Boris setzte sich mit dem Kapitän der anderen Crew, Hampton, zusammen und besprach mit diesem den Verlauf der Feierlichkeiten. Da beide Mannschaften in Birth Town ihre Vorräte aufgestockt haben, war Essen wahrlich kein Problem. Doch der Glatzkopf betrachtete Boldman trocken: „Boldman ist für deine Crew nicht ausgelegt, Mindestbelastbarkeit würde es einschließen, jedoch nicht den vorhergesehenen Platz.“ Dass sich alle auf das Deck drängelten, konnte nicht sinn der Sache sein, insbesondere: Wo sollten dann die Fässer mit Bier und die Tische mit dem Essen hin? Undenkbar!
„Dann machen wir es hier.“, gluckste Hampton und schlug Boris freundschaftlich auf die Schulter, während dieser dem Blonden einen irritierten Blick gab. Das machte normalerweise Boris mit anderen, dieser freundschaftliche Klaps wie von einem großen Bruder, doch der andere Kapitän machte es nun auch so, da fragte sich der Hüne, wer nun welche Rolle innehatte.
Doch beließ er es vorerst dabei: „Dann schickt BORIS noch ein paar von den Nakama von BORIS herüber um zu helfen! Aber da ist noch etwas, BORIS sah Waylander hierher getragen werden, BORIS möchte nach Waylander schauen!“ Schnell wurde der Schiffsarzt arrangiert, der Boris zur Krankenstation führen sollte. Doch nicht alleine: „Fräulein Kassia, kommen Sie doch bitte mit.“ Es lag zwischen einer ruppigen Bitte und einem eleganten Befehl, doch Boris wollte sie dabei haben, da sie sich schon um seinen Arm gekümmert hatte, der… nun, scheinbar war da etwas schief gegangen, die Wunde war aufgegangen und eine Kruste hatte sich gebildet, die aber nicht so schön aussah. Aber war immer noch als Fleischwunde zu bewerten. Und jetzt, wo er darüber nachdachte: Es brannte wie ein guter Schnaps in der Kehle, nur weniger wohlig und noch brennender! Und jetzt wo von Schnaps die Rede war, da wollte er Pirat auch schon einen, doch er würde noch später Gelegenheit haben, sich schön zu besaufen!
Die Krankenstation befand sich auf Deckhöhe, da hatte jemand mitgedacht. Um genauer zu sein, da hatte jemand an eine Krankenstation gedacht! Boldman hatte keine, aber das lag daran, dass bei so viel Männlichkeit einfach kein Platz mehr für den Heilungskram war, dafür geballte Kraft und Willensstärke. Unaufhaltsam wie ein Huhn, welches einen Sturmhelm trug und durch eine Kanone abgeschossen wurde. Woher Boris diesen Vergleich hatte? In Sharewood wurden auch Kanonen geschmiedet, weswegen sie einige Belastungstests durchstehen mussten. Und hin und wieder versuchten die Handwerker von Sharewood auch mal etwas Neues.
„Hier ist er.“ Scheinbar schlief Waylander, sein Arm sah recht kaputt aus, aber das sollte der kleine Mann durchstehen können. Der Arzt setzte sich auf den einzigen Hocker und begann zu sprechen: „Fürs Erste habe ich mit Schlafmohn seine Schmerzen gelindert, weiter konnte ich ihn noch nicht untersuchen. Aber der Arm ist noch dran, das ist in den meisten Fällen ein gutes Zeichen.“ Boris nickte zu den Worten, als würde er sie verstehen und schaute sich den einstigen Saufkumpanen an.
So friedlich das Gesicht… Zwei große Pranken klatschten zweimal aufeinander und beim zweiten Mal verharrten sie Handfläche an Handfläche vor dem Gesicht des kahlen Kopfes: „Ruhe in Frieden!“
Er verließ die Krankenstation, um den beiden nicht im Wege zu stehen, denn er konnte da nichts tun, auch wenn er den Vorschlag gemacht hatte, Waylander so lange zu Ohrfeigen, bis er endlich wach werden würde. Doch da er dort nichts tun konnte, machte er etwas anderes, denn Boris konnte immer etwas machen, immer und überall, auch wenn es nicht immer das Beste war, doch lieber man tat etwas, anstatt dass man nichts tat!
Wo war eigentlich Puc abgeblieben? Boris sperrte die Ohren auf und hörte auf Boldman die Atemzüge seines kleinen Kumpels. Dann krachte jemand mit einem Korb voller Essen in Boris hinein, doch der Größenunterschied war auch wo Boris vollkommen woanders war, viel zu groß, weswegen der andere einfach nur auf den Hintern fiel, ohne dem Großen großartig ins Schwanken zu bringen. „Au… Ich habe doch dir zugeschrieen, dass du aus dem Weg solltest…“, stöhnte der kleine Kerl auf, während er sich den Kopf rieb. Hatte er wirklich geschrieen? Das hatte Boris nicht gehört. Muss an der Lautstärke liegen, die aufgrund der Festvorbereitungen hier herrschte.
Deswegen wechselte der Kapitän auf sein Schiff zurück. Er dachte nicht daran, sich umzuziehen, das was er anhatte war mehr als gut genug, da es zeigte, was das für ein Abenteuer gewesen war. Stattdessen sah er in Richtung von Pucs Atemzüge… Training, früher hatte Boris auch mal trainiert, er erinnerte sich gut daran, doch nun war er stark und lernte aus der Praxis heraus! Doch sollten Kinder noch so lernen, deswegen waren sie ja auch Kinder. So beobachtete er die letzten Vorbereitungen, bevor er die beiden rief und setzte sich dann auf der Feier neben Hampton, um mit ihm bei einem Schälchen Sake anzustoßen: „Prost!“
Kurz darauf verschwand das Essen… Boris saß da mit etwas irritiertem Gesichtsausdruck und versuchte zu begreifen, wo das Essen genau war. Wenn man die Bewegungsrichtung einschließlich Verhaltensregeln von Essen in der Nähe von bestimmten Personen in Betracht zog, würde man bestimmt auf ein interessantes Ergebnis kommen, doch wer glaubte denn schon, dass der Glatzkopf solchen Dingen genügend Aufmerksamkeit schenkt?
Der Instinkt war viel besser und Boris drehte den Kopf zu Hampton um und sah ihn mit einem Gesicht an, welches so ausdruckslos war, dass die Schuldzuweisung vollkommen ersichtlich wurde: „Da war aber einer gierig.“ Dann piekte der Hüne einen Wurstfinger in Hamptons Bauch.
Die wirkliche Auflösung war weit weniger offensichtlich, bis zu dem Moment, wo Feng mit dem Singen anfing, da fiel plötzlich alles in ein Muster. „Buahahahahaha! Gesunder Appetit ist doch nichts Schlimmes und seht sie euch doch mal an, Feng muss noch wachsen!“ Damit nahm er selbst einen Schluck und begann sein nächstes Vorgehen.
Er klopfte auf dem Tisch und stand auf. „Seid nun alle ruhig!“, befahl Boris in einer lauten Stimme, in der nicht nur Lautstärke, sondern auch rhetorische Kraft lag. Er ließ die Piraten, seien sie unter seiner Flagge oder einer anderen sich etwas beruhigen, bevor er fortfuhr: „Heute war ein großer Tag und ein großer Sieg, BORIS weiß nicht, worüber BORIS und ihr alle genau gesiegt haben, aber der Sieg schmeckt süßer als jeder Sake!“ Auch als süßer Sake, aber jedenfalls süßer als trockener Sake. „Und heute ist BORIS so einiges klar geworden.“ Damit ließ er eine halbe Sekunde Pause vergehen: „Vergil, BORIS hat bestimmt mitbekommen, wie sehr du dich für die Crew engagiert hast und BORIS ist zu einem Schluss gelangt. Vergil, BORIS ernennt dich zum Vize-Kapitän, auf dass die Crew genau weiß, wer das Sagen hat, wenn BORIS nicht da ist! Enttäusche BORIS einmal, dann Schande über dich... Enttäusche BORIS zweimal...“ Er ließ die Pause einwirken und machte klar, dass es besser war, es nicht ausszupsrechen. Dann in deutlich fröhlicherer Stimmung: „Darauf Prost!“ Boris hob seinen Humpen und leerte ihn mit einem Schluck, während andere schon mit dem Jubeln anfingen. Er ließ sie etwas weiter jubeln und schenkte sich neu ein, dann klopfte er wieder auf den Tisch. „Dann… hat BORIS noch eine weitere Aussage zu treffen: BORIS nimmt jeden hier auf, der unter der Flagge von BORIS segeln mag. Feng möchte, so weit BORIS weiß, nun in die Crew und BORIS würde sich geehrt fühlen, wenn Fräulein Kassia mit ihrem Wissen über… Me… di… Mediblen für BORIS einsetzen würde! Und dann gab es noch einen kleinen Mann, der so richtig Dampf gemacht hat und BORIS fand das toll! BORIS redet von Waylander, weswegen BORIS nun alle drei bittet, in die Crew von BORIS zu kommen. Das Ziel von BORIS ist… PIRATENKÖNIG!!! Und darauf PROST!!!“ Und wieder trank Boris seinen Humpen.