sieg der Neugier im Gesicht versteckte sie sich "unauffällig" hinter einem riesigen Stein.
Das Mädchen trat aus dem Wald, die Sonne blendete es zuerst, sodass es versehentlich über einen Stein stolperte und beinahe fiel, aber auch nur beinahe, in letzter Sekunde konnte die Sechzehnjährige ihren Fall mit dem rechten Fuß abrupt stoppen. Das war ein gutes Zeichen! Vorsichtig nahm die Musikerin das wenig zerbrechliche Objekt als Erinnerungsstück und steckte es in ihre Tasche, ein ebenso toller Start, sie war wirklich glücklich, ihre jetzige Laune war nun wirklich die denkbar beste Laune seit Langem. Dies war der Ort und dies war die Zeit, ein wahrer Steinsammler konnte es spüren. Die Luft vibrierte von den Schwingungen der uralten Objekte, sie war erfüllt von Fischgeruch in der Ferne, den man paradoxerweise riechen konnte, den unangenehmen Waschmittelduft allerdings kaum nicht. Ob die Insel Gerüche speichern konnte? Heute war ein berauschend großartiger Tag. Die Sonne stand noch längst nicht an ihrem Zenit, dennoch war es schön warm, der Himmel war klar, nur wenige Wolkenschafe tummelten sich im Blau, und der Rest des Wetters entsprach ebenso allen Klischees. Ein kurzer Blick über den winzigen Strand bestätigte ihr, das, was sie vermutet hatte: Hier konnte man lange bleiben. Die Sechzehnjährige hüpfte voller Vorfreude durch die Gegend, ehe ihr einfiel, dass diese Springtour mit einem schmerzhaften Aufprall enden könnte und wieder ruckartig aufhörte. Nun, dann eben nicht. Warum trödelte Rin hier überhaupt noch so rum und setzte ihr Leben aufs Spiel? Sie musste sich beeilen, die Steine konnten ja nicht ewig unberührt herumlungern. Gesagt, getan. Sie ging in Startposition, eine kleine Angewohnheit, die sie durch diverse Schulwettrennen angenommen hatte, sie tat das - natürlich - im Stehen, das reduzierte das Stolperrisiko um ein Vielfaches, ehe sie in ihre Rennbegeisterung verfiel. Ein unhörbarer „Startschuss“ und schon sauste sie, so schnell es nur ging, zum Meer, ohne hineinzufallen, um dies ausdrücklich zu betonen.
Nachdem sich Rin auf die Knie begeben hatte, der Sand war schön weich, fiel ihr zunächst ein Stein rechts von ihr sofort ins Auge, er hatte die Form einer zermatschten Orange, die schon so lange herumlag, dass sie versteinert war. Ob das überhaupt möglich war? Nun, eigentlich war es ja egal. Es gab diverse Bücher über die Deutung von Zeichen und Formen, doch das ließ sich wohl nicht damit vergleichen, abgesehen davon, dass die Steinsammlerin übernatürliche Dinge für ziemlich unmöglich hielt. Na gut, Insekten waren dämonische Kreaturen der Hölle, aber das war nochmal etwas ganz Anderes. Zumindest fiel der Stein auf, das sollte der erste Stein sein, den sie heute untersuchte. Die Sechzehnjährige hielt ihn in die Sonne...und staunte nicht schlecht, wenn man ihn im direkten Licht betrachtete, sah er doch glatt wie ein Schiff aus! Was für ein vielseitiger Stein. Das Schiff schien uralt, als wäre es schon zu lange auf der See gewesen, die Seiten zerkratzt, das Steuerrad abgebrochen, der Bug zerschunden und vom Aussehen des Hecks sollte man lieber gar nicht erst anfangen, nur der Mast sah wie neu aus, mit einer wehenden schwarzen Flagge schwankte er in ihre Richtung. Wirklich cool, doch etwas beschäftigte sie. Seit wann schwankten Steine eigentlich? Sie waren doch recht massiv und... Eine böse Vorahnung beschlich sie. Das Mädchen nahm das zermatschte Orangenschiff herunter, die Sonne leuchtete nun auf etwas völlig anderes. Lustigerweise, auch wenn an dieser Situation wohl wenig lustig war, hatte der soeben gefundene Stein ein anderes Schiff verdeckt, dieses sah wesentlich schöner aus als der leicht bräunliche Stein, doch es war auch beängstigender. Der Grund dafür war simpel: Es hatte einen Jolly Roger, die schwarze Flagge, über welche sie nicht weiter nachgedacht hatte, war das Zeichen aller Piraten. Wenn also ein Schiff mit einem Jolly Roger durch die Gegend segelte, tat es das nicht, weil der Totenkopf so schick aussah, was nur eine logische Schlussfolgerung zuließ: Das waren Piraten! Nachdem sie zu diesem wahrlich wahren Ergebnis gekommen war, wurde ihr bewusst, was das hieß, sie brach in Panik aus. Piraten...und das ausgerechnet in Humming-Town! Was sollte die zukünftige Triangelvirtuosin denn machen? Das musste sie sofort melden, der Marine, ihrem Vater, Mr. Pu, wem auch immer! Gerade wollte sie sich aufrappeln, um eben dies zu tun, als sich eine Stimme in ihrem Kopf meldete. Es war eine bekannte Stimme, die Stimme der Macht, welche die beiden größten Bremskräfte des Universums umgehen konnte, die Angst und die Vernunft. Es war das Stimmchen der Neugier, welches ihr nun half, die beiden Seiten abzuwiegen, natürlich war es dabei nur auf seinen Sieg aus, doch so war die Neugier nun mal.
Auf der einen Seite hätten wir die Vorstellung wie sie selbst aufgeregt durch den Wald stolperte, vollkommen verstört, auf der Suche nach etwas Menschlichem, dem sie von der neuen Bedrohung erzählen konnte, dann fand sie endlich einen Einwohner, doch – oh Gott! - es war ein Marinesoldat und wegen eines Niesanfalls konnte sie ihm nichts erzählen, da würde sie sicher noch ohnmächtig werden, weil die Marineseppen von nichts wussten, würde er sie gleich mitnehmen und in der Nähe des Waschmittels... ein Schaudern lief ihr über den Rücken. Dann konnte es wirklich niemand mehr erfahren. Weitaus angenehmer war die andere Variante: Sie würde sich hier hinter einem der riesigen Felsen am Strand verstecken und die Aktionen der Piraten überwachen, herausfinden, was sie hier wollten, und sie durch mentale Kriegsführung dazu bringen die Insel zu verlassen. Wie genau sie das jetzt anstellen wollte? Nun...auf diese Frage gab ihr die Stimme der Neugier keine Antwort, doch das schien ja wohl nicht so wichtig und sowieso nur zweitrangig. Es war viel wichtiger herauszufinden, wer diese Piraten waren. Und mit dem Sieg der Neugier im Gesicht versteckte sie sich "unauffällig" hinter einem riesigen Stein.