Nur wenige Dinge reichten, dass Interesse des stoischen Charakters zu erreichen, die Bluthexe schaffte dies alle mal. Normalerweise gelangte die Kunde wichtiger Personen schnell an seine Ohren, sie musste etwas sein, wenn sie sich auf der Mondinsel bewegte ohne die Aufmerksamkeit der Allgemeinheit und des Geheimdienstes zu erregen. Beste Erklärung dafür wäre, dass sie gar nicht existiert, doch das wollte sich Tyrael nicht eingestehen, da musste einfach etwas anderes hinter stecken. Er war sich sich, wenn dieser Mann wirklich wusste wo sie war, würde er sich nun zu ihr begeben.
Der schmierige Gauner hatte sich gerade aufgerappelt und war froh, den unheimlichen Angreifer ab gewimmelt zu haben. Die spitze Hakennase noch einmal nach rechts und links richtend, machte er sich auf, zu einem ungewissen Ziel, doch sein Verfolger plante diese Ungewissheit zu beenden.
Er war alles andere als ein Profi und irrte wie ein plumper Handwerker durch die Gassen, sämtliches Feingefühl missend, dass man den Dieben dieser Stadt zu sprach. Immer mehr Zweifel kamen auf, dass es sich bei ihm um den Untergebenen einer berüchtigten Unterweltgröße handelte.
Schließlich endete die kurze Verfolgungsjagd vor einer Bretterbude, die zu besseren Zeiten einmal der goldene Krug gewesen war, doch das verwitterte Schild war das einzige, was auf den einstmals so prächtigen Klubnamen schließen ließ, der Rest war völlig herunter gekommen. Die halb geöffnete Tür sonderte merkwürdige Gerüche ab und gab einen Vorgeschmack darauf, wie man sich das Innenleben der Bruchbude vorzustellen hatte. Die Fenster, wenn nicht mit schweren Eichendielen vernagelt, hielten sich nur noch als Einzelteile an der Fassade, der größte Teil von ihnen brutal herausgebrochen.
Eine Erklärung dafür musste man nicht lange suchen, als nach einem kurzen Schlägerei eine Fratze durch den kaum noch vorhandenen Rahmen flog und den Rest des Fensters mit sich Riss, bevor er stöhnend auf dem Boden landete. Durch die starke Wirkung des Alkohols betäubt konnte er sich, seines Rippenbruchs nicht bewusst, aufraffen und auf den Heimweg machen, wo seine Alte ihm die Hölle heiß machen würde, wenn er noch eine hatte.
Obwohl dieses Aussehen jeden normal tickenden Menschen abgestoßen hatte, begab sich der Halunke, der sein Handwerk kaum verstand, in das Gebäude und stellte Tyrael damit vor eine Entscheidung.
"Verdammt. Wenn ich ihm einfach hinterher spaziere werde ich auffallen. Es gibt keinen Weg solch eine Kaschemme zu betreten, ohne wie ein bunter Hund in das Visier stinkender Taugenichtse zu geraten. Und dann habe ich schmierige Kerle um mich herum und verliere ihn! Ich muss irgendwie auf das Dach gelangen, dort könnte ich lauschen, aber wie?"
In diesem Moment fiel ihm etwas an seiner Kleidung auf, dass ihm vorher entgangen war, wahrscheinlich erst durch die Verfolgung passiert. An seiner Kleidung hing ein kleiner Ball, der sich in seinen Klamotten verfangen hatte. Beim Versuch, den Störenfried zu entfernen, entpuppte sich dieser als resistenter Gegner und einmal von der Kleidung gelöst, blieb er an seiner Fingerkuppe hängen. Bei genauerer Betrachtung fielen ihm viele kleine Haken auf, die sich in seine Haut geschlagen hatten und so eine Verbindung eingingen, die man nur schwer wieder lösen könnte. Als er den kleinen Ball jedoch auseinander drückte, lösten sich die Haken wie von selbst.
"Warte mal, wenn das so funktioniert, könnte es dann nicht auch...", dachte Tyrael und konzentrierte sich auf seine Hände. Ein dünner Film Metall zog sich über seine Hände, wie er es bereits gewohnt war. Nach dem Vorbild der kleinen Pflanze, die sich an ihn geheftet hatte, ließ er langsam kleine Haken wachsen, die hoffentlich ausreichen würden, ihn zu tragen. Gespannt sprang er an die Wand und war verblüfft, als er wie ein Gecko an der Wand hängen blieb. Doch nun stand er vor dem Problem, seine Hände von der Wand zu bekommen, was auch mit großer Kraft nicht gelingen wollte. Seufzend entspannte er seine Finger, um sich darüber aufzuregen, dass er nun hilflos an der Wand fest hing, löste sich die Verbindung schlagartig und krachend landete der Kletterer auf der Erde und wirbelte den groben Staub auf, der sofort seine Atemwege verstopfte, sodass er schwer husten musste.
Sich fluchend wieder aufrichtend, klopfte er sich den restlichen Staub von der Kleidung und hatte nun verstanden, wie seine neue Fähigkeit funktionierte.
Wieder ließ er die Schicht mit den Haken langsam entstehen und sprang an die Wand. Dieses Mal entspannte er jedoch nur eine Hand, die sich nun spielend leicht lösen ließ. So kam er schnell vorwärts und war in Windes Eile eine Wand hinauf gekommen, die er so nie hätte erklimmen können.
Das Bretterdach, auf dem er sich nun befand, war wohl einmal ein prächtiges Ziegeldach gewesen und Spuren davon waren auch noch zu finden, doch in großen Teilen wurde das Dach schlammpig mit bereits durchnässten und vermoderten Holzbalken ausgebessert.
Ein Streit war bereits in vollem Gange, den der Beobachter mit Freude verfolgte, er war genau zur richtigen Zeit gekommen. Der kleine Gauner, der versucht hatte ihn auszurauben stand einer Gruppe Männer gegenüber, die ihn bedrängten. Es schien, als seien sie nicht besonders Glücklich mit ihm und einer Geschichte, die er gerade zum Besten gegeben hatte.
"Wie kommst du darauf, die Blutfürstin dazu zu missbrauchen, dein schändliches Leben zu retten? Pech für dich, dass wir wirklich für sie arbeiten und du weißt was mit denen passiert, die sich als ihre Untergebenen ausgeben!"
Der arme Kerl zitterte am ganzen Körper, ein Zeichen dafür, dass er wusste, was dafür als Strafe vorgesehen war.
"BITTE, ich wollte das nicht. Ich meine ich wusste nicht was ich tun sollte. Ich dachte ich könnte diesen besoffenen Penner berauben, doch plötzlich entwickelte er riesen Kräfte, er hätte mich mit einer bloßen Hand erwürgen können. Er hatte keine Angst, nicht einmal vor der Blutfürstin und hat sie herausgefordert."
Genau so, wie die Geschichte über die Bluthexe oder Blutfürstin, wie sie nun genannt wurde, Tyrael interessiert hatte, so waren diese Halunken an ihm interessiert. Auf der Suche nach neuen, starken Mitgliedern waren sie immer.
"Erzähl uns was über diesen Mann!"
"Nein, wieso sollte ich, ihr werdet mich eh umbringen!"
Diese patzige Antwort gefiel gar nicht, aber noch war er mit seiner Information im Vorteil, weswegen seine Gegenüber noch davon abließen, ihm dafür die Eingeweide aus dem Leib zu reißen.
"Du glaubst wohl, du kannst dir hier alles heraus nehmen. Aber gut, ich werde dir zuhören und dafür auch dein Leben verschonen."
Dieses Versprechen hielt der Mann wohl für sicher, denn er begann zu plaudern.
"Wie immer war ich auf Raubzug" und bei dieser Beschreibung lachten die Anwesenden, weil sie wussten, was für ein lächerlicher Dieb er war, "und dann kam mir dieser man entgegen, völlig betrunken, so dachte ich jeden Falls. Da halte ich ihm mein Messer unter die Nase und verlange seine Kohle. Doch anstatt das er mir etwas gibt, richtet er sich ganz normal auf, legt seine betrunkene Attitüde ab und schlägt mir die Waffe aus der Hand, so schnell, so schnell konnte ich gar nicht gucken, ja soo schnell war das und dann hat er mich geschlagen, mit einer Wucht....ich wurde schon das eine oder andere Mal von den Männern der Bluthex....Blutfürstin verdroschen, aber dieser Schlag war ein anderes Kaliber und trieb mir die Tränen in die Augen und ich wälzte mich am Boden. Ich glaube er ist Agent oder so etwas. Ich kann ihn euch auch ganz genau beschreiben. Er hatte leicht blasse blaue Augen, mittellange blonde Haare und grün weiß gestreifte Klamotten an."
Nun hatten sie, was sie wissen wollten, was dem Lauscher auf dem Dach nicht gefallen wollte, schließlich war er leicht erkennbar und wollte sein Aussehen nicht ändern, um diesen Häschern zu entgehen, von denen es sicher noch weitaus gefährlichere gab, als diese da unten.
"Nun gut du Wicht, danke für deine Information! Jeff, töte ihn!
Mit aufgerissenen Augen wollte der Plauderer die Hände in die Hand nehmen, doch Jeff, ein breitschultriger braun gebrannter Hüne hatte ihm bereits eine Pranke um den Arm gelegt und hielt ihn in einem eisernen Griff. Außer sich Schrie der Gefangene, als er die Ausweglosigkeit seiner Situation begriff "du wolltest mir nichts antun. Du wolltest mein Leben schonen!"
"Natürlich, deswegen wird dich ja auch Jeff töten und nicht ich."
Mit diesen Worten Griff dieser den Kopf des Todeskandidaten mit beiden Händen und brach ihm mit einem lauten Knacken das Genick.
Die Sache mit ihm war also gegessen und er hatte seine Strafe dafür bekommen, dass er den Namen der Blutfürstin in den Schmutz gezogen hatte. Nun begaben sie sich in eine Ecke des Ladens und der vom Feuer Gezeichnete musste ein wenig weiter kriechen, besorgt über das leise knarren der Balken, über die er seinen geschundenen Körper robbte. Sie begannen zu besprechen, wie sie mit der Situation umgehen sollten.
"Auch wenn er ein Idiot ist, glaube ich nicht, dass er gelogen hat. Er hätte die Geschichte mit der Blutfürstin nicht einfach erfunden, wenn es dafür keinen Grund gegeben hätte. Wir sollten dem Boss darüber berichten, sonst müssen wir die Sache ausbaden. Jedoch sollten wir damit warten, bis das Treffen des Syndikats vorüber ist, denn dafür sollten wir es nicht stören! Zudem haben wir sowieso keinen Schlüssel für den geheimen Keller der Truchhaus Villa, also müssen wir wohl oder übel warten."
"Da ist sie also. Aber was hat es mit dem Syndikat auf sich? Ich sollte dem Ganzen einen Besuch abstatten!"
Schnell und wendig wie er war, machte er sich über die Dächer der Stadt auf den Weg, um in die kleine Villa im Außenbezirk einzubrechen. Doch seine neu gewonnene Fertigkeit war es ihm ein leichtes, auch die schwersten Sprünge und Kletteraktionen zu Meistern, sodass es nur wenige Minuten dauerte, bis er vor dem schaurigen Gebäude stand. Davor standen einige Fahrzeuge die darauf schließen ließen, dass sich hier eine hohe Liga traf.
Wie eine Spinne, versteckt im Mantel der Nacht, kletterte er die Hausfassade der Villa hoch und schwang sich auf einen Balkon. Die Tür war zum Glück nicht verschlossen und bildete kein Hindernis, dass ihn vom Einbruch abhalten könnte. Doch als er in das Innere gelangte, starrte ihn ein Hausmädchen mit riesigen Augen an, als wäre sie im Begriff, dass ganze Haus zusammen zu schreien. Bevor das geschah, hatte ihr der Eindringling beide Hände um die Kehle gelegt und drückte nur sanft zu, um die panische Angst in ihren Augen zu genießen.
Mit etwas Kraft schob er sie in Richtung Wand, um sie mit nur einer Hand dagegen zu pressen. Doch als er die andere Hand von ihrem Hals entfernen wollte, riss er ihr ein großen Hautfetzen aus eben diesem. Verzweifelt schlug sie um sich, um ihrer Schmerzen Herr zu werden, als das Blut in Strömen über ihre Klamotten lief. Tyrael, der vergessen hatte, dass er immer noch den speziellen Überzug auf den Fingern hatte, wusste nicht was passiert war und schlug ihr aus bloßer Wut in das Schöne Gesicht, nur um einen weiteren großen Hautfetzen von ihrer Wange zu reißen. Als er diesen nur durch schütteln von seiner Hand entfernen konnte, Begriff er. Er hatte sich nicht nur eine Möglichkeit geschaffen, grazil über die Dächer der Stadt zu hüpfen und zu klettern, nun hatte er eine weitere grausame Waffe geschaffen, die Furcht unter seinen Feinden schüren würde. Mit Entzücken leckte er sich die Finger ab, an denen das Blut der mittlerweile aus letzten Kräften atmenden Frau klebte.
Ohne sie weiter zu beachten, entspannte er seine Finger und ließ von ihr ab. Töten würde er sie nicht, so hatte sie noch was von ihrem Tod.
"Nun habe ich mich schon wieder zu lange mit unwichtigen Dingen aufgehalten, ich muss diesen Keller finden, bevor ich das Beste verpasse"
Als er sich weiter durch das Haus schlich, musste er sich schnell hinter ein Möbelstück werfen, als zwei Agenten um die Ecke schnellten, von denen einer ein wenig aussah wie er. Flink schnappte er sich einen schweren Gegenstand und schleuderte ihn gezielt in einen der anderen Räume, in dem die Figur krachend auf dem Boden aufschlug. Einer der Agenten, zum Glück der dunkelhaarige, lief sofort durch die Tür und verschwand für einige Minuten, um sich umzusehen und die Quelle für den Lärm zu finden.
Genug Zeit, den anderen zu überwältigen und sich seinen Anzug an zueignen. Mit Brille und Mütze sah er ihm zum Verwechseln ähnlich, sodass sein Kollege keinen Unterschied feststellen sollte.
Dieser kam wieder und meinte, dass eine Figur vom Schrank gefallen sei, also kein Grund sich Gedanken zu machen. Den Rollentausch nicht bemerkend, forderte er seinen blonden Kumpanen dazu auf, ihm endlich zu folgen, schließlich müssten sie zurück zum Treffen. Das ließ sich Tyrael nicht zweimal sagen und ging dem Anzugträger hinter her.
Die Villa war altertümlich eingerichtet und an vielen Stellen von Staub überzogen. Es wirkte, als hätte man kein wirkliches Interesse daran, hier zu wohnen und als würden die typischen Möbel nur eine Tarnung aufrecht erhalten und nicht wirklich benötigt werden.
Schließlich gelangten sie an eine schwere Eisentür, an deren Ende ein Teppich zusammengerollt lag, normalerweise tarnte man diese Luke also vor den Augen Neugieriger. Etwas ungeduldig starrte ihn sein Gegenüber an "Na hol den Schlüssel raus oder willst du warten bis es Morgens wird?"
Dieser Vorwurf kam überraschend und so unauffällig wie möglich durchsuchte der Ertappte seine Kleidung und zum seiner Erleichterung war der schwere Schlüssel in seiner Hosentasche und so kam er noch einmal mit dem Schrecken davon und konnte die schwere Tür aufschließen.
Dahinter ging es auf einer schrägen Treppe nach unten, in einen düsteren Bereich, nur spärlich durch ein paar Lampen beleuchtet. Es war ein düsterer Ort, nicht wegen dem wenigen Licht, dass die Wände illuminierte, sondern wegen der roten Farbe, die an vielen Stellen an den Wänden klebte. Der Eindringling wusste ganz genau, worum es sich dabei handelte: Blut!
Nichtsdestotrotz war er fasziniert, was für ein Komplex sich unter der Villa verbarg. Es war ein richtiges Lager, dass jede Mafia vor Neid erblassen ließ. Die Wände waren alle verstärkt und es schien unmöglich, ohne einen Schlüssel herein zu gelangen. Als würde das noch nicht reichen, ging die Treppe unendlich weit nach unten, bevor sie am Ende ankamen. Dort klaffte ein riesiges Loch im Boden, dass wohl schon vor dem Bau der Villa bestand, doch die fiesen Metalldornen, die sich aus dem Boden heraus wanden, waren offensichtlich erst nachträglich angebracht worden, damit man gezwungen war, über die wacklige Hängebrücke zu gehen. Dahinter war wieder eine schwere Tür, an den Seiten von Schlitzen begleitet, durch die potentielle Angreifer, die die Grube irgendwie überwunden hatten, zusammen geschossen werden konnten.
Einem ersten Impuls folgend, wollte er sich zu erst daran machen, die Tür wieder aufzuschließen, doch zum Glück hielt ihn etwas in seinem Inneren davon ab, denn ohne weitere Worte holte sein Partner einen anderen Schlüssel raus und entriegelte das schwere Eisentor. Hier hatte man wirklich an alles gedacht und traute niemandem.
Und endlich waren sie da und er konnte seinen blauen Augen nicht trauen. Nachdem sie eine weitere Treppe hinunter gewatschelt waren und mit einem einfachen Aufzug weiter nach unten fuhren, eröffnete sich eine gigantische Halle, deren Ausmaße alles übertraf, was Tyrael unter der Erde gesehen hatte.
In der Mitte war eine große Tafel aufgebaut, an jedem Ende saß eine Person, mit vier Leibwachen. Dahinter stand eine kleine Armee von Leuten und er musste sich, nun ebenfalls ein Teil der Leibgarde hinter jene Stellen, die er als Blutfürstin erkannte.
Sie hatte eine außergewöhnliche Präsenz, angefangen von ihren langen gelockten roten Haaren, die aussahen, als wären sie mit frischem rotem Blut getränkt. Ihre Augen blitzen schwarz hervor, doch weiß fand man in ihnen nicht, sondern ein leichtes rot, als wären ihre Augen komplett Blut unterlaufen. Bzw. ihr Auge, denn das andere wurde mit einer roten Augenklappe bedeckt, die ein schwarzer Totenkopf zierte. Ansonsten war sie wie eine Piratin gekleidet und hatte noch, bis über das Knie reichende, Stiefel an, am Spann mit einer großen goldenen Schnalle geschmückt. An der Hüfte prangte ein mit Edelsteinen besetzter Degen, der die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte, wenn ihre Haut nicht über und über mit frischen Narben übersät gewesen wäre. Sie sahen alle aus, als wären sie frisch und nicht im Stande, sich zu schließen, weil etwas sie davon abhielt, doch Tyrael erkannte, dass dahinter etwas stecken müsste, denn eigentlich müsste die Frau verbluten, so wie sie aussah. Wahrscheinlich nannte man sie nicht umsonst die Blutfürstin.
Der Mann rechts von ihr sah nicht weniger absonderlich aus. Er hatte eine dunkle Hautfarbe und direkt auf der Haut befindliche Malereien, die aussahen, als hätte man die Haut absichtlich gebleicht, um diese Muster zu erschaffen. Darüber trug er farbenfrohe und lockere Kleidung, doch sein Blick war alles andere als freundlich. Seine Augen hatten einen rot bis orangenem Ton und funkelten in dem leicht schummrigen Licht und Tyrael war überzeugt, dass es nicht nur das rot der Wände war, dass seine Augen funkeln ließ. In seinem Mund steckte eine selbst gedrehte Zigarette, die absonderliche Düfte absonderte. Das besondere an ihm war jedoch der Affe auf seiner Schulter, der ähnlich gekleidet ebenfalls an einer solchen Kippe zog und einen Gesichtsausdruck aufsetzte, als könnte er ganze Scharen von Marinesoldaten auslöschen, ohne das man sich an sie erinnern würde.
Am anderen Ende des Tisches, der Blutfürstin gegenüber saß eine Gestalt, die entfernt an einen Hofnarren erinnerte. Jedoch nicht einen der Sorte, die man feucht fröhlich auf dem Hof von gelangweilten Königen sah, denn an diese konnte man sich nicht erinnern, wenn man diesen Mann, wenn es denn einer war, sah. Er hatte nur eine Weste an, die leicht verwaschen daherkam und seinen Oberkörper und seine Arme frei ließ. Diese Körperteile waren komplett Tätowiert mit diabolischen Mustern, jedoch auch schon leicht verblasst. Den komischen Part bildete das Gesicht, dass von einer ekligen Fratze verdeckt wurde. Eine echt wirkende Maske, die wie Tyrael später erfahren sollte, wöchentlich aus neuen Schädeln gemacht wurde. Am Ende dieser Maske waren die typischen Zipfeln mit den Schellen die den Narren erkennen ließen, alles andere sah nach einem ungemein fiesen Feind aus, mit dem man sich besser nicht anlegte. Außerdem jonglierte er ständig mit Unmengen Messern und Waffen und machte damit viele der Anwesenden unruhig, schließlich hatte jeder hier wen zu beschützen.
Das Quartett komplettierte jemand, der so gar nicht in die Runde zu passen schien. Er war groß gewachsen, dass sah man ihm schon im sitzen an und hatte einen lilanen Mantel über die Schultern geworfen und darunter ein rosanes Hemd. Den Kragen weit aufgestellt, fiel die Aufmerksamkeit auf sein Gesicht, dass wohlige Wärme ausstrahlte und selbst der filigran gefertigte Dolch konnte kaum als Waffe gesehen werden. Von allen anwesenden machte er den unbekümmertesten und schwächsten Eindruck, doch bei seiner Position musste das eine Fassade sein, mit der man sich nicht täuschen lassen sollte.
das waren sie also, die Bosse das Syndikats. Was sie waren und wieso sie sich trafen war Tyrael noch ein Rätsel, doch ihm gefiel, wie der Tag verlief.
Die vier Unterweltbosse begannen schnell eine Diskussion, von dem man nicht alles verstehen konnte. Nicht weil sie so leise sprachen, sondern weil es oft um komplizierte Dinge ging. Was er heraus hören konnte war, dass die Blutfürstin an mahnte, man solle sich unauffälliger verhalten, um nicht die Aufmerksamkeit der Marine auf sich zu ziehen, worauf der Clown nur lachen konnte, was ihm die Marine schon anhaben könnte.
Doch trotz der harschen Antwort schwang eine menge Respekt mit, als er die Rothaarige direkt ansprach, sie schien auch unter diesen Größen der Unterwelt eine führende Position zu besitzen.
Mit der Zeit bekam er langsam ein Bild, was sich hier gerade traf. Sie alle hatten sich zusammen getan, um die Unterwelt besser zu regieren und hatten zusammengearbeitet und viele Dinge kommerzialisiert. Zum Beispiel hatte der Knochenschädel Piraten unter sich versammelt und bot ihnen Schutz an, sofern sie ihm dafür Abgaben zahlten. Ein lukratives Geschäft und auch die anderen hatten sich etwas großes Aufgebaut. Sie kontrollierten zusammen die Unterwelt dreier Inseln und eine Heer von Piraten. Alles Dinge, die sie alleine nicht geschafft hatten und zu viert hatten sie die anderen ausstechen können oder waren noch dabei, immer mehr Gauner aus der Unterwelt zu verdrängen, sofern sie sich nicht Untertan machen wollten.
Der Blauäugige erkannte schnell, dass er sich hier Verbündete machen musste, wenn er selber zu einer großen Nummer werden wollte. Nach einer Stunde war das Treffen beendet und hitzige Diskussionen geführt.
Drei der Bosse machten sich auf den Weg, immer mit gehörigem Abstand. Nur weil sie Verbündete waren, hieß das anscheinend nicht, dass man einander traute.
Als der Raum gelehrt war, blieben nur die Blutfürstin und ihre Männer zurück. Mit einer abfälligen Geste erklärte sie, dass man sie nun alleine lassen sollte.
"Warte", dabei auf Tyrael zeigend, "bleib hier, ich habe etwas mit dir zu besprechen."
Wie vom Blitz getroffen blieb der angesprochene stehen und drehte seiner Herrin den Kopf zu. Sie meinte wirklich ihn, daran war nicht zu zweifeln, also bewegte er sich langsam auf sie zu. Die Stimme seiner Verkleidung nachahmend, jeden Falls versuchte er das, sprach er sie direkt an "Was kann ich für sie tun Blutfürstin", weil auch andere sie so angesprochen hatten, weswegen es wohl die korrekte und erwünschte Art und Weise war und sie schien sich auch nicht an seiner Wortwahl zu stören.
"Glaubst du, ich hätte es nicht bemerkt?"
Bei diesem Worten gefror das Blut des Eingeschlichenen zu Eis und langsam verschränkte er seine Arme hinter dem Rücken, um seine Waffen bereit zu machen und seine Finger mit einer Schicht Metall zu überziehen. Bevor ihm eine Antwort über die Lippen kam, sprach sie weiter, "auch wenn dieser Idiot von Agent nicht bemerkt hat, dass sich jemand als sein Kumpane ausgibt, kannst du mich nicht darüber hinweg täuschen. Wer bist du und was fällt dir ein, ein Treffen des Syndikats zu belauschen?"
"Ich, ich bin nur zufällig hier. Ich wollte die Villa ausrauben und sah den Rollentausch als einzige Möglichkeit, nicht erwischt zu werden."
Diese Antwort war überzeugend herüber gekommen, doch er hatte unterschätzt, wen er vor sich hatte. Sie erkannte seinen Bluff sofort und schrie erbost, "WAS.......du lügst mich an? Ich höre das Blut durch deinen Körper rauschen, es verrät mir immer, ob du die Wahrheit sagst. Mich kann man nicht belügen, also versuch es nicht! Wer bist du und was machst du?"
In seinem Kopf kreisten die Gedanken "Wie kann das sein. Sie kann keine Fähigkeiten haben, die ihr das möglich machen, ich muss es einfach nochmal versuchen" und so sprach er.."Ich lüge nicht. Ich bin ein kleines Licht! Ich habe nichts zu sagen und weiß von nichts, Ich bin in diese Situation geraten, ohne zu wissen, mit welchen Mächten ich mich anlege!"
"Hmm, vielleicht hast du doch die Wahrheit gesprochen..." antwortete sie mit einem süffisanten Lächeln, doch ihr Blick verriet Tyrael sofort, dass sie ihm immer noch nicht glaubte. Ohne Vorwarnung spritze Blut aus den offenen Schnitten an ihrem Körper und eine kleine Welle aus Blut schwappte durch den Raum und Riss den völlig überraschten von den Beinen. Der metallische Geschmack von Blut umspülte seine Lippen und wie ein Stock, den man achtlos ins Wasser geworfen hat, trieb er in den Blutwellen umher, nicht in der Lage, sich irgendwie zu wehren.