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II. Kapitel: Beyond the Sea!

Vincent Vega

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„Achte auf deine Fußarbeit … Arme hoch … Kopf gerade und Augen nach oben … und irgendwann solltest du auch ANGREIFEN!“

Seit dem Tag an dem die kleine Gruppe die Insel verlassen hatte, war eine Woche vergangen. Vincent hatte sich bereits am ersten Tag der Reise wieder auf Deck gezeigt und angefangen das Leben auf bekannte Art und Weise zu genießen. Das hieß übersetzt, er rauchte, trank und flirtete. Nachdem er sich von Emma das Schiff zeigen ließ – welches, wie er erst dann erfuhr, ihr Heimatschiff war – machte er auch Bekanntschaft mit einigen der Arbeitern. Unter anderem dem Schiffszimmermann und Emmas Lehrmeister. Diese beiden verstanden sich auf Anhieb. Während Olaf und Vince miteinander tranken, lauschte der jüngere auch immer den Geschichten und Märchen, die der immer älter werdende Mann so zum Besten gab. Eine weitere Person, die er kennenlernte, war der Bruder Emmas. In Anbetracht dessen, dass Vincent das junge Mädchen kannte, hatte er erwartet einen muskulösen Riesen vorzufinden. Dem war jedoch nicht so. Tatsächlich schien Finn Flanka das genaue Gegenteil von seiner Schwester zu sein. Der Kleine wusste von dem was auf Ilrusia passiert war und bat nun Vincenzo darum trainiert zu werden. Zuerst hatte der Ältere es für einen Witz gehalten. Doch scheinbar meinte es der Bruder dieser Amazone ernst und schlussendlich hatte er zugestimmt – nicht zuletzt, weil er immer noch das Gefühl besaß, er würde es Emma schulden. Nur hatte er nicht damit gerechnet, dass es so anstrengend sein würde. Der junge Kerl hatte wahrlich kein Talent. Er war tollpatschig und die ersten Versuche ihm auch nur die Grundlagen seines Kampfstiles beizubringen scheiterten kläglich. Schließlich hatte Vince beschlossen nicht mehr länger den netten Lehrer zu mimen und entweder mit Strenge und Härte dafür zu sorgen, dass der Junge aufgab oder tatsächlich anfing zu lernen. Ersteres war bislang nicht geschehen, also hatte der Dunkelhaarige fast noch die Hoffnung, es bestände noch eine Chance. Um seine Lehrstunden einprägsamer zu gestalten, benutzte der Vega mittlerweile die Scheide der Schwerter, die er Reynolds beim letzten Kampf abgenommen hatte. Mittlerweile waren vor allem die Beine und Arme Finns mit blauen Flecken übersät.
Neben den Trainingseinheiten des Jungen musste Vincent sich allerdings auch mit sich selbst beschäftigen. Er hatte beim letzten Mal feststellen müssen, dass sein Kampfstil zu große Lücken aufwies. Er wäre fast gegen Reynolds gestorben, nur weil dieser die größere Reichweite besaß. Dabei war dieser Kerl eigentlich schwächer als er. Er hatte deutlich gemerkt, dass eine seiner größten Schwäche die Zeit war. Er musste andere Beobachten und ihren Rhythmus erkennen. Während des Trainings hatte er endlich erkannt, dass ihm dabei etwas noch nicht aufgefallen war – viele, wenn nicht gar alle, die noch nie eine ordentliche Ausbildung genossen hatten, vertrauten auf dieselben Bewegungsmuster. Es gab sicherlich immer mal wieder Abweichungen. Doch er fragte sich, ob er nicht eine Formel gegen solche Kämpfer entwerfen könnte? Natürlich würde es ihm nicht sonderlich viel bei wirklich guten Kriegern bringen, doch das einfache Fußvolk sollte man damit effizienter erledigen können. Tatsächlich hatte er die Crew des Schiffes oftmals dazu genötigt ihm dabei zu assistieren. Aus dem Grund war es nicht nur Finns Körper, der mit blauen Flecken bedeckt war. Auch Vincent selbst hatte aber einiges abbekommen. Dafür war er sich jedoch fast sicher, dass er es geschafft hatte. Auch ein paar Techniken waren ihm dabei in den Kopf gekommen, für die er allerdings ein richtiges Kampffeld und echte Bedingungen brauchte …

Doch zurück zu seinem „Schützling“. Dieser hatte sich einigermaßen zusammengerissen und kam mit gezückter Klinge auf ihn zu. Einen Schlag in seine Flanke wehrte der Dunkelhaarige jedoch ab, nutzte dabei seinen Schwung und bohrte dem armen Kerl ohne Gnaden seinen Ellbogen in den Magen. Auch einen Hieb gen Kopf konnte er mit Leichtigkeit abwehren und belohnte seinen Schüler mit einem Sturz auf die Nase. Das ging einige Minuten so weiter, ehe er seufzend den Kopf schüttelte und die Stunde für beendet erklärte. „Der Junge wird es nie lernen“, murmelte er leise, während er die beiden Schwerter in die Hand nahm und die Aussicht bewunderte. Die Sonne stand genau über ihm und es war ein angenehmer Tag. Allerdings bereiteten einige dunkle Wolken am Horizont ihm doch ein wenig sorgen. Ihm kaum auch in den Sinn, dass er die Matrosen hatte reden hören. Zwei oder drei Tage würden sie noch auf See sein, ehe sie die nächste Insel erreichten. Welche das war, interessierte den Vega nicht sonderlich. Doch er wusste, dass er bis dahin mit den anderen reden musste. Immerhin konnten sie nicht ewig auf dem Schiff bleiben, und wie es danach weiterging, darüber hatte sich keiner irgendwelche Gedanken gemacht. Dafür war die bisherige Zeit zu friedlich gewesen. Und irgendwann mussten sie sich auch wieder voneinander trennen. Verständlich also, dass sich Vincent entschloss, dieses Gespräch noch einen weiteren Tag aufzuschieben.
 

Jet Atlas

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Eine Überfahrt mit einem Restaurantschiff hatte seine positiven Seiten, das würde Jet in Zukunft nicht mehr abstreiten. Das Leben und seine Tücken ließen sich mit einem gut gefüllten und dementsprechend zufrieden gestimmten Magen wesentlich einfacher angehen. Da es auf dem Schiff auf den ersten Blick tatsächlich allerdings relativ wenig anzugehen hab, verbrachte er die ersten beiden Tage damit, sich rar zu machen. Abseits des Schifflebens las er in seinen beiden Büchern – was er später aufgrund ihrer wunderbaren Nutzlosigkeit bereute -, genoss das gute Essen ganz mit und für sich allein oder widmete sich dem selbst zusammengestellten Trainingsprogramm. Er musste dringend dieses schmutzige Gefühl des Besiegtwordensein abwaschen. Am besten konnte er das schon immer, in dem er einfach noch härter, noch disziplinierter und noch rücksichtsloser an seinem Körper arbeitete. Natürlich konnte man in der sehr kurzen Zeit keine Wunder bewirken, aber er fühlte sich besser. Wieder leistungsfähig und in der Lage kommende Schlachten zu schlagen. Ob ein gesunder Körper dafür allein ausreichend war, stand selbstverständlich auf einem anderen Blatt, aber um seine geistige Stärke war er derzeit wesentlich weniger besorgt. Unbetäubt hatte ihn sein helles Köpfchen noch nie hängen lassen.

Vom Leben an Bord bekam er in dieser Zeit verschwindend wenig mit. Aber es mangelte ihm ohnehin an Interesse. So erfuhr er auch eher nebenbei von Emmas Verbindung zu dem Schiff. Nicht das es ihm danach gierte mehr über beides zu erfahren, aber es stellte sich mindestens einmal als vorteilhaft heraus sie als Begleiterin nennen zu können. Auch wenn ihm die Worte keinesfalls leicht über die Lippen gingen. Zusammenarbeit war er längst nicht mehr gewohnt und in diesem Falle war es ja nicht mal so, dass er aktiv nach solcher gesucht hatte. Gäbe es nicht eine größere Zahl von Vorteilen die er aus ihrer Gemeinschaft zog, hätte er es sich vielleicht doch anders überlegt und wäre beim Landgang im Handumdrehen untergetaucht. So aber öffneten sich ein, zwei Türen, die sonst wohl verschlossen geblieben wären.
Vom dritten Tage an war Jet öfter zu sehen. Vor allem in der Lounge. Kontakt suchte er bewusst vor allem zu den Angestellten – bevorzugt zu denen mit Küchenzugang – und geriet daneben mindestens zwei Mal mit einer jungen Dame aneinander, die irgendwie auffallend an Emma erinnerte. Nur das er hier so absolut gar keine Sympathiegefühle aufbringen konnte oder wollte. Dafür war sie viel zu nervtötend und verfügte scheinbar nicht über die Gabe den Mund geschlossen halten zu können. Und erst diese Stimme.. Ärgerlicherweise erinnerte er sich während seiner Fluchtiraden daran, dass Bolt sich vor langer Zeit fast über die gleichen Dinge beschwert hatte. Und zwar über Jet. Dass einem solche Dinge aber auch immer zur Unzeit einfielen..
Der Kontakt zu der restlichen Besatzung war um ein vielfaches angenehmer. Wie in der Gastronomie zu erwarten, war man durchaus zuvorkommend und höflich. Obwohl er sicher war mindestens ein paar Mal lautes Geschrei aus der Küche zu hören und wenigstens ein Mitglied der Mannschaft – ein älterer Herr – war immer gut dabei wenn irgendwo Alkohol ausgeschenkt wurde. Kein Wunder das er sich mit Vega offensichtlich prächtig verstand. Na gut, Jet trank auch gerne. Sehr gerne. Verflucht gerne. Aber er behielt eigentlich immer irgendwie die Kontrolle über sich. Statt zum Trinken animierten ihn der Alkohol und die wunderbare Tatsache das es sogar eine Band an Bord gab dazu, einer seiner absoluten Lieblingsbeschäftigungen nachzugehen: dem Pokern. Erfreulicherweise war er scheinbar nicht die einzige Person auf dem Schiff, die sich für dieses vortreffliche Spiel begeistern konnte und am Ende der Reise sollte er genug gewonnen haben um das Schiff ohne finanzielle Einbußen verlassen zu können. Praktischerweise ließ sich der Gewinn aber nicht nur in Alkoholika oder Extrawünsche beim Essen investieren, sondern noch in andere Dinge, auf die er früh abgezielt hatte. Bereits am ersten Tag hatte Jet rein zufällig eine Unterhaltung belauscht, die ihm im Gedächtnis geblieben war und Fragen aufgeworfen hatte, die sein hungriger Geist beantwortet haben wollte. Dabei ging es im Großen und Ganzen um Gifte oder Giftstoffe. Auf einem herkömmlichen Schiff wäre eine solche Thematik wohl eher von ungewöhnlicher, fast beunruhigender Natur gewesen, aber ihm war schon beim ersten Blick auf die Karte aufgefallen, dass hier sogar Fische serviert wurden, die nicht jeder Hobbykoch zubereiten konnte oder besser: sollte. Sie trugen nämlich wirksame Gifte im Körper und diese sollten keinesfalls auf dem Teller eines Gastes landen, es sei denn man hatte die Absicht sein Etablissement in absehbarer Zeit schließen zu wollen und war jemandem mächtig böse. Erwartungsgemäß galt sein persönliches Interesse weniger dem korrekten Zerlegen des Tieres noch seinem angeblich formidablen Geschmack, sondern der kleinen bösartigen Gemeinheit, die es in sich barg. Zwar konnte der, im wahrsten Sinne des Wortes recht schmierige, Koch, dem Jet im Gegenzug für den kleinen Freundschaftsdienst und in einem Akt ausgesprochener Großzügigkeit all seine Spielschulden erließ, keine sonderlich präzisen Informationen weitergeben. Aber er versorgte ihn unter der Hand mit zwei weiteren Büchern – eines befasste sich ausschließlich mit dem Gift des Fisches und seinen angeblich so ungesunden Auswirkungen auf den menschlichen Körper, das andere umfasste Gifte ganz allgemein unter der Vermeidung von allzu tiefgehenden Informationen aber Andeutungen zu praktischen Verwendungszwecken und unter der ständigen Betonung wie heftig doof es doch wäre seinen Gästen giftiges Essen servieren zu wollen – und besorgte ihm sogar ein kleines Fläschchen mit einer Probe, für die er allerdings draufzahlen musste. Schließlich könnte das ja ach so großen Ärger nach sich ziehen. Jets ziemlich direkte Androhung körperlicher Gewalt half bedauerlicherweise wenig. Mäßig überraschend wenn er bedachte, dass jemand wie Emma hier Zuhause war. Eine verbale Diskussion vermied er. Bolt hatte ihn früh gelehrt, dass man mit geringintelligenten nicht streiten sollte, da sie einen erst auf ihr Niveau hinunterzogen und dann mit Erfahrung schlugen. Jet war dafür sein Paradebeispiel gewesen. Mistkerl!

Als er an Deck stand und diesem erinnerungsträchtigen Gedanken nachhing, überkam ihn spontan das Bedürfnis jemandem weh tun zu wollen. Doch am Horizont zeigten sich ein paar auffallend dunkle Wolken und schlagartig fielen ihm die negativen Aspekte einer Schiffsreise wieder ein. Vor allem störte es ihn hier nicht vollends Herr der Lage zu sein, denn ja es gab vieles was er konnte, noch mehr was er beherrschte und zahllose Dinge, in denen er auf- und übertrumpfte. Aber was Wind und Wetter oder das richtige Navigieren auf See anging, da musste er passen. Dafür gab es hier qualifiziertes Fachpersonal. So hoffte er wenigstens. Und auch für ihr gemeinsames Vorhaben wäre es sicher von Nutzen, wenn sich jemand auf die ein, zwei Dinge verstand, bei denen er sich ausnahmsweise nicht zu den Experten zählte. Die Augen wieder auf den Horizont gerichtet, tat er das was er immer tat wenn er gerade wenig mit sich anzufangen wusste: er zündete sich eine Zigarette an. Noch einige Augenblicke lang stand er einfach da und starrte regungslos in die Ferne. Erst dann stolzierte er langsam los. Irgendwie würde er sich sicher auch heute die Zeit vertreiben können und vielleicht war ja bereits irgendwo ein Spiel zugange.
 
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Die Überfahrt auf dem Schiff, auf dem Emma Zuhause war, hatte sich bisher als überraschend angenehm herausgestellt. Dieses Urteil war, wenn es aus Iljanas Mund oder auch nur ihren Gedanken kam, wirklich etwas besonderes, denn normalerweise war es ihre Angewohnheit, alles bis zur Unkenntlichkeit zu kritisieren. Natürlich fielen ihr Kritikpunkte ein, so perfekt waren der goldene Lotus und seine Besatzung allerdings auch wieder nicht: Sie waren ihr noch eine Nuance zu laut und leider nicht ganz helle, aber immerhin gutmütig und friedlich genug, damit sie sich nicht in die Haare mit ihnen kam. Vor allem aber hatten sie die angenehme Angewohnheit, einen in Ruhe zu lassen, wenn man das wollte, sodass die Fischdame die meiste Zeit irgendwo am Rande des Decks in einem Liegestuhl verbrachte und nichts anderes tat, als sich die Sonne auf die Schuppen scheinen zu lassen. Inzwischen war der gesamte Stuhl von einer Art schleimigen Schicht überzogen, die effektiv jeden anderen davon abhielt, ihr das Revier streitig zu machen, denn wie ein ängstlicher junger Mann festgestellt hatte, brannte dieses Zeugs auf den immer ein wenig zerkratzten Händen der Seeleute. Lustigerweise handelte es sich bei diesem Knaben um Emmas Bruder, wie sie festgestellt hatte, denn er ähnelte seiner Schwester ihrer Meinung nach überhaupt nicht, wenn man einmal von dem etwas zu kurz geratenen Intellekt absah. Wo Emma recht groß, vor allem kräftig und sich dessen vollständig bewusst war, schien es sich bei Finn um einen nervösen Mann zu handeln, der schon in Ruhe an keinem Teller vorbei gehen konnte, ohne ihn zu zerbrechen. Aus irgendeinem Grunde machte Iljanas Anwesenheit ihn allerdings noch ein wenig fahriger, sodass sie beschlossen hatte, dass sie ihn besser meiden sollte, immerhin wollte man ja keine Unfälle provozieren. Der Geruch des Meeres um sie herum hatte einen angenehm beruhigenden Einfluss auf Iljana, sodass sie stundenlang da liegen und an nichts denken konnte. Gedanken in ihrem Kopf zu formulieren war viel zu viel Arbeit, wenn sie die nur selten unterbrochene Stille genießen konnte - oder zumindest war es das, bis zwei Leute auf die brillante Idee kamen, das Deck für kleine Fechtübungen zu nutzen. Unnötig zu erwähnen, dass es sie nervte, dass Finn Flanka und der ach so feine Herr Vincent ihr schönes Sonnendeck zu ihrem Kampfplatz auserkoren hatten, denn nicht nur hallte so das aufeinander Schlagen der Klingen in ihren Flossen, sondern auch das Keuchen und Schreien des Jüngeren der beiden, dessen Geschick sich leider nicht magisch verbessert hatte.
Zunächst hatte sie es ertragen. Das hier war nicht ihr Schiff, sondern gehörte immerhin Emmas Familie und da Finn ein Teil davon war, hatte er leider jedes Recht, es so zu nutzen, wie er wollte. Zudem tat sie eigentlich nicht groß etwas und hatte daher keinen Anspruch darauf, dass ihre Wünsche respektiert wurden, also stellte sie ihren Stuhl zunächst einfach etwas weiter weg und versuchte die Kampfgeräusche zu ignorieren. Das ging ein paar Tage recht gut, doch irgendwann... Iljana setzte sich auf und strich sich eine dicke, tangartige schwarze Locke aus der Stirn über ihre Schulter, legte die Beine übereinander und musterte den Schlagabtausch der beiden Männer mehrere zehn Meter von ihr entfernt. Das Trauerspiel so zu nennen war ein Euphemismus, da Finn leider auch nach einigen Tagen Training keinerlei Ahnung zu haben schien, wie man sinnvoll mit den Schwertern umging. Immerhin fasste er sie an der richtigen Seite an, aber das war es leider auch schon. Die Augenbrauen der Fischfrau zogen sich ein wenig in die Höhe. So unbeholfen Emmas Bruder auch sein mochte, es ärgerte sie ein wenig, dass Vincent ihm überhaupt keine Chance ließ - das war auch keine gute Art, jemanden zu unterrichten. Er schien den Eindruck erwecken zu wollen, dass er selbst so unglaublich viel besser mit diesen Waffen umgehen konnte, dass sie geneigt war, ihm das Gegenteil zu beweisen, immerhin war ihm deutlich anzumerken, dass auch er nur improvisierte. Die einzigen Gründe, aus denen er so spielend mit Finn fertig wurde, waren das unglaubliche Ungeschick desselben, seine eigenen besseren Reflexe und eine gewisse Kampferfahrung. Dennoch war das nichts, worauf man sich ausruhen sollte, um einen so schüchternen jungen Mann damit fertig zu machen. Das gefiel ihr nicht... noch ein paar weitere Minuten beobachtete sie die beiden, ehe sie sich in einer fließenden Bewegung erhob und die dünne, malvenfarbene Wickeljacke, die ihr immerhin bis knapp über den Bauchnabel ging, fester zog. Mit einer schwimmhautbewährten Hand griff sie sich die beiden ineinander verhakten Schwerter, die an ihrem Stuhl gelehnt hatten und richtete ihre Shorts, um auf nackten Sohlen auf die sich gerade wieder einmal getrennten Herren zuzugehen. Auffällig war, dass Iljana irgendwie zu glänzen schien: Man könnte meinen, sie habe sich mit Öl übergossen, aber das war eher unwahrscheinlich, da sie nicht in einer Branche tätig war, in der Leute so einen Mist machten. Es lag viel eher daran, dass sie in der dringend nötigen Ruhepause, die sie nach der Aufregung der letzten Tage auf Ilrusia gebraucht hatte, damit begonnen hatte, ein körperliches Defizit wieder aufzuarbeiten. Bereits knapp nach Vollendung des achtzehnten Jahres war ihr aufgefallen, dass ihr Körper eine Substanz produzierte, die sich auf ihrer Haut ablagerte - eine Art giftiges Sekret. Dessen Produktion hatte sich wohl vermehrt oder zumindest kam es ihr so vor, immerhin hatte auch ihr Liegestuhl schon etwas davon mitbekommen.
lljana hielt mit einem Winken ihrer Hand Finn vom Gehen ab, als die beiden die Trainingsstunde für beendet erklärten und bedeutete ihm, dass er noch ein wenig warten solle. Auf leisen, leicht feuchten Sohlen, schlich sie sich an den mit dem Rücken zum Deck stehenden Vincent an und hörte ihn murmeln, wie hoffnungslos Finn doch sei - wahrscheinlich musste man ihm einfach einmal zeigen, wie man das richtig machte. Mit einem leisen, aber schnellen Vorstoß, ließ sie das Hakenschwert vorsausen, bis Vincent die scharfe Spitze des nach hinten gebogenen Hakens an seinem Kehlkopf würde spüren können. Die Fischdame hielt zwar den obligatorischen Meter Abstand, aber dennoch würde er ihre Stimme gut vernehmen können, wie sie mit leicht amüsiertem Unterton hauchte: "Mutig, dich einem kleinen Tollpatsch zu stellen. Vielleicht sollte man ihm einmal demonstrieren, wie man einen Schwertkampf zu führen hat, hm?" Der Dorn drückte ein wenig fester in die verletzliche Haut seiner Kehle und Iljana reduzierte die Entfernung zu dem Braunhaarigen um weitere zwanzig Zentimeter. "Oder traust du dich nicht?~" Machtspielchen waren genau dann etwas feines, wenn sie notwendig und moralisch vertretbar waren - und wenn sie die Langeweile, die sich nach Tagen des Faulenzens einstellte, vertrieben.
 

Emma Flanka

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Hachja… Zu Hause war es doch am schönsten! Oder etwa nicht? Emma genoss es auf jeden Fall nach all der Aufregung wieder wohl behütet auf dem Schiff ihrer Familie zu sein. Zwar war es für sie selbst überraschend gewesen, dass sie am Ende genau hier gelandet waren, doch war es etwas, was die junge Frau definitiv gut hieß. So konnte sie sich, sobald ihre Reise so richtig los ging, dann ordentlich von allen verabschieden und so lang sie hier waren, hatte Emma das Gefühl, dass sie definitiv vor allem sicher waren, denn auf dem Restaurantschiff war noch nie etwas passiert, was die Crew nicht abwenden konnte! Die riesigen Menschen mit ihrem gutherzig und trotteligen Gemüt waren nicht ohne, wenn man sich mit ihnen anlegte, doch was man definitiv sagen konnte, war, dass alle Leute hier mit einer riesigen Gastfreundlichkeit gesegnet wurden, die sie auch gern zeigten…
Und was machte Emma so in ihrer einzig wahren Heimat auf dem Meer? Die ruppige Amazone konnte wohl kaum etwas tun, was irgendwie anders war als sonst. Zwar hieß sie die Gruppierung, die ihr ja hier am bekanntesten war, ebenfalls gastfreundlich willkommen auf dem Schiff, aber sonst kümmerte sie sich herzlich wenig um diese Personen. Klar, hier und da fand mal etwas Smalltalk statt, vor allem mit der freundlichen Fischdame, aber Emma hatte auf ihrem Heimatschiff auch immer noch andere Verpflichtungen. Sie waren nun schon eine ganze Weile unterwegs und Emma fiel zunehmend auf, dass sich mit dem Erscheinen ihrer Gäste doch tatsächlich ein bisschen was am Alltag der Schiffscrew geändert hatte. Es war erfrischend, aber nicht weltbewegend. Ihren Bruder hatte sie in den letzten Tagen nur sehr selten gesehen. Bei ihrer Ankunft hatte sie mal ein paar Worte mit Finn gewechselt, doch dieser hatte sich, so wie er seine Schwester eben kannte, dann doch lieber unter einem Vorwand aus dem Staub gemacht. Was er seitdem trieb, wusste Emma nicht. Er war wie vom Erdboden verschluckt! Sollte ihr auch egal sein! Auch ihr Lehrmeister ließ sich noch unregelmäßiger blicken als zuvor. Es war wie verhext! Als gingen sie Emma alle aus dem Weg! Ihre Rivalin Lea lief ihr jedoch öfter über den Weg, was die Amazone nicht unbedingt willkommen hieß. Gerade von der hätte sie, nach der anstrengenden Zeit auf der Insel, gern etwas weniger gehabt. Aber hin und wieder schien auch sie sich mit anderen Leuten zu beschäftigen. Klar, man hörte Lea ohnehin so gut wie immer auf dem ganzen Schiff, aber wenn ihr Gebrüll aus einer anderen Ecke kam, dann sollte das Emma schon ganz Recht so sein!
Neben diesen Kleinigkeiten verbrachte Emma ihre Zeit hier, wie sie es eigentlich immer tat. Sie übte sich in ihrer Zimmermannstätigkeit und kümmerte sich um die vielen Macken an dem riesigen, alten Schiff. Da Olaf ja dauernd verhindert war, schaffte sie es hin und wieder nur um einen Rat des Alten zu bitten, bevor er ihr die Arbeit allein überließ. Aber Emma machte das nichts aus… Selbst wenn ihr die Sonne auf den Buckel knallte und das Schiff, im Gegensatz zur See, noch unruhiger wirkte als sonst, war sie erstaunlich entspannt, wenn sie ihre Arbeit machte. Natürlich musste sie zugeben, dass das nicht gerade wenig anstrengend war, aber wenn etwas nicht schwer war, wie sollte man daraus noch eine Lehre ziehen? Viel Entspannung hatte die Amazone nach den Erlebnissen jedenfalls nicht. Vermutlich war das in Emmas Fall auch ganz gut so, denn hätte sie Ruhe, wäre sie sicher auch in Gedanken all das noch einmal durchgegangen, was sie erlebt hatte und hätte sich Sorgen gemacht, wie es wohl weitergehen würde… Emma war nicht die Art Mensch, die sich gern Gedanken oder Sorgen über etwas machte, weil sie sich ihrem Defizit in Sachen Intelligenz durchaus bewusst war. Diese Köpfchensachen überließ die Amazone lieber denjenigen, die damit etwas anfangen konnten! … Was auf diesem Schiff eine Rarität war, aber egal. Was eine Sache anging, war die junge Frau jedoch nicht auf den Kopf gefallen. Sie wusste genau, dass jemand der Zeit hatte, genau davon mehr hatte, um sich seinen schlechten und unangenehmen Gefühlen zu beugen. Das war nichts für die starke Amazone! Lieber kroch sie auf dem Schiff rum, hämmerte und sägte hier und da und zog sich den einen oder anderen Splitter zu. Auch einige Botengänge übernahm sie gern. Man nutzte die kräftige Frau liebend gern zum Kisten oder Fässer herum schleppen, ziehen oder schieben. Sie hatte damit kein Problem und oft gab es auch eine Leckerei dafür. Das war das Beste an diesem Schiff! Egal was man zwischen die Zähne bekam: Es war gut!Nach einer kleinen Arbeit an Deck, beobachtete Emma im Augenwinkel doch tatsächlich nicht nur die Bordgäste dort, sondern auch ihren Bruder. Was bildete dieser Kartoffelschäler sich ein, sich vor der Arbeit zu drücken? Emma war drauf und dran hinzugehen und ihm die Ohren lang zu ziehen, als sie beobachtete, wie sich Iljana dem Brünetten gegenüberstellte und ihn herausforderte. Nun… Das könnte vielleicht sogar interessant werden. In einer Ecke hörte sie die große Riesenhündin in ihrer Hütte schnarchen, weshalb ihr eigentlicher Plan sich mit dieser zu beschäftigen ohnehin hinfällig war. Also trat sie einige Schritte an die Drei heran und legte grinsend ihrem Bruder die Hand auf die Schulter. Dieser fiel vor Schock fast um und brachte einen panischen Fiepton hervor, als er bemerkte, dass es sich um seine Schwester handelte. Sofort rechtfertigte er sich, dass er gleich wieder an die Arbeit ging, nachdem er sich dieses Spektakel angesehen hatte… Interessant könnte es ja werden. Das konnte man ihm kaum verübeln, oder? Emma zuckte mit den Schultern und hob mahnend den Zeigefinger in Richtung der Gäste: »Aber nichts kaputt machen, klar?« Immerhin war sie diejenige, die das hier flicken musste… Ob sie sich verstümmelten, war ja erstmal zweitrangig.
 

Vincent Vega

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Viele Menschen hätten in einer solchen Situation vermutlich erst einmal die Hosen voll gehabt, Vincent hingegen lächelte sogar, als er fühlte, wie sich etwas Spitzes langsam in seinen Hals bohrte und er die Stimme seiner Begleiterin hörte. Eines musste man der Frau lassen, sie steckte voller Überraschungen. Ehrlich gesagt hätte er eine solche Reaktion nie erwartet. Aber er fand, es war eine hervorragende Gelegenheit einmal zu testen, aus welchem Holz seine Kameraden geschnitzt waren. Er war bei dem Kampf von ihr nicht dabei gewesen und die kleine Schlägerei in der Gasse war zu schnell vorbei gewesen. Er widmete sich auch erstmals den Waffen der Frau, den Hakenschwertern. Sie waren ihm das ein oder andere Mal zwar aufgefallen, er hatte ihnen allerdings selten groß Beachtung geschenkt. Jetzt, wo er diese seltenen Waffen einmal aus der Nähe bewundern konnte, stellte er sofort ihre Stärken und auch ihre Schwächen fest. Eine war zum Beispiel die Tatsache, dass sie sich gut blocken ließen, wenn man den richtigen Moment abpasste. Den hatte der Dunkelhaarige leider verpasst. Aus dem Grund schob er das Stück Metall mit sanfter Gewalt von seiner Kehle weg und drehte sich zu Iljana um. Er schien kurz nachzudenken, dann allerdings nickte er mit einem breiten Grinsen. „Wir mögen uns zwar nicht immer einig sein, aber da muss ich Ihnen doch zustimmen, Miss Rhyswood.“ Er nahm ein wenig Abstand, holte seine Klingen aus der Scheide und schwang sie kurz ein wenig, um ein Gefühl für die Waffen zu bekommen. Bisher hatte er noch keine Gelegenheit gehabt, beide benutzen zu können. „Keine Sorge, wir werden aufpassen“, meinte er noch gut gelaunt an Emma, die die Beiden ermahnte auf das Schiff aufzupassen. Dann richtete er seine volle Konzentration auf seine Kontrahentin.

Vincent beim Kämpfen zuzuschauen war etwas Besonderes. Anders, als man wohl bei seinem stürmischen Gemüt gedacht hätte, stürmte er nicht auf Ilja zu, er umkreiste sie eher und machte damit seinem Spitznamen „Der Salonlöwe“ alle Ehre – wenn man mal davon absah, dass ja eigentlich nur die weiblichen Löwen jagen gingen. Dabei entstand langsam aber sicher ein Takt, schlussendlich sogar eine Melodie, deren Ursprung die Schuhe des Vegas waren. Asmodeus & Lilith waren Extraanfertigungen, sie ließen sich sowohl zum Kämpfen, wie auch zum Steppen benutzen. Und dadurch wurde, wenn Vincent es wollte, jeder Schritt durch ein Klicken betont. Hin und wieder ließ er sich zu Ausfallschritten hinreisen, diese waren aber nicht gezielt und sollten keinen Schaden verursachen, sondern lediglich das Abwehrverhalten des Gegners austesten. Dadurch wirkte das Ganze schon fast wie eine Art Tanz. Sicher, er hatte seinen eigenen Stil noch lange nicht gemeistert, aber Vincent war zufrieden mit dem, was er bislang erreicht hatte. Trotz allem stellte sich nach einiger Zeit jedoch eine Veränderung ein. Neben dem sporadischen Angreifen – Abwehren – Angreifen zwischen den Beiden, begann der Vega nach einiger Zeit deutlich aggressiver vorzugehen. Er versuchte sie zurückzudrängen. Immerhin war dieser Kampf einigermaßen ausgeglichen, im Gegenteil zum letzten Mal besaßen sie beide dieselbe Reichweite. Vincent musste sich sogar fast schon eingestehen, dass sie in etwa gleichstark waren. Die Frau besaß lediglich den Vorteil ein wenig schneller zu sein als Vincent. Es mochte nicht sehr viel sein, aber er musste sich doch eingestehen, dass er dadurch öfters zum Abwehren gedrängt wurde, als es ihm Lieb war. Dafür besaß er den größeren Überblick. Erfahrung war vielleicht auch ein Thema, aber seine Stärke war schon immer das Analysieren eines Gegners gewesen.
Um die Beiden herum hatte sich mittlerweile eine größere Gruppierung zusammengefunden. Sowohl Besatzungsmitglieder wie auch Passagiere schauten dem kleinen Duell gespannt und auch begeistert hinzu. Immerhin gab es so etwas eher selten und die beiden Gegner hatten sogar einiges drauf. Vincent hoffte schon fast, dass der Junge jetzt ein wenig verstehen konnte, was den Quickstepp ausmachte. Vielleicht würden die nächsten Trainingsrunden ein wenig einfacher laufen. In der Zwischenzeit hatte sich Vincenzo entschieden einen schnellen Hieb auszuführen, in der Hoffnung sie würde den Köder schlucken, ihn schnappen und in einen Nahkampf zu sich ziehen, in dem er durch den gewonnen Schwung einen Vorteil gehabt hätte.

Während auf der einen Seite des Decks das spannende Duell zwischen Iljana und Vincent mehr und mehr Zuschauer anlockte, mussten zwei einsame Seeleute in der Zwischenzeit auf der anderen Seite ihren Dienst schieben. Nicht, dass sie das Ganze nicht gerne beobachtet hätten. Aber die Beiden waren ohnehin Faulpelze und noch mehr Ärger konnten sie sich einfach nicht leisten. Außerdem war ihnen auch etwas anderes ins Auge gefallen. „Ach was, du hast einfach was an den Augen“, sagte der Ältere der beiden Matrosen, der selbst noch recht grün hinter den Ohren war. „Wenn ich es dir doch sage, ich bin mir sicher was ich gesehen habe!“ Der Ältere schüttelte zweifelnd den Kopf.
„Du träumst.“
„Aber schau doch selbst ...“
Der Ältere seufzte entnervt. Wie schlimm es doch nur war mit diesen Kindern – er war selbst ja immerhin zwei Jahre älter! Doch er gab nach, nahm dem Jüngeren das Fernrohr aus der Hand, mit welchem dieser geradezu vor der Nase des anderen gefuchtelt hatte. Und wagte einen Blick hinein. Zuerst sah er nur Blau, er wollte sich gerade wieder über seinen Kollegen lustig machen, da fiel es ihm auch ins Auge. Und er erstarrte. Er wusste nicht genau, was er tun sollte. Genauso wenig wie sein Kollege. Dann riefen sie.
 

Jet Atlas

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Jets Vorhaben den Rest des Tages gemütlich in der Lounge ausklingen zu lassen, schaffte es nicht einmal vom Deck. Kaum hatte er ein paar wenige Meter zurückgelegt, stieß er auf eine kleine Menschentraube und auch seine drei Gefährten. Emma stand dabei teilnahmslos am Rand, direkt neben einem zittrigen Kerlchen, das sie, wenn er sich nicht irrte, irgendwann in den letzten Tagen als ihren Bruder vorgestellt hatte. Die anderen beiden taten mehr für die Unterhaltung an Bord und schienen sich eine Art Showkampf zu liefern. So zumindest deutete Jet dieses merkwürdige Umkreisen des Gegners, das vor allem von Vega aus ging. Jet schaute stumm und regungslos zu, ohne sich dabei allzu sehr unter die anderen Menschen zu wagen. Ein wenig Abstand war immer gut. Nachher fing noch jemand während der besten Momente an irgendwelchen Unsinn zu reden und erfahrungsgemäß redeten andere Menschen sehr viel Unsinn.

Mehr als nur ein Mal meinte er ein eigenartiges Kribbeln in den Händen zu spüren. Fast so als würde sein Schwert nach ihm rufen. Er hatte bereits länger keinen Kampf mehr austragen müssen und fühlte tatsächlich leichte Anzeichen von Entzugserscheinungen. So lange er sich zurückerinnern konnte, hatte er immer kämpfen müssen. Oder es sollen. Oder es gewollt. Dabei ging es aber nur selten um sein Leben oder irgendein anderes höheres Gut, sondern meistens um Anerkennung, Spaß oder den Versuch jemand anderen auf seine Position zu verweisen. Eine solch lange Zeit der Untätigkeit war ungewohnt und fühlte sich falsch an. Er war zum Soldaten, zum Kämpfer erzogen worden und dieses Leben rief nach ihm. Manchmal, so wie jetzt und hier, relativ laut und verständlich. Mit Mühe konnte er diese Gedanken an den Rand seines Gedankenpalastes verbannen und seine Aufmerksamkeit wieder auf das Duell vor ihm richten. Auf den ersten Eindruck schien Vega beweglicher zu sein und die Fischfrau fokussierter. Haften blieb sein Blick auf der interessanten Beinarbeit Vegas und seinem eigenwilligen Bewegungsstil. Wenn es etwas an seinem eigenen Kampfstil zu kritisieren gab, dann die fehlende Beweglichkeit. Das hatte er schon früher erkannt, aber es nochmal so deutlich gezeigt zu bekommen, war erstaunlich unangenehm. Eine bessere Beinarbeit seinerseits würde nicht nur den Bewegungsradius deutlich erhöhen und ihm mehr Kontrolle liefern, sondern zweifellos auch die Geländesouveränität verbessern. Unter der Sonnenbrille gut verborgen, studierten seine Augen jeden Schritt den Vega machte. Nein, er würde Mister Wichtig sicher nicht kopieren, aber er würde die guten Ansätze verinnerlichen und dann seinen Bedürfnissen und Stärken anpassen. Im Gegensatz zu Vegas tanzähnlichen Bewegungen würden seine dann sicherlich auch von Nutzen sein. Er durfte nur niemals jemandem erzählen, dass er von einem Amateur etwas derart sinniges gelernt hatte. Aber das dürfte nun wirklich kein Problem sein. Er stand noch nie aufgrund seiner Geschichten im Mittelpunkte der Geschehnisse. Zumindest nicht in den letzten zehn-fünfzehn Jahren.
Hätte er nicht rein zufällig quer übers Deck Richtung Horizont gesehen, wäre er wahrscheinlich sogar bis zum Ende Zeuge des Duells gewesen. Aber etwas in der Ferne stahl seine Aufmerksamkeit und ließ das rhythmische Steppen von Vegas Schuhen fast gänzlich verklingen. Ungewöhnlich schnell aber nicht rennend, wechselte Jet die Seiten des Decks und spähte über die Reling. Leider hatte er zwar wirklich hervorragende Augen, aber auf diese große Distanz brauchte er mehr als das. Gerade als er zwei Mitglieder der Mannschaft erblickte, die nicht weit von ihm auf einem via Holztreppe zu erreichenden oberen Etage des Decks standen und mit einem Fernrohr aufs Meer hinaus spähten, zerstörte der Ruf eines der beiden die trotz des Duells relativ ruhige Atmosphäre an Deck. „SCHIFF.. ähm.. ja, SCHIFF VORAUS! SCHIFF VORAUS!“ Eilig hastete Jet die Stufen hinauf. Da war doch noch mehr als das. „Schiff nennst du das?“, fragte der jünger aussehende den anderen mit merkwürdigem Tonfall. Der aber war offensichtlich zu sehr mit seinen Beobachtungen beschäftigt und reagierte erst als Jet an seiner anderen Seite auftauchte. „Ja, du Hirni. Ein wenig lädiert vielleicht, aber es ist ein Schiff. Lauf los und hol jemanden! Zackig!“ Für ein paar Augenblicke starrte der Junge bloß mit leerem Blick Richtung Horizont, dann setzte er sich in Bewegung. Schnell wurde aber definitiv anders definiert. Stattdessen zelebrierte er seinen Abgang mit lauten „SCHIFFSWRACK VORAUS!!“ Rufen. Kurz hatte ihm der andere nachgesehen, dann blieb sein Blick an Jet hängen, der sich neben ihm aufgebaut hatte. „Kann ich ihnen hel..“, weiter kam er nicht, da Jet ihm mit einer schnellen Bewegung das Fernrohr entriss. „Hey, was soll das?“ Die Beschwerde fand wenig Gehör. Jet brauchte einen Moment, bis er das Zielobjekt in Sicht hatte. Es war noch weit entfernt, aber man konnte durchaus erkennen, dass dieses Schiff und folglich auch die Leute an Bord in größeren Schwierigkeiten steckten. Es 'lädiert' zu nennen, war nämlich eine kräftige Untertreibung. Vor allem wenn man das am besten sichtbarste Zeichen dafür zur Kenntnis nahm, das Jet ursprünglich ins Auge gestoßen war. Dunkler Rauch, dessen Ursprung allerdings so langsam zu ersterben schien. Ohne ihn anzusehen, drückte er dem Seemann das Fernrohr heftig an die Brust und zündete sich dann eine neue Zigarette an. Dann stolzierte er die Stufe wieder hinab. „Wenn ihr helfen wollt, empfehle ich es bald zu tun.“ Er kehrte auf seine vorherige Position an der Reling zurück und verschränkte die Arme, um die unruhigen Hände zu beschäftigen. Irgendwie hatte er kein gutes Gefühl bei der Sache.
 
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Ein Fischmensch auf dem Trockenen war nicht halb so gefährlich wie einer unter Wasser, aber zu unterschätzen war er dennoch nicht. Da Iljana allerdings nicht gerade vorhatte, jemanden umzubringen oder ihrem braunhaarigen Gegner ernsthaft zu schaden, konnte man davon ausgehen, dass sie es auch nicht darauf anlegte, gefährlich zu sein. Dafür wurde nämlich zu schnell klar, dass Vincent zwar wusste, wie man kämpfte - aber eigentlich eher weniger, wie man das mit Schwertern tat. Es erschien ihr nach den ersten paar Angriffen seinerseits eher so, als sei er in der Kunst des Improvisierens geschult, dass er mit vielen Dingen würde umgehen können, aber mit keiner davon so, wie jemand, der sich nur auf eine einzige Waffe fokussierte. Nahm man zum Beispiel die Art, wie sich die Fischfrau bewegte, wurde recht schnell offensichtlich, dass sie deutlich gradliniger gestrickt war - obwohl sie sich eben doch nicht besonders linear bewegte. Genau das versuchte sie immerhin zu vermeiden, indem sie den Bewegungen ihres Gegners folgte und seine Versuche, sie auf dem falschen Fuß zu erwischen, allein durch ihr Verfolgen zu verhindern suchte. Das fiel ihr auch nicht besonders schwer, denn wie sie zufrieden feststellte, war sie schneller als Vincent, was ihr einen Vorteil verschaffte, den der gute Herr nur marginal ausgleichen konnte. Es war schön und gut, jemandes Bewegungsmuster zu durchschauen - aber wenn man körperlich nicht hinter diesem herkam, so nützte das leider nichts. Man stelle sich vor, jemand hätte die unglaubliche Fähigkeit, den nächsten Angriff des Gegners exakt vorauszusagen... wie deprimierend würde es sein, wenn er einfach nicht stark genug wäre, etwas dagegen zu unternehmen? Doch Iljana nutzte die Schwachstelle des Braunhaarigen lange Zeit nicht aus, bis dieser schneller, aggressiver nach ihr schlug. Mit einer schnellen Bewegung ließ sie sich in die Knie fallen, stieß ihr rechtes Schwert nach oben, um dem seinen in seiner Bewegung zu folgen und es schließlich mit einer leichten Drehung desselben in seinem Haken festzukeilen. Währenddessen kreuzte ihr linker Arm vor ihrer Brust und angelte tatsächlich nach Vincent - allerdings auf Höhe seiner Sprunggelenke. Entweder würde dieser nun springen und sie würde ihn mit einem kräftigen Zug ihres rechten Armes aus dem Gleichgewicht bringen können oder er würde es verplanen und sie könnte ihn mit links von den Beinen reißen, so oder so, sah sie darin kaum einen Ausweg, es sei denn...
Zehn Zentimeter vor seinem Bein stoppte die Klinge auf einmal und ihr Kopf wandte sich zur Seite, die Flossen neugierig aufgestellt. Sie hatte etwas gehört, Rufe, die das sonst so stille Umfeld durchstießen. Kurz lauschte sie und der Ruf wiederholte sich, lauter diesmal, als kämen seine Urheber näher. *Schiffswrack voraus?* Mit einem nichtssagend neutralen Gesichtsausdruck richtete sie sich auf, gab Vincents Schwert frei und schritt zur Reling, auf die sie ihre Hände legte und sich umsah. Lange suchen musste sie nicht, denn eine dunkle Rauchfahne markierte die Position des Wracks mehr als deutlich sichtbar. "Ach du...", murmelte sie und sah sich zu der an Deck befindlichen Mannschaft um. Sie hatte nicht das Gefühl, dass sie diesen Leuten erst erklären musste, dass sie den Leuten auf diesem anderen Schiff vielleicht helfen sollten, immerhin hatten sie sich bis jetzt als außerordentlich nette und hilfsbereite Leute entpuppt. Das machte sie der Fischfrau geradezu sympathisch, denn das, was sie so an Menschen kannte, war nun einmal nicht gerade das beste Vorbild. Dagegen waren ja selbst Jet und Vincent nette Gesellen und das, obwohl sie ihrer Meinung nach mal damit aufhören könnten, einen virtuellen Schwanzvergleich aufzuziehen, sobald sie sich begegneten. "Wie wäre es, wenn du dafür sorgen würdest, dass dieses Schiff hier seinen Kurs in Richtung dort ändert?", fragte sie mit einem Blick zu Vincent, während sie beiläufig die Finger unter den Knoten ihrer Jacke steckte und diesen löste. Das veilchenfarbene Kleidungsstück fiel zu Boden - Reibungswiderstand verbessern! - und Iljana machte, nun obenrum nur noch mit einem dunkelviolett-gelb gestreiften Bikinioberteil bekleidet, einen großen Satz auf die Reling. Mit einem eleganten Salto verabschiedete sie sich in die Fluten und atmete unter Wasser erst einmal einen wohltuenden Zug kaltes Wasser ein. Herrlich. Mit einigen wellenartigen Bewegungen ihres Körpers flitzte sie in Richtung brennendes Schiff los. Vielleicht konnte sie das Feuer ja löschen oder wenigstens dafür sorgen, dass es nicht noch weiter abdriftete - Schiffe steuern konnte sie immerhin.
 

Emma Flanka

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Nach einer Versicherung, dass alles auf dem Schiff ganz gelassen wurde, ließ Emma sich erstaunlich schweigsam am Rand des Schauplatzes nieder und sagte kein Wort mehr zu dem herannahenden Kampf. Im Schneidersitz hockte die junge Frau am Boden und blickte erwartungsvoll zu der Fischdame und dem brünetten Draufgänger hinauf. Sich da einzumischen, war für die sonst so aufdringliche Amazone nicht nötig. Außerdem konnte das eine ganz interessante Geschichte werden. Also setzte sie sich, für ihre Verhältnisse, erstaunlich still auf ihre vier Buchstaben und beschloss dieses Event als kleine Entspannung zwischen der Arbeit zu nutzen. Eine ganze Weile wurde sie von ihrem großen Bruder skeptisch angestarrt. Dann aber ließ auch dieser sich in ihrer unmittelbaren Nähe nieder und sie beobachteten beide gespannt den kleinen Showkampf. Finn hatte große Hoffnungen daraus etwas zu lernen, was man in seinen leuchtenden Augen auch ganz leicht ablesen konnte. Das er im Leben nicht ähnlich kämpfen würde wie diese beiden Personen hier, war wohl ihm sogar bewusster als seiner starken Schwester neben ihm. Emma hielt nicht viel vom Kampf mit Waffen. Sie war ein Mensch, der lieber seine Fäuste und Füße sprechen ließ und deren Ausdruck war ganz deutlich zu verstehen. Die Amazone mochte es außerdem nicht mit scharfen Klingen oder tödlichen Konstrukten um sich zu werfen, da sie so ziemlich davon überzeugt war, dass diese mehr Schaden anrichteten als eine Faust. Sicher konnte ein ordentlicher Schlag oder Tritt auch zum Verlust von Blut, Brechen von Knochen oder anderen Verletzungen führen, doch all das war nichts im Vergleich zu der verheerenden Wirkung einer Klinge, welche, wie man in diesem Beispiel sehr gut sehen konnte, schon bei der kleinsten Berührung Blut fließen ließ… Trotzdem war es für die Amazone entspannend den beiden zu zusehen. Auch wenn man das Gefühl hatte, dass beide einen erstaunlich unterschiedlichen Stil hatten, schienen sie sich doch ganz gut auszugleichen. Während Iljana die besseren Manöver mit der Waffe hinlegte, war die körperliche Arbeit von Vincent beachtlicher. Trotz allem war es am Ende die Fischdame, die das Ruder in die Hand nahm und mit einer ausgeklügelten Raffinesse den Mann quasi um ihren Finger wickelte…
Doch dann stoppte alles und jetzt erst fiel der Amazone auf wie voll es hier an Deck geworden war. Überall waren Schaulustige gewesen, was völlig nachvollziehbar war, aber plötzlich wandten sich alle Gesichter in eine andere Richtung. Jegliche Aufmerksamkeit wandte sich einigen herumbrüllenden Jünglingen zu. Dabei ging es nicht darum sie zu betrachten, sondern das, was sie von sich gaben. Für Emma dauerte es einen Moment, bis sie es richtig realisierte. Als sie jedoch im Augenwinkel sah, dass auch Ronja sich schlagartig aus ihrem Tiefschlaf erhoben hatte, wusste sie, dass das nichts war, womit man scherzen konnte. Ein Wrack? Das hieß, dass irgendetwas passiert sein musste! Ihr erster Blick viel auf dicke Rauchschwaden… Das war gar kein gutes Zeichen. Schlagartig wurde das Spiel zwischen Iljana und Vince unterbrochen, als diese sich aus dem Staub machte um zum Geschehen zu schwimmen. Emma hatte nicht gehört was die beiden geredet hatten, aber sie war sich sicher, dass sie dort helfen würden! »Alle fähigen Männer sollten sich bereit machen dort Hilfe zu leisten!«, rief sie nun streng und laut über das Deck und sofort sammelten sich einige der nahezu klischeehaft großen und starken Männer, die sich bereit dazu fühlten mit anzupacken. Was sie dort genau tun sollten, war erst einmal egal, aber die Menschen hier waren in der Regel sehr hilfsbereit. Aber ebenso nett wie sie waren, waren sie leider auch dumm. Dass sie dem Kapitän vielleicht hätte etwas davon sagen wollen, war der impulsiven Amazone etwas durch die Lappen gegangen. Ronja stand mit dem Schwanz wedelnd vor dessen Kabine und wollte darauf aufmerksam machen… Doch natürlich bemerkte die junge Frau den Wink mit dem Zaunpfahl nicht… Ihr war es gerade wichtiger etwas für diese Menschen dort zu tun! Falls man da überhaupt noch viel tun konnte… Dass dort auch etwas im Argen liegen könnte, blendete sie derweil völlig aus. Schon einmal hatte sie ihren Kopf riskiert, weil sie jemandem hatte helfen wollen. Das schien so Emmas Ding zu sein. Aber im Gegensatz zu Iljana konnte sie nicht einfach ins Wasser springen und super schnell dort sein. Sie stand an der Reling und wartete ungeduldig darauf, dass sie dem Schiff näher kamen.
 

Vincent Vega

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Vincent hatte die Dame eindeutig unterschätzt. Ihre Wendigkeit übertraf sogar die des Vegas. Wie dieses interessante Duell ausgegangen wäre, ist schwer zu sagen. Zwar hatte der junge Mann erkannt, was Iljana vorhatte, konnte es jedoch nicht mehr verhindern. Es sollte ihm zugutekommen, dass genau in diesem Moment der Kampf unterbrochen wurde. Rufe erschallten auf Deck und Vincent fand sich schließlich mit einigen der anderen Männer und Frauen an der Reling, um das Wrack zu beobachten. Anders als Iljana es erwartet hätte, war sich Vincent sofort seiner Aufgabe bewusst. Während der Fischmensch ins Meer sprang, um sich auf zum Schiff zu machen und Emma die Männer zusammentrommelte, ging Vincent zielgerichtet in Richtung Brücke. Der Kapitän hatte noch nichts von der ganzen Hektik mitbekommen und war deshalb entsprechend erschrocken, als der gut gekleidete Mann eintrat und sich ans Steuerrad begab. Zwar versuchte der Kerl noch Einspruch zu erheben, wurde von Vincent jedoch mit einer einfachen Gestik zum Schweigen gebracht, während dieser hart den Kurs wechselte. Dabei hatte der Dunkelhaarige Glück. Die ganze Zeit war das Schiff nur mit halben Wind gefahren und hatte sich vor allem durch die Strömungen fortbewegt. Der Wind blies jedoch genau in Richtung des Wracks – was im Übrigen auch deshalb ein Vorteil war, weil der Rauch nicht in Richtung des Passagierschiffes strömte – dadurch gewann das Schiff gleich enorm an Tempo und schaffte es einen großen Teil des Weges innerhalb kürzester Zeit hinter sich zu legen. Als er sich sicher war, dass der Kapitän mittlerweile Bescheid wusste, verließ er die Brücke und gesellte sich zu den Männern an der Reling. Seine Schwerter hatte er ordnungsgemäß an seinem Gürtel festgemacht und griffbereit. Was auch immer der Crew zugestoßen war, es konnte kein Unfall gewesen sein. Je näher sie sich dem Schiff näherten, desto deutlicher wurde der Schaden. Der Bug und auch der Mast schienen sauber abgetrennt worden zu sein und mittlerweile brannte ein kleines Feuer, welches die Fischfrau zu löschen versuchte. Das Schiff selbst war zudem robust gebaut und schien eigentlich perfekt für die harten Wetterbedingungen des West Blues gerüstet zu sein. Und dann kamen noch die verletzten Seemänner …
Sobald sie in Reichweite waren, hechtete der Vega auf das fremde Deck und besah sich das Szenario von der Nähe aus. Die Männer waren nicht in einen Sturm gefahren. Die ersten Beiden die er sich anschaute trugen Schussverletzungen. Außerdem hatten andere tiefe Wunden, die von einer recht scharfen Klinge stammen musste. Die Verletzten auf dem Oberdeck überließ er den Anderen, stattdessen machte er sich auf in das Innere des Schiffes zu gelangen. Mit einem Stück Tuch bedeckte er sich den Mund, denn hier waren die Rauchwolken deutlich dichter und er konnte kaum etwas erkennen. Vermutlich hatten die Angreifer auf das Munitionsvorrat gezielt und damit das halbe Schiff angezündet. Das bedeutete, Vincent musste sich beeilen. Zwar wollte er helfen, aber an einer Rauchvergiftung zu sterben war dann doch zu viel des Guten. Es brauchte mehrere Anläufe, bis er es schaffte, mit jedem Durchgang zwei bis drei der Männer zu bergen. Später musste er erstaunt feststellen, wie ruhig er dabei eigentlich gewesen war. Er schaffte es seinen Sold dazu beizutragen und den jüngeren Mitgliedern sogar noch Befehle zuzurufen. Es war jedoch nicht verwunderlich, dass manch einer damit nicht klarkam. Piratenangriffe hatten sich zwar innerhalb des letzten Jahres gehäuft, trotzdem war es nicht alltäglich eine Crew zu retten, die ganz eindeutig von diesen Seeräubern überfallen worden war. Nichtsdestotrotz forderten seine Abstecher ins Innere des Schiffes langsam ihren Tribut. Seine Sicht verschwamm und er musste mehrmals husten – in diesen seltenen Momenten verfluchte er seine Raucherlunge – trotzdem biss er die Zähne zusammen. Es wurde auch nicht einfacher dadurch, dass sich in seinem Kopf eine altbekannte Stimme bemerkbar machte. Also wirklich … wann sind wir denn so tief gefallen, dass wir unser Leben für andere opfern, Vincent? Eine berechtigte Frage. Der Umgang mit anderen Menschen tat ihm wirklich nicht gut. Es brachte ihm ja scheinbar nur Probleme ein.
Als er gerade wieder das geräucherte Innere verlassen wollte, bemerkte er eine einzelne Gestalt, in der Nähe des Frachtraums, wo auch die Munition gelagert wurde. Vince hätte sie für tot erklärt, hätte der scheinbare Leichnam nicht damit begonnen sich zu bewegen. Es waren nur leichte Zuckungen, aber sie langten, um den Vega dazu zu bringen noch einmal kehrt zu machen, sich hinzuknien und den Kerl hochzuheben. Es handelte sich scheinbar um einen älteren Mann, denn die langen Haare waren bereits grau. Keinen Moment zu früh, machte sich Vincent auf den Rückweg. Hinter ihm begann das Holzgerüst nämlich langsam auseinanderzufallen. Und zum ersten Mal, seit Vincenzo mit dem Rauchen angefangen hatte, war er glücklich, ungefilterte, saubere Luft zu atmen. Er hatte auch nicht die geringste Lust ans Rauchen zu denken. Immerhin hatten sie es geschafft den Großteil zu retten. Zwar zwar es nicht klar, ob sie alle durchkämen, doch auf den ersten Blick schien der Angriff schlimmer ausgesehen zu haben, als er eigentlich war. Von den sechzig geborgenen Männern waren lediglich zwölf gestorben. Der Schiffsarzt räumte dem Rest jedoch eine relativ große Überlebenschance ein. Ein wenig Sorge bereitete ihm das Ganze allerdings. Immerhin war dieser Angriff äußerst brutal gewesen. Es sah nicht so aus, als wäre das ein üblicher Beuteraubzug gewesen. Sowohl Bug als auch der Mast waren präzise entfernt worden – Ersteres vermutlich um eine Identifikation zu erschweren. Für den Vega kam es vor wie ein Exempel oder sogar eine Hinrichtung. Vincent fragte sich, was diese Händler wohl befördert hatten.
Nachdem sich seine Lunge wieder beruhigt hatte und sein Kopf sich wieder daran erinnerte, dass ihm Nikotin eigentlich immer noch zusagte, begann er seine Zigaretten auszupacken und eine zu rauchen. Dabei lag er schön ausgestreckt auf dem Deck des Schiffes, welches zum Glück noch intakt war. Und während das zerstörte Wrack, langsam vom Meer verschluckt wurde, versuchte Vincent sich selbst ein wenig zu beruhigen und dieses Gefühl abzuschütteln, welches flüsterte, dass alles nur noch schlimmer werden würde.
„Ich hoffe, ich darf mir nicht von nun an anhören, ich habe das Schiff extra herbeordert, damit ich keine Niederlage hinnehmen muss“, meinte er deswegen mit einem Augenzwinkern an Iljana gewandt.
 

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Es dauerte offensichtlich seine Zeit, bis auf dem Schiff Maßnahmen ergriffen worden um dem anderen Schiff, das sich in mehr als nur einer Notsituation befand, zur Hilfe zu kommen. Nicht das es Jet sonderlich störte oder er selbst weiter tätig wurde. Er besaß weder eine Retter- noch eine Schutzengelveranlagung und hätte ohne Gewissensbisse weiterreisen können. Was ihn aber tatsächlich interessierte, war die Geschichte, die sich hier abgespielt hatte. Schon weil es sinnvoll war Bescheid zu wissen, sollten sich marodierende Piratenbanden in der Umgebung aufhalten. Selbst wenn die Chancen dafür eher mau standen, denn wenn ein Schiff ein ideales Angriffsziel bot, dann war dieses hier ein Muss in der engeren Auswahl. Bei einer solch disziplinierten Mannschaft..

Zuerst reagierte letztlich die Fischfrau, die kaum zwei Meter neben ihm ins Wasser hechtete. Unter seiner Sonnenbrille verfolgte er ihren Weg so gut es eben ging. Und empfand dabei wirklich so etwas wie einen Anflug von Neid. Diese Beweglichkeit, dieses Tempo und vor allem die Fähigkeit unter Wasser atmen zu können, über die Fischmenschen ganz sicherlich verfügten, waren nicht nur beeindruckend, sondern ohne Zweifel ungeheuer praktisch in einer Vielzahl von Situationen. Da konnte er, der durchaus ein guter Schwimmer war, nicht mithalten. Sowas wurmte ihn ihmmer. Egal wie benachteiligt er von Natur aus war. Noch während seiner Beobachtungen unternahm das Schiff eine merkbare Richtungskorrektur und steuerte nun ebenfalls auf die Reste des anderen Schiffes zu. Jet löste sich von seinem Posten und steuerte auf den Bug zu, um eine bessere Sicht zu haben und besonders um frühzeitig die ersten Blicke erhaschen zu können. Die Tatsache, dass hier wohl kaum jemand über eine vergleichbare Intelligenz verfügte, würde ihm diese Gelegenheit ja leider nicht garantieren. Strohköpfe gafften nur zu gerne. Aus der Nähe hörte er Emmas Stimme, die Anweisungen in die Runde brüllte. Schön das wenigstens eine weitere Person hier wusste, was zu tun war. Nur hoffte er schwer das sie die Männer, die helfen sollten, überwachen würde. Denen traute er sehr viel weniger zu.
Als sie näher kamen, stutzte er aufgrund der merkwürdigen Beschädigungen, die das Schiff erlitten hatte. Bug und Mast waren sauber abgetrennt, was leider vollends gegen dumme, marodierende Piraten oder wetterbedingte Seenot sprach. Aber so einfach machte es einem das Leben ja auch nur selten. An ihm hetzte Vega vorbei, der natürlich weder Vorsicht noch Zurückhaltung kannte. Dem Wunsch nach einer netten kleinen Falle stand nur das Ärgernis im Weg, dass er selbst zu nahe am Geschehen war um keine eigenen Probleme erwarten zu müssen. Statt darüber Arbeiten zu schreiben, folgte er ihm aber, wenn auch in gemächlicherem Tempo. Jet hetzte es nie. Auf dem Schiff angekommen, neigte er instinktiv den Kopf soweit nach rechts und links, das es zwei Mal im Genick knackte und er sich etwas entspannter fühlte. Eine große Hilfe für die anderen, die allem Anschein nach den Fokus auf Hilfe für die verletzte Crew gelegt hatte, war er nicht. Sein Interesse galt den Kräften, die hier gewirkt hatten. Die Mannschaftsmitglieder waren verwundet, aber am Leben. Als eigentliches Ziel des Angriffs konnte man sie also mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließen. Immerhin wäre es ein Kinderspiel gewesen, sich ihrer zu entledigen. Er untersuchte auch die Stellen, an denen Mast und Bug vom Rest des Schiffes abgetrennt worden waren. Bedauerlicherweise war er aber kein Fachmann wenn es um Holz oder Schiffbau ging. Seine Analyse war daher gut, aber nicht so genau wie er es haben wollte. Allerdings stach ihm etwas in Auge. Als er sich darüber beugte und es schließlich aufhob um es in der Faust zu verbergen, begann sein Denkmaschine noch schneller zu rattern und alle Hinweise zu ordnen. Das Ergebnis löste bestenfalls mäßige Begeisterung aus. Ohne Rücksicht darauf, ob er jemandem im Wege stand oder gar über – oder sogar auf - einen menschlichen Körper steigen musste, drehte er seine Runden und besah, was noch problemlos besehen werden konnte. Dann suchten seine Augen nach jemandem, der ihm vielleicht detaillierte Informationen zu den Schäden geben konnte. Jemanden, mit Fachwissen. Der Kerl, der angeblich das Restaurantschiff in Schuss hielt, war ständig betrunken und sicherlich auch jetzt keine große Hilfe. Er hatte Emma die letzten Tage ein paar Arbeiten übernehmen sehen, aber ob sie mehr als nur Nägel in die Wand hammern konnte? Schließlich entdeckte er sie. Die Hände in den Hosentaschen vergraben, schlenderte er gewohnt lässig und unaufgeregt zu ihr hinüber. Als er neben ihr stand, blieb er stehen und blies etwas bläulichen Rauch in die Luft über ihm. „Hier war kein Sturm am Werk und nach schlampiger Handwerksarbeit sieht es auch nicht aus. Euer Zimmermann sollte vielleicht trotzdem mal einen Blick darauf werfen. “, stellte er knapp fest und bemühte sich seinen Wunsch nach ihrer Meinung – die hoffentlich von Wert war – zu kaschieren. „Was sich auch immer hier ausgetobt hat, könnte uns noch Ärger machen. Und dann ist da noch..“, er brach plötzlich ab. Ein Zucken in seinen Händen verriet seine innere Unruhe. Sein Talent Dinge zu verlieren, die nicht sein Eigen waren, hatte wieder einmal zugeschlagen. Was auch immer er da vorhin aufgelesen hatte, es war weg. Und das, obwohl er die Faust seitdem fest verschlossen hatte. Verdammt. Er überbrückte den Moment merkwürdigen Schweigens in dem er seine Zigarette fallen ließ, zertrat und nach der nächsten griff. Als sie sich angezündet dort befand, wo sie hin sollte, machte es schon lange keinen Sinne mehr seinen Satz von vorhin fortzuführen. Also warf er was Neues in den Raum. „Je mehr ihr am Leben haltet, desto besser. Irgendjemand wird sich für diese Nachricht interessieren.“
 
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Wie ein etwas zu kurvenreicher Torpedo glitt der gräuliche Schemen mit Namen Iljana Rhyswood durch die Fluten des sie umgebenden Ozeans. Das Wasser war klar, trotz des nur wenige Meter schwimmenden Schiffs. Sie hatte die Erfahrung gemacht, dass manche Schiffe eine Flut von Verunreinigung mit sich brachten, allein schon deswegen, weil die meisten Seeleute ihren Müll einfach über Bord warfen. Der Theorie nach war das kein Problem, solange es nichts war, das nicht biologisch abbaubar war, aber Menschen waren eben unverbesserliche Umweltverpester, weil sie irgendwie annahmen, dass sie sich dieses Verbrechens an Mutter Natur herausnehmen konnten. Es würde wahrscheinlich noch ein paar Jahrhunderte dauern, bis Leute auf die Idee kamen, dass man die Ozeane auch damit abtöten konnte, aber vielleicht war das ja notwendig. Auf die Bedürfnisse ihrer Rasse wurde ja sowieso nie Rücksicht genommen, da sollte es sie eigentlich nicht mehr überraschen... aber das war im Moment vollkommen irrelevant, weil dieses Schiff nicht von wildgewordenen Wasserlebewesen übermannt worden war, sondern von etwas, das wahrscheinlich menschlich gewesen war... menschlich und bösartig, auch wenn das oftmals nicht mehr als eine Doppelung war. Das Schiff war teilweise in Flammen aufgegangen, der Mast durchtrennt und besonders seetüchtig war es allem in allem auch nicht. Sie wollte gar nicht darüber nachdenken, was wohl passiert war, viel wichtiger war es, nach Überlebenden zu suchen und diese zu bergen. Da sie schneller als das Restaurantschiff war, welches erst einmal den Kurs justieren musste, würde sie vielleicht noch Leben retten können, für die die anderen zu spät kamen - aber garantiert nicht, wenn es sie in Gefahr bringen würde. Hey, Nettigkeiten hin oder her, aber Iljana war kein Samariter. Dass sie sich hier gerade für das Leben von Menschen einsetzte, war keine Geste der Barmherzigkeit, es hatte vor allem damit zu tun, dass es ja auch sein konnte, dass Fischmenschen an Bord waren. Außerdem war es eine valide Ausrede, um sich ins kühle Nass zu stürzen, ohne danach blöd angeguckt zu werden, also konnte man nebenbei ja auch ein bisschen den Retter mimen. Vielleicht sprang außerdem etwas für sie heraus - und sie redete hier nicht von Schätzen oder ähnlichem, sondern vielmehr von Information. Irgendjemand hatte dieses Schiff überfallen und da die Feuer noch brannten und noch nicht das ganze Schiff übernommen hatten, würden die Aggressoren wohl kaum weit weg sein. Es bestand also durchaus eine Möglichkeit, so die Überlegung, dass sie noch auf die Seeräuber oder was auch immer es gewesen war treffen würden! Das war zwar vielleicht ein wenig paranoide, aber Iljana war der Meinung, dass Vorsicht stets besser als Nachsicht war, wenn es um ihre eigene Sicherheit ging. Wenn sie also schon auf diese Leute treffen würden, die das Schiff beinahe versenkt hatten... dann war es deutlich klüger, vorher schon zu wissen, wer sie waren und wo ihre Schwächen lagen. Die Fischfrau mochte keinen grundsätzlichen Spaß an kämpfen haben, aber wenn sich so etwas bereits andeutete, würde sie sicherlich nicht passiv bleiben. Es war klüger, sich vorher Wege freizuhalten, als am Ende zu bemerken, dass man in einer Sackgasse gelandet war.
Über die halb über die Reling hängende Takelage des umgestürzten Mastes kletterte sie an Bord und sah sich um. Ziemliches Chaos empfing sie, aber da sie mit wenig anderem gerechnet hatte, machte sie sich rasch auf den Weg in Richtung des Eingangs, der unter Deck führte und aus dem die Flammen leckten. Damit versperrten sie allen potenziell noch lebenden Schiffsbesatzungsmitgliedern den Weg in die Freiheit, also sollte sie wohl etwas dagegen unternehmen! Nur wie, blieb die große Frage, denn selbst als Fischmensch hatte sie nun nicht automatisch die Möglichkeit, Wasser aus allen Körperöffnungen abzugeben... schnell blickte sie sich nach etwas um, das ihr vielleicht behilflich sein würde und blieb an dem herunter gestürzten Segel hängen. Da dieses Schiff sowieso schon einen ziemlichen Totalschaden hatte, würde es sicherlich nicht weiter stören, wenn sie das Segel auch noch in Mitleidenschaft zog, oder? Mit ein paar langen Schritten hatte sie das Deck überquert, eines ihrer Schwerter gezogen und schnitt ein großzügiges Stück aus dem dicken Stoff aus, welches sie zweimal faltete und danach aufdehnte, sodass sich eine Art improvisiertes Gefäß bildete. Damit konnte sie zumindest ansatzweise sinnvoll Wasser an Bord transportieren und gegen das Feuer vorgehen, sodass Vincent wenigstens in das Schiff hinein konnte, was immer er da auch wollte. Gesund war das sicherlich nicht... sie sollte sich für derartige Gelegenheiten eine Art Luftkieme anschaffen. Die Idee würde sie nur niemals umsetzen können, also würde sie irgendwann mit jemandem darüber reden, wenn sie jemanden fand, der so etwas basteln konnte... dabei war es eigentlich gar nicht schwer: Nur ein umschnallbares Behältnis über ihren Kiemen, in das sie Wasser füllen konnte. So musste sie für eine bestimmte Zeit nicht atmen und konnte sich auch keine Rauchvergiftung zuziehen: Einfach, aber genial. "Pfff... so viel Abgebrühtheit traue ich dir nicht zu.", stellte sie knapp fest, nachdem Vincent sie angesprochen hatte und schüttelte den Kopf. "Das größere Problem ist, dass das hier sicherlich noch nicht lange her ist... und dass ich fürchte, dass wir der Ursache mit etwas Pech begegnen könnten."
 

Emma Flanka

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Kaum hatten sich die Männer an Deck gesammelt, kam auch schon der Kapitän von ganz allein nach draußen. Erst jetzt fiel bei Emma der Groschen, dass sie möglicherweise etwas hätte sagen sollen, doch der gute Mann machte seinen Job gewissenhaft und gut, weshalb ihm dies nicht entgangen war. Alle blickten sie in das in der Ferne herannahende Schiff, auf das sie sich zu bewegten, und warteten unruhig darauf endlich etwas unternehmen zu können. Die Menschen von diesem großen Restaurantschiff waren alle samt gutherzig, großzügig und hilfsbereit. Wenn sie jemanden in Not sahen, so wie in diesem Moment, gab es wohl kaum eine Person die zögerte. Nicht einmal der sonst so feige Finn Flanka zog in solchen Situationen den Schwanz ein, sondern versuchte seine mangelhaften Fähigkeiten irgendwie nützlich einzusetzen…
Durch den vielen Rauch ließ sich aus der Ferne wenig über das Schiff sagen. Emma konnte dennoch erkennen, dass es nicht mehr wirklich seetauglich war. Wichtige Teile des Schiffes befanden sich nicht mehr an ihrem angestammten Platz, waren zerstört oder völlig zertrümmert. Mal ganz davon abgesehen brannte die Kiste wie die Hölle und von Weiten sah es aus wie ein herrenloses Geisterschiff, weil man keinerlei Regung erkennen konnte, abgesehen vom verheerenden Feuer. Während Iljana Löschversuche startete, kamen die Leute auf dem Restaurantschiff der ganzen Situation näher und schon bald waren sie nahe genug, um einen Fuß in die Trümmer des Schiffes zu setzen. Allen voran stürmte Vincent, der sich offenbar innerhalb des Todeskahns umsehen wollte. Auch die Crewmitglieder ihres Schiffs ließen nicht lang auf sich warten und begaben sich aktiv und motiviert auf die Suche nach Verletzten, Überlebenden… Vielleicht konnte man auch möglichen Toten ein angenehmeres Ende bringen, als ihre Leichen in einem Wrack versauern zu lassen. Emma sah davon ab sich mit Verletzten oder Verstorbenen zu befassen. Sie war kräftig, hatte aber keine Ahnung von erster Hilfe und wäre somit völlig nutzlos in einer solchen Situation. Außerdem berührte sie so etwas zu sehr und sie könnte nicht lang arbeiten, ohne dass sie einen Nervenzusammenbruch bekam. Dann sollten sich lieber die kräftigen Männer darum kümmern, denn die waren schon etwas älter und hatten ganz andere Dinge erlebt… Emma hingegen sah sich das Schiff und dessen Schäden an. Es war ordentlich geschändet… Durch das Feuer lag es an vielen Stellen fast komplett in Trümmern und vor allem der Mast war nicht von allein da runter gekommen. Wenn man das so ansah, dann war Emma sich sicher, dass dieses Schiff mutwillig zerstört worden war. Und auch die Brandherde sprachen dafür, dass es sich um Brandstiftung handelte. Sicher war ein Schiff aus Holz, aber eine Zigarette oder ein Streichholz reichten nicht aus um ein solch massives Konstrukt in Flammen zu setzen. Es sah auch nicht wirklich aus, als hätte hier ein Sturm gewütet und ein Blitz in den Mast eingeschlagen… Das war mit absoluter Sicherheit mutwillig zerstört worden. Doch wer machte so etwas?
Als Jet sich zu Wort meldete, hörte Emma aufmerksam zu. Die Amazone nickte zustimmend auf seine Worte hin und sagte: „So wie es aussieht, war das Schiff vorher gut in Schuss. Alles hier schreit nach Brandstiftung und Zerstörungswut mit dem Willen das gute Stück auf dem Meeresgrund zu versenken…“ Emma als Handwerkerin wusste wie viel Arbeit in einem solchen Schiff stecken musste und es tat ihr Leid darum, dass jemand eine solche Schönheit zerstören wollte. Und das auch noch absichtlich! Sie fragte sich was für ein Konflikt dahinter stecken musste, dass man so etwas tat und dass es nicht ein interner Konflikt war, ließ sich recht gut daran erkennen, dass die Crew scheinbar komplett hier verteilt war. Nein, eine einzelne Person konnte so einen Schaden nicht anrichten… Die Amazone hörte jedoch auch Iljana, welche anmerkte, dass es möglich war, dass sie auf die Täter noch trafen. Egal wie sie es gesagt hatte, das hatte sogar Emma sofort begriffen. Die sollten sich mal zeigen! Sie würde ihnen den Arsch aufreißen, dafür, dass sie dieses schöne Schiff und dessen Crew so misshandelt hatten! Niemand hatte das verdient und wenn sie sich vorstellte, dass so etwas vielleicht auch mit ihrer Heimat geschah, kochte ihr das Blut in den Adern. Auf der See war es gefährlich. Das war für die Amazone nicht neu… Aber dass es so aussah, konnte sie nicht akzeptieren!
 

Vincent Vega

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Während Vincent den wohltuenden Rauch einatmete, lauschte er den Worten der anderen und genoss die auf ihn strahlende Sonne. Die Erkenntnis, dass die Schäden an dem Schiff nicht durch die Natur verursacht worden waren, war ihm von Anfang an klar. Dafür war es einfach zu sauber. Doch wenn Vincent ehrlich war, konnte er sich nicht einmal vorstellen, dass ein gewöhnlicher Mensch so etwas schaffen konnte. Der Mast … „Der Mast war sauber durchtrennt worden … ebenso der Bug … ich habe so was noch nie gesehen. Selbst für einen Piratenangriff war das äußerst brutal.“ Er seufzte und richtete sich auf. Er ließ seinen Blick auf dem Deck umherwandern. Seine Augen blieben schließlich an der dunklen Wolkenfront vor ihnen hängen. Ob dieser aufziehende Sturm wohl ein Zeichen darstellen sollte? Er hatte immer noch dieses merkwürdige Gefühl, dass irgendetwas hier ganz und gar nicht stimmte. Er ließ seine Gedanken kreisen, versuchte alles zu ordnen, was er beobachtet hatte. Ein Schiff, bis zur Unkenntlichkeit zerstört. Eine angeschlagene aber schwache Crew. Kein Anzeichen eines feindlichen Schiffes. Es kam ihm so vor, als würde er irgendein Detail übersehen. Vincent kam allerdings nicht darauf, was das sein könnte. Und dann wurde es ihm schlagartig bewusst.
„Ich wäre mir nicht so sicher, dass wir auf die Angreifer treffen“, widersprach der Vega dem Fischmenschen. „Der Mast wurde zerstört und die Crew zwar verletzt, aber größtenteils nur leicht gesetzt. Ich glaube jemand wollte nur, dass sich das Schiff nicht mehr von Ort und Stelle rührt. Sicher, die Strömung hat das Ganze womöglich ein wenig weiter getrieben, aber ich denke größtenteils befinden wir uns immer noch dort, wo sich der Angriff zugetragen hat.“ Langsam begann sich Vincenzo zu erheben, dabei ließ er das Wrack nicht aus den Augen. „Vielleicht ist das Ganze einen Tag lang her. Die Verletzungen sind noch recht frisch, womöglich gehörte der Doktor zu einen derjenigen die dabei gestorben waren das Schiff zu verteidigen. Aber ich glaube der Brand wurde nachträglich gelegt. Vielleicht vom Kapitän persönlich … ein Akt der Gnade.“ Vermutlich würde kaum ein normaler Mensch verstehen was daran gnädig war durch Feuer oder eine Rauchvergiftung zu sterben. Doch besser als, was sonst gekommen und womöglich noch grausamer gewesen wäre – Hunger und Durst. Der West Blue war groß und das man das Schiff entdeckt hatte war lediglich Zufall gewesen. Genauso gut hätten die beiden Matrosen, die das Wrack gesichtet hatten, heute eine Auszeit nehmen oder dem Kampf auf dem Deck beiwohnen können. Das, dem nicht so war, hatte die Crew dem Schicksal zu verdanken. Er erinnerte sich an das Munitionslager, den dichten Rauch und den Körper, den er davor gefunden hatte. Wenn seine Vermutung zutraf, dann hatte er den Verursacher des Brandes sogar persönlich gerettet. Die ohnmächtigen Seeleute wurden immer noch rein getragen, während man die verstorbenen zu einem Haufen zusammenlegte. Man würde ihnen eine Seebeerdigung geben. Das Beste, was man erwarten konnte. Alles andere stand außer Frage, und bis sie die nächste Insel erreicht hatten, wären die Leichen bereits ein zu großes, hygienisches Risiko gewesen. „Ihr wartet mit der Zeremonie gefälligst, bis der Kapitän der Crew aufgewacht ist, klar?“, rief er den Männern zu, die mit dieser Aufgabe betraut worden waren. Diese wollten zwar protestieren, immerhin war das immer noch ein Passagierschiff und das machte den zahlenden Besuchern sicherlich Angst. Aber immerhin waren sie das dem Kapitän schuldig. Oder besser noch, er war es seiner Crew schuldig. Dann trat er langsam auf den leblosen Körper des Mannes zu, den er als Letztes geborgen hatte. Es war ein älterer Mann, das Haar war bereits von grauen Strähnen durchzogen und der kleine Schnurrbart gänzlich grau verfärbt. Nichtsdestotrotz war sich Vincent sicher, dass dieser Kerl, war, er denn bei vollem Bewusstsein, ein beeindruckender Anführer war. Nennt es Intuition, aber Vincent war sich sicher, dass dies besagter Kapitän war. „Hey, Bursche“, sprach er einen der jüngeren Matrosen an, „sag mir Bescheid, wenn dieser Mann aufwacht, in Ordnung?“
Dann wandte er sich wieder an seine Verbündeten. Bei dem Gedanken sie als solche zu bezeichnen musste er ein klein wenig schmunzeln. Scheinbar konnten heimtückische Angriffe Menschen miteinander verbinden. „Ich möchte ja eigentlich keine Anweisungen geben, aber vielleicht sollten wir uns ein wenig um die Leute hier kümmern.“ Tatsächlich hatte sich eine beachtliche Ansammlung an Menschen gebildet. Die Gäste machten den Vega besonders nervös. Die wenigsten hatten jemals etwas Schlimmeres miterlebt als eine Fliege im Essen. Dementsprechend verängstigt wirkten sie. Und verängstigte Menschen waren nie etwas Gutes, sie neigten dazu Dummheiten zu begehen. Selbst bei Kleinigkeiten und die dunklen Wolken, die bald über ihnen auftauchen würden, ließen einen Sturm vorausahnen. Bis es so weit war, sollten diese Angsthasen lieber wieder bei guter Laune sein. Ansonsten, befürchtete der Dunkelhaarige, könnten sie sich noch gegenseitig massakrieren, weil sie befürchten sie würden ebenfalls angegriffen werden. Deswegen wandte sich Vincent an Emma. Womöglich war sie nicht die Schlauste und deswegen neigte Vince sie zu unterschätzen, aber er wusste, dass sie von allen in der Gruppe, am Besten mit Menschen umgehen konnte. Sie strahlte etwas Nettes und beruhigendes aus. Eine Begabung, die man nicht unterschätzen sollte und sich vor allem jetzt als wertvoll erweisen sollte. „Emma, glaubst du, du könntest die Leute ein wenig beruhigen? Ihnen versichern, dass es keinen Grund zur Sorge gibt? Es langt schon, dass uns das Wetter keine ruhige Nacht lassen wird, da brauchen sie sich nicht auch noch Gedanken darum machen Piraten könnten angreifen – nicht solange das nicht der Fall ist. Ängstliche Menschen sind Menschen die zu dummen Sachen neigen.“ Er nickte einmal, um seinen eigenen Gedanken zu bestätigen, ehe er zwischen den beiden anderen abwägte. „Und könntest du Jet dann zeigen, wo die Waffen gelagert werden? Ich würde ihn gerne darum bitten eine kurze Bestandsaufnahme zu machen und Waffen die überflüssig sind an den Passagieren weiter zu geben, die du für richtig befindest. Das wäre nett.“ Natürlich ahnte er hierbei nicht, dass er die Aufgaben perfekt aufteilte. Bis auf Emma hatte Vincent keine Ahnung, was die anderen konnten und was sie in ihrem früheren Leben gemacht hatten. Zum Schluss wandte er sich an Iljana. Sie hatte er immerhin beim Kämpfen beobachten können – wäre er fair gewesen hätte er auch zugegeben, dass sie ihn ehrlich besiegt hatte, doch das war er nicht – und deshalb konnte er einzig und allein ihren Wert im Kampf einschätzen. Er hielt es nicht unbedingt für wahrscheinlich Piraten zu begegnen, doch dieses Gefühl jede menge Schwierigkeiten zu bekommen, hatte nicht nachgelassen. Womöglich hatten die Ereignisse auf Ilrusia dazu geführt, dass er langsam paranoid wurde. „Iljana, kann ich dich darum bitten ein Auge auf den Kapitän zu werfen? Ich kenne ihn nicht und ich möchte nicht, dass er den Kurs ändert. Sollten diese Piraten noch in der Nähe sein, dann werden sie eher davon absehen uns anzugreifen, wenn wir in den Sturm fahren, als wenn wir warten, oder versuchen ihn zu umfahren. Kapern während die Wellen meterhoch einschlagen ist eine schwierige Angelegenheit. Ich kann nicht behaupten, dass ich einen Angriff für wahrscheinlich halte, aber ich denke wir haben alle unsere Lektion auf Ilrusia gelernt. Wir sollten wachsam sein. Vielleicht war dieser Angriff nicht nur Zufall. Ich werde derweil dafür sorgen, dass die Seemänner im Notfall einsatzfähig sind und außerdem sollten Patrouillen organisiert werden. Wer fertig ist, darf mir gerne dabei helfen.“ Er wartete jedoch noch einen Augenblick, ehe er sich dran machte seinen Part zu erfüllen. Zwar genoss er es ehrlich gesagt nach so langer Zeit wieder das Kommando über eine kleine Gruppe zu haben, doch wollte er abwarten, ob einer ihm widersprach. Es war lange her, seit er sich das letzte Mal als Anführer aufgespielt hatte. Vielleicht war ihm ein wenig an der früheren Autorität verloren gegangen.
 

Jet Atlas

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Emmas Einschätzung der Lage brachte nichts Neues, aber dennoch war es immer ganz nett die eigenen Erkenntnisse bestätigt zu bekommen. Einige Augenblicke lang stand er stumm neben Emma und blickte regungslos auf die Reste des anderen Schiffes. Die ganze Geschichte stank zum Himmel. Was die Beschädigungen anging, war absolut sauber mit großer Präzision und Technik gearbeitet worden. Man hatte es außer Gefecht gesetzt und auf dem Ozean gefangen. Warum diese Mühe, wenn man es letztlich anzündete? Jet zog sich die aufgerauchte Zigarette aus dem Mund und schnippte sie ins blaue Meer. Nein, das Feuer wurde mit großer Sicherheit nicht von den Angreifern gelegt. Das passte einfach nicht ins Bild. Entweder es entstand während der Verteidigung des Schiffes und war einem Missgeschick zu verdanken, oder.. Sein Blick schweifte ab und legte sich über die Verwundeten, die nach und nach versorgt wurden. Da war noch eine andere Möglichkeit, die er aber so gar nicht nachvollziehen konnte. Es ärgerte ihn, aber Menschen hatten sich schon des öfteren als die einzigen Rätsel herausgestellt, die er nicht einfach lösen konnte. Wer konnte schon sagen, welch sinnfreier Gedankengang das hier ausgelöst hatte. In seinen Blick geriet schließlich auch Vega, der kurz darauf seine Erkenntnisse kundtat und Jet innerhalb kürzester Zeit zum zweiten Mal bestätigte. Ein gern gesehener Funken Selbstzufriedenheit keimte in ihm auf. Es schien als hätte er sich doch nicht auf einen Haufen Idioten eingelassen.

Langsam schlenderte er zu Vega und der Fischfrau hinüber. Vielleicht gab es hier ja doch noch etwas mehr zu erfahren, obwohl er nicht so recht daran glauben konnte. Offensichtlich widmete man sich gerade dem Haufen lebloser Körper, der sich nur noch zum Angeln größerer Speisefische eignete. „Ihr wartet mit der Zeremonie gefälligst, bis der Kapitän der Crew aufgewacht ist, klar?“ Jet griff nach seinen Zigaretten. „Warum warten? Schmeißt sie einfach über Bord. Weshalb sollte irgendjemand unbedingt bei der Entsorgung zuschauen wollen?“ Verständnislos blickte er in die Runde. Er selbst hatte bereits ein, zwei Leichen gesehen und war vielleicht etwas abgehärteter, aber er erinnerte sich sehr gut an die eine Leiche, die ihm viel bedeutet hatte und deren Anblick ihm noch heute den Magen zuschnürte sobald er sie vor seinem geistigen Auge sah. Zumindest soviel meinte er über Menschen zu wissen, als dass der Anblick toter Kameraden sie kaum freudig stimmen würde. Aber sollten sie doch machen. Er zündete sich die nächste Zigarette an und warf den Rest des Streichholzes symbolisch auf den Haufen Toter. Unnützes zu Unnützem..

Dann ergriff Vega das Wort. „Ich möchte ja eigentlich keine Anweisungen geben, aber vielleicht sollten wir uns ein wenig um die Leute hier kümmern.“ Ein Satz, der bei Jet zu einem Ohr rein und zum anderen wieder hinaus ging. Sich zu kümmern war nach seiner Auffassung und Erfahrung Frauensache. Er hatte sich früher sogar hin und wieder eine gefangen, wenn er sich um jemanden hatte kümmern wollen. Lazar hatte klare Richtlinien gehabt, wie weit Zusammenarbeit und gegenseitige Rücksichtnahme gehen sollten. Er jedenfalls würde keine Händchen halten und niemandem gut zu reden. Die Verwundeten waren eindeutig das Problem der Mannschaft, nicht seines. Aber dafür hatte Vega ja scheinbar eine Lösung parat, denn er fuhr fort. „Emma, glaubst du, du könntest die Leute ein wenig beruhigen? Ihnen versichern, dass es keinen Grund zur Sorge gibt? Es langt schon, dass uns das Wetter keine ruhige Nacht lassen wird, da brauchen sie sich nicht auch noch Gedanken darum machen Piraten könnten angreifen – nicht solange das nicht der Fall ist. Ängstliche Menschen sind Menschen die zu dummen Sachen neigen.“ Irgendetwas zwickte in Jets Kiefer als er es sich unter Mühe verkniff, anzuführen, dass es in erster Linie dumme Menschen waren, die zu dummen Sachen neigten. Falls Vega das nicht wusste, würde er es noch früh genug lernen. Wer Angst hatte, versuchte meist sein Leben zu schützen. Daran konnte Jet nichts falsches erkennen und wenn jemand dumm war, scheiterte er dabei eben kläglich. „Und könntest du Jet dann zeigen, wo die Waffen gelagert werden? Ich würde ihn gerne darum bitten eine kurze Bestandsaufnahme zu machen und Waffen die überflüssig sind an den Passagieren weiter zu geben, die du für richtig befindest. Das wäre nett.“ Nett? Jet verstand nicht was daran nett sein sollte. Es war einfach nur sinnig ihm diese Aufgabe zu übertragen, auch wenn er sich dieser früher oder später ohnehin angenommen hätte. Es war sogar so sinnig, dass er über Vegas lächerliches Anführergehabe hinwegsah. Waffen waren schließlich etwas großartiges, eine Kunst für sich und sollten niemals in die Hände von Idioten gelangen, die nicht damit umgehen konnten oder ihren Wert nicht zu schätzen wussten. Nein, die Waffenkammer – sollte dieses Schiff denn über etwas derartiges verfügen – war spätestens jetzt sein Hoheitsgebiet und er würde die Waffen vor den Menschen zu schützen wissen. Er wandte sich wieder an Emma, die von ihren Leuten auch jetzt den toughesten Eindruck machte. „Wenn ihr über eine Waffenkammer verfügt, ist sie hoffentlich in gutem Zustand. Sonst gehen hier heute nicht nur Leichen über Bord.“ Er dachte dabei vorrangig an den Waffenverantwortlichen auf dem Schiff, sofern es einen solchen gab. Aber auch an Vega. Kaltes Wasser ist ein Wundermittel gegen heiße Luft, zitierte er Holey in seinen Gedanken.
 
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Nein, natürlich wollte Vincent eigentlich keine Anweisungen geben. Kein Mann kam jemals auf die Idee, sich über andere zu stellen, indem er gewisse, seinem Geschlecht vorbehaltene, Dinge, weit heraushängen ließ. Wie konnte es nur sein, dass Iljana bei der Vorstellung allein ein negativer Schauer überlief und sie genüsslich an eine große Schere dachte? Vincents großes Glück war die Art, mit der er fragte, denn an dieser fand selbst die Fischfrau wenig, an dem sie sich groß stören konnte. Natürlich war ihr nicht ganz klar, warum er sich anmaßte, alles besser zu wissen und sie organisieren zu wollen, aber wenn man den Hintergrund der Geschichte hier bedachte, brauchten sie wohl jemanden, der die Dinge in die Hand nahm. Sie gab es ja ungerne zu, aber wenn sie nun auf eine gegnerische Crew Piraten stoßen würden, sollten sie mehr sein als ein Haufen aufgeschreckter Hühner. Dummerweise, so weit sah auch sie klar, gab es wahrscheinlich einige Schiffe, auf denen man sinnvoller einem Gegner gegenüber treten konnte, als dieses. Nicht, dass das Gefährt an sich irgendwie schlecht wäre, aber die Crew war... etwas speziell. So speziell wie Emma es eben war, nicht unbedingt intelligent, liebenswürdig, aber wahrscheinlich genau so kampftauglich wie Emmas Bruder. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand vor Panik selbst versenken würde, war höher, als dass sie instinktiv richtig handeln würden, so traurig das auch klang. Leicht gelbstichige Augen fixierten das Gesicht des Mannes und sie nickte langsam, zuckte aber kurz darauf mit den Schultern. "Ich habe ja eh nichts besseres zu tun." Sie durfte ja nun auf keinen Fall zugeben, dass seine Argumentation schlüssig klang, denn das würde sein Ego nur noch bestärken, was es wirklich nicht nötig hatte. "Allerdings..." Iljana richtete den Blick auf den Horizont, an dem sich eine Gewitterfront aufzubauen schien. Sie hatte gelernt, wie sie mit dem Wetter auf See umzugehen hatte, zunächst nur aus Erzählungen, anschließend auf kleineren Segeltouren mit der netten, alten Dame, die sie aufgenommen hatte. Natascha hatte gemeint, sie lerne schneller als die meisten jungen Menschen, die sie im Laufe ihres Lebens unterrichtet habe und Iljana hatte ihr das nicht ohne einen kleinen Funken Stolz geglaubt - sie war immerhin ein Fischmensch, da durfte es eigentlich niemanden wundern, wenn sie mit dem Meer besser vertraut war als die meisten Landlebewesen. Allerdings hatte sie eine erhebliche Retardation erlebt, immerhin war sie vor ein paar Jahren das erste Mal wirklich frei geschwommen. Wenn sie ihr Leben bei ihren Eltern gelebt hätte, wäre sie wahrscheinlich jetzt schon eine erstklassige Navigatorin... so musste sie sich eben noch ein wenig damit abquälen. Den Fehler in Vincents Plan konnte sie dennoch erkennen und es wäre dumm, ihn nicht darauf hinzuweisen. "Allerdings führt uns der jetzige Kurs aller Wahrscheinlichkeit am Sturm vorbei, da dieser in die entgegen gesetzte Richtung weiter zieht. Wenn du darin Zuflucht suchen willst, was natürlich riskant ist, müssen wir ihn ändern..." Der Theorie nach war es wirklich kein Problem, das Schiff genau ins Herz des Sturms zu lenken, die einzige Frage war nur, wie gut das Gefährt die Gewalten der See aushalten würden. Das hier war das West Blue, da hielt es sich mit großartigen Weltuntergangsstürmen zwar in Grenzen, aber sie besaß eben auch kein Wissen über die Robustheit des goldenen Lotus und konnte daher keine Voraussagen treffen, die realistisch erschienen. Vincent wirkte ein wenig erstaunt, wenn sie seinen Gesichtsausdruck richtig deutete, antwortete aber nach einer Nachdenkpause mit "Wenn du das arrangieren könntest, wäre es wunderbar." Wunderbar klang doch nicht schlecht - und war ein direkter Ansporn. Nicht etwa, weil sie ihm einen Gefallen tun wollte, sie wollte sich eher auf mehr oder minder subtile Weise von ihm abheben, indem sie das hinbekam... denn es konnte ja eigentlich nicht so schwer werden. Vielleicht war das eine Trotzreaktion, aber immerhin brachte sie Iljana dazu, sich mit einem leisen Lächeln umzudrehen und in Richtung Brücke zu laufen.
Mit einem durchaus fordernden "Ich darf doch...?" stupste sie dem Riesen, der am Steuer gestanden hatte, den Ellbogen leicht in die Seite und lächelte ihn an - hoffentlich freundlich genug, damit er sie nicht zur Antwort zurück"stupste", denn so wie er aussah, würde das blaue Flecken verursachen. Der Mann war mindestens zwei Meter groß und hatte ein Kreuz, hinter dem sie sich wahrscheinlich dreimal hätte verstecken können, einen Vollbart, der ihn ein wenig nach einem Wikinger aussehen ließ und ein wirklich knuffiges Herzchentattoo auf dem linken Oberarm. Was für ein männlicher Mann... sie verkniff sich ein Augenrollen und erklärte ihm, was sie hier wollte, bis er sich mit unzufriedenem Gesichtsausdruck abwimmeln ließ und sie dem Rad eine leichte Rechtsdrehung versetzte.
 

Vincent Vega

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Vincent nahm es Jet nicht einmal übel, dass er nicht nachvollziehen konnte, warum es so wichtig war, dass der Kapitän bei der „Beerdigung“ anwesend war. Wie konnte er auch? Er hatte vermutlich noch nie die Verantwortung für mehrere Menschen getragen. Doch diese Ignoranz und das Achtlose Verhalten welches er den Toten gegenüber brachte, war etwas, was selbst der Salonlöwe nicht ertragen konnte und fast dazu geführt hätte, dass er den Blonden eine reingehauen hätte. Doch im Moment brauchte er jemanden, auf den er sich einigermaßen verlassen konnte und immerhin widersprach ihm Jet nicht. Deswegen begnügte er sich mit einem Blick der vor Verachtung strotzte und einer Erklärung, die vermutlich ohnehin auf taube Ohren stoßen würde: „Hier geht es nicht ums wollen, es geht darum, dass ein Anführer die Pflicht hat, sich um seine Untergeben zu kümmern. Egal ob sie ihn verachten oder lieben, solange jemand das Kommando hat, muss er für Fehler geradestehen und sich für Verletzte und Tote verantworten. Diese Pflicht will ich ihm nehmen … aber vermutlich hast du so was wie Kameradschaft noch nie verspürt.“ Bei der Erinnerung an seine eigenen Männer – und der einen Frau – über die er befehligt hatte, überkam ihm ein leichter Stich im Herzen, aber er hatte gelernt solche Emotionen schnell von sich zu stoßen und sich lieber auf die schönen Dinge des Lebens zu konzentrieren. „Allerdings ...“, unterbrach ihn gerade eine vertraute Stimme, „führt uns der jetzige Kurs aller Wahrscheinlichkeit am Sturm vorbei, da dieser in die entgegen gesetzte Richtung weiter zieht. Wenn du darin Zuflucht suchen willst, was natürlich riskant ist, müssen wir ihn ändern ...“
Zwar maß sich der dunkelhaarige nicht an, ein Genie zu sein – zumindest nicht wie manch anderer, aber wir wollen ja keine Namen nennen (Mister Jet Ich-Bin-So-Toll Atlas) – aber er bildete sich doch ein, weit über dem Durchschnitt zu liegen, vor allem was Menschenkenntnisse anbelangte. Das seine weibliche und fischige Begleiterin jedoch das Wetter deuten konnte und im selben Atemzug auch noch anbot den Kurs zu ändern, was doch für gewisse Fertigkeiten der Navigation sprach, war allerdings etwas, was der Vega nicht geahnt hätte. Er konnte sich zum Glück relativ schnell von dieser positiven Überraschung erholen. Stattdessen ließ er seine Gedanken kreisen und zog für einen kurzen Moment in Erwägung die Strömung zu nutzen. Selbst wenn der Sturm eine tolle Ausweichmöglichkeit bot, warum nicht die sichere Route nehmen und sich noch mehr Probleme ersparen. Dann entschied er sich jedoch dagegen. Der Sturm war ein Risiko … aber sicherer, als eine Kaperung. Dessen war er sich sicher. „Wenn du das arrangieren könntest, wäre es wunderbar.“ Er sah Iljana hinterher, als sie sich zur Brücke aufmachte, dann Emma und Jet, die sich ebenso um ihre Aufgaben kümmerten. Und ein Schmunzeln erschien auf seinen Lippen. Vielleicht hatte er gelogen … irgendwie hatte er dieses Gefühl vermisst das Kommando inne zu haben.

Allerdings hatte sich Vincent schnell wieder auf die Wirklichkeit konzentriert und kümmerte sich um das, was er am Besten konnte, andere Leute nach seinem Belieben manipulieren – gut, eigentlich war es das genaue Gegenteil von dem was er konnte, denn sein Temperament machte es ihm oftmals unmöglich, doch wenigstens besaß er die nötigen Eigenschaften um es zu schaffen. Nachdem er es Emma überließ, die Meute zu beruhigen nahm er sich einige der Seemänner, führte sie abseits der Passagiere und erklärte ihnen ganz genau, wie der Stand der Dinge war: das sie auf einen Sturm treffen würden, dass die Möglichkeit bestand, dass Piraten angreifen könnten und das sich jeder darauf einstellen sollte, dass es zu Kämpfen kommen könnte. Die Tatsache, dass er es für eher unwahrscheinlich hielt, verschwieg er. Womöglich hätte es die Moral gesenkt. Trotzdem, was er über Angst gesagt hatte, war es manchmal nicht schlecht, wenn man Leuten trotzdem Angst machte. Denn Angst hatte noch einen positiven Effekt – es weckte den Überlebensinstinkt. Er veranlasste dazu, wachsamer zu werden und konnte überwältigende Kraftreserven offenbaren. Jedoch nur in geringen Portionen.
Danach hatte er sich dran gemacht Wachen aufzustellen. Während im inneren des Schiffes so langsam wieder die allabendliche Geselligkeit eintrat, stand Vincent immer noch an der Reling des Bugs, neben sich der doch nicht mehr ganz angenehm riechende Berg aus Leichen. Aber er hatte sich vehement geweigert, dass jemand diesen anfasste. Die Sonne war bereits lange weg, seit sie unter den Wolken segelten war es fast völlig düster und ohne die Lampen, hätte der Vega nichts erkennen können. Er meinte sogar bereits einige Blitze gesehen und den Donner gehört zu haben, doch Regen war ausgefallen und auch das Meer selbst war kaum unruhiger geworden – noch. Sicher, der West Blue war kein Vergleich zur Grandline, doch unter all den vier Blues, konnte das Wetter hier am schnellsten ausschlagen. Während er eine Zigarette nach der anderen rauchte, fühlte er sich an ein altes Lied erinnert. Somewhere beyond the sea, sang er vor sich hin, somewhere, waiting for me. Nein, das stimmte vermutlich. Die meisten Menschen die er kannte waren bereits vor langer Zeit fortgegangen, machten sich daran die Welt zu erkunden. Er bezweifelte, dass irgendwo wirklich einer auf ihn wartete. Nichtsdestotrotz beschrieben einige Zeilen des Liedes, perfekt die momentane Situation. Womöglich hatte Vince aber auch nur eine sehr große Vorstellungskraft. Während er so dastand, genüsslich eine Rauchend musste er auch über seine Kameraden nachdenken. Wie er von einigen der Männer erfahren hatte, besaß Jet ein sehr gutes Auge was Waffen anbelangte. Was für ein Zufall, dass er so begabte Kameraden getroffen hatte. Eine Zimmerfrau, eine Navigatorin und einen Waffennarren. Kurz erinnerte er sich an seinen damaligen Kindheitstraum, die Gründung einer Piratenbande. Sicher, es war albern, aber hätte er diese Gestalten ein paar Jahre früher getroffen – wäre er selber ein paar Jahre jünger – vermutlich hätte er trotz all ihrer Unterschiedlichen Eigenschaften und Persönlichkeiten vorgeschlagen eine Crew zu gründen. Aber im Ernst, heutzutage? Nein, dieser Gedanke war einfach nur lächerlich, auch wenn er sich ein Schmunzeln nicht unterdrücken konnte.
 

Jet Atlas

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Unter den Anwesenden schienen seine Worte keine Reaktion ausgelöst zu haben. Nur Vega konnte oder und wollte nicht ruhig bleiben. „Hier geht es nicht ums wollen, es geht darum, dass ein Anführer die Pflicht hat, sich um seine Untergeben zu kümmern. Egal ob sie ihn verachten oder lieben, solange jemand das Kommando hat, muss er für Fehler geradestehen und sich für Verletzte und Tote verantworten. Diese Pflicht will ich ihm nehmen … aber vermutlich hast du so was wie Kameradschaft noch nie verspürt.“ Jet ließ die Worte einige Momente lang im Raume stehen, während er mit aller gegebenen Seelenruhe weiter rauchte. Seine Erinnerung führte ihn zurück in einen kargen grauen Raum. Ein gutes Dutzend Kinder saß auf unbequemen Holzstühlen und lauschte den Ausführungen des baumgleichen Mannes, der vor einer leeren Schiefertafel auf und ab marschierte, und den Schülern das Soldatentum näher brachte.

Der Rest der herumstehenden Crewmitglieder verbrachte die Zeit damit, unschlüssig zwischen Jet und Vega hin- und herzusehen. Für sie waren Tote, besonders in dieser Anzahl, alles andere als Gang und Gäbe. Wenig wunderlich also, dass sie sich gerade alles andere als überaus wohl in ihrer Haut fühlten. Die Stille wurde darum erst wieder von Jet unterbrochen, der einmal mehr eine seiner zahllosen Zigaretten zu Ende geraucht hatte und nun am Boden austrat, ehe er auf Vegas Worte reagierte. „Kameradschaft endet mit dem Tod. Die Gefallenen zu betrauern, lenkt diese Leute nur von ihrem eigentlichen Vorhaben ab.“ Sein Blick schweifte über Bord in die Ferne. Diese Worte waren im Grunde nicht seine eigenen, sondern die, die ihm immer wieder eingetrichtert worden waren. Darum nagte es in seinen Innereien, wenn sie aus einem Munde kamen. Oft hatte er sich ausgemalt, ob er wohl so reagieren können würde, wenn Lazar oder Ruri etwas zustieße, aber sich dann mit dem erheiternden Gedanken an den Freudentanz den Bolts Dahinscheiden nach sich ziehen würde, selber abgelenkt. Trotz seiner immensen Intelligenz war es nach all der Zeit ohne die Führung Lazars oder Holeys noch immer ungewohnt und irgendwie irritierend eigenartig selbst nach Antworten auf seine Fragen und Überlegungen suchen zu müssen.

Ein recht junges Mitglied der Crew führte ihn zur schiffseigenen Waffenkammer. Wobei diese Kammer eher eher einem Jammer glich. Sicherlich war die Bewaffnung hier nur von äußerst geringer Bedeutung und viele der Waffen waren zweifellos nie benutzt worden, aber Waffen verlangten die gleiche Aufmerksamkeit wie das Schiff selbst: sie wollten zumindest gepflegt werden, sonst würden sie im Ernstfall ihren Dienst versagen und ein Untergang wäre unvermeidlich. Allerdings war es gut möglich, dass auch hier an Bord ein falsches Bild von Waffen herrschte. Die vielen Vorurteile waren ihm nur zu gut bekannt. Wie viel Herzblut und Liebe in einer jeden stecken konnte, und sei es nur ein handelsüblicher Revolver, wurde vollends ausgeblendet. Für die meisten Menschen waren Waffen schlicht und einfach Mordinstrumente. Totaler Humbug. Schließlich konnte man das Leben eines Menschen mit den bloßen Händen oder einem Messer aus der eigenen Küche mit annähernd der gleichen Effektivität beenden – wenn man denn wollte. Der Waffenbau war ohne Zweifel die Form von Kunst, die am wenigsten Anerkennung bekam. Und wenn dem anders war, handelte es sich bei den Bewunderern zumeist um Schwachmaten, die sie missbrauchten. Aber da erging es den anderen Kunstformen ja nicht anders.
Nachdem er den Jungen vor der Tür geparkt hatte, nahm er sich einen Moment Zeit das kleine Arsenal zusammenzufassen. Das ging ziemlich fix und es war schon mit dem ersten Blick klar gewesen, dass man keinesfalls auch nur annähernd ein Drittel der Mannschaft oder Passagiere bewaffnen können würde. Umso wichtiger würde – im Falle des Falles – eine sinnvolle Verteilung sein. Schließlich war die beste Waffe unnütz in den falschen Händen.
Erfreulicherweise war der Zustand der Waffen annehmbar. Vor allem, da es sich ausschließlich um ältere Modelle handelte. Abgesehen davon, dass sie alle poliert und gereinigt werden mussten, wären sie allesamt einsetzbar. Interessant, und merkwürdig zugleich, war die große Menge an Schießpulver, die eher auf die doppelte Menge an Waffen hätte schließen lassen. Entweder hatte sich jemand über ein tolles Sonderangebot gefreut, das Schiff verfügte über einige versteckte Kanonen, es gab jemandem ein trügerisches Gefühl von Sicherheit oder man kochte gerne explosiv. Jet war die Erklärung letztlich gleich. Hauptsache der Zustand stimmte. Sollte es darauf ankommen, konnte man ein gutes Dutzend Menschen an Bord bewaffnen. Nicht das ihn dieser Fakt sonderlich zuversichtlich stimmte, aber solange sich ein paar Mitreisende fanden, die besser schossen als er, was zu seinem Leidwesen keine große Kunst war, sollte sich zumindest ein bisschen Widerstand leisten lassen. Wobei er auch das eher bezweifelte, wenn er sich das zerstörte Schiff vor Augen rief.
Es dauerte etwa eine halbe Stunde. Dann hatte er seine Arbeit getan. Hundertprozentig zufrieden war er nicht, aber es war ja auch nicht seine Waffenkammer und für den Zweck etwas in der Gegend herumzuballern reichte sein Tun allemal. Bevor er dem Jungen weitere Anweisungen gab, glich er den tatsächlichen Bestand mit dem ab, was laut einer an die Innenseite der Tür genagelten Liste vorzufinden sein sollte. Ganz stimmig war es nicht, aber der letzte Eintrag war lange her und niemand schien sonderlich erpicht darauf, hier Ordnung zu halten. Jet war das ganz recht. Unbeobachtet wie er war, tauschte er die kleine Waffe, die er trotz seines fabulösen Nichtkönnens immer bei sich trug gegen eine aus dem Schiffssortiment aus. Sie waren von ähnlicher Bauart, allerdings war seine Version deutlich älter, unhandlicher und ungenauer. Aber es war auch eines seiner ersten Werke unter der Fuchtel von Holey gewesen und seitdem hatte er einiges dazugelernt. Seine neue Pistole war kaum größer, aber ein Doppelläufer. Diese Schusswaffe hatten ihn schon immer fasziniert. Als er sie zu Beginn seiner Arbeit hier erblickte, hatte sie einige fast schon vergessene Erinnerungen an seine Zeit in der Schmiede wachgerufen, die er wegen der Bilder von Holey zu gerne weit wegschob. Er erinnerte sich lächelnd daran, wie lange es gedauert hatte, bis er auch nur so etwas ähnliches wie eine Pistole hatte konstruieren können. Oder dürfen. Zuallererst galt es das Schmieden zu verstehen. Oder die richtige Verarbeitung von Holz. Oder, um noch weiter zurückzugreifen, wie mühsam es war sich diese Materialien erst einmal zu besorgen. Seine ersten Arbeiten waren schlichte Holzschwerter, die er langwierig mit Messern zurecht schnitzte. Bedauerlicherweise hatten sie später die Widerstandskraft eines Zweiges vorzuweisen gehabt und den alten Waffenmeister nur belustigt statt imponiert.

Als er letzten Endes vor die Tür trat, hatte er das Inventar neu und korrekt aufgelistet sowie die dringende Aufforderung nach mehr Pflege hinterlassen. Er selbst hatte es gar nicht bemerkt, aber er hatte seit seinem Abstieg von Deck nicht mehr geraucht und als die Hand nach den Zigaretten suchte, verhinderte ein kontinuierliches Zittern einen sicheren Griff. Den irritierten Blick des Jungen bemerkte er ebenso wenig. „Und, Sir?“ Jet überhörte ihn und genoss stattdessen den ersten Zug. „Wie äh.. wie lief es da drinnen?“ Jetzt erst sah er auf den kleineren hinab, wobei er sich die Sonnenbrille zurechtrückte und den sanften, wohltuenden Druck der neuen Waffe spürte, die sich nun in der Innentasche seiner Weste befand. Seine alte Pistole drückte er dem anderen in die Hand, der sie vor Ängstlichkeit fast hätte fallen lassen. „Keine Sorge! Wenn du ihr nichts tust, wird sie es ähnlich halten.“ Dann schlenderte er ohne weitere Worte am perplex dreinschauenden Schiffsjungen vorbei und nahm Kurs auf Deck. Irgendwie hatte ihn dieser Ausflug aufgeputscht. Seine Gedanken drifteten von der Pistole hinüber zu dem Schwert – seiner eigentlichen Bewaffnung -, das in seiner Kabine wartete. Was auch immer das andere Schiff zerschrottet hatte, sollte nur kommen.
 
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Es war ein großer Glücksfall für die Fischdame gewesen, dass Natascha Thompson einst als Navigatorin über die Meere gezogen war. Sie hatte ihr oft erzählt, dass sie in jungen Jahren wirklich gut gewesen war, auch wenn sie immer ein wenig Angst vor Piraten gehabt hätte und hatte mit ihren Berichten und Geschichten von ihren Abenteuern nicht nur dafür gesorgt, dass die extrem menschenscheue Fischfrau immer zutraulicher wurde, sondern auch, dass sie sich für das Thema der Schifffahrt zu interessieren begonnen hatte. Nicht etwa für die Schiffe selbst, denn sie wäre nie auf die Idee gekommen, Hand anzulegen beim Bau eines der wasserdurchschneidenden Ungetüme, sondern am Steuern und Lenken der Fahrzeuge. Was interessierte es sie schon, wer sie aus Holz und Metall baute, wenn sie auch einfach dafür sorgen konnte, dass es nicht zerschellte? War es nicht eine ebenso große Leistung, das Werk einer Person zu verwahren und auf es aufzupassen? Außerdem hatte ihr der Gedanke gefallen, dass oftmals nicht jeder an Bord eines Schiffes tatsächlich auch sinnvoll mit dessen Steuerrad umgehen konnte und man als Navigator deswegen zwar nicht wirklich unersetzlich war, aber doch sehr nah dran. Ohne einen Zimmermann konnte man wohl oder übel über die Runden kommen, auch wenn man öfter auf fremde Werften angewiesen war, aber so ganz ohne Navigator fuhr es sich nun einmal schlecht. Iljana wiederum gefiel es ganz besonders, wenn sie das Gefühl hatte, irgendwie etwas Besonderes zu sein, vielleicht gerade, weil sie das nie gewesen war. Aus diesem Grund hatte sie von der alten Frau gelernt, wie man mit den Booten und Schiffen umging, die die schwachen Menschen anstatt ihrer Kiemen nutzten, sodass sie inzwischen mit einem Handwerk gesegnet war, welches ihr nicht abverlangte, in brütender Hitze allzu sehr zu schuften. Es war angenehm, sich den Wind durch die Flossen wehen zu lassen, auch wenn sich am Horizont bereits ein Sturm abzeichnete und dieser sicherlich mit Aufregung und Stress einhergehen würde. Sie konnte sich vorstellen, dass das alles kein so großes Problem wäre, wenn all diese Menschen ihrer Rasse angehören würden, aber auch das war nur eine Mutmaßung. War es eigentlich traurig, dass sie die Mitglieder ihres Stammes, die sie bisher gesehen hatte, an einer Hand abzählen konnte? Manchmal dachte sie darüber nach, was wohl wäre, wenn sie spontan anderen Fischmenschen begegnen würde, die sie mitnahmen. Vielleicht könnte sie dann endlich den Ort kennen lernen, von dem sie kam oder jemanden finden, den sie wirklich mögen konnte… das war bei Menschen immer so schwer, weil sie ihnen theoretisch alles zutraute, auch wenn es sicherlich Exemplare wie Emma gab, die eigentlich ganz okay waren.
Mit einer leichten Bewegung korrigierte sie den Kurs des Schiffes und hielt auf die Stelle zu, an der die Sturmfront ihrer Schätzung nach kurz nach ihnen eintreffen würde. Das größte Hindernis, welches zwischen ihr und Nataschas Beruf gestanden hatte, war schon immer die Präzision der Dame gewesen, mit der sie alles erledigt hatte. Nichts, so hatte sie gepredigt, konnte jemals so gut sein, wie einen Plan zu haben und ganz genau zu wissen, was man tat. Der durchschnittliche Navigator war deswegen belesen, in der Lage zu schriftlicher und mündlicher Kommunikation in am besten mehreren Sprachen und konnte auf den Punkt berechnen, was er wissen wollte. Iljana konnte nicht einmal schreiben und ihre Rechenkünste beschränkten sich auch darauf, dass sie recht gut mit Geld umgehen konnte, wenn sie denn mal welches hatte. Wo die alte Dame alles nach Maß getan hatte, machte sie das eher instinktiv, aber hatte festgestellt, dass sie dabei wirklich nicht gerade schlecht war. Sie selbst redete sich gerne ein, dass das an ihren fischigen Genen lag, aber ob das stimmte, würde sie wohl nie erfahren. Der Donner grollte inzwischen lauter, fegte über das Meer und kündigte das Hereinbrechen der Wellen an, doch Iljana machte sich keine Sorgen. Dieses Schiff war bestimmt stabil genug, um ein kleines Unwetter auszuhalten und falls alle Stricke rissen, konnte wenigstens sie selbst einfach fabelhaft schwimmen. Wer brauchte schon Menschen, wenn man auch Fische haben konnte?
 

Vincent Vega

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Die Luft im Lazarett war stickig, teils aufgrund der vielen Menschen die hier untergebracht waren – einige mussten sogar auf Liegestühle gelegt werden oder auf Matten, einfach weil es nicht genug Betten gab – teils aber auch wegen den geschlossenen Fenster, die auch geschlossen bleiben sollten aufgrund des herannahenden Sturms. Der Doktor war kurz verschwunden, vermutlich um sich schnell etwas zu essen zu gönnen, ehe er sich weiter um die neuen Patienten zu kümmern. Nicht, dass die viel Pflege brauchen würden. Der Schaden den der Rauch verursacht hatte, war nicht allzu schwerwiegend gewesen und die sonstigen Verletzungen konnten schnell behandelt werden. Es war also kein Wunder, dass der Großteil sich bereits erhoben hatte und an das Bett des Kapitäns gewandert war, der ebenfalls langsam aber sicher wieder zu Bewusstsein kam. Neben dem Bett hatte sich ein Mann hingesetzt, der eine ähnliche Autorität wie der Kapitän ausstrahlte und bei dem es sich vermutlich um seinen Vize handeln musste. Er hatte eine Glatze die von einigen Narben übersät war und ein einfaches Wollhemd an. Als der ältere Mann langsam versuchte wieder aufzustehen, war er es, der ihn behutsam auf das Bett drückte, wenn auch vergeblich. Hinter der Sonnenbrille die der Mann trug, waren seine Augen kaum zu erkennen, aber man merkte deutlich die Besorgnis darin. „Ruhen sie sich noch aus Kapitän, wir sind fürs erste in Sicherheit.“ Der Ältere ignorierte die Worte seines Leutnants jedoch und schaute sich um. „Wo sind wir Isuzu?“
„Auf einem Schiff – ich vermute ein Passagierschiff.“ Der Mann nickte ohne größeres Interesse und richtete sich weiter auf, wobei die Decke runter rutschte und eine lange Narbe offenbarte, die quer über die Brust ging. Er schien nicht sehr begeistert zu sein, auch wenn nicht gänzlich klar war weshalb. „Haltet euch bereit, ihr wisst ja was wir zu tun haben.“

Vincent wollte wieder in das innere des Schiffes, als ein paar Männer an ihm vorbei gingen, direkt auf den Leichenberg zu und damit begannen die leblosen Körper über die Reling zu werfen. Vincent wollte sich gerade schon wieder beschweren, als ihm eine starke Hand auf die Schulter gelegt wurde. Als er sich umdrehte erkannte er den älteren Mann, den er persönlich aus dem inneren des Schiffes gerettet hatte. „Ich danke dir für deine Mühen, aber ich habe ihnen gesagt, dass sie es tun sollen.“ Der Mann trug wieder seinen mit Ruß befleckten Mantel und darunter ein einfaches Hemd und Hose, gepaart mit typischen Seemänner Stiefeln. Um ihn herum standen drei Mitglieder der Crew, die bereits wieder einigermaßen frisch aussahen, auch wenn sie vermutlich alle völlig erledigt sein dürften. Der imposanteste war natürlich der zwei Meter Mann, der eine kleine Rüstung mit Schädelmaske trug. Daneben war der zweite, eine dürre Gestalt mit grauen Haaren fast schon wieder langweilig. Der dritte war ein Mann mit Sonnenbrille und Glatze. „Ich habe von dem Arzt erfahren wer mich gerettet hat … danke.“ Der Dunkelhaarige wusste erst gar nicht was er sagen sollte, es war ungewohnt, dass jemand ihm aus tiefstem Herzen dankte. Deswegen nickte er lediglich und schaute zu, wie das Deck geleert wurde. Als die Leichen über Bord waren und der Wind zugenommen hatte, wandte sich der Fremde zum gehen, blieb allerdings noch einmal stehen und winkte dem Vega auffordernd zu. „Dort wo ich herkomme, sollte man seinem Retter etwas zum Trinken spendieren.“
Dieses Angebot nahm Vince gerne an, selbst das stetig stärkere schwanken des Schiffes und die über die Reling schwappenden Wellen, konnten ihn nicht davon abhalten seinen Drink zu genießen. Dabei entstand auch bald eine Unterhaltung zwischen den Beiden. So erfuhr Vincent den Namen des älteren – Stede Bonnet – sowie einiges über seine Geschichte. „Ich war früher ein Farmer in Lom. Die Farm war recht groß und gehörte seit Jahrzehnten meiner Familie. Aber leider interessierte das unseren König nicht viel. Während einer Dürreperiode konnte ich meine Steuern nicht zahlen, also wurde mir die Befugnis zum Besitz der Farm entzogen, die Farm selbst zerstört … ich habe mich deswegen entschieden lieber zur See zu fahren. Ich bin also quasi ein Händler, ich bringe meine Ware von einem Ort zum Anderen und fahre weiter zur nächsten Insel um neue Fracht aufzuladen. Zumindest habe ich das, allerdings habe ich mich mit einen meiner Auftraggeber etwas zerstritten – und das Ergebnis habt ihr ja sehen können.“

Es war recht interessant einen Einblick in das Leben eines solchen Mannes zu bekommen. Von Außen her sah Bonnet recht gefasst aus, wenngleich Vincent erkennen konnte, dass das Schicksal dem Mann übel mitgespielt und auch entsprechende Narben hinterlassen hatte. Doch dieser Kerl schaffte es einfach über solche Dinge zu reden, als wäre es nichts. „Ist es nicht gefährlich schutzlos durchs Meer zu schippern?“ Der Ältere lachte und zeigte dabei seine weißen Zähne. „Nicht wirklich. Ich lege wert darauf, dass sich jeder meiner Männer wehren kann und ich habe auch ein paar ehemalige Marinesoldaten in der Crew. Und ich selbst bin ebenfalls kein übler Kämpfer.“ Letzteres fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu, trotzdem war sich der Vega nicht sicher ob das ein Scherz oder Ernst gemeint war. „Und wenn ich ehrlich sein soll … ich fürchte mich nicht vor Piraten. Vielleicht mögen manche Menschen sie für bösartig halten, anderseits sind sie nur so geworden, weil Menschen wie der König von Lom über sie herrschen. Man kann es ihnen nicht verübeln, dass sie sich nach Freiheit sehnen und im Prinzip wollen sie auch nur den morgigen Tag überleben. In unserer heutigen Welt muss man eben manchmal einen unschönen Weg einschlagen.“ Das stimmte. Diese Einstellung teilte der junge Mann mit ihm. Man konnte es einem nicht verdenken, er selbst hatte ja schon die Korruption in seiner Zeit auf Junk erlebt, ganz zu schweigen von Anders, einem Adligen der mit Menschen handelte. Vincent war zu vielem bereit, aber Sklavenhandel war selbst für ihn zu viel. Wenn solche Menschen wirklich an der Spitze der menschlichen Nahrungskette standen, war es dann nicht sogar der einzige logische Schritt ein unehrliches Leben anzufangen?

Es war ein glücklicher Abend für Isuzu, nicht nur waren er und seine Crew gerettet worden, nein, wie es der Zufall wollte, hatte das Schiff auf dem sie sich gerade befanden bereits den richtigen Kurs. Das wussten die anderen natürlich nicht, aber Isuzu Nagara war nicht ohne Grund ein so begnadeter Navigator. Er fuhr sich mit der Hand über die vernarbte Glatze, während er über das nasse Deck wanderte und versuchte die Kälte so gut es ging zu ignorieren. Der Regen war mittlerweile noch stärker geworden und der grobe Stoff seines Hemdes, hatte sich innerhalb weniger Sekunden vollgesogen. Er erteilte seinen Männern kurze Befehle, machte sich jedoch keine Mühe dabei stehen zu bleiben. Er hatte ein anderes Ziel. Solange der Kapitän mit diesem Kerl sprach, musste er sich um etwas anderes kümmern. Und auch hier schien das Schicksal ihm wohlgesonnen zu sein. Als er auf der Brücke ankam, war der Großteil der zuständigen Männer nicht mehr da. Tatsächlich hatten sie alle ihren Posten zugunsten einer warmen Mahlzeit verlassen – nicht ohne eine junge Dame zurückzulassen, die ihren Job dafür umso besser machte. Als der Navigator genauer hinblickte stockte jedoch selbst ihm kurz der Atem. Er sah sich genötigt seine Sonnenbrille abzunehmen und kurz über die beschlagenen Gläser zu wischen – weshalb er überhaupt eine Sonnenbrille trug, gehörte zu einen der ungelösten Fragen unseres Universums – ehe sich sein Verdacht bestätigte. Das war entweder kein normaler Mensch oder eine sehr ungewöhnliche Mutation. Was es auch war, es war für den Mann erst einmal verstörend. Und dabei hatte sich Isuzu sonst immer gut unter Kontrolle. Wenigstens konnte er sich schnell wieder zusammenreißen. „Interessanter Kurs“, meinte der Glatzköpfige schließlich, „ich nehme an in den Sturm zu fahren, soll eventuelle Verfolger abschütteln?“
 
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Iljana hatte nichts dagegen gehabt, dass sich die Mitglieder der Crew von Emmas Familie verzogen hatten. Anderen wäre es vielleicht zu still oder leblos geworden, einsam fast, aber die Fischfrau begrüßte die Leere sogar. Nicht nur konnte sie sich so deutlich besser konzentrieren, sie musste sich auch mit niemandem unterhalten. Das hatte nämlich immer den negativen Nebeneffekt, dass sie sich auf die anderen konzentrieren musste, am Ende hatten diese noch Hintergedanken, denen sie besser auswich. Für normale, leichte Konversation war sie dann doch noch ein wenig zu paranoid und als ob sie einem Fremden einfach so vertraut hätte. Das führte selbstverständlich auch dazu, dass sie sich beim ersten Wort des Aufgetauchten umdrehte, um ihn ja gut im Blickfeld zu behalten. Emmas Familie und alle, die dazu gehörten, hatten auf sie wahnsinnig freundlich und vertrauenswürdig gewirkt, wenn auch nicht allzu helle, aber der Mann, der nun die Brücke betrat, gehörte ja nicht dazu. Die Crew des goldenen Lotus erinnerte eher an eine Horde bärbeißiger Wikinger, der hier hatte aber weder die Statur, noch den massiven Bartwuchs, noch das freundliche Auftreten, welches ihn als Verwandter von Emma identifizieren würde. Tatsächlich besaß er auffällig wenig Haare, denn nur an seinem Kinn kräuselten sich ein paar dunkelbraune: Sein gebräunter Schädel wurde nur von zwei leicht versetzten Narben verziert, auf jeder Seite einer. Seine Augen waren nicht zu erkennen, weil er eine Sonnenbrille trug, deren dunkle Gläser mit schmalen Bändern an seine Ohren gespannt waren, sodass man sie auch beinahe für eine doppelte Augenklappe halten könnte. Eine solche würde allerdings noch weniger Sinn machen als das Tragen einer Sehverdunklung inmitten eines nicht gerade von Sonnenstrahlen überfluteten Sturms. Eine von Iljanas Händen hielt nach wie vor das Steuerrad, wenn auch hinter ihrem Rücken, während sie den Neuankömmling musterte. Wenn sie sich nicht täuschte, war das einer von denjenigen, die sie aus dem brennenden Wrack gerettet hatten. Sie hätte erwartet, dass keiner von diesen Leuten so schnell aufwachen würde, weil sie doch bestimmt alle eine Art Rauchvergiftung haben mussten, auch wenn sie sich damit natürlich nicht auskannte. Allerdings wusste sie, dass man von zu stickiger Luft richtiggehend krank werden konnte - ebenso wie Menschen im Wasser ertrinken konnten. Vielleicht war das ja der Grund, dass sie nicht gezögert hatte, das Schiff in den Sturm zu lenken: Wenn es kenterte, konnte sie ohne Probleme weiter existieren, weil sie sich im Wasser deutlich besser halten konnte, als das normale Menschen vermochten. Danach fragte sie der Neuankömmling auch, sodass sie mit einem knappen und nicht besonders empathischen "Genau das." antwortete. Warum sonst sollte sie so etwas auch tun, außer um die Crew zu ersäufen oder das Schiff zu waschen? Weder noch würde Sinn machen, denn ganz so weit war sie mit ihrer Abneigung gegen die Menschheit dann doch noch nicht.
Leider beließ es der Dunkelhäutige nicht dabei, sondern stellte sich nervigerweise neben sie. Während der kurz entstehenden Stille ob ihrer wenig kommunikativen Antwort fiel Iljana wieder ein, warum sie Sonnenbrillen nicht mochte. Tiere hatten keine großflächig weiße Lederhaut, wegen der man einfach feststellen konnte, wohin ihre Augen gerade guckten - Menschen dagegen schon. Sonnenbrillen allerdings schirmten sie so komplett ab, dass sie nicht einmal erraten konnte, was genau der Gegenstand seines Blicks war. Diese Tatsache machte sie nervös, weil man an Blicken schnell erkennen konnte, was für ein Ziel jemand verfolgte, ob es guter oder eher schlechter Natur war und wann man besser das Weite suchte. So eine Sonnenbrille machte ihr jegliche Vermutung leider unmöglich, sodass sie sich auf offensichtliche Bewegungen beschränken musste. Wenigstens bedeutete seine neue Position, dass sie sich wieder dem Steuerrad zuwenden konnte, sodass sie es zur Not mit aller Kraft festhalten konnte, was bei einem Sturm vielleicht notwendig wurde. Vielleicht wollte der frisch Gerettete auch einfach nur die Aussicht genießen und sie machte sich mal wieder zu viele Gedanken. Dann jedoch öffnete er doch noch den Mund - zu schade - und erklärte: "Wir sind auch schon einmal durch einen solchen Sturm gefahren, damals allerdings erwies sich das nicht als besonders gute Idee." Iljanas rechte Ohrflosse zuckte leicht und sie verdrehte die Augen. Das interessierte sie wirklich über die Maßen. Nicht nur konnte er viel sagen, wenn der Tag lang war, vielleicht war ihr Navigator auch einfach unfähig gewesen. Das war beides möglich und weder noch würde sie von ihrem Vorhaben abbringen. Sie ließ sich sicherlich nichts von einem halb Erstickten sagen, der unwahrscheinlich resistent zu sein schien... aber sie äußerte sie sich nicht dazu. Sie hatte das starke Gefühl, dass der arme Mann eigentlich nur ein Gespräch anfangen wollte, aber das war außerordentlich schwer, wenn man das bei ihr versuchte. Man musste damit zurecht kommen, dass sie passagenweise einfach nichts von sich gab oder nur knappe, nichtssagende Antworten gab. Sie selbst versuchte damit genau das zu erwirken, was meist auch geschah: Die meisten gaben einfach irgendwann frustriert ihre Versuche auf, mit ihr zu reden und sie hatte wieder Ruhe. Allerdings schien das hier noch nicht ganz so weit zu sein. "Mein Name ist übrigens Isuzu." Ach Mensch. "Iljana." So nett musste man wenigstens sein, auch wenn er es hoffentlich nicht zum Anlass nahm, nun seine Lebensgeschichte darzulegen oder andere Späße zu treiben, auf die sie beim besten Willen keine Lust hatte. Man würde es sehen...
 
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