Momo
Kopfgeldjäger
Ein Schweißtropfen schälte sich von der Stirn der jungen Frau, glitt ihre Schläfe hinab und löste sich zäh von der dunklen Haut. Leise, ohne je gehört zu werden, fiel der Tropfen zu Boden und vermischte sich mit dem heißen Sand. Er würde binnen von Sekunden unter der erbarmungslosen Wüstensonne verdampfen.
Die Kriegerin klammerte sich mit ihrer letzten Kraftreserve an die Unterseite der Kutsche, darauf bedacht, nicht loszulassen. Würden ihre Arme nun nachlassen, hätte sie keine Chance mehr, Rache für ihren verstorbenen Stammesbruder zu nehmen. Nur deswegen klammerte sich die junge Frau verzweifelt an der länglichen Achse des Gefährt. Sie konnte hören, wie die Weißen aus der Kutsche stiegen und sich das Gewicht nur für kurze Zeit auf die rechte Seite verlagerte. Stimmen drangen an ihr Ohr. Es war ihr beinah ein Graus, dass sie die hässliche Sprache verstehen konnte, die die Fremden dort sprachen. Es war beinah wie ein Fluch für sie.
Die Weißen entfernten sich und der Kutscher schnalzte zweimal. Die Kutsche kam ruckelnd in Bewegung und entfernte sich von der staubigen Stadt. Eigentlich wollte sie das hier nicht. Eigentlich sollte sie schon längst zurück bei ihrem Vater sein, der auf ihren Bericht wartete. Doch sie konnte nicht zusehen, wie diese Eindringlinge einen Stammesbruder nach dem anderen niederstreckte. Die Wut in ihrem Bauch konnte nicht einfach so vergessen werden.
Die festgetrampelte Hauptstraße floss unter ihrem Rücken hinfort und schon bald war das Gefährt mit den zwei Pferden und dem Kutscher ein gutes Stück vorangekommen. Die verstärkten Holzräder holperten über eine Erhebung und das war das Startzeichen für die indianische Frau. Sie löste ihren festen Griff um die Stange und ließ sich plump auf den Erdboden fallen. Die Kutsche rumpelte über sie hin weg und nach einem Wimpernschlag war die schlanke Frau flink auf ihren Füßen. Die Sonne schien auf eine zwanzigjährige hübsche Frau herunter und beleuchtete ihre feinen, aber markanten Züge. Schlanke, lange Beine verschwanden unter einem knielangen Kleid, welches aus weichem Büffelleder bestand. Es war nur am Saum der kurzen Ärmel mit Ornamenten bestickt und am tiefliegenden Ausschnitt, welcher ein leichtes Dekoletee freiließ. Ihre braungebrannte Haut hob sich dunkel von dem hellbraunen Stoff ab und ihre langen schwarzen Haare, welche ihr, sogar im geflochteten Zopf, bis zur Hüfte reichten, betonten abermals den Kontrast. Dunkle Augen stachen aus dem verunstalteten Gesicht der Frau hervor und lenkten etwas von den tiefen Narben ab, welche sich über das ganze Gesichtsfeld zogen. Vier breite, tiefe Linien zogen sich durch die braungebrannte Haut, jedoch waren die hohen Wangenknochen und die feine Nase unversehrt geblieben, gaben dem feinen Gesicht doch die Weiblichkeit, welches es verdient hat.
Man hatte ihr den Namen, Mazasha, "Rotes Eisen" gegeben, da ihre Haut einen leichten Rotstich besaß. Jedoch, nach einem schrecklichen Vorfall wurde sie nur noch mit einem anderen Namen gerufen: Ankita, "die Gezeichnete".
Ankita sprintete los und trabte eine zeitlang neben der Kutsche her, bis sie sich geschwind an dem Gefährt hochzog und den Kutscher somit überraschte. In seinen Augen konnte die Indianerin sehen, dass der ältere Mann sie erkannte, aber niemals wiedersehen würde. Mit einem gezielten Streich durchtrennte sie ihm die Kehle und er kippte langsam von der erhöhten Position, bis er auf den Erdboden aufschlug. Ohne weitere Zeit zu verlieren, sprang Ankita zu ihm herunter, aber nicht um sich zu versichern, ob er tatsächlich tot war, sondern, um mit geübten Handgriffen die Pferde von ihrem schweren Geschirr zu befreien. Das kostete Zeit, viel Zeit, doch die nahm sich die junge Indianerin für die Tiere. "Ihr seid frei", flüsterte sie in ihrer Stammessprache und gab den beiden einen kräftigen Klaps auf das Hinterteil. Die Pferde jagten wiehernd davon und Ankita wusste, dass ihre Stammesbrüder die Tiere bald einfangen würden, um ihnen ein besseres Leben zu schenken.
Nun schoss doch die bekannte Hitze durch den Körper der Indianerin, als sie sich keuchend an die raue Holzwand presste. Das Holz ächzte klagend, war es doch schon seit Jahren durch die ständige Bestrahlung der Wüstensonne ausgedörrt. Doch Ankita blieb nur kurz dort, um ihr Messer zu ziehen. Die Klinge war nicht ganz so lang wie ihr Unterarm, aber so scharf wie die Krallen eines Adlers.
Ungesehen und ungehört, umrundete die junge Frau das Haus der Weißen. Durch Beobachtung wusste sie, dass in diesem Gebäude die Fremden übernachteten, wenn sie in dieser Stadt blieben. So konnte sie sich sicher sein, dass hier die übrigen Insassen des Gefährts verweilen würden. Als würden sie auf die Rothaut warten.
Sie hielt Ausschau nach einem offenen Fenster, und fand es sogleich. Stimmen drangen nach draußen und ihrem guten Gehör zufolge, war es die hohe Stimme einer Frau, die sich über etwas beklagte. Als Ankita unter ihr luftiges Kleid griff, kam ihr ihr Vater in den Sinn, der wohl über diesen Racheakt nur den Kopf schütteln würde. Er war kein jähzorniger Mensch, oder plante Überfälle auf die Weißen. Am liebsten würde er sogar mit ihnen verhandeln. Tabak, Feuerwasser und auch diese "Knallstäbe", wie Ankita sie nannte, hatte der Häupling "Schwarzer Hund" Interesse. Jedoch konnte er seiner Tochter kein Verständnis dafür abringen. Sie hasste die Weißen und würde jeden einzelnen umbringen, der ihrem Stamm auch nur zu Nahe kam.
Sie zog ein dünnes Seil aus Rosshaar hervor, an dem ein verbogenes Stück Eisen hing. Es war ihr egal, woher Mutam, ihr Bruder, es hatte oder von wem er es gestohlen hatte, aber nun würde es seinen Dienst erweisen. Gezielt hakte sich die provisorische Leiter nach einem schwungvollen Wurf im Inneren des Raumes ein und Ankita konnte einen überraschten Laut vernehmen. Nun musste sie schnell sein.
Sie ergriff das Seil, stemmte ihre Füße gegen die ächzende Wand und hangelte sich langsam nach oben. Dort, am Fenster, war schon das aufgedunsene Gesicht Archibalds zu sehen, der entrüstet etwas seiner Frau entgegenschrie. "Rothaut!"
Verzweifelt versuchte der ältere Kerl das Seil zu kappen, doch schon war die Indianerin am Ende des Seils angelangt. Flink verschaffte sie sich Einlass in das stickige Zimmer und duckte sich unter einem Schlag hinweg. Kaum hatte sich die Dunkelhäutige zu ihrer vollen Größe aufgerichtet, find sie sich einen harten Schlag in den Magen ein, doch wer war sie, dass sie das nicht wegstecken würde? Ihr Messer zerschnitt die schwüle Luft und das Monokel Archibalds plumpste zu Boden. Knapp verfehlt. Das hysterische Kreischen der Frau ignorierte Ankita gekonnt, denn nach zwei weiteren Augenblicken hatte sie wenigstens einen Grund zum schreien. Der weiße Mann war ausgeschaltet, doch die Fremde machte es der Indianerin nicht leicht.
"B-bleib weg...weg...WEG!"
Ein Schuss löste sich aus dem Knallstab, verfehlte die junge Ankita nur knapp. Das war eine Warnung. Eine sehr genaue. Die Indianerin stürzte mit klingelnden Ohren aus dem Zimmer, stolperte den Flur hinab und sprang fast drei Meter in die Tiefe, hinab in den Saloon. Sie sah sich nicht um, fixierte keinen der überraschten Menschen dort. Es war ihr ein Graus nur einem davon ins Gesicht zu sehen. Zwei haben heute definitiv gereicht. Die junge Frau rollte sich geschickt ab, nutzte den Schwung, kam so wieder auf die Beine und rannte nach draußen, wo die Sonne sie blendete.
Die Kriegerin klammerte sich mit ihrer letzten Kraftreserve an die Unterseite der Kutsche, darauf bedacht, nicht loszulassen. Würden ihre Arme nun nachlassen, hätte sie keine Chance mehr, Rache für ihren verstorbenen Stammesbruder zu nehmen. Nur deswegen klammerte sich die junge Frau verzweifelt an der länglichen Achse des Gefährt. Sie konnte hören, wie die Weißen aus der Kutsche stiegen und sich das Gewicht nur für kurze Zeit auf die rechte Seite verlagerte. Stimmen drangen an ihr Ohr. Es war ihr beinah ein Graus, dass sie die hässliche Sprache verstehen konnte, die die Fremden dort sprachen. Es war beinah wie ein Fluch für sie.
Die Weißen entfernten sich und der Kutscher schnalzte zweimal. Die Kutsche kam ruckelnd in Bewegung und entfernte sich von der staubigen Stadt. Eigentlich wollte sie das hier nicht. Eigentlich sollte sie schon längst zurück bei ihrem Vater sein, der auf ihren Bericht wartete. Doch sie konnte nicht zusehen, wie diese Eindringlinge einen Stammesbruder nach dem anderen niederstreckte. Die Wut in ihrem Bauch konnte nicht einfach so vergessen werden.
Die festgetrampelte Hauptstraße floss unter ihrem Rücken hinfort und schon bald war das Gefährt mit den zwei Pferden und dem Kutscher ein gutes Stück vorangekommen. Die verstärkten Holzräder holperten über eine Erhebung und das war das Startzeichen für die indianische Frau. Sie löste ihren festen Griff um die Stange und ließ sich plump auf den Erdboden fallen. Die Kutsche rumpelte über sie hin weg und nach einem Wimpernschlag war die schlanke Frau flink auf ihren Füßen. Die Sonne schien auf eine zwanzigjährige hübsche Frau herunter und beleuchtete ihre feinen, aber markanten Züge. Schlanke, lange Beine verschwanden unter einem knielangen Kleid, welches aus weichem Büffelleder bestand. Es war nur am Saum der kurzen Ärmel mit Ornamenten bestickt und am tiefliegenden Ausschnitt, welcher ein leichtes Dekoletee freiließ. Ihre braungebrannte Haut hob sich dunkel von dem hellbraunen Stoff ab und ihre langen schwarzen Haare, welche ihr, sogar im geflochteten Zopf, bis zur Hüfte reichten, betonten abermals den Kontrast. Dunkle Augen stachen aus dem verunstalteten Gesicht der Frau hervor und lenkten etwas von den tiefen Narben ab, welche sich über das ganze Gesichtsfeld zogen. Vier breite, tiefe Linien zogen sich durch die braungebrannte Haut, jedoch waren die hohen Wangenknochen und die feine Nase unversehrt geblieben, gaben dem feinen Gesicht doch die Weiblichkeit, welches es verdient hat.
Man hatte ihr den Namen, Mazasha, "Rotes Eisen" gegeben, da ihre Haut einen leichten Rotstich besaß. Jedoch, nach einem schrecklichen Vorfall wurde sie nur noch mit einem anderen Namen gerufen: Ankita, "die Gezeichnete".
Ankita sprintete los und trabte eine zeitlang neben der Kutsche her, bis sie sich geschwind an dem Gefährt hochzog und den Kutscher somit überraschte. In seinen Augen konnte die Indianerin sehen, dass der ältere Mann sie erkannte, aber niemals wiedersehen würde. Mit einem gezielten Streich durchtrennte sie ihm die Kehle und er kippte langsam von der erhöhten Position, bis er auf den Erdboden aufschlug. Ohne weitere Zeit zu verlieren, sprang Ankita zu ihm herunter, aber nicht um sich zu versichern, ob er tatsächlich tot war, sondern, um mit geübten Handgriffen die Pferde von ihrem schweren Geschirr zu befreien. Das kostete Zeit, viel Zeit, doch die nahm sich die junge Indianerin für die Tiere. "Ihr seid frei", flüsterte sie in ihrer Stammessprache und gab den beiden einen kräftigen Klaps auf das Hinterteil. Die Pferde jagten wiehernd davon und Ankita wusste, dass ihre Stammesbrüder die Tiere bald einfangen würden, um ihnen ein besseres Leben zu schenken.
Nun schoss doch die bekannte Hitze durch den Körper der Indianerin, als sie sich keuchend an die raue Holzwand presste. Das Holz ächzte klagend, war es doch schon seit Jahren durch die ständige Bestrahlung der Wüstensonne ausgedörrt. Doch Ankita blieb nur kurz dort, um ihr Messer zu ziehen. Die Klinge war nicht ganz so lang wie ihr Unterarm, aber so scharf wie die Krallen eines Adlers.
Ungesehen und ungehört, umrundete die junge Frau das Haus der Weißen. Durch Beobachtung wusste sie, dass in diesem Gebäude die Fremden übernachteten, wenn sie in dieser Stadt blieben. So konnte sie sich sicher sein, dass hier die übrigen Insassen des Gefährts verweilen würden. Als würden sie auf die Rothaut warten.
Sie hielt Ausschau nach einem offenen Fenster, und fand es sogleich. Stimmen drangen nach draußen und ihrem guten Gehör zufolge, war es die hohe Stimme einer Frau, die sich über etwas beklagte. Als Ankita unter ihr luftiges Kleid griff, kam ihr ihr Vater in den Sinn, der wohl über diesen Racheakt nur den Kopf schütteln würde. Er war kein jähzorniger Mensch, oder plante Überfälle auf die Weißen. Am liebsten würde er sogar mit ihnen verhandeln. Tabak, Feuerwasser und auch diese "Knallstäbe", wie Ankita sie nannte, hatte der Häupling "Schwarzer Hund" Interesse. Jedoch konnte er seiner Tochter kein Verständnis dafür abringen. Sie hasste die Weißen und würde jeden einzelnen umbringen, der ihrem Stamm auch nur zu Nahe kam.
Sie zog ein dünnes Seil aus Rosshaar hervor, an dem ein verbogenes Stück Eisen hing. Es war ihr egal, woher Mutam, ihr Bruder, es hatte oder von wem er es gestohlen hatte, aber nun würde es seinen Dienst erweisen. Gezielt hakte sich die provisorische Leiter nach einem schwungvollen Wurf im Inneren des Raumes ein und Ankita konnte einen überraschten Laut vernehmen. Nun musste sie schnell sein.
Sie ergriff das Seil, stemmte ihre Füße gegen die ächzende Wand und hangelte sich langsam nach oben. Dort, am Fenster, war schon das aufgedunsene Gesicht Archibalds zu sehen, der entrüstet etwas seiner Frau entgegenschrie. "Rothaut!"
Verzweifelt versuchte der ältere Kerl das Seil zu kappen, doch schon war die Indianerin am Ende des Seils angelangt. Flink verschaffte sie sich Einlass in das stickige Zimmer und duckte sich unter einem Schlag hinweg. Kaum hatte sich die Dunkelhäutige zu ihrer vollen Größe aufgerichtet, find sie sich einen harten Schlag in den Magen ein, doch wer war sie, dass sie das nicht wegstecken würde? Ihr Messer zerschnitt die schwüle Luft und das Monokel Archibalds plumpste zu Boden. Knapp verfehlt. Das hysterische Kreischen der Frau ignorierte Ankita gekonnt, denn nach zwei weiteren Augenblicken hatte sie wenigstens einen Grund zum schreien. Der weiße Mann war ausgeschaltet, doch die Fremde machte es der Indianerin nicht leicht.
"B-bleib weg...weg...WEG!"
Ein Schuss löste sich aus dem Knallstab, verfehlte die junge Ankita nur knapp. Das war eine Warnung. Eine sehr genaue. Die Indianerin stürzte mit klingelnden Ohren aus dem Zimmer, stolperte den Flur hinab und sprang fast drei Meter in die Tiefe, hinab in den Saloon. Sie sah sich nicht um, fixierte keinen der überraschten Menschen dort. Es war ihr ein Graus nur einem davon ins Gesicht zu sehen. Zwei haben heute definitiv gereicht. Die junge Frau rollte sich geschickt ab, nutzte den Schwung, kam so wieder auf die Beine und rannte nach draußen, wo die Sonne sie blendete.