Zwar war Jenny mittlerweile wieder aufgetaucht, doch kaum hatte sie die Stimme erhoben um eine weitere Bestellung aufzugeben, da wurde die wieder eingekehrte Ruhe von einem Schuss unterbrochen und Jenny wandte sich gelassen und ruhig um. Dann hob sie eine Augenbraue und resignierte die unwirschen Worte: "Raus hier aber sofort!", wo sie sich zunächst nicht angesprochen fühlte… doch spätestens nach den Worten: "Ihr auch, ihr ausländisches Pack!", sah sie zu Shien, der ebenso verblüfft aussah, wie sie erwartet hatte. „Na toll, wie jedes Mal“, dachte Jenny seufzend und stand nach einer weiteren Rede des Bewaffneten widerstandslos auf. "Ich sagte verschwindet! Ihr seid Schuld, dass drei Stunden früher als sonst die tägliche Schlägerei ausgebrochen ist! Drei Stunden!! Anglachel, du kannst bleiben, und du Musikus dort hinten auch, aber die dreimal verfluchte Black hier und der Opa verschwinden!!" „Verfluchte Black… ja, ja“, dachte sie amüsiert und freute sich insgeheim darüber, dass man die Crew der Blackwing hier nicht vergessen zu haben schien. Offenbar hatten die Generationen vor ihr doch einiges mehr angestellt, als Jenny vermutet hatte. Also stand die junge Black auf und hatte dabei tatsächlich genügend Würde, um den Stolz in ihren Augen aufblitzen zu lassen. Am Eingang angekommen lächelte sie noch einmal dem Bewaffneten zu und sah dann zu Shien hinüber und wartete, bis dieser bei ihr angekommen war. Während sie nach draußen gingen entschuldigte sie sich würdevoll bei dem Kapitän: „Verzeiht, in dieser Gesellschaft sollte man seinen Namen nicht preisgeben“, doch weiter kam sie nicht, denn draußen erwartete sie bereits eine recht wütend ausschauende Meute. Überflüssigerweise sah sie Shien aus dem Augenwinkel heraus fragend an: „Sind die sauer?“, fragte sie sarkastisch und wirkte dabei kein bisschen überrascht. Stattdessen musterte sie die sechs breitschultrigen Matrosen ausgiebig, genauso ausgiebig wie ihre Waffen… "Verfluchte Black! Du und dein Großväterchen da habt uns bloß gestellt" Glaub ja nicht, dass wir dich Teufelin ungeschoren davon kommen lassen werden!", wurde sie angeschrien, doch das Lächeln wich nicht von ihren Lippen. „Verzeiht auch ihr“, sagte sie, doch da niemand ihre Rede hören wollte waren das auch die letzten Worte, die diese Matrosen jemals von ihr hören würden. "Was für eine hervorragende Szene!", hörte sie Shien neben sich sagen und Jenny musste wahrhaftig Grinsen. Aufrichtig sah sie zu dem Kapitän hinauf und nickte „…und so einzigartig“, fügte sie hinzu, ehe sie Anstalten machte einmal hinter dem breiten Rücken des Weißhaarigen her zu gehen, doch tauchte sie am anderen Ende nicht wieder auf. „Vielen dank für eure Unterstützung“, murmelte eine körperlose Stimme, die erstaunlicherweise so klang wie die der jungen Black und nur für Shien zu hören war. Immerhin war das hier nicht sein Kampf… vielmehr hatte sie ihn in diese Schwierigkeiten gebracht!
Jede folgende Aktion würden alle anderen Anwesenden nicht sehen, wohl aber ihre Folgen erkennen können. Also widmete sich Jenny dem ersten heranstürmenden Matrosen, der Shiens ungedeckte Seite zum Ziel hatte und hielt den Kerl so gut es ging am Hemdkragen fest. Erschrocken durch diese plötzliche Berührung fuhr dieser zu seiner unsichtbaren Gegnerin herum, doch alles was er bemerkte war ein leises Lachen, das ihn seine Augen vor Schreck weiten ließ. „Warum so ernst?“, fragte eine wohlbekannte Stimme und der Matrose brüllte erschrocken: „Hexer- ah“, war das letzte, was man von ihm hörte… denn dann zeigte es Wirkung, dass zwei Hände den armen Kerl am Hals packten. Dieser ruderte hilflos mit den Armen, ließ sein Schwert fallen und tastete nach seiner vermeidlichen Gegnerin… erfolglos, denn wo er vor seinem Körper suchte, stand Jenny in Wahrheit hinter ihm und drückte ihm mit aller Kraft beide Hände auf die Gurgel… Während dieser qualvoll erstickte machte sich die junge, erstaunlich skrupellose Black einen Spaß daraus ihm ihre letzten Worte zuzusprechen. „Du scheinst ein erbärmlicher, kleiner, nichtsnutziger Mitläufer-Fisch im großen Ozean zu sein…“, stellte sie fest. „Dochzugegeben, die Menschen sind nicht immer, was sie scheinen“. Als dem Matrosen schlussendlich beinahe die Augäpfel aus den Augen quollen, ließ Jenny ihn los und er sackte lediglich bewusstlos zu Boden. „Aber selten etwas besseres“, endete sie angewidert und ließ den Matrosen zu Boden sacken.
Der Sauerstoffmangel würde vermutlich Folgen hinterlassen, doch die waren der jungen Black herzlich egal. Wenn es ums Kämpfen ging kannte sie wenig Gnade, was ihre Feinde anging. Doch hatte sie den Mann aus gutem Grund nicht umgebracht… er handelte lediglich so, wie alle anderen auch. Wer konnte ihm das verübeln? Der Bursche wirkte ja kaum älter als sie! Der hatte sein Leben noch vor sich… „Wenn auch ein erbärmliches Leben“, stellte Jenny fest. Und außerdem hätte sie gewiss noch einige Probleme mehr, wenn die Liste ihrer Morde sich um einige Namen mehr erweitern würde. „Ich will nicht wissen, wie hoch das Kopfgeld ist, das auf meinen Kopf ausgesetzt ist“, dachte sie halb niedergeschlagen, halb amüsiert.
„Ach, Mensch. Du machst ja auch so ein ernstes Gesicht!“, stellte Jennifer fest, als sie sich den zweiten Matrosen vornahm und diesmal frontal attackierte. Erst schlug sie ihm die Faust ins Gesicht, doch hatte ein orientierungsloser Matrose, der wie wild mit seinem Schwert herum fuchtelte, auch etwas Gefährliches. Er streifte Jennys nackten Oberarm und hinterließ eine hässliche Wunde… Jennifer zuckte zusammen, doch machte sie diese Tatsache nur noch wütender, als sie ohnehin schon war. Diese Typen waren skrupellos und hatten keine Ahnung… keine Ahnung vom Leben. Sie warteten jeden Tag auf ihre dämliche Schlägerei in der Cherry und hatten ansonsten vermutlich herzlich wenig Lebensinhalt. „Was für ein Drama“, stellte Jennifer fest, biss die Zähne zusammen und setzte eine deftige Schlagfolge an Fauststößen in die Magengegend des groß gewachsenen Matrosen. Sie konzentrierte sich darauf ihm nicht ins Gesicht zu schauen, das würde den Kampf unnötig erschweren, stattdessen stellte sie sich nur vor er wäre ein Sandsack. Als auch dieser Matrose nach einigem Widerstand bewusstlos zu Boden sackte, drehte sie sich zu Shien um... als sie plötzlich einen heftigen Stoß im Rücken spürte. Einer der Männer war exakt in sie hinein gerannt. „Woah verdammt“, dachte Jenny und spürte die Tränen in ihre Augen steigen. Doch der Matrose selbst sah um einiges überraschter aus als sie, denn er taumelte und rieb sich die Schläfen, so als hätte er etwas übersehen… doch dann hatte Jenny einen Plan.
Für alle anderen Matrosen war der kleinwüchsige, breitschultrige Bursche plötzlich verschwunden, der eben noch gegen eine lebendige, unsichtbare Mauer gerannt war, die das Gesicht vor Schmerz verzerrt hatte und plötzlich wieder aufgetaucht war. Die blutige Schramme an ihrem Oberarm sah recht übel aus, doch was sie in diesem Moment viel mehr interessierte, war ein weitere Mann, der mit erhobenem Schwert auf sie zuraste, denn offenbar war er dermaßen hell im Kopf, dass er verstanden hatte, dass sie der Feind war.
Sein Schwert jedoch rammte er anstatt in Jennys Brust in die Brust seines Kollegen, den Jenny krampfhaft mit beiden Händen festhielt und ihn wie ein Schild vor ihren eigenen Körper hielt. Als das Schwert die unsichtbare Wand durchbohrte, ließ Jenny von dem Unsichtbaren ab, der augenblicklich sichtbar wurde und mit grotesk verrenkten Gliedmaßen zu Boden sackte. Der Mörder, der sein Schwert erschrocken losgelassen hatte, rannte jedoch in blinder Wut auf Jenny zu, der nichts anderes übrig blieb als wegzulaufen. „Na immerhin hab ich drei von den Strümpfen ausgeschaltet“, dachte Jenny amüsiert, während sie nach wie vor rannte und rannte – ziellos. Die linke Hand krampfhaft auf die Wunde an ihrem rechten Oberarm geschlossen… Zudem lösten sich die angewelkten Blumen aus ihrem Haar und fielen zu Boden...